Das Nachlassgericht hat bis zur
Annahme einer Erbschaft für die Sicherung des Nachlasses Sorge zu tragen,
soweit dafür ein Bedürfnis besteht, § 1960 Abs. 1 BGB, und kann in diesem Zusammenhang
auch einen Nachlasspfleger bestellen, § 1960 Abs. 2 BGB, dessen Kosten aus dem
Nachlass bezahlt werden. Im Rahmen seiner Beschwerdeentscheidung zur Höhe
der Vergütung einer (berufsmäßigen) Nachlasspflegerin musste sich das OLG auch
mit dem Einwand fehlender Zweckmäßigkeit des Handelns der Nachlasspflegerin auseinandersetzen.
Das OLG verwies darauf, dass die Höhe der Vergütung nach §§ 1836 Abs. 1, 1915 Abs. 2 BGB (wenn keine Mittellosigkeit vorläge in Abweichung von § 3 VBVG) im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts läge, wobei zu berücksichtigen sei, dass hier die Nachlasspflegerin wegen ihrer Rechtskenntnisse zur berufsmäßigen Nachlasspflegerin bestellt worden sei (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.03.2015 - 11 Wx 11/15 -), weshalb sie eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Mindestvergütung verlangen könne. Abstellend auf die Tätigkeitsnachweise habe allerdings das Pflegschaftsgeschäft keine gehobenen Schwierigkeiten bereitet und in Ansehung des Vermögens habe auch keine überdurchschnittliche Verantwortung (verbunden mit einem erhöhten Haftungsrisiko) bestanden. Bei damit anzunehmender mittlerer Schwierigkeit sei ein Stundensatz von € 110,00 gerechtfertigt (OLG Hamm, Beschluss vom 13.01.2011 - I-15 W 632/10 -).
Der Nachlasspfleger unterliege nur einer Kontrolle zur Rechtmäßigkeit seines Handelns. Das Nachlassgericht könne keine Zweckmäßigkeitsanforderungen stellen, da der Nachlasspfleger eigenverantwortlich im Rahmen eigenen Ermessens handele. Der Vergütungsanspruch könne nicht gekürzt werden, da das Nachlassgericht etwa die Tätigkeit für unangebracht oder ein anderes Vorgehen für zweckmäßiger ansehen würde (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21.11.2007 - 3 W 201/07 -).
OLG Brandenburg, Beschluss
vom 04.10.2022 - 3 W 122/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird
abgeändert.
Die Auslagen und die Vergütung des zu 2)
beteiligten Nachlasspflegers wird auf 6.593,04 € festgesetzt.
Eine Kostenentscheidung ist nicht
veranlasst.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beschwerde
gegen die Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers ist nach den
§§ 58 ff. FamFG zulässig. Die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG
zur Einlegung des Rechtsmittels ist gewahrt, weil der Beteiligten zu 1) der
angefochtene Beschluss erst am 29.09.2010 zugestellt worden ist. Entgegen der
Auffassung des Beteiligten zu 2) reicht hier für die Annahme der Einlegung der
Beschwerde aus, dass die Beteiligte einen „Einspruch“ eingelegt hat. Denn der
Rechtsmittelführer muss nicht den Begriff „Beschwerde“ benutzen. Das Gericht
ist verpflichtet, den Wortlaut des Erklärenden zu erfassen. Letztlich reicht
jedes Schriftstück, aus dem der Wille, einen bestimmten Beschluss anzufechten
und damit einer höheren Instanz zuzuführen, aus. Vorliegend hat die Beteiligte
zu 1) mit der gewählten Formulierung hinreichend zum Ausdruck gebracht, sich
gegen den Festsetzungsbeschluss wenden zu wollen (vgl. Keidel/Sternal, FamFG,
16. Aufl., § 64 Rn 27).
Die Beschwerde
ist auch in der Sache begründet.
Nach
§§ 1836 Abs. 1, 1915 Abs. 1 S. 2 BGB richtet sich die Höhe
der Vergütung des Berufspflegers eines Nachlasses, der vermögend und nicht
mittellos ist, abweichend von § 3 Abs. 1 bis 3 VBVG nach den für die
zu führenden Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie
nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte (OLG
Zweibrücken NJW-RR 2008, 369 = FamRZ 2008, 818; MünchKommBGB/Leipold, 5. Aufl.,
§ 1960 Rn 73). Nach Ansicht des Gesetzgebers könnten die Regelsätze des
VBVG nämlich zu einer unangemessen niedrigen Vergütung des Nachlasspflegers
führen (vgl. Leipold a.a.O.).
Die Festsetzung
der Höhe der Vergütung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts
bzw. des an seine Stelle tretenden Gerichts der ersten Beschwerde. Vorliegend
ist in den Blick zu nehmen, dass der Beteiligte zu 2) auf Grund seiner
besonderen nutzbaren Rechtskenntnisse zum berufsmäßigen Nachlasspfleger
bestellt wurde, so dass er eine höhere als die gesetzlich vorgesehene
Mindestvergütung verlangen kann. Das Pflegschaftsgeschäft hat allerdings nach
dem Tätigkeitsnachweis keine gehobenen Schwierigkeiten verursacht. Auch hat der
Umfang des Vermögens keine überdurchschnittliche Verantwortung und damit kein
erhöhtes Haftungsrisiko des Beteiligten zu 2) veranlasst. Insgesamt hat die
Nachlasspflegschaft daher nur einen mittleren Schwierigkeitsgrad. Dem Umfang
der Erbengemeinschaft wird bei dem zu berücksichtigenden Zeitaufwand Rechnung
getragen. Daher ist nach Auffassung des Senats vorliegend auch nur ein
mittlerer Vergütungssatz und damit ein Stundensatz von 110,00 € angemessen und
nicht der von dem Beteiligten zu 2) angesetzte Stundensatz von 130,00 €, der
20,00 € über dem mittleren Wert liegt.
Die Vergütung des Beteiligten zu 2)
errechnet sich daher wie folgt:
Zeitaufwand: 49 Stunden zu 110,00 €/Std =
5390,00 €
52 Minuten zu 110,00 €/Std = 95,33 €
Zwischensumme 5485,33 €
zuzüglich 19 % MwSt. 1042,21 €
Zwischensumme 6527,54 €
Die geltend gemachten Auslagen betragen 65,50
€
Endbetrag 6593,04 €
Die übrigen
Einwände der Beteiligten zu 1) versteht der Senat nicht dahin, dass sie als
Einwände gegen die Höhe der Vergütung gemeint sind. Den Einwänden gegenüber
einzelnen Handlungen des Beteiligten zu 2) wäre dann entgegenzuhalten, dass im
Rahmen der Überprüfung der Vergütungsabrechnung das Nachlassgericht die Grenzen
beachten muss, die §§ 1837 Abs. 2, 1962 BGB für die Aufsicht über den
Nachlasspfleger setzt. Danach unterliegt ein Nachlasspfleger nur einer
Kontrolle im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns. In bloßen Zweckmäßigkeitsfragen
kann das Nachlassgericht kein bestimmtes Handeln vorschreiben oder untersagen.
Im Rahmen des ihm zugewiesenen Wirkungskreises handelt der Nachlasspfleger
eigenverantwortlich und führt sein Amt selbständig. Eine vom Nachlasspfleger
geltend gemachte Vergütung kann das Nachlassgericht nicht deshalb kürzen, weil
es die erbrachte Tätigkeit für unangebracht und ein anderes Vorgehen für
zweckmäßiger gehalten hätte (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O. unter Hinweis auf
BT-Drs. 15/2494, 19). Etwas anderes gilt nur für offensichtlich unzweckmäßige
Verfahrensweisen. Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor.
Die
Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
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