Der Kläger machte gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung geltend, die auch auf Elementarschäden wie Erdrutsche deckte. In den Versicherungsklauseln hieß es dazu „Erdrutsch ist ein naturbedingtes Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen.“ Das klägerische Grundstück lag am vorderen Rand einer vor ca. 80 Jahren aufgeschütteten Terrasse. In 2018 zeigte der Kläger der Beklagten Rissbildungen an seinem Wohnhaus an, die sich durch eine Rutschung des Untergrundes verursacht würden. Die Beklagte lehnte einen versicherungsvertraglichen Anspruch ab. Klage und Berufung blieben erfolglos; auf die Revision des Klägers wurde das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an dieses zur anderweitigen Entscheidung zurückverwiesen.
Das Berufungsgericht hatte das Vorliegen eines die Beklagte leistungsverpflichtenden Erdrutsches negiert, da darunter ein sinnlich wahrnehmbarer Vorgang und nicht, wie hier nach Vortrag des Klägers, eine sich langsam über Jahre vollziehende Erdbewegung zu verstehen sei. Dem folgte der BGH nicht. Vielmehr würden mit der Klausel auch Schäden gedeckt, die durch allmähliche, nicht augenscheinlich naturbedingte Bewegungen von Gesteins- oder Erdmassen verursacht würden.
Der BGH wies darauf hin, dass in Rechtsprechung und Literatur streitig sei, ob eine Klausel wie vorliegend unter „Erdrutsch“ ein mit Geschwindigkeit ablaufendes Ereignis verlange, dass dies sinnlich wahrnehmbar sei, oder auch ein über längere Zeit unmerkliches Verlagern von Bodenbestandteilen. Der letzteren Ansicht gab der BGH den Vorzug. Dies ergäbe sich aus der Auslegung.
Allgemeine Versicherungsbedingungen seien so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstünde, ohne dass versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse vorhanden sein müssten (BGH, Urteil vom 26.01.2022 - IV ZR 144/21 -).
Dieser Versicherungsnehmer würde, wenn sich Bodenbestandteile über einen längeren Zeitraum verlagern und hierdurch Schäden in Form von Rissbildungen am versicherten Gebäude verursachen, zunächst vom Wortlaut der Bedingungen ausgehen, wobei für ihn der tägliche Sprachgebrauch und nicht etwa die Terminologie, wie sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist, maßgebend sei (BGH, Urteil vom 29.03.1017 - IV ZR 533/15 -). Es käme damit entgegen der Annahme des Berufungsgerichts nicht auf eine terminologische Unterscheidung in der Geologie an. Ausgangspunkt sei für den maßgeblichen durchschnittlichen Versicherungsnehmer die in der Klausel enthaltene Definition für Erdrutsch, nach der er erkennen würde, dass der versicherte Tatbestand mit einem naturbedingten Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder Erdmassen zwei unterschiedliche Vorgänge einschließe. Nach denen sei zwar mit dem Begriff des „Abstürzens“ ein plötzliches Ereignis gegeben, in der Alternative des „Abgleitens“ aber nicht gefordert würde. Unter „Abgleiten“ sei nach allgemeinen Sprachgebrauch (Duden) ein Haftungs- und Haltverlust und eine unbeabsichtigte Bewegung seitwärts und nach unten umschrieben. In Ermangelung entsprechender Klarstellung würde sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus der Klausel auch nicht entnehmen lassen, dass sich die sinnlich nicht wahrnehmbare Erdbewegung über einen längeren Zeitraum nicht unter den Tatbestand falle. Was unter „Rutschen“ nach allgemeinen Sprachgebrauch verstanden wird, sei in Ansehung der eigenständigen Definition des Begriffs „Erdrutsch“ nicht entscheidend. Dass die Klausel ein Abgleiten oder Abstürze von Gesteins- oder Erdmassen verlange, führe nicht dazu, dass dies eine Mindestgeschwindigkeit haben müsse, also Kriechvorgänge vom Versicherungsschutz ausgenommen wären.
Auch aus dem Sinn und Zweck des Leistungsversprechens ergäbe sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nichts anderes. Durch einen Vergleich mit anderweitigen Regelungen in der Elementarversicherung (wie z.B. Überschwemmung, Rückstau, Vulkanausbruch, Erdbeben, Erdfall, Schneedruck, Lawinen) könne er nicht die Erkenntnis erlange, nur deutlich wahrnehmbare Vorgänge seien versichert. Eine Plötzlichkeit sei - mit Ausnahme für den Vulkanausbruch - nach dem Wortlaut der Bedingungen dort gerade nicht gefordert.
Die Zurückverweisung erfolgte, da
Feststellungen zur Ursächlichkeit der Rissbildungen bisher nicht getroffen
wurden.
BGH, Urteil vom 09.11.2022 - IV ZR 62/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das
Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg - 1. Zivilsenat - vom 27. Januar 2022
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 84.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Kläger
macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Wohngebäudeversicherung geltend,
der unter anderem Wohngebäudeversicherungsbedingungen der Beklagten (WGB F
01/08) sowie Klauseln zu den WGB F 01/08 zugrunde liegen. Der
Versicherungsschutz erstreckt sich auf Schäden durch weitere Elementargefahren,
unter anderem Erdrutsch. Dazu bestimmen die Klauseln zu den WGB F 01/08 in K.7:
"Erdrutsch
ist ein naturbedingtes Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder
Erdmassen."
Das versicherte
Grundstück des Klägers liegt am vorderen Rand einer vor etwa 80 Jahren am Hang
aufgeschütteten Terrasse. Im Jahre 2018 zeigte der Kläger bei der Beklagten
Schäden in Form von Rissbildungen an seinem Wohnhaus und auf der zugehörigen
Terrasse an. Eine Übernahme der Kosten für die Beseitigung der Schäden lehnte
die Beklagte ab.
Der Kläger
behauptet, die Schäden seien einzig mit einem Erdrutsch erklärbar. Sie seien
durch nicht augenscheinliche Rutschungen des Untergrunds von wenigen
Zentimetern pro Jahr verursacht. Für die Rissinstandsetzung und Malerarbeiten
seien geschätzte Aufwendungen in Höhe von 20.000 €, für die gesamte Beseitigung
der Schäden Kosten im Bereich von insgesamt 100.000 € zu erwarten. Den
genannten Betrag für die Rissinstandsetzung und Malerarbeiten nebst Zinsen
verlangt der Kläger als Vorschuss; ferner begehrt er die Feststellung der
Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung aller weiteren versicherten Schäden
sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
In den
Vorinstanzen ist die Klage erfolglos geblieben. Mit seiner Revision verfolgt
der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision
führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I. Nach
dessen Auffassung fehlt es auf der Grundlage des Sachvortrags des Klägers an
einem die Leistungspflicht der Beklagten auslösenden Erdrutsch. Der
durchschnittliche Versicherungsnehmer werde unter einem "Erdrutsch"
im Sinne der Versicherungsbedingungen sinnlich wahrnehmbare Vorgänge verstehen,
nicht hingegen auch sich langsam über Jahre hinweg vollziehende Erdbewegungen.
Über einen längeren Zeitraum schleichend vonstattengehende allmähliche und bis
zur Schadensentstehung unbemerkt bleibende Erdbewegungen seien auch mit dem
allgemeinen Wortsinn der für die Definition herangezogenen Begriffe des
"Abgleitens" und "Abstürzens" nicht in Einklang zu bringen.
Beide Formulierungen implizierten ein Bewegungsmoment und legten erkennbar
nahe, dass es sich hierbei um Vorgänge handele, die sich mit einer gewissen
sinnlich wahrnehmbaren Dynamik vollzögen. Die Geologie verwende für langfristig
langsam verlaufende, sich nicht beschleunigende Bewegungen von Erdmassen ohne
ausgeprägte Gleitflächen den Begriff des "Erdkriechens". Hieraus
ergebe sich, dass langsame, sinnlich nicht wahrnehmbare Erdbewegungen in Form
des "Erdkriechens" vom Begriff des "Erdrutsches" als einem
anderen geologischen Vorgang nicht umfasst seien. Auch die weiteren
versicherten Schäden wie Überschwemmungen, Rückstau, Erdfall, Schneedruck,
Lawinen und Vulkanausbrüche seien deutlich wahrnehmbare Vorgänge, die sich als
plötzlich auftretende Naturereignisse mit einer gewissen Dynamik vollzögen.
II. Das
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Der Begriff
"Erdrutsch" im Sinne der Bestimmung in K.7 der Klauseln zu den WGB F
01/08 erfasst auch Schäden am Versicherungsobjekt, die durch allmähliche, nicht
augenscheinliche naturbedingte Bewegungen von Gesteins- oder Erdmassen
verursacht werden.
1.
Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur streitig, ob in einer
Elementarschadenversicherung bei einer Klauselfassung wie der vorliegenden die
versicherte Gefahr "Erdrutsch" ein in einer solchen Geschwindigkeit
ablaufendes Ereignis voraussetzt, dass die Bewegung des Erdreichs sinnlich
wahrnehmbar ist (so OLG München, Beschluss vom 24. April 2017 - 25 U 843/17,
BeckRS 2017, 145362 Rn. 3 f.; LG Tübingen r+s 2017, 351 Rn. 28;
MünchKomm-VVG/Günther, 2. Aufl. 230. Elementarschadenversicherung Rn. 77a;
ders., FD-VersR 2020, 434135; ders., FD-VersR 2021, 437881; Wussow, VersR 2008,
1292, 1297; vgl. auch zu einer abweichenden Klauselfassung von Rintelen in
Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung 4. Aufl. § 8 Rn. 120;
zur Erdsenkung siehe OLG Nürnberg r+s 2007, 329), oder auch dann vorliegt, wenn
sich Bodenbestandteile über einen länger andauernden Zeitraum unmerklich
verlagern, mithin das Leistungsversprechen des Versicherers auch allmählich
eintretende Schäden umfasst (OLG Koblenz VersR 2015, 67 [juris Rn. 12];
Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. § 4 VGB 2016 - Wert 1914 GNP
Rn. 14; HK-VVG/Halbach 4. Aufl. A 6 VHB 2016 (QM) Rn. 14; Hoenicke in Veith/Gräfe/Gebert,
Der Versicherungsprozess 4. Aufl. § 4 Rn. 127; von Rintelen in
Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung 4. Aufl. § 8 Rn. 119;
Schulz-Merkel, jurisPR-VersR 7/2015 Anm. 4; vgl. auch W. Schneider in
MAH-VersR, 5. Aufl. § 9 Rn. 378; zu Erdsenkung bzw. Erdfall siehe LG
Detmold r+s 2021, 274 Rn. 23).
2. Die
letztgenannte Auffassung trifft zu. Das ergibt die Auslegung der Klausel, deren
Anwendung - anders als das Berufungsgericht meint - nicht auf plötzliche und
sinnlich wahrnehmbare Vorgänge beschränkt ist.
a)
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein
durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei
verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des
erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die
Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne
versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen
an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem
Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind
zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar
sind (Senatsurteil vom 26. Januar 2022 - IV ZR 144/21, VersR 2022, 312 Rn. 10;
st. Rspr.).
b) Bei
der Beurteilung der Frage, ob es sich um ein in der
Elementarschadenversicherung versichertes Ereignis handelt, wenn sich
Bodenbestandteile über einen längeren Zeitraum verlagern und hierdurch Schäden
in Form von Rissbildungen am versicherten Gebäude verursacht werden, wird der
durchschnittliche Versicherungsnehmer zunächst vom Wortlaut der Bedingungen
ausgehen, wobei für ihn der Sprachgebrauch des täglichen Lebens und nicht etwa
eine Terminologie, wie sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist, maßgebend ist
(Senatsurteil vom 29. März 2017 - IV ZR 533/15, r+s 2017, 252 Rn. 13 m.w.N.).
Rechtsfehlerhaft ist deshalb die Anknüpfung des Berufungsgerichts an die in der
Geologie gebräuchliche Unterscheidung langfristig und langsam verlaufender
Bewegungen von Erdmassen ohne ausgeprägte Gleitflächen von solchen, die eine
Bewegung von Gleitflächen voraussetzen, und die fachliche Klassifizierung
dieser Vorgänge als "Erdkriechen" und "Erdrutsch", die im
Wortlaut der Bedingungen keinen Niederschlag findet. Insoweit legt das Berufungsgericht
seiner Beurteilung - worauf die Revision zu Recht hinweist - einen
Prüfungsmaßstab zugrunde, der von der ständigen Rechtsprechung des Senats
abweicht.
Ein
durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird vielmehr die in K.7 der Klauseln zu
den WGB F 01/08 enthaltene Definition des Begriffs "Erdrutsch" zum
Ausgangspunkt seiner Überlegungen nehmen und erkennen, dass der versicherte
Tatbestand mit einem naturbedingten Abgleiten oder Abstürzen von Gesteins- oder
Erdmassen zwei unterschiedliche Vorgänge einschließt, denen zwar in der
Variante des "Abstürzens" ein plötzliches Ereignis immanent ist, das
aber in der Alternative des "Abgleitens", welches nach allgemeinem
Sprachgebrauch einen Haftungs- oder Haltverlust und eine unbeabsichtigte
Bewegung seitwärts und nach unten umschreibt (vgl. Duden, Das große Wörterbuch
der deutschen Sprache 3. Aufl. Band 1 Stichwort abgleiten), gerade nicht
gefordert wird.
Der
durchschnittliche Versicherungsnehmer wird der Klausel mangels entsprechender
Klarstellung auch nicht entnehmen, dass sinnlich nicht wahrnehmbare
Erdbewegungen über einen längeren Zeitraum nicht unter den versicherten
Tatbestand fallen. Hierbei muss angesichts der eigenständigen Definition des
Begriffs "Erdrutsch" in den Versicherungsbedingungen nicht
entschieden werden, ob der Begriff des "Rutschens" nach allgemeinem
Sprachgebrauch einen sensorisch erfassbaren Vorgang beschreibt und sich für den
Versicherungsnehmer unmerklich über einen längeren Zeitraum vollziehende
Erdbewegungen geringen Ausmaßes ausschließt (entgegen MünchKomm-VVG/Günther, 2.
Aufl. 230. Elementarschadenversicherung Rn. 77a; ders., FD-VersR 2020, 434135;
ders., FD-VersR 2021, 437881; vgl. auch zu einer abweichenden Klauselfassung
von Rintelen in Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung 4. Aufl. § 8
Rn. 120; Hoenicke in Wälder/Hoenicke/Krahe, Sach- und
Betriebsunterbrechungsversicherung, 2022, F Rn. 48).
Soweit die
Revisionserwiderung darauf verweist, der Versicherungsnehmer werde auch aus dem
Umstand, dass die Klausel das Abgleiten (oder Abstürzen) "von Gesteins-
oder Erdmassen" verlangt, das zusätzliche Erfordernis eines sinnlich
wahrnehmbaren Vorgangs herleiten, gilt nichts Anderes. Der durchschnittliche
Versicherungsnehmer wird dies nicht als Hinweis darauf verstehen, dass die
Massenbewegung eine Mindestgeschwindigkeit aufweisen muss, mithin
Kriechvorgänge vom Versicherungsschutz ausgenommen sind (vgl. von Rintelen in
Martin/Reusch/Schimikowski/Wandt, Sachversicherung 4. Aufl. § 8 Rn. 116,
119).
c)
Strengere Anforderungen lassen sich für den durchschnittlichen
Versicherungsnehmer auch nicht aus dem für ihn erkennbaren Sinn und Zweck des
Leistungsversprechens ableiten. Der vom Berufungsgericht für seine abweichende
Auffassung herangezogene Vergleich mit den Regelungen zu den übrigen in der
Elementarschadenversicherung versicherten Ereignissen (Überschwemmung,
Rückstau, Erdbeben, Erdfall, Schneedruck, Lawinen, Vulkanausbruch) muss den
Versicherungsnehmer nicht zu der Erkenntnis verleiten, nur deutlich
wahrnehmbare Vorgänge, die sich als plötzlich auftretende Naturereignisse mit
einer gewissen Dynamik vollziehen, seien vom Versicherungsschutz umfasst. Eine
Plötzlichkeit des Ereignisses wird auch für die übrigen Elementargefahren - mit
Ausnahme des Vulkanausbruchs, der nach K.10 der Klauseln zu den WGB F 01/08
eine plötzliche Druckentladung beim Aufreißen der Erdkruste voraussetzt - nach
dem Wortlaut der Bedingungen gerade nicht gefordert (vgl. Wussow, VersR 2008,
1292; Behrens, r+s 2020, 489, 490).
d)
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung lässt sich schließlich
hinsichtlich des Erfordernisses eines sinnlich wahrnehmbaren Vorganges weder
aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung des Begriffs
"Erdrutschung" in § 4 I Nr. 5 AHB noch aus der
instanzgerichtlichen Rechtsprechung zu § 4 Abs. 3 Buchst. c VGB 62
und inhaltsgleichen Klauseln in der Wohngebäudeversicherung etwas Gegenteiliges
herleiten. Die von der Revisionserwiderung angeführten Entscheidungen des
Bundesgerichtshofs vom 19. November 1956 (II ZR 217/55, VersR 1956, 789 unter I;
vgl. auch Senatsurteile vom 3. Februar 1988 - IVa ZR 202/86, VersR 1988, 1259
[juris Rn. 6 ff.]; vom 8. April 1970 - IV ZR 26/69, VersR 1970, 611 [juris Rn.
12 ff.]) und des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 1983 (VerBAV 1985,
286) betrafen jeweils - den Begriff des Erdrutsches ohnehin nicht näher
beschreibende - Risikoausschlussklauseln, die nach ständiger Rechtsprechung des
Senats eng und nicht weiter auszulegen sind, als es ihr Sinn unter Beachtung
ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl.
nur Senatsurteil vom 20. Mai 2021 - IV ZR 324/19, r+s 2021, 398 Rn. 21),
während es hier um eine primäre Leistungsbeschreibung geht, deren Auslegung
anderen Grundsätzen unterliegt.
III. Die
Sache ist nach allem an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da es zur
Entscheidung des Rechtsstreits noch weiterer Feststellungen bedarf. Insoweit
wird das Berufungsgericht mit sachverständiger Hilfe zu klären haben, ob die
Behauptung des Klägers zur Ursache der Rissbildungen zutrifft.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen