Die klagende Leasinggesellschaft, die nur Neuwagen, keine Gebrauchtwagen anschaffte, machte restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall mit einem ihrer Fahrzeuge geltend. Das von ihr eingeholte Sachverständigengutachten wies für das beschädigte Fahrzeug einen Wiederbeschaffungswert von € 26.218,49 und einen Restwert von € 14.521,01 aus. Unter Abrechnung auf Basis eines Totalschadens begehrte sie € 11.697,48. Gezahlt wurden von der beklagten Haftpflichtversicherung darauf nur € 6.453,78 mit der Begründung, die Klägerin müsse sich einen Großkundenrabatt von 20% auf den Wiederbeschaffungswert anrechnen lassen, da sie bei Neuwagenkauf diesen Rabatt erhalte. Die Klage auf Zahlung des Betrages von € 6.453,78 wurde abgewiesen. Auf die Berufung hin wurde der Klägerin der Betrag zugesprochen.
Das Oberlandesgericht (OLG) führte aus, dass der Geschädigte gem. § 240 Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen könne. Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden wie hier könne der Geschädigte den Betrag fordern, der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeuges (zum Zeitpunkt direkt vor dem Unfall) erforderlich sei, mithin den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert (BGH, Urteil vom 06.03.2007 - VI ZR 120/06 -). Der Wiederbeschaffungswert richte sich nach den nach den Verhältnissen auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu ermittelnden Preis für einen entsprechenden Gebrauchtwagen bei Kauf von einem seriösen Händler (BGH, Urteil vom 23.05.2017 - VI ZR 9/17 -).
Für die konkrete wie auch die fiktive Schadensabrechnung würde das Wirtschaftlichkeitsgebot gelten (BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19 -). Abzustellen sei auf einen verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten, ob der Herstellungsaufwand zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig bzw. angemessen erscheine. Bei mehreren Möglichkeiten sei der geschädigte gehalten jene zu wählen, die den geringeren Aufwand darstellt; nur dieser sei nach § 240 Abs. 2 S. 1 BGB zur Herstellung erforderlich. Der Geschädigte solle zwar vollen Ersatz verlangen können, nicht aber am Schadensfall verdienen (BGH, Urteil vom 18.10.2011 - VI ZR 17/11 -).
Eingeschränkt würde das Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen Lage. Dabei sei auf die individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten Rücksicht zu nehmen (BGH, Urteil vom 25.06.2019 - VI ZR 358/18 -). Dies könne sich zugunsten des Schädigers wie auch des Geschädigten auswirken. Verfüge der Geschädigte über eine besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder Erleichterungen, so sei hierauf zugunsten des Geschädigten Rücksicht zu nehmen. Es könne mithin in der Situation des Geschädigten wirtschaftlich unvernünftig sein, eine ohne weiteres gegebene vorteilhafte Möglichkeit bei der Schadensabwicklung ungenutzt zu lassen, die im Rahmen des eigenen Gewerbes typischerweise ohne weiteres genutzt würde (BGH, Urteil vom 25.06.2019 - VI ZR 358/18 -).
Würde man den von der Klägerin erzielbaren Rabatt auf einen Neupreis anspruchsmindernd berücksichtigen, bliebe unberücksichtigt, dass sich die Naturalrestitution hier nicht auf die Anschaffung eines Neuwagens richte. Nur dann, wenn die Anschaffung eines Neufahrzeuges unter Berücksichtigung des Sonderrabatts wirtschaftlich günstiger wäre als die (wohl fiktive) Anschaffung eines Gebrauchtwagens, könnte die Klägerin darauf verwiesen werden, doch läge hier der Fall nicht vor.
Nach der subjektbezogenen Schadensbetrachtung könne ein Rabatt ansonsten nur berücksichtigt werden, wenn er auf den Erwerb von Gebrauchtwagen gewährt würde. Da die Klägerin nur Neuwagen, keine Gebrauchtwagen kaufe, sei ausgeschlossen, dass der Klägerin ein Großkundenrabatt für Gebrauchtwagen zugänglich sei. Die Rechtsprechung des BGH zur Berücksichtigung von Großkundenrabatten bei der Abrechnung fiktiver Reparaturkosten (BGH, Urteil vom 29.10.2019 - VI ZR 45/19 -) sei hier nicht einschlägig, da dies zur Voraussetzung habe, dass diese Rabatt der Klägerin ohne weiteres zugänglich gewesen wäre.
Auch die Überlegung, dass die Klägerin das Fahrzeug bereits mit einem Rabatt erworben habe, das Unfallfahrzeug durch ein Neufahrzeug (mit Rabatt) ersetzen würde, rechtfertigt nach Auffassung des OLG nicht die Berücksichtigung des Rabatts. Abzustellen sei auf den Preis, den der Geschädigte für den Kauf eines gleichwertigen Fahrzeuges aufbringen müsse. Nicht käme es auf die Anschaffungskosten, den Abschreibungswert oder den Preis an, den der Geschädigte beim Verkauf des Unfallfahrzeugs in unbeschädigtem Zustand erzielt hätte (BGH, Urteil vom 23.05.2017 - VI ZR 9/17 -). Da der Geschädigte darin frei sei, ob er den Schadensbetrag dazu verwendet, einen (auch höherwertigen) Neuwagen zu kaufen (oder einen Gebrauchtwagen), stünde in seiner freien Disposition (BGH, Urteil vom 29.04.2003 - VZ ZR 393/02; BGH, Urteil vom 05.04.2022 - VI ZR 7/21 -).
OLG Stuttgart, Urteil vom 19.01.2023
- 2 U 303/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das
Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 07.10.2021 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin 5.243,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 27.04.2020 zu zahlen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des
Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
III.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 5.243,70 Euro
Gründe
A
Die Klägerin
verlangt von dem beklagten Kfz-Haftpflichtversicherer weiteren Schadensersatz
nach einem Verkehrsunfall.
Wegen des
Sachverhalts wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts
Bezug genommen. Zusammengefasst: Die Klägerin ist ein Leasingunternehmen, das
Neufahrzeuge, nicht aber Gebrauchtwagenfahrzeuge anschafft. Am 28.01.2020 wurde
das in ihrem Eigentum stehende Fahrzeug BMW 520d bei einem Verkehrsunfall
beschädigt. Ein vorgerichtliches Privatgutachten ergab einen
Wiederbeschaffungswert von 26.218,49 Euro netto bei einem Restwert von
14.521,01 Euro. Die Klägerin rechnet fiktiv einen Totalschaden ab und macht auf
der Grundlage des Gutachtens einen Wiederbeschaffungsaufwand von 11.697,48 Euro
geltend. Die Beklagte bezahlte lediglich 6.453,78 Euro und steht auf dem
Standpunkt, dass auf den Wiederbeschaffungswert ein Abzug von 20 % in Höhe
eines Großkundenrabatts vorzunehmen sei. Mit der Klage verfolgt die Klägerin
den restlichen Schadensersatz von 5.243,70 Euro. Ein Ersatzfahrzeug für den
Unfallwagen hat die Klägerin nicht beschafft.
Das Landgericht
hat die Klage abgewiesen. Der Abzug des Großkundenrabatts sei berechtigt
gewesen. Wenn dem Geschädigten individuelle Vorteile zur Verfügung stünden,
seien diese bei der Berechnung seines Schadensersatzanspruchs auch bei fiktiver
Abrechnung zu berücksichtigen. Die Klägerin habe klargestellt, dass sie im Fall
einer Ersatzbeschaffung für ein Unfallfahrzeug einen Neuwagen anschaffe. Bei
der Bestimmung des Wiederbeschaffungswertes sei der Rabatt zu berücksichtigen.
Auch das mittlerweile verunfallte Fahrzeug sei einst mit dem Großkundenrabatt
angeschafft worden. Würde man den Rabattabzug nicht vornehmen, ergäbe sich – je
nach Zeitpunkt des unfallbedingten Totalschadens – gar ein gewinnerzielendes
Geschäftsmodell. Deshalb sei der Großkundenrabatt einzupreisen, selbst wenn er
nicht auf den Gebrauchtwagenwert gewährt werde.
Mit der
Berufung verfolgt die Klägerin ihre Rechte weiter. Da sie auf dem maßgeblichen
Gebrauchtwagenmarkt kein Großkunde sei, komme der Abzug eines Großkundenrabatts
auch nicht in Betracht.
Die Klägerin beantragt:
Auf die Berufung der Berufungsklägerin wird das Urteil des LG Heilbronn aufgehoben und wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.243,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 27.04.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte
verteidigt das landgerichtliche Urteil und bestreitet, dass die Klägerin auf
dem Gebrauchtwagenmarkt kein Großkunde sei und keine Rabatte erhalte. In einem
ähnlich gelagerten Fall beim OLG Karlsruhe habe sich herausgestellt, dass das
dortige Leasingunternehmen in seinem Sortiment auch jüngere Fahrzeuge im
Bestand habe, die es als Gebrauchtwagen erworben habe. Wenn die Klägerin keine
Gebrauchtwagenfahrzeuge erwerbe, müsse sie einen anderen Weg finden, ihre
Ansprüche zu beziffern.
B
Die zulässige
Berufung ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus
§ 7 Absatz 1 StVG i.V.m. § 115 Absatz 1 Satz 1
Nr. 1 VVG i.V.m. § 1 PflVG auf Erstattung des
Wiederbeschaffungsaufwandes in der geltend gemachten Höhe.
I.
Zwischen den
Parteien steht nicht im Streit, dass die Beklagte dem Grunde nach im vollen
Umfang für die Folgen des Verkehrsunfalls einzustehen hat. Der Streit bezieht
sich alleine auf die Frage, ob bei der fiktiven Abrechnung eines Totalschadens
ein dem Geschädigten für Neufahrzeuge eingeräumter Großkundenrabatt zu
berücksichtigen ist. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dies zu
verneinen, womit die Klage vollen Erfolg hat.
II.
Wer zum
Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen
würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre
(§ 249 Absatz 1 BGB). Ist wegen der Beschädigung einer Sache
Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249
Absatz 2 Satz 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag
verlangen.
1.
Übersteigen –
wie hier – die Kosten der Reparatur des beschädigten Fahrzeugs die Kosten für
die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs erheblich, kann der Geschädigte nur
Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs erforderlichen
Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, verlangen
(BGH, Urteil vom 6. März 2007 – VI ZR 120/06, juris Rn. 6). Der
Wiederbeschaffungswert ist der nach den Verhältnissen auf dem
Gebrauchtwagenmarkt zu ermittelnde Preis eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, den
der Geschädigte aufwenden muss, um von einem seriösen Händler einen dem
Unfallfahrzeug entsprechenden Ersatzwagen zu erwerben (BGH, Urteil vom 23. Mai
2017 – VI ZR 9/17, juris Rn. 8). Dieser Weg der Naturalrestitution ist
vorgegeben, da es für Fahrzeuge regelmäßig einen funktionierenden
Gebrauchtwagenmarkt gibt (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 11).
2.
Weiter gilt für
die Naturalrestitution das Wirtschaftlichkeitsgebot, nicht nur für die
konkrete, sondern auch für die fiktive Schadensabrechnung (BGH, Urteil vom 29.
Oktober 2019 – VI ZR 45/19, juris Rn. 12). Der Geschädigte kann vom Schädiger
als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die
vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der
Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig bzw.
angemessen erscheinen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2016 – VI ZR 612/15, juris
Rn. 9). Der Geschädigte ist demnach gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den
wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der
für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann (BGH,
Urteil vom 29. Oktober 2019 – VI ZR 104/19, juris Rn. 13). Verursacht von
mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren
Aufwand, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt. Nur der für
diese Art der Schadensbehebung nötige Geldbetrag ist im Sinne des § 249
Absatz 2 Satz 1 BGB zur Herstellung erforderlich. Darüber hinaus findet
das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch
Schadensersatz zu bereichern. Er soll zwar vollen Ersatz verlangen können, aber
an dem Schadensfall nicht verdienen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2011 – VI ZR
17/11, juris Rn. 6).
Das
Wirtschaftlichkeitsgebot gilt jedoch nicht absolut, sondern nur im Rahmen des
dem Geschädigten Zumutbaren und unter Berücksichtigung seiner individuellen
Lage (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2019 – VI ZR 45/19, juris Rn. 10). Nimmt der
Geschädigte nach Beschädigung seines Fahrzeugs die Schadensbehebung gemäß
§ 249 Absatz 2 Satz 1 BGB selbst in die Hand, ist der zur
(Wieder-)Herstellung erforderliche Aufwand folglich nach der besonderen
Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Es ist also Rücksicht
auf seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die
möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (BGH,
Urteil vom 25. Juni 2019 – VI ZR 358/18, juris Rn. 17; BGH, Urteil vom 27.
September 2016 – VI ZR 673/15, juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 –
VI ZR 205/08, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 21. Januar 1992 – VI ZR 142/91,
juris Rn. 13).
Diese
„subjektbezogene Schadensbetrachtung“ kann sich sowohl zugunsten des
Geschädigten als auch zugunsten des Schädigers auswirken. Sind die Erkenntnis-
und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten beschränkt oder bestehen gerade für
ihn Schwierigkeiten, so ist hierauf zu seinen Gunsten Rücksicht zu nehmen;
solche Umstände können also (nur) anspruchserweiternd wirken. Verfügt er
hingegen über eine besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder
sonstige Vorteile oder Erleichterungen, so ist hierauf zu Gunsten des
Schädigers Rücksicht zu nehmen; diese Umstände können also anspruchsverkürzend
wirken (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2019 – VI ZR 45/19, juris Rn. 10). So kann
es in der Situation des Geschädigten wirtschaftlich objektiv unvernünftig sein,
im Rahmen der Schadensabwicklung eine vorteilhafte Möglichkeit ungenutzt zu
lassen, die im Rahmen des eigenen Gewerbes typischerweise ohne weiteres genutzt
wird (BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 – VI ZR 358/18, juris Rn. 19).
3.
Die
Entscheidung des Landgerichts wird diesen Grundsätzen nicht gerecht.
a)
Die Auffassung
des Landgerichts, die Klägerin müsse sich einen auf Neupreise erzielbaren
Rabatt anspruchsmindernd entgegenhalten lassen, lässt den Umstand
unberücksichtigt, dass sich die Naturalrestitution vorliegend nicht auf die
Anschaffung eines Neufahrzeugs richtet. Die Anschaffung eines Neufahrzeugs
entspräche nur dann ausnahmsweise dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn sie
unter Berücksichtigung des Sonderrabatts günstiger wäre als die Anschaffung
eines entsprechenden Gebrauchtwagens. Da ein solcher Ausnahmefall nicht
vorliegt, ist – wie dargelegt – die Naturalrestitution auf den Preis eines
gebrauchten Kraftfahrzeugs beschränkt.
Nach der
subjektbezogenen Schadensbetrachtung kann ein Rabatt jedoch nur dann
anspruchsmindernd berücksichtigt werden, wenn er auf den Erwerb von
Gebrauchtfahrzeugen gewährt wird. Nach den tatbestandsmäßigen Feststellungen
des Landgerichts kauft die Klägerin allerdings keine Gebrauchtwagen an. Damit
ist es ausgeschlossen, dass der Klägerin ein Großkundenrabatt für
Gebrauchtwagen zugänglich ist.
An dieser
Bewertung ändert auch der zweitinstanzliche Vortrag der Beklagten nichts,
wonach andere Leasingunternehmen auch jüngere Gebrauchtwagen kauften, hierbei
einen Rabatt erhielten und dieser Weg auch der Klägerin offenstünde. Zum einen
handelt es sich dabei um einen neuen, bestrittenen Vortrag, der in Ermangelung
eines dargelegten Zulassungsgrundes gemäß § 531 Absatz 2 ZPO nicht zu
berücksichtigen ist. Zum anderen ist der Vortrag aber auch unerheblich, denn zu
berücksichtigen sind besondere Vorteile bei der Schadensabwicklung nur, wenn sie
dem Geschädigten ohne weiteres zugänglich sind, etwa weil sie im Rahmen des
Geschäftsbetriebes typischerweise in Anspruch genommen werden (BGH, Urteil vom
29. Oktober 2019 – VI ZR 45/19, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 25. Juni 2019 –
VI ZR 358/18, juris Rn. 19). Dies ist nach den tatbestandlichen Feststellungen
des Landgerichts auszuschließen, da der Ankauf von Gebrauchtwagen nicht dem
Geschäftsbetrieb der Klägerin entspricht. Zu berücksichtigen sind individuelle
Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten nur, soweit diese bestehen (BGH, Urteil
vom 15. Februar 2005 – VI ZR 70/04, juris Rn. 9). Der Geschädigte muss nicht
zugunsten des Schädigers durch eine Art Marktforschung nach
Einsparmöglichkeiten fahnden (BGH, Urteil vom 27. September 2016 – VI ZR
673/15, juris Rn. 9), weshalb es auch nicht darauf ankommt, ob der Klägerin bei
irgendwelchen Anbietern ein Rabatt zugänglich wäre.
b)
Nichts Anderes
ergibt sich entgegen der Auffassung des Landgerichts aus der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs zur Berücksichtigung eines Großkundenrabatts bei der
Abrechnung fiktiver Reparaturkosten (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2019 – VI ZR
45/19, juris Rn. 14). Dieser Rechtsprechung liegt vielmehr zugrunde, dass dem
Geschädigten ein entsprechender Rabatt bei der Schadensabwicklung ohne weiteres
zugänglich war.
c)
Schließlich
findet die Argumentation des Landgerichts keine Stütze in der Überlegung, dass
die Klägerin das verunfallte Fahrzeug bereits mit einem Rabatt angeschafft habe
und das Unfallfahrzeug wiederum durch ein Neufahrzeug ersetzt werde, wodurch
sich Gewinne ergeben könnten, was dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot
zuwiderlaufe.
Zum einen ist
für die Schadensabwicklung alleine der Preis maßgebend, den der Geschädigte
beim Kauf eines gleichwertigen Fahrzeugs aufwenden müsste. Auf die
Anschaffungskosten, den Abschreibungswert oder den Preis, den der Geschädigte
beim Verkauf des Unfallfahrzeugs in unbeschädigtem Zustand erzielt hätte (Zeit-
oder Veräußerungswert), kommt es hingegen nicht an (BGH, Urteil vom 23. Mai
2017 – VI ZR 9/17, juris Rn. 9). Zum anderen ist in die Betrachtung auch nicht
einzubeziehen, ob das verunfallte Fahrzeug durch ein Neufahrzeug ersetzt wird.
Die Naturalrestitution richtet sich nicht hierauf, sondern auf den Betrag, der
für die Anschaffung eines Gebrauchtwagens erforderlich ist (BGH, Urteil vom 23.
Mai 2017 – VI ZR 9/17, juris Rn. 8). Ob die Klägerin den Betrag, der sich nach
dem Wert eines Gebrauchtwagens ermittelt, dafür einsetzt, ein (höherwertiges)
Neufahrzeug zu erwerben, steht in ihrer Dispositionsfreiheit. Der Geschädigte
ist aufgrund der nach anerkannten schadensrechtlichen Grundsätzen bestehenden
Dispositionsfreiheit in der Verwendung der Mittel frei, die er vom Schädiger
zum Schadensausgleich beanspruchen kann (BGH, Urteil vom 29. April 2003 – VI ZR
393/02, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 5. April 2022 – VI ZR 7/21, juris Rn. 11).
III.
Muss sich die
Klägerin einen Großkundenrabatt nicht anrechnen lassen, stehen ihr – in der
Höhe unstreitig – weitere 5.243,70 Euro zu, die gem. § 286 Absatz 1
Satz 1 i.V.m. § 288 Absatz 1 Satz 1 und 2 BGB ab dem
27.04.2020 zu verzinsen sind.
C
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 ZPO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, §§ 711,
713 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des
§ 543 Absatz 2 ZPO nicht vorliegen. Insbesondere liegt keine
abweichende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder eines anderen
Oberlandesgerichts vor.
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