Die Finanzgerichtsordnung (FGO) gibt den Parteien (Steuerpflichtigen bzw. Finanzverwaltung) die Möglichkeit, gegen Urteile der Finanzgerichte ein Rechtsmittel einzulegen, auch wenn die Revision nicht zugelassen wurde. Dies kann durch eine Nichtzulassungsbeschwerde geschehen, § 116 Abs. 1 FGO. Entscheidend ist hier (auch) die Art bzw. der Inhalt der Darlegung der Zulassungsgründe. Dies verdeutlicht ein Beschluss des BFH vom 14.03.2023, mit dem er eine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verwarf.
Der Beschwerdeführer hatte seine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass das angefochtene Entscheidung von der Rechtsprechung des BFH abweiche (Divergenz, § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO). Nach dem Wortlaut des § 115 Abs. 2 FGO ist auf die Nichtzulassungsbeschwerde die Revision (nur) zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (Nr. 2) oder ein vorliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
Allerdings ergibt sich aus dieser Auflistung der Zulassungsgründe nicht, wie im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde der Anspruch geltend gemacht werden muss, d.h. was dazu zwingend vorzutragen ist. § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO (Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung) fordert, dass das angefochtene finanzgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines anderen Finanzgerichts, des BFH oder eines sonstigen obersten Bundesgerichts abweiche, so der BFH. Die von der angefochtenen Entscheidung divergierende Entscheidung sei durch Datum und Aktenzeichen bzw. Fundstelle zu bezeichnen. Damit nicht genug: Es müsse ein tragender abstrakter Rechtssatz aus dem angefochtenen Urteil als auch aus der behaupteten Divergenzentscheidung gebildet werden und diese Rechtssätze müssten zur Darstellung der Abweichung gegenübergestellt werden, wobei zusätzlich dargelegt werden müsse, dass es sich in beiden Fällen um den gleichen oder einen vergleichbaren Sachverhalt handelt, so dass sich in der angefochtenen wie auch in der Divergenzentscheidung dieselbe Rechtsfrage stellen würde. Diese Umstände werden vom BFH als Schlüssigkeitserfordernis angesehen.
Den Anforderungen habe der Beschwerdeführer nicht genügt, der zwar drei Urteile des BFH als Divergenzentscheidungen benannt habe, aber die tragenden abstrakten Rechtssätze werde aus diesen Entscheidungen noch aus der angefochtenen Entscheidung gebildet habe und diese gegenübergestellt habe, noch zu vergleichbaren Sachverhalten ausgeführt habe. Das Aufzeigen von angeblich im Widerspruch zur angefochtenen Entscheidung stehenden Entscheidungen würde nicht verdeutlichen, warum der Beschwerdeführer von einer Divergenz und nicht von einem Subsumtionsfehler ausgehe.
Es ist also nicht ausreichend, unter Verweis auf eine oder mehrere Entscheidungen eine Divergenz zu behaupten, sondern erforderlich, diese durch aus der angefochtenen und der benannten Divergenzentscheidung zu bildenden Rechtssätzen und deren Gegenüberstellung darzulegen, wobei auch der Sachverhalt und dessen Identität bzw. Ähnlichkeit. Auch wenn letztlich der BFH selbst entscheidet, ob er eine Divergenz annimmt bzw. die Abweichung billigt oder nicht, ist die Hürde für eine Zulassung aufgrund einer Divergenz sehr hoch gesteckt und erfordert eine akribische rechtliche Bearbeitung.
Ergänzend wies der BFH darauf hin, dass die weiteren Angriffe des Beschwerdeführers sich gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung richten würden, dies aber kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO darstelle (numerus clausus der Zulassungsgründe).
BFH, Beschluss vom
14.03.2023 - IX B 60/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 02.06.2022 - 11 K 133/22 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
Die
Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.
Das Vorbringen
des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), der sich auf den
Revisionszulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des
Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in
Gestalt einer Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2
der Finanzgerichtsordnung --FGO--) beruft, genügt nicht den gesetzlichen
Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
1. Die
schlüssige Rüge einer Divergenz erfordert die Darlegung, dass das Finanzgericht
(FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer
entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der
BFH oder ein anderes FG. Gleiches gilt für Entscheidungen eines anderen
obersten Bundesgerichts. Dabei muss das FG seinem Urteil einen entscheidungserheblichen
(tragenden) abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls
tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts
nicht übereinstimmt (BFH-Beschluss vom 08.04.2020 - IX B 103/19,
BFH/NV 2020, 898).
Im Einzelnen
sind für die schlüssige Rüge einer Divergenz gemäß § 116 Abs. 3
Satz 3 FGO die angebliche Divergenzentscheidung genau --mit Datum und
Aktenzeichen oder Fundstelle-- zu bezeichnen sowie tragende, abstrakte
Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus der
behaupteten Divergenzentscheidung andererseits gegenüberzustellen, um die
Abweichung deutlich zu machen. Dies erfordert auch die Darlegung, dass es sich
im Streitfall um einen gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt handelt, so
dass sich in der angefochtenen Entscheidung und in der Divergenzentscheidung
dieselbe Rechtsfrage stellt.
2. Der
Kläger hat eine Divergenz des Urteils des FG zu einer anderen Entscheidung
nicht entsprechend diesen Anforderungen dargelegt. Er hat zwar drei
Divergenzentscheidungen genannt (BFH-Urteile vom 13.03.1979 -
VIII R 83/77, BFHE 127, 383, BStBl II 1979, 435; vom
09.05.1995 - IX R 116/92, BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632,
sowie vom 16.01.2007 - IX R 39/05, BFHE 218, 49, BStBl II 2007,
922), allerdings hat er keine tragenden und abstrakten Rechtssätze aus dem
angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den benannten
Divergenzentscheidungen andererseits herausgearbeitet und einander
gegenübergestellt sowie keine vergleichbaren Sachverhalte ausgeführt. Ebenso
wenig wurde dargetan, ob es sich um dieselben Rechtsfragen handelt. Das bloße
Anführen von vermeintlich in Widerspruch stehenden Gerichtsentscheidungen
stellt keine schlüssige Rüge einer Divergenz dar. Insoweit wäre es geboten
gewesen darzulegen, warum der Kläger von einer Divergenz und nicht lediglich
von einem ggf. vorliegenden Subsumtionsfehler ausgeht.
3.
Soweit sich die Ausführungen des Klägers in seiner Beschwerdebegründung gegen
die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung richten, wird damit
keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten
Zulassungsgründe dargetan, sondern nur, dass das FG nach Auffassung des Klägers
falsch entschieden habe. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung vermag die
Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO grundsätzlich nicht zu
begründen.
4. Von
einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiter gehenden Begründung wird
gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
5. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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