Sonntag, 27. November 2022

Elektronische Unterlagen als Nachweis für Amtsniederlegung des Geschäftsführers ?

Mit dem digitalen Medium musste sich das Kammergericht im Rahmen einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Handelsregisters auseinanderzusetzen. Der Beteiligte zu 2., alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer UG (haftungsbeschränkt), § 5a GmbHG, hatte mit einer notariell beglaubigten Erklärung sein Ausscheiden als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1. Der UG (haftungsbeschränkt) zum Handelsregister angemeldet. Der Anmeldung war das undatierte Protokoll einer Gesellschafterversammlung beigefügt, welches seine Niederlegung aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister enthielt. Die Gesellschafter hatten nach dem Protokoll darüber hinaus der Abtretung der Anteile des Beteiligten zu 2. an der Gesellschaft durch diesen zugestimmt. Die Unterschriften der Gesellschafter bzw. ihrer Organvertreter enthielten den Vermerk „DocuSignes“. Das Amtsgericht reklamierte, dass die Signatur, die mit dem Programm “DocuSign“ erfolgte, nicht geprüft werden könne; vorzulegen seien der den dem Beteiligten zu 2. Und noch einem weiteren Gesellschafter unterzeichnete Gesellschafterbeschluss.

Das Kammergericht sah die formellen Voraussetzungen für den Vollzug des Eintragungsantrages als gegeben an; der beteiligte zu 2. Sei auch anmeldebefugt, da sein Amt erst mit der Eintragung der Amtsniederlegung ende. Die zur Eintragung erforderlichen Unterlagen lägen entgegen der Ansicht des Registergerichts vor.

Nach § 39 Abs. 2 GmbHG seien der Anmeldung über Veränderungen in den Personen der Geschäftsführung Urkunden über deren Bestellung oder Beendigung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift beizufügen. Mit Einführung des elektronischen Handelsregisters würden gem. § 8 Abs. 5 GmbHG die Regelung in § 12 HGB entsprechend gelten, wonach Dokumente elektronisch einzureichen seien. Soweit mithin eine Urschrift einzureichen sei, reiche die Einreichung einer elektronischen Aufzeichnung. Bei einer Amtsniederlegung sie deshalb diese und ihr Zugang bei mindestens einem Gesellschafter durch eine elektronische Aufzeichnung nachzuweisen.

Aus dem eingereichten Protokoll ergäbe sich, dass der Beteiligte zu 2. den anderen Gesellschaftern gegenüber die Niederlegung aufschiebend bedingt erklärt habe. Damit sei sowohl die Abgabe der Erklärung über die Niederlegung wie auch ihr Zugang beim Bestellorgan belegt. Dass die Widergabe fehlerhaft sei, ergäbe sich nicht und würde auch vom Registergericht nicht geltend gemacht. Das Protokoll sei auch in ausreichender Form eingereicht worden, auch wenn der Signaturablauf (Abgabe vor dem Dienstleister) nahelegen würde, dass es originär elektronisch erstellt wurde. Auch diese Form würde dem § 12 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 HGB entsprechen. Die teilweise wohl vertretene Auffassung, ein elektronisches Dokument sei immer aus einem Papierdokument zu erstellen, teile der Senat nicht. Der Begriff der Aufzeichnung kann auch die Festhaltung des zu dokumentierenden Vorgangs bezeichnen. Ausreichend sei die Erstellung eines Dokuments, dass dauerhaft wiedergegeben werden könne. Dies entspräche auch § 48 Abs. 2 GmbHG, demzufolge Beschlüsse der Gesellschafter in Textform gefasst werden könnten (vgl. § 126b BGB, wonach Textform bedeutet, dass es sich um eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger handelt). Wenn danach eine elektronische Aufzeichnung ausreiche, sei es auch nicht erforderlich, dass diese durch den Notar erstellt wird.

Materiell-rechtlich läge eine wirksame Niederlegung vor, da diese formfrei abgegeben werden könne. Es käme nicht darauf an, ob eine Fernbeglaubigung nach dem Verfahren DocuSign rechtswirksam ist. Dies gelte erst Recht für die Unterschriften der beiden weiteren Gesellschafter, die im Zusammenhang mit der Niederlegung keine Willenserklärung abgeben müssten.

Die aufschiebende Bedingung der Niederlegung sei wirksam (BGH, Beschluss vom 21.06.2011 - II ZB 15/10 -).

Kammergericht, Beschluss vom 30.06.2022 - 22 W 36/22 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die Zwischenverfügung vom 14. April 2022 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1), eine UG (haftungsbeschränkt), ist seit dem 7. Juli 2020 in das Handelsregister Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Mit einer notariell beglaubigten elektronischen Erklärung vom 1. März 2022 meldete der Beteiligte zu 2), der als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beteiligten zu 1) eingetragen ist, sein Ausscheiden als Geschäftsführer zum Register an. Der Anmeldung war das undatierte

Protokoll einer Gesellschafterversammlung als elektronisches Dokument beigefügt, das die Erklärung des Beteiligten zu 2) über seine Niederlegung aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung enthält. Darüber hinaus haben die Gesellschafter der Abtretung der Geschäftsanteile des Beteiligten zu 2) an die Gesellschaft im Beschlusswege zugestimmt. Die Unterschriften der Gesellschafter bzw. ihrer Organvertreter enthalten den Vermerk „DocuSigned“.

Auf diese Anmeldung hin hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 15. März 2022 mitgeteilt, dass die Anmeldung nicht vollzogen werden könne. Der Gesellschafterbeschluss nebst weiterer Erklärungen sei mit Hilfe des Programms „DocuSign“ elektronisch unterzeichnet. Diese Signatur könne durch das Registergericht nicht überprüft werden, so dass nicht von wirksamen Unterschriften ausgegangen werden könne. Die Unterschrift werde in Abwesenheit des Unterzeichners durch den Dienstleister vorgenommen. Vorzulegen seien deshalb ein von dem Beteiligten zu 2) und einem weiteren Gesellschafter unterzeichneter Gesellschafterbeschluss nebst weiterer Erklärungen. Soweit eine rechtsmittelfähige Zwischenverfügung gewünscht werde, werde um entsprechende Mitteilung gebeten. Diese forderte der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 8. April 2022 ein. Gegen diese dem Schreiben vom 15. März 2022 entsprechende Verfügung vom 14. April 2022, die am 19. April 2022 zugestellt worden ist und anders als das Schreiben vom 15. März 2022 mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 19. Mai 2022 Beschwerde eingelegt. Diesem Rechtsmittel hat das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss vom 23. Mai 2022 zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1.

Die als im Namen der Gesellschaft eingelegt anzusehende Beschwerde ist nach § 382 Abs. 4 Satz 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach § 63 Abs. 1 FamFG eingelegt, auch der Beschwerwert nach § 61 Abs. 1 FamFG wird erreicht. Die Beteiligte zu 1) ist in eigenen Rechten beeinträchtigt, weil es um eine sie betreffende Eintragung geht, so dass die Voraussetzungen nach § 59 Abs. 1 und 2 FamFG gegeben sind. Die Beschwerdeeinlegung erfolgte formgerecht.

2.

Die Beschwerde hat auch Erfolg. Die in der Zwischenverfügung aufgeführten Eintragungshindernisse bestehen nicht. Sie ist aus diesem Grund aufzuheben. Das Amtsgericht hat neu über den Eintragungsantrag zu entscheiden.

a) Die formellen Voraussetzungen für den Vollzug der beantragten Entscheidung liegen vor. Der Beteiligte zu 2) ist anmeldebefugt, weil sein Amt erst mit der Eintragung endet. Die entsprechende Bedingung bezieht sich nicht auf die Anmeldung als Verfahrenshandlung, die bedingungsfeindlich ist.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen die notwendigen Unterlagen zum Vollzug des angemeldeten Ausscheidens des Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer vor.

Nach § 39 Abs. 2 GmbHG sind der Anmeldung über die Veränderungen in den Personen der Geschäftsführung die Urkunden über die Bestellung oder Beendigung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift beizufügen. Wegen der Form der einzureichenden Unterlagen gilt seit der Einführung des elektronischen Handelsregisters nach § 8 Abs. 5 GmbHG die Regelung des § 12 Abs. 2 HGB entsprechend. Danach sind Dokumente elektronisch einzureichen. Soweit eine Urschrift einzureichen ist, reicht danach die Einreichung einer elektronischen Aufzeichnung. Im Falle einer Amtsniederlegung ist aus diesem Grund die Amtsniederlegung und ihr Zugang bei mindestens einem der Gesellschafter durch eine elektronische Aufzeichnung nachzuweisen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. September 2001 – II ZR 378/99 –, BGHZ 149, 28-32 Rn. 9; Urteil vom 8. Februar 1993 – II ZR 58/92 –, BGHZ 121, 257-262 Rn. 19).

Derartige Unterlagen liegen aber vor. Aus dem eingereichten Protokoll ergibt sich, dass derBeteiligte zu 2) den anderen Gesellschaftern gegenüber die Niederlegung seines Geschäftsführeramtes aufschiebend bedingt erklärt hat. Damit ist nicht nur die Abgabe der entsprechenden Erklärung belegt, sondern auch ihr Zugang beim Bestellungsorgan. Dass die Wiedergabe dieses Vorgangs unzutreffend ist, die dortigen Angaben also falsch sind, macht auch das Amtsgericht nicht geltend. Anhaltspunkte hierfür, die Ermittlungen des Registergerichts rechtfertigen könnten, sind auch nicht ersichtlich. Dieses Protokoll ist in ausreichender Form eingereicht worden, auch wenn der Signierablauf nahelegt, dass es originär elektronisch erstellt ist. Denn auch ein solches Dokument genügt den Anforderungen nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 HGB (vgl. Schmidt-Kessel/Leutner/Müther, Handelsregisterrecht, 2010, § 12 HGB Rn. 50). Soweit davon ausgegangen wird, ein elektronisches Dokument sei immer aus einem Papierdokument zu erstellen, dies ergebe sich aus dem Begriff der Aufzeichnung (so wohl Münchener Kommentar HGB/Krafka, 5. Aufl., § 12 Rn. 59), teilt der Senat diese Auffassung nicht, weil der Begriff der Aufzeichnung auch die Festhaltung des zu dokumentierenden Vorgangs bezeichnen kann. Ausreichend ist die Erstellung eines Dokuments, das dauerhaft wiedergegeben werden kann. Dies entspricht auch dem § 48 Abs. 2 GmbHG, nach dem Beschlüsse der Gesellschafter in Textform gefasst werden können. Reicht danach eine elektronische Aufzeichnung, ist es auch nicht erforderlich, dass diese durch den Notar erstellt wird (vgl. dazu DNotI-Report 2018, 25).

b) Auch materiell-rechtlich ist damit von einer wirksamen Niederlegung des Geschäftsführeramtes durch den Beteiligten zu 2) auszugehen. Denn die Niederlegungserklärung kann, wie mit der Beschwerde zu Recht geltend gemacht wird, formfrei abgegeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1993 – II ZR 58/92 –, BGHZ 121, 257-262 Rn. 19; Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 –, juris Rn. 8; Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl., § 38 Rn. 77; Noack/Servatius/Haas/Beurkens, GmbHG, 23. Aufl., § 38 Rn. 76). Soweit das Amtsgericht bemängelt, eine Fernbeglaubigung nach dem Verfahren docuSign sei nicht rechtswirksam, kommt es hierauf daher nicht an. Dies gilt erst Recht für die Unterschriften der beiden weiteren Gesellschafter, die im Zusammenhang mit der Niederlegung überhaupt keine Willenserklärungen abgeben müssen. Dass die Niederlegung aufschiebend bedingt erfolgt ist, schadet nicht. Eine solche Bedingung ist wirksam (BGH, Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 –, juris Rn. 8; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. Juni 1998 – 3 W 130/98 –, juris Rn. 4).

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht an, die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet aus. Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden, weil es an einem Beschwerten fehlt.


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