Mit dem digitalen Medium musste sich das Kammergericht im Rahmen einer Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung des Handelsregisters auseinanderzusetzen. Der Beteiligte zu 2., alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer UG (haftungsbeschränkt), § 5a GmbHG, hatte mit einer notariell beglaubigten Erklärung sein Ausscheiden als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1. Der UG (haftungsbeschränkt) zum Handelsregister angemeldet. Der Anmeldung war das undatierte Protokoll einer Gesellschafterversammlung beigefügt, welches seine Niederlegung aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister enthielt. Die Gesellschafter hatten nach dem Protokoll darüber hinaus der Abtretung der Anteile des Beteiligten zu 2. an der Gesellschaft durch diesen zugestimmt. Die Unterschriften der Gesellschafter bzw. ihrer Organvertreter enthielten den Vermerk „DocuSignes“. Das Amtsgericht reklamierte, dass die Signatur, die mit dem Programm “DocuSign“ erfolgte, nicht geprüft werden könne; vorzulegen seien der den dem Beteiligten zu 2. Und noch einem weiteren Gesellschafter unterzeichnete Gesellschafterbeschluss.
Das Kammergericht sah die formellen Voraussetzungen für den Vollzug des Eintragungsantrages als gegeben an; der beteiligte zu 2. Sei auch anmeldebefugt, da sein Amt erst mit der Eintragung der Amtsniederlegung ende. Die zur Eintragung erforderlichen Unterlagen lägen entgegen der Ansicht des Registergerichts vor.
Nach § 39 Abs. 2 GmbHG seien der Anmeldung über Veränderungen in den Personen der Geschäftsführung Urkunden über deren Bestellung oder Beendigung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift beizufügen. Mit Einführung des elektronischen Handelsregisters würden gem. § 8 Abs. 5 GmbHG die Regelung in § 12 HGB entsprechend gelten, wonach Dokumente elektronisch einzureichen seien. Soweit mithin eine Urschrift einzureichen sei, reiche die Einreichung einer elektronischen Aufzeichnung. Bei einer Amtsniederlegung sie deshalb diese und ihr Zugang bei mindestens einem Gesellschafter durch eine elektronische Aufzeichnung nachzuweisen.
Aus dem eingereichten Protokoll ergäbe sich, dass der Beteiligte zu 2. den anderen Gesellschaftern gegenüber die Niederlegung aufschiebend bedingt erklärt habe. Damit sei sowohl die Abgabe der Erklärung über die Niederlegung wie auch ihr Zugang beim Bestellorgan belegt. Dass die Widergabe fehlerhaft sei, ergäbe sich nicht und würde auch vom Registergericht nicht geltend gemacht. Das Protokoll sei auch in ausreichender Form eingereicht worden, auch wenn der Signaturablauf (Abgabe vor dem Dienstleister) nahelegen würde, dass es originär elektronisch erstellt wurde. Auch diese Form würde dem § 12 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 HGB entsprechen. Die teilweise wohl vertretene Auffassung, ein elektronisches Dokument sei immer aus einem Papierdokument zu erstellen, teile der Senat nicht. Der Begriff der Aufzeichnung kann auch die Festhaltung des zu dokumentierenden Vorgangs bezeichnen. Ausreichend sei die Erstellung eines Dokuments, dass dauerhaft wiedergegeben werden könne. Dies entspräche auch § 48 Abs. 2 GmbHG, demzufolge Beschlüsse der Gesellschafter in Textform gefasst werden könnten (vgl. § 126b BGB, wonach Textform bedeutet, dass es sich um eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger handelt). Wenn danach eine elektronische Aufzeichnung ausreiche, sei es auch nicht erforderlich, dass diese durch den Notar erstellt wird.
Materiell-rechtlich läge eine wirksame Niederlegung vor, da diese formfrei abgegeben werden könne. Es käme nicht darauf an, ob eine Fernbeglaubigung nach dem Verfahren DocuSign rechtswirksam ist. Dies gelte erst Recht für die Unterschriften der beiden weiteren Gesellschafter, die im Zusammenhang mit der Niederlegung keine Willenserklärung abgeben müssten.
Die aufschiebende Bedingung der Niederlegung sei wirksam (BGH, Beschluss vom 21.06.2011 - II ZB 15/10 -).
Kammergericht, Beschluss
vom 30.06.2022 - 22 W 36/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die
Zwischenverfügung vom 14. April 2022 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beteiligte
zu 1), eine UG (haftungsbeschränkt), ist seit dem 7. Juli 2020 in das Handelsregister
Abteilung B des Amtsgerichts Charlottenburg eingetragen. Mit einer notariell
beglaubigten elektronischen Erklärung vom 1. März 2022 meldete der Beteiligte
zu 2), der als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beteiligten zu
1) eingetragen ist, sein Ausscheiden als Geschäftsführer zum Register an. Der
Anmeldung war das undatierte
Protokoll einer
Gesellschafterversammlung als elektronisches Dokument beigefügt, das die Erklärung
des Beteiligten zu 2) über seine Niederlegung aufschiebend bedingt auf den
Zeitpunkt der Eintragung enthält. Darüber hinaus haben die Gesellschafter der
Abtretung der Geschäftsanteile des Beteiligten zu 2) an die Gesellschaft im
Beschlusswege zugestimmt. Die Unterschriften der Gesellschafter bzw. ihrer
Organvertreter enthalten den Vermerk „DocuSigned“.
Auf diese
Anmeldung hin hat das Amtsgericht mit Schreiben vom 15. März 2022 mitgeteilt,
dass die Anmeldung nicht vollzogen werden könne. Der Gesellschafterbeschluss
nebst weiterer Erklärungen sei mit Hilfe des Programms „DocuSign“ elektronisch
unterzeichnet. Diese Signatur könne durch das Registergericht nicht überprüft
werden, so dass nicht von wirksamen Unterschriften ausgegangen werden könne.
Die Unterschrift werde in Abwesenheit des Unterzeichners durch den
Dienstleister vorgenommen. Vorzulegen seien deshalb ein von dem Beteiligten zu
2) und einem weiteren Gesellschafter unterzeichneter Gesellschafterbeschluss
nebst weiterer Erklärungen. Soweit eine rechtsmittelfähige Zwischenverfügung
gewünscht werde, werde um entsprechende Mitteilung gebeten. Diese forderte der
Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 8. April 2022 ein. Gegen diese dem Schreiben
vom 15. März 2022 entsprechende Verfügung vom 14. April 2022, die am 19. April
2022 zugestellt worden ist und anders als das Schreiben vom 15. März 2022 mit
einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, hat der Verfahrensbevollmächtigte
mit Schreiben vom 19. Mai 2022 Beschwerde eingelegt. Diesem Rechtsmittel hat
das Amtsgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit einem Beschluss
vom 23. Mai 2022 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
1.
Die als im
Namen der Gesellschaft eingelegt anzusehende Beschwerde ist nach § 382
Abs. 4 Satz 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist
fristgerecht innerhalb der Monatsfrist nach § 63 Abs. 1 FamFG
eingelegt, auch der Beschwerwert nach § 61 Abs. 1 FamFG wird
erreicht. Die Beteiligte zu 1) ist in eigenen Rechten beeinträchtigt, weil es
um eine sie betreffende Eintragung geht, so dass die Voraussetzungen nach
§ 59 Abs. 1 und 2 FamFG gegeben sind. Die Beschwerdeeinlegung
erfolgte formgerecht.
2.
Die Beschwerde
hat auch Erfolg. Die in der Zwischenverfügung aufgeführten
Eintragungshindernisse bestehen nicht. Sie ist aus diesem Grund aufzuheben. Das
Amtsgericht hat neu über den Eintragungsantrag zu entscheiden.
a) Die
formellen Voraussetzungen für den Vollzug der beantragten Entscheidung liegen
vor. Der Beteiligte zu 2) ist anmeldebefugt, weil sein Amt erst mit der
Eintragung endet. Die entsprechende Bedingung bezieht sich nicht auf die
Anmeldung als Verfahrenshandlung, die bedingungsfeindlich ist.
Entgegen der
Auffassung des Amtsgerichts liegen die notwendigen Unterlagen zum Vollzug des
angemeldeten Ausscheidens des Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer vor.
Nach § 39
Abs. 2 GmbHG sind der Anmeldung über die Veränderungen in den Personen der
Geschäftsführung die Urkunden über die Bestellung oder Beendigung in Urschrift
oder beglaubigter Abschrift beizufügen. Wegen der Form der einzureichenden
Unterlagen gilt seit der Einführung des elektronischen Handelsregisters nach
§ 8 Abs. 5 GmbHG die Regelung des § 12 Abs. 2 HGB
entsprechend. Danach sind Dokumente elektronisch einzureichen. Soweit eine
Urschrift einzureichen ist, reicht danach die Einreichung einer elektronischen
Aufzeichnung. Im Falle einer Amtsniederlegung ist aus diesem Grund die Amtsniederlegung
und ihr Zugang bei mindestens einem der Gesellschafter durch eine elektronische
Aufzeichnung nachzuweisen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. September 2001 – II ZR
378/99 –, BGHZ 149, 28-32 Rn. 9; Urteil vom 8. Februar 1993 – II ZR 58/92 –,
BGHZ 121, 257-262 Rn. 19).
Derartige
Unterlagen liegen aber vor. Aus dem eingereichten Protokoll ergibt sich, dass
derBeteiligte zu 2) den anderen Gesellschaftern gegenüber die Niederlegung
seines Geschäftsführeramtes aufschiebend bedingt erklärt hat. Damit ist nicht
nur die Abgabe der entsprechenden Erklärung belegt, sondern auch ihr Zugang
beim Bestellungsorgan. Dass die Wiedergabe dieses Vorgangs unzutreffend ist,
die dortigen Angaben also falsch sind, macht auch das Amtsgericht nicht
geltend. Anhaltspunkte hierfür, die Ermittlungen des Registergerichts
rechtfertigen könnten, sind auch nicht ersichtlich. Dieses Protokoll ist in
ausreichender Form eingereicht worden, auch wenn der Signierablauf nahelegt,
dass es originär elektronisch erstellt ist. Denn auch ein solches Dokument
genügt den Anforderungen nach § 12 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 HGB (vgl.
Schmidt-Kessel/Leutner/Müther, Handelsregisterrecht, 2010, § 12 HGB Rn.
50). Soweit davon ausgegangen wird, ein elektronisches Dokument sei immer aus
einem Papierdokument zu erstellen, dies ergebe sich aus dem Begriff der
Aufzeichnung (so wohl Münchener Kommentar HGB/Krafka, 5. Aufl., § 12 Rn.
59), teilt der Senat diese Auffassung nicht, weil der Begriff der Aufzeichnung
auch die Festhaltung des zu dokumentierenden Vorgangs bezeichnen kann.
Ausreichend ist die Erstellung eines Dokuments, das dauerhaft wiedergegeben
werden kann. Dies entspricht auch dem § 48 Abs. 2 GmbHG, nach dem
Beschlüsse der Gesellschafter in Textform gefasst werden können. Reicht danach
eine elektronische Aufzeichnung, ist es auch nicht erforderlich, dass diese
durch den Notar erstellt wird (vgl. dazu DNotI-Report 2018, 25).
b) Auch
materiell-rechtlich ist damit von einer wirksamen Niederlegung des Geschäftsführeramtes
durch den Beteiligten zu 2) auszugehen. Denn die Niederlegungserklärung kann,
wie mit der Beschwerde zu Recht geltend gemacht wird, formfrei abgegeben werden
(vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1993 – II ZR 58/92 –, BGHZ 121, 257-262 Rn.
19; Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 –, juris Rn. 8; Altmeppen, GmbHG,
10. Aufl., § 38 Rn. 77; Noack/Servatius/Haas/Beurkens, GmbHG, 23. Aufl.,
§ 38 Rn. 76). Soweit das Amtsgericht bemängelt, eine Fernbeglaubigung nach
dem Verfahren docuSign sei nicht rechtswirksam, kommt es hierauf daher nicht
an. Dies gilt erst Recht für die Unterschriften der beiden weiteren
Gesellschafter, die im Zusammenhang mit der Niederlegung überhaupt keine
Willenserklärungen abgeben müssen. Dass die Niederlegung aufschiebend bedingt
erfolgt ist, schadet nicht. Eine solche Bedingung ist wirksam (BGH, Beschluss
vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 –, juris Rn. 8; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.
Juni 1998 – 3 W 130/98 –, juris Rn. 4).
3. Eine
Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtskosten fallen nicht an, die
Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten scheidet aus. Die
Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden, weil es an einem Beschwerten
fehlt.
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