Die Klägerin stand auf der unteren Treppenstufe, um mit einem Besen Schnee von der Treppe zu fegen. Dabei sah sie, wie sich der Hund des Beklagten auf ihre Katze stürzte und diese am Kopf packte. Dies veranlasste sie, mit dem Besen zu den Tieren zu eilen, um mit dem Besen den Hund (den sie gut kannte) zu vertreiben. Aufgrund der winterlichen Glätte stürzte sie. Zwar stand sie wieder auf, stürzte aber danach gleich wieder, wobei streitig ist, ob sie stürzte, da der Hund sie streifte, oder aus sonstigen Gründen. Sie zog sich Verletzungen zu. Das Landgericht wies die Klage ab, da sich keine spezifische Tiergefahr verwirklicht habe. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Oberlandesgericht (OLG) das landgerichtliche Urteil nach Anhörung der Parteien ab, gab der Klage dem Grunde nach statt, stellte fest, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den materiellen und immateriellen Schaden aus dem Vorfall zu ersetzen und verwies im Übrigen den Rechtsstreit an das Landgericht zurück.
Das OLG ging von dem von der Klägerin geschilderten Sachverhalt zu Geschehensablauf aus, den der Beklagte nicht habe sehen können.
Nach § 833 S. 1 BGB hafte der Tierhalter für einen Schaden, den ein Dritter „durch“ das Tier erleide. Es handele sich um eine verschuldensunabhängige Haftung (Gefährdungshaftung, ähnlich § 7 StVG), die nicht nur dann bestünde, wenn eine unmittelbare Verletzung durch ein Tier erfolge (z.B. durch Beißen), sondern bereits dann, wenn eine Verletzung adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen sei. Ein mittelbarer Zusammenhang oder eine Mitverursachung sei für die Haftung nach § 833 S. 1 BGB ausreichend.
Diese Rechtsansicht des OLG ist zutreffend und basiert auf gefestigter Rechtsprechung. So hat bereits das Rechtsgericht in seiner Entscheidung vom 20.02.1902 - VI. 399/01 - (RGZ 50, 2018, 221 f) den ausgeführt, dass n Ansehung der Angabe im Gesetz „durch ein Tier“ eine mittelbare Verursachung genügt, wenn ein kausaler Zusammenhang bestünde. Dem folgte z.B. auch das OLG Hamm mit Urteil vom 19.05.1980 - 13 U 61/80 - (ein Hund sprang auf einen Vorbeigehenden zu, der sich erschrak und deshalb stürzte) und das OLG Saarbrücken mit Urteil vom 17.01.2006 - 4 U 615/04 - (mehrere Pferde blockierten die Fahrbahn, mit einem Pferd kollidierte der dabei getötete Motorradfahrer, wobei es das OLG für ausreichend hielt, dass eines der blockierenden Pferde das des dortigen Beklagten war, da die Blockade ursächlich war), ferner der BGH in seinem in VersR 1967, 67 veröffentlichten Urteil, bei dem es zur Kollision mit einer Kuh kam, die einer Herde ausgebrochener Kühe angehörte, und eine Haftung des Tierhalters bejaht, obwohl der Motorradfahrer nicht durch den Sturz im Zusammenhang mit der Kollision mit einer tödlich verursachet, sondern wegen eines Fahrfehlers eines Lkw, der ihn überrollte).
Für den zur Entscheidung durch das OLG stehenden Vorgang nahm dieses einen mittelbaren Zusammenhang zutreffend an. Die Klägerin sei erst durch den Angriff des Hundes auf ihre Katze dazu veranlasst worden, dieser zu Hilfe zu eilen. Es merkte an (was im Rahmen des Mitverschuldens zu prüfen ist), dass es wohl von der Klägerin unklug gewesen sei. Sich trotz der winterlichen Verhältnisse schnell auf die Tiere zuzubewegen, doch sei zu berücksichtigen, dass sie ohne nähere Überlegung zu den Gefahren eines eventuell glatten Bodens zulief, da ein Vertreiben des Hundes mit dem Besen wesentlich erfolgversprechender schien als ein bloßes Zurufen. Die Reaktion der Klägerin sei kausal durch das Verhalten des Hundes des Beklagten herausgefordert worden.
Das OLG ließ es auch dahinstehen, ob sich die Klägerin die Verletzungen bereits bei dem ersten Sturz oder bei dem zweiten Sturz zuzog, auch, ob für den zweiten Sturz ursächlich ein Streifen des Hundes war. Der zweite Sturz habe jedenfalls im unmittelbaren Zusammenhang mit dem ersten Sturz gestanden; wäre die Klägerin nicht durch das Verhalten des Hundes zum Eingreifen veranlasst worden und dabei gestürzt, wäre sie auch nicht beim Aufstehen zum zweiten Mal gestürzt.
OLG Frankfurt, Urteil vom
18.01.2023 - 4 U 249/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das
Urteil des Landgerichts Gießen vom 26.8.2021, 2 O 623/20, abgeändert:
Der Klageantrag zu 1) wird dem Grunde
nach für gerechtfertigt erklärt.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden und nicht vorhersehbare immateriellen Schäden aus dem Unfallgeschehen vom 13.1.2017 auf dem Grundstück der Klägerin zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin
begehrt Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Feststellung der
Einstandspflicht für materielle und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden
wegen eines Vorfalls vom 13.1.2017. Sie macht geltend, wegen eines Verhaltens
des Hundes des Beklagten gestürzt zu sein und sich dabei langwierige
Verletzungen an Hand- und Kniegelenk zugezogen zu haben.
Wegen des
Sachverhaltes im Einzelnen und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem.
§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des landgerichtlichen
Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht
hat nach Anhörung der Parteien und Vernehmung zweier Zeugen die Klage
abgewiesen.
Zur Begründung
hat es ausgeführt, es stehe nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der
Unfall der Klägerin auf eine spezifische Tiergefahr im Sinne des § 833 BGB
zurückzuführen sei. Die Aussagen der Klägerin und des Beklagten seien nicht
frei von Belastungs- bzw. Entlastungstendenzen gewesen. Auch wenn man dem
Vortrag der Klägerin folge, mangele es jedenfalls an der Kausalität des
Hundeverhalten. Es liege hier ein Herausforderungsfall vor, nach dessen
Grundsätzen eine Zurechnung entfalle, wenn die selbstschädigende Reaktion
vernünftigerweise nicht veranlasst gewesen sei oder die in Kauf genommenen
Risiken außer Verhältnis zu der Tiergefahr standen. Vorliegend habe die
Klägerin selbst geschildert, dass sie letztlich die Tiere durch lautes Rufen
habe auseinanderbringen können. Die Klägerin sei durch die Tiergefahr nicht
dazu veranlasst gewesen, sich zu den Tieren zu bewegen. Sie habe durch ihr
Einschreiten bewusst das Risiko in Kauf genommen, aufgrund der Bodenglätte zu
stürzen.
Gegen das ihr
am 2.9.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4.10.2021, einem Montag,
Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Frist am 2.12.2021
begründet.
Sie verfolgt
ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Der Beklagte
habe zum tatsächlichen Hergang schon deshalb keine Angaben machen können, weil
ihm wegen eines Giebels die Sicht versperrt gewesen sei und er daher das
Hinterherjagen seines Hundes hinter der Katze nicht habe erkennen können.
Soweit das
erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen sei, dass auch bei Zugrundelegung
des Vortrags der Klägerin eine Kausalität nach § 833 BGB nicht bejaht
werden könne, verkenne das Gericht, dass ein tierisches Verhalten nicht die
einzige Ursache eines Schadensereignisses sein müsse, sondern dass die bloße
Mitverursachung genüge. Ein mittelbarer ursächlicher Zusammenhang liege vor,
wenn ein Mensch durch das Verhalten eines Tieres in Angst und Schrecken
versetzt werde und infolgedessen stürze und sich verletze. Der
Zurechnungszusammenhang sei erst dann unterbrochen, wenn die Reaktion des
Betroffenen als nicht mehr durch das Gebaren des Tieres verursacht angesehen
werden könne, weil sie völlig ungewöhnlich und damit durch das
haftungsbegründende Ereignis nicht mehr herausgefordert sei. Dies sei hier
nicht der Fall.
Die Klägerin
habe glaubhaft und glaubwürdig geschildert, dass sie auf der letzten unteren
Treppenstufe gestanden habe, als sie den Hund des Beklagten herbeieilen und mit
der Katze kämpfen sah und sodann beim Versuch einzuschreiten erstmals zu Fall
gekommen und nach dem Wiederaufstehen durch den agierenden Hund wieder zu Fall
gekommen sei. Demgegenüber sei die Schilderung des Beklagten nicht glaubhaft,
wonach er trotz behaupteter Schläge der Klägerin auf seinen Hund den
Schneeräumvorgang fortgesetzt habe
Die Klägerin beantragt,
1) den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2) festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materielle Schäden und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden aus dem Unfallgeschehen vom 13.1.2017 auf dem Grundstück der Klägerin zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt
das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen
Vorbringens.
Der Senat hat
beide Parteien persönlich angehört.
II.
Die Berufung
ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Sie hat auch in
der Sache zumindest teilweise Erfolg.
1) Der
Klägerin steht dem Grunde nach ein Anspruch aus Tierhalterhaftung gem.
§ 833 Satz 1 BGB zu.
a) Der
Senat ist auf der Grundlage der persönlichen Anhörung der Parteien sowie des
Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die
Klägerin am 13.1.2017 auf ihrem Hof zu Fall kam, weil sich der Hund des
Beklagten auf ihren Kater gestürzt hatte und ihn am Kopf packte, während sie
mit einem Besen den Schnee von ihrer Treppe fegte, und sie daraufhin in
Richtung der Tiere eilte, um diese mit dem Besen zu trennen.
Die Klägerin
hat diesen Sachverhalt in der mündlichen Verhandlung überzeugend und glaubhaft
geschildert. Belastungs- bzw. Entlastungstendenzen waren nicht zu erkennen. Die
Klägerin hat auf Nachfragen ausdrücklich erklärt, dass der Hund vor dem Vorfall
öfters auf ihrem Hof gewesen sei und sich von ihr habe streicheln lassen; sie
sei auch im Nachhinein nicht böse auf den Hund gewesen, sondern habe
angenommen, dass er vielleicht wegen des Schnees etwas übermütig gewesen sei.
Die Schilderung des Beklagten steht dem Vortrag der Klägerin nicht entgegen.
Der Beklagte stellte klar, dass er lediglich gesehen habe, dass sein Hund
Schläge bezogen habe; im Übrigen sei ihm die Sicht auf das Geschehen durch den
Giebel verdeckt gewesen. Es spricht nichts dafür, dass die Klägerin, die auch
nach dem Vortrag des Beklagten den Hund schon lange kannte, in der
Vergangenheit regelmäßig mit ihm gespielt und sich mit ihm beschäftigt hatte
(vgl. S. 4 des Schriftsatzes vom 17.2.2021), den Hund an diesem Tage ohne
jeden Grund geschlagen haben sollte. Das vom Beklagten berichtete Schlagen des
Hundes lässt sich hingegen ohne Weiteres in Übereinstimmung bringen mit der
Schilderung der Klägerin, sie habe versucht, mit dem Besen die Tiere zu
trennen. Auch wenn sie sich dabei ausdrücklich gegen die Verwendung des Wortes
„schlagen“ verwahrte, erscheint es naheliegend, dass der Einsatz des Besens
gegen den Hund von dem Beklagten, der unstreitig keinen Überblick über das
ganze Geschehen hatte, als Schlagen wahrgenommen wurde.
Die Angaben der
Klägerin werden auch durch die Aussagen der Zeuginnen A und B vor dem
Landgericht bestätigt. Beide Zeuginnen - gegen deren Glaubwürdigkeit trotz
deren Freundschaft mit der Klägerin auch der Beklagte keine Einwendungen
erhoben hat - haben bekundet, dass ihnen die Klägerin noch am Unfalltag davon
berichtet habe, sie sei zu Sturz gekommen, als der Hund des Nachbarn auf ihre
Katze losgegangen sei und sie dazwischen gegangen sei. Dass die Zeuginnen nicht
jedes Detail des Geschehens genauso wiedergaben, wie die Klägerin dies vor
Gericht geschildert hat, begründet weder Zweifel an der Glaubhaftigkeit der
Aussagen der Zeuginnen, noch an der Richtigkeit der Schilderung der Klägerin. Denn
der Schwerpunkt der Erzählung der Klägerin gegenüber ihren Freundinnen,
insbesondere gegenüber der Zeugin B als Ärztin, lag verständlicherweise auf
ihren eigenen Verletzungen.
Aus der
Ärztlichen Stellungnahme vom 28.10.2018 und der mündlichen Aussage der
sachverständigen Zeugin B sowie dem als Anlage B4 vorgelegten Arztbericht C
(Arztpraxis1) vom 30.12.2017 (dort S. 2) ergibt sich zweifelfrei, dass die
Klägerin jedenfalls in der fraglichen Zeit Verletzungen am rechten Handgelenk
und am linken Kniegelenk erlitten hatte, und dass die Klägerin von einem für
die Verletzungen kausalen Sturz am 13.1.2017 berichtet hatte. Der Beklagte hat
keine Umstände dafür aufgezeigt, dass diese konkreten Verletzungen
(insbesondere deutliche Schwellungen an Hand- und Kniegelenk sowie die
fissurale Fraktur des Processus styloideus radii am rechten Handgelenk;
Distorsion des linken Kniegelenks) - unbeschadet der Frage, ob diese auch
kausal waren für die in der Folgezeit von der Klägerin beklagten Beschwerden -
an einem anderen Tag oder unter anderen Umständen zustande kamen, als von der
Klägerin geschildert. Gegen die denktheoretische Möglichkeit, dass die Klägerin
bewusst wahrheitswidrig ein Unfallgeschehen geschildert haben könnte, bei dem
ihr Schadensersatzansprüche zustehen könnten, spricht dabei u.a., dass sie
selbst zunächst überhaupt keine Ansprüche gegenüber dem Beklagten geltend
gemacht hatte, sondern dass Ansprüche gegenüber dem Beklagten erstmals von der
Krankenkasse der Klägerin erhoben worden waren, der gegenüber die Klägerin
offensichtlich den Vorfall von Anfang an so wie im vorliegenden Verfahren
geschildert hatte.
Auf den Einwand
in der Klageerwiderung, dass die Klägerin in der Klageschrift nichts zu den
vorprozessual berichteten Verletzungen ihres Katers vorgetragen hat, hat die
Klägerin bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 30.3.2021 erwidert, dass
sie diese für den vorliegenden Rechtsstreit nicht für relevant gehalten habe;
sie hat jedoch sodann im selben Schriftsatz unter Zeugenbeweis dargelegt, dass
der Kater sich zunächst drei Tage irgendwo „verkrochen“ habe, Prellungen und
Weichteilverletzungen im Kopf- und Halsbereich gehabt habe und eine
Antibiosebehandlung bekommen habe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
hat sie weiter erläutert, dass die Freundin, die den Kater mitversorgt habe,
selbst Tierärztin sei und sie deshalb keine Tierarztrechnung vorweisen könne.
Auch aus diesen Angaben lassen sich keine „Ungereimtheiten“ erkennen, die gegen
die Richtigkeit der Unfallschilderung der Klägerin sprächen.
b) Der
vorstehende Sachverhalt erfüllt den Tatbestand des § 833 Satz 1 BGB.
Nach dieser
Vorschrift hat der Halter eines Tieres dem Verletzten den Schaden zu ersetzen,
den dieser „durch“ das Tier erleidet. Diese verschuldensunabhängige Haftung des
Tierhalters besteht nicht nur dann, wenn ein anderer unmittelbar durch ein Tier
verletzt wird, etwa durch Beißen oder Treten, sondern bereits dann, wenn eine
Verletzung adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist. Ein
mittelbarer Zusammenhang oder eine Mitverursachung ist dabei ausreichend (vgl.
Ebel-Borges in: Staudinger, BGB (2018), § 833 Rdn. 27 ff.; Wagner in:
Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 833 Rndr. 12 ff). Die
Tierhalterhaftung greift daher grundsätzlich auch dann ein, wenn sich ein Mensch
durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst
sieht (Ebel-Borges aaO Rdnr. 28).
So liegt der
Fall hier. Die Klägerin hat sich durch den Angriff des Hundes auf ihre Katze
veranlasst gesehen, dieser zu Hilfe zu eilen und die Tiere zu trennen. Es mag
aus objektiver Sicht unklug gewesen sein, sich trotz der winterlichen
Verhältnisse schnell auf die Tiere zuzubewegen. Allerdings ist bei der
Beurteilung des Verhaltens der Klägerin zu berücksichtigen, dass sich die Katze
aus Sicht der Klägerin in akuter Gefahr befand, da ihr Kopf im Maul des Hundes
steckte. Es erscheint eine völlig naheliegende Reaktion, dass die Klägerin
hier, ohne nähere Überlegungen über die Gefahren eines möglicherweise glatten
Bodens anzustellen, mit dem Besen auf die Tiere zulief, da ein Vertreiben des
Hundes mit dem Besen wesentlich erfolgversprechender schien als ein bloßes
Zurufen. Diese Reaktion war adäquat kausal durch das Verhalten des Hundes
herausgefordert.
Dabei kommt es
nicht darauf an, ob die Verletzungen bei einem einzigen Sturz zustande kamen,
oder ob die Klägerin zunächst wieder zum Stehen kam und dann erneut stürzte,
und ob ursächlich für den zweiten Sturz war, dass die Klägerin von dem
weglaufenden Hund gestreift wurde. Denn ein zweiter Sturz stand nach dem
unwiderlegten Vortrag der Klägerin jedenfalls in unmittelbarem Zusammenhang mit
dem ersten Sturz - wäre die Klägerin nicht, durch das Verhalten des Hundes zum
Eingreifen veranlasst auf die Tiere zugelaufen und dabei gestürzt, wäre sie auch
nicht beim Aufstehen erneut zu Fall gekommen, so dass es nicht darauf ankommt,
ob ein Verhalten des Hundes (auch) unmittelbar kausal war für den zweiten
Sturz.
2)
Soweit die Klägerin die Zahlung eines Schmerzensgeldes begehrt (Klageantrag zu
1), ist der Rechtsstreit in der Höhe noch nicht entscheidungsreif.
a) Die
Klägerin hat die Höhe des Schmerzensgeldes in das Ermessen des Gerichts
gestellt, allerdings bereits mit der Klageschrift vorgetragen, dass sie ein
Schmerzensgeld von mindestens 10.000 Euro als angemessen ansieht. Zur
Begründung beruft sie sich darauf, dass infolge der erlittenen Verletzungen
zwei Knieoperationen (im August 2017 und im Januar 2019) erforderlich gewesen
seien, sie bis September 2019 auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen gewesen
sei und dass auch im Zeitpunkt der Klageerhebung Knie- und Handgelenk immer
wieder anschwöllen und sie sich in physiotherapeutischer Behandlung befinde.
Die Beklagte
hat diesen Vortrag bestritten; sie macht insbesondere geltend, dass sowohl die
Operationen als auch etwaige fortdauernde Beschwerden auf unfallunabhängige
Vorerkrankungen bzw. degenerative Veränderungen zurückzuführen seien.
Über das
(Fort-)Bestehen der klägerseits geltend gemachten Beschwerden sowie über
Kausalität des Unfalls für diese Beschwerden ist daher noch umfänglich Beweis
u.a. durch Einholung von ärztlichen Sachverständigengutachten zu erheben.
b) Da
jedoch, wie oben unter 1) dargelegt, zur Überzeugung des Senats feststeht, dass
die Klägerin bei dem Unfall zumindest Verletzungen am Hand- und Kniegelenk
erlitten hat und bereits diese Unfallfolge jedenfalls ein geringfügiges
Schmerzensgeld rechtfertigt, konnte hinsichtlich des Schmerzensgeldanspruchs
nach § 304 ZPO ein Grundurteil ergehen.
3) Dem
Feststellungsantrag zu 2) konnte gem. § 301 Abs. 1 ZPO durch
Teilurteil stattgegeben werden.
Gegen die
Zulässigkeit des Feststellungsantrages bestehen keine Bedenken. Die Klägerin
hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht i.S.d.
§ 256 ZPO, weil nach ihrem Vortrag unfallbedingte Beschwerden
fortbestehen. Da die Schadensentwicklung hinsichtlich der angesprochenen
materiellen Schäden (Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden) nach ihrem
Vortrag jedenfalls bei Klageerhebung noch nicht abgeschlossen war, ist ein umfassendes
Feststellungsinteresse zu bejahen; die Klägerin war nicht darauf zu verweisen,
eine Teilleistungsklage zu erheben (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl.,
§ 256 Rdnr. 7a).
Der
Feststellungantrag ist im Hinblick auf die oben unter 1) dargelegte grundsätzliche
Einstandspflicht des Beklagten für die bei dem Vorfall erlittenen Verletzungen
der Klägerin auch begründet. Aus den dargestellten Verletzungen in Form von
deutlichen Schwellungen an Hand- und Kniegelenk, einer fissurale Fraktur des
Processus styloideus radii am rechten Handgelenk und einer Distorsion des
linken Kniegelenks resultiert eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass diese die
Klägerin sowohl bei ihrer angestrebten beruflichen Tätigkeit als auch bei ihrer
Haushaltsführung beeinträchtigt haben und ggf. auch noch weiter beeinträchtigen
(vgl. zum Maßstab Bacher in: BeckOK ZPO, 47. Ed. Stand 01.12.2022, § 256
Rdnr. 34).
4) Die
Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Eine
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit entfällt, weil das Urteil
keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
Die Revision
war nicht zuzulassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543
ZPO). Die Entscheidung beruht auf der Anwendung anerkannter Rechtssätze im
konkreten Einzelfall.
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