Nach der Behauptung der Antragstellerin (AS) stürzte sie auf einem Steinweg, der parallel zu der angrenzenden und von der AS angemieteten Garage entlang des Hauses der Antragsgegnerin (AG) verläuft und über eine offene Tür von der Garage aus erreichbar ist. Es sei (bei fehlender Beleuchtung) dunkel gewesen, die Bodenfliesen des Weges seien nass gewesen. Durch den Sturz habe sie sich diverse Frakturen zugezogen. Für eine beabsichtigte Klage auf materiellen und immateriellen Schadensersatz beantragte sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), die vom Landgericht wegen mangelnder Erfolgsaussichten der Klage versagt wurde. Die dagegen von der AS eingelegte Beschwerde wies das OLG zurück.
Das Landgericht habe zutreffend eine einzig als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende Verkehrssicherungspflichtverletzung (§§ 823 Abs. 1 u. 2, 253, 249 BGB, 229 StGB) der AG verneint, da diese nicht verpflichtet gewesen sei, diesen Weg gegen Sturzgefahren abzusichern. Zwar träfe die AG grundsätzlich die Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf ihr Grundstück und das darauf stehende Gebäude und sie müssen auch damit rechnen, dass Fußgänger diesen Weg nutzen. Derjenige, der eine Gefahrenlage schaffe, sei verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um Schädigungen anderer möglichst zu verhindern (BGH, Urteil vom 06.02.2007 - VI ZR 274/05 -).
Allerdings könne nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden; dies sei im praktischen Leben nicht erreichbar. Erforderlich sei, dass eine sachkundige Beurteilung die naheliegende Möglichkeit ergäbe, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden könnten. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sei genüge getan, wenn diejenigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen würden, die ein verständiger, umsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten dürfe, um andere Personen vor Schäden zu bewahren und die ihm den Umständen nach zumutbar seien (BGH aaO.). Käme es ausnahmeweise doch zu einen Schaden in Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, da zwar eine Gefährdung anderer nicht völlig ausgeschlossen seien, aber nur unter besonders eigenartigen und entfernt liegenden Umständen zu befürchten seien, so müsse dies der Geschädigte selbst tragen (BGH aaO.; Anm.: Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos).
Danach habe es sich hier nicht um eine der Abhilfe bedürftige Gefahrenstelle gehandelt. Die Sicherung der hier betroffenen Zuwegung zur Terrasse müsse nicht gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Gefahren erfolgen. Sie greife nur insoweit, als die Gefahr für einen Nutzer, der selbst die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht erkennbar sei, mit der er nicht rechnen müsse und auf die er sich nicht hätte einrichten können. Der Nutzer des Zuweges müsse grundsätzlich den Zustand hinnehmen, in dem sich der Zuweg erkennbar befände und sich den gegebenen Umständen anpassen (BGH, Urteil vom 13.07.1989 - III ZR 122/99 -). Sei der Nutzer bei gebotener Sorgfalt befähigt, selbst Schäden abzuwenden, bestünden für die AG keine weitergehenden Pflichten. Bei unübersichtlichen Situationen sei vom Nutzer eine erhöhte Aufmerksamkeit zu verlangen (BGH, Urteil vom 13.07.1989 aaO.; OLG Saarbrücken, Urteil vom 09.09.2008 - 4 U 114/08 -).
Die AS habe hier erstmals bei Dunkelheit einen für sie erkennbar nicht als eigentlichen Zugangsweg zu dem Wohnhaus der AG führenden Weg genutzt, um so über die Terrasse in due Wohnung der AG zu gelangen. Dass dieser Weg auch von Pflegekräften und Angehörigen der AG verwandt würde, ändere daran nichts, da er damit nicht zum eigentlichen Zuweg zum Wohnhaus der AG würde; die Nutzung erfolge nur durch einen begrenzten und lebensnah zu unterstellenden mit den Umständen vertrauten Personenkreis. Eine Notwendigkeit, diesen Weg zu nutzen, habe nicht bestanden, auch wenn andere Pflegekräfte diesen nutzten und der AS Eingang zum Wohnhaus bekannt gewesen sei.
Nur der letzte Teil des Weges sei mit Bodenfliesen versehen gewesen; er sei im Übrigen ebenerdig und in ungeordneter Reihenfolge mit Basaltplatten belegt gewesen, mit einer Stufe abgehoben, die bereits besondere Aufmerksamkeit geboten hatte. Zudem würde die AS selbst schildern, dass der Weg mit Ästen, Blättern und Moos bedeckt und regennass gewesen sei. Diese Beschaffenheit habe die AS erkannt, was für den Senat feststünde, wie sich auch aus der Tatsache ergäbe, dass der Weg von Bäumen/Büschen und regennass gewesen sei.
Bei objektiver Wertung müsse davon ausgegangen werden, dass die AG unterstellen konnte, dass einem sorgsamen und die konkreten Gegebenheiten des Weges in Betracht ziehenden Nutzer die Beschaffenheit des Weges erkennbar war und er daher bei der Nutzung seine Sorgfaltspflichten daran orientiere. Die AS selbst behaupte selbst nicht, dass sie sich in der Dunkelheit und eingedenk der Unübersichtlichkeit der Bodenbeschaffenheit mit angepasster, besonderer Sorgfalt bewegt habe.
OLG Frankfurt, Beschluss
vom 08.09.2022 - 17 W 17/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird
zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Eine Kostenerstattung erfolgt nicht.
Gründe
I.
Die
Antragstellerin beabsichtigt, mit der Klage materiellen und immateriellen
Schadensersatz gegen die Antragsgegnerin geltend zu machen. Das Landgericht hat
der Antragstellerin mit der angefochtenen Entscheidung die Bewilligung von
Prozesskostenhilfe versagt, weil die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg
biete. Hiergegen wendet sich das Rechtsmittel.
Die
Antragstellerin hat behauptet, sie sei am 5. Februar 2021, gegen 18:00, nach
dem Verlassen der Wohnung der Antragsgegnerin auf dem Steinweg, der parallel zu
der angrenzenden und von der Antragstellerin gemieteten Garage entlang des
Hauses der Antragsgegnerin verläuft und der über eine offene Tür von der Garage
aus erreichbar ist (Skizze, Bl. 76 d. A.), auf der mit Bodenfliesen versehenen
Fläche des nassen Weges (Lichtbilder, Bl. 95-97 d. A.) bei Dunkelheit und ohne
dass der Weg beleuchtet worden wäre, gestürzt und habe sich dabei eine Scham-,
Sitz- und Kreuzbeinfraktur zugezogen, die operativ habe versorgt werden müssen,
was zu erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen geführt habe, so dass ein
Schmerzensgeld von mindestens 20.000,00 € gerechtfertigt sei. Darüber hinaus
seien ihr Verdienstausfall, ein Haushaltsführungsschaden und weitere materielle
Aufwendungen entstanden.
Sie habe sich
5. Februar 2021 auf Bitten der Pflegekraft der Antragsgegnerin bereit bei
Dunkelheit aus der Garage über den Steinweg und über die Terrasse in deren
Wohnung begeben, weil die Antragsgegnerin mit ihr habe reden wollen. Der Weg
werde von Pflegekräften und Angehörigen der Antragsgegnerin benutzt, sie habe
ihn zwar gekannt, diesen aber zuvor noch nicht genutzt. Die Straßenlaterne habe
den Steinweg nicht ausgeleuchtet. Der von ihr benutzte Weg sei mit Blättern,
Ästen und Moos bedeckt und regennass und schmierig gewesen. Diesen Weg habe sie
nach Verlassen der Wohnung der Antragstellerin dann erneut genutzt. Dabei sei
es beim Belaufen des gefliesten Teils des Wegs zu dem Sturz gekommen. Die
Antragstellerin hat gemeint, aus diesen Umständen eine
Verkehrssicherungspflicht der Antragsgegnerin ableiten zu können, wonach diese
verpflichtet gewesen sei, den Weg so zu unterhalten, dass er ohne Sturzgefahr
habe genutzt werden können.
Das Landgericht
hat mit der angefochtenen Entscheidung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
versagt, weil die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg biete.
Die
Antragsgegnerin habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Sie sei nicht
verpflichtet gewesen, den untergeordneten Weg auf ihrem Grundstück angesichts
der Begleitumstände des Sturzes und der Belegenheit der von der Antragstellerin
genutzten Garage zu reinigen.
Hiergegen
wendet sich die sofortige Beschwerde mit der die Antragstellerin die mit dem
Klageentwurf dargelegten Umstände wiederholt und vertieft.
Die
Antragsgegnerin verteidigt die Bewertung in der angefochtenen Entscheidung. Sie
stellt darüber hinaus den Sturz der Antragstellerin in Abrede und behauptet,
der Weg sei beleuchtet gewesen.
II.
Die sofortige
Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Sie ist zurückzuweisen.
Das Landgericht
hat zu Recht eine Verkehrssicherungspflicht und damit einen
Schadensersatzanspruch der Antragsgegnerin gemäß §§ 823 Abs. 1,
Abs. 2, 253, 249 BGB; 229 StGB, den auf ihrem Grundstück verlaufenden
Gehweg, auf dem die Antragstellerin behauptet, gestürzt zu sein, vor
Sturzgefahren abzusichern, verneint.
Grundsätzlich
trifft die Antragsgegnerin eine Verkehrssicherungspflicht in Bezug auf ihr
Grundstück und das in ihrem Eigentum stehende Gebäude. Sie muss auch damit
rechnen, dass Fußgänger diesen Weg benutzen.
Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, ist
derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich
verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine
Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Die rechtlich gebotene
Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und
verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und
ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren (vgl. BGH, Urteil vom 6.
Februar 2007 - VI ZR 274/05 -, Rn. 14, juris, mwN).
Zu
berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend
begegnet werden kann. Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre
utopisch. Eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, ist im
praktischen Leben nicht erreichbar. Haftungsbegründend wird eine Gefahr daher
erst dann, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit
ergibt, dass Rechtsgüter anderer verletzt werden. Deshalb muss nicht für alle
denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Es
sind vielmehr nur die Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, die
Schädigung anderer tunlichst abzuwenden. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt
ist genügt, wenn letztlich derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in
dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich
hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen
zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter
Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um
andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die ihm den Umständen nach
zuzumuten sind (vgl. BGH, Urteile vom 6. Februar 2007 - VI ZR 274/05 -, Rn. 15;
vom 9. September 2008 - VI ZR 279/06 -, Rn. 10, beide juris, mwN). Kommt es in
Fällen, in denen hiernach keine Schutzmaßnahmen getroffen werden mussten, weil
eine Gefährdung anderer zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur unter
besonders eigenartigen und entfernter liegenden Umständen zu befürchten war,
ausnahmsweise doch einmal zu einem Schaden, so muss der Geschädigte - so hart
dies im Einzelfall sein mag - den Schaden selbst tragen (BGH, Urteil vom 6.
Februar 2007 - VI ZR 274/05 -, Rn. 16, juris).
Gemessen an
diesen Grundsätzen handelt es sich - selbst nach der Darlegung der
Antragstellerin - hier nicht bereits um eine der Abhilfe bedürftige
Gefahrenstelle, die zu beseitigen die Antragstellerin etwa verpflichtet wäre.
Es ist nicht
Aufgabe der Antragsgegnerin, den Zuweg zu der Terrasse ihres Wohnhauses völlig
gefahrlos gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die
Nutzer auszugestalten. Die Antragstellerin muss vielmehr in geeigneter und
objektiv zumutbarer Weise nur diejenigen Gefahren beseitigen, die für den
Nutzer, der selber die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht erkennbar
sind, mit denen dieser nicht rechnen muss und auf die er sich nicht
einzurichten vermag. Der Nutzer dieses Zuwegs hat grundsätzlich dessen Zustand
so hinzunehmen, in dem er sich erkennbar befindet, und sich den gegebenen
Verhältnissen anzupassen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - III ZR 122/88 -,
Rn. 11, juris). Ist der Nutzer des Zuwegs bei zweckgerichteter Benutzung unter
Anwendung der gebotenen Sorgfalt befähigt, selber etwaige Schäden abzuwenden,
bestehen für die Antragsgegnerin keine weitergehenden Pflichten. Es ist
vielmehr von dem Nutzer in unübersichtlichen Situationen eine erhöhte
Aufmerksamkeit zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 - III ZR 122/88
-, Rn. 13; Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 9. September 2008 - 4 U
114/08 -, Rn. 20, juris, jew. mwN).
Vorliegend hat
die Antragstellerin erstmals bei Dunkelheit einen - für sie erkennbar - nicht
als eigentlichen Zugangsweg zu dem Wohnhaus der Antragsgegnerin gewidmeten Weg
benutzt, um über die Terrasse in die Wohnung der Antragsgegnerin zu gelangen.
Daran ändert auch der hier zu unterstellende Umstand nichts, dass der Weg von
Pflegekräften und Angehörigen der Antragsgegnerin genutzt wird. Zu einem
eigentlichen Zuweg zum Wohnhaus der Antragsgegnerin wird der Weg dadurch nicht,
weil er nur von einem begrenzten und lebensnah zu unterstellenden mit den
Umständen vertrauten Personenkreis genutzt wird. Dass sich die Antragstellerin
anfänglich zur Nutzung des Weges durch die vorangehende Pflegekraft
aufgefordert gefühlt haben mag, begründet für die Antragstellerin nicht etwa
schon die Notwendigkeit, diesen Weg auch beim Verlassen der Wohnung zu
benutzen. Der Antragstellerin war der Weg nicht näher bekannt, es war dunkel
und der Weg war nicht ausgeleuchtet und führte zwischen der Hauswand und der
Garage zu der Terrasse der Antragsgegnerin, wobei der Antragstellerin
jedenfalls der eigentliche Eingang zu dem Wohnhaus bekannt war. Die
Antragstellerin hat nicht etwa behauptet, die Beschaffenheit des Weges nicht
wahrgenommen zu haben, was angesichts der Tatsachenlage und selbst bei
Dunkelheit auch fernliegend wäre. So war nur der letzte Teil des Weges, rechts
einmündend auf die Terrasse, mit Bodenfliesen versehen. Er wurde zudem von dem
ansonsten ebenerdig verlaufenden Weg, auf dem sich in ungeordneter Folge
Basaltplatten befanden, mit einer Stufe abgehoben, die bereits zu besonderer
Aufmerksamkeit anhielt. Zudem beschreibt die Antragstellerin den Weg mit Ästen,
Blättern und Moos bedeckt und regennass. Dass die Antragstellerin diese
Beschaffenheit erkannt hat, steht für den Senat außer Zweifel, weil beim
Begehen des Weges zur Wohnung dieser Bodenbelag - wie im Übrigen auch die
Tatsache, dass der Weg von Bäumen/Büschen gesäumt und regennass war - durchaus
wahrnehmbar sein musste.
Mit Blick
darauf kann bei objektiver Wertung davon ausgegangen werden, dass die
Antragsgegnerin unterstellen konnte, dass einem sorgsamen und die konkreten
Gegebenheiten des Wegs in Betracht ziehenden Nutzer zum einen dessen
Beschaffenheit erkennbar sein musste und er daran anschließend bei der Nutzung
des Weges seine Sorgfaltspflichten daran orientiert. Dass die Antragstellerin
sich nach dem Verlassen der Wohnung etwa in der Dunkelheit und eingedenk der
Unübersichtlichkeit der Bodenbeschaffenheit mit angepasster, besonderer
Sorgfalt bewegt hat, behauptet sie nicht.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Eine Kostenerstattung erfolgt gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht.
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