Die Wohnungseigentümergemeinschaft war verwalterlos. Der Antragsgegner zu 1. lud zu einer Eigentümerversammlung in die Wohnung der Antragsgegnerin zu 2. ein. Vom Antragsgegner wurde bei Amtsgericht der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der den übrigen drei Eigentümern die Durchführung der Eigentümerversammlung untersagt werden sollte. Dem Gab das Amtsgericht statt. Im darauf folgendem Widerspruchsverfahren erklärten die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt. Das Amtsgericht musste daher nur nach gem. § 91a ZPO über die Kosten entscheiden und erlegte diese dem Antragsteller mit der Begründung auf, die Antragsgegner seien nicht passivlegitimiert gewesen (mithin: der Antrag hätte sich nicht gegen diese richten dürfen).
Die gegen die Entscheidung vom Antragsteller eingelegte zulässige sofortige Beschwerde wurde vom Berufungsgericht zurückgewiesen.
Nah § 91a ZPO ist bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung nach billigem Ermessen nach bisherigen Sach- und Streitstand über die Kosten zu entscheiden. Dabei, so das Landgericht zutreffend, sei lediglich eine summarische Prüfung vorzunehmen, bei der das Gericht in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame Rechtsfragen zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 28.10.2008 - VIII ZB 28/08 -). Danach sei die Entscheidung des Amtsgerichts ermessensfehlerfrei.
Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliege nicht den Wohnungseigentümern, sondern (nach des Gesetzesänderung) nur noch der Wohnungseigentümergemeinschaft, § 18 Abs. 1 WEG. Damit sei auch der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung (§ 18 Abs. 2 WEG) gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten. Mithin obläge es der Wohnungseigentümergemeinschaft (die aktiv du passiv Prozessführungsbefugt ist) die erforderlichen Maßnahmen für eine ordnungsgemäße Verwaltung zu ergreifen, wozu auch die Durchführung der Eigentümerversammlung gehöre (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.11.2021 - 2-13 T 69/21 -).
Daraus folge, dass Ansprüche auf Durchführung oder Unterlassung von Eigentümerversammlungen nicht mehr zwischen den beteiligten Eigentümern oder (wenn bestellt) Verwalter oder dem Verwaltungsbeirat auszutragen seien. Andernfalls würden Organe einer Gemeinschaft oder (bei Beteiligung der Eigentümer) sogar nur Organmitglieder über interne Rechte und Pflichten streiten. Ein Innerorganstreit sei aber gesellschaftsrechtlich unzulässig (BGH, Urteil vom 28.11.1988 - II ZR 57/88 -), was nach der neuen Struktur des WEG-Rechts auf die WEG zu übertragen sei. Hier habe der Antragsteller Rechte des Verbandes geltend gemacht; nach dem neuen WEG-Recht könnten Eigentümer gegen den zulässig Einladenden keine rechtlichen Ansprüche (selbst) geltend machen.
Der Anspruch gegen den Einladenden hätte mithin von der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht werden müssen. Da der Gemeinschaft Ersatzansprüche gegen ihre Organe zustünden, wenn diese Pflichtwidrigkeiten begehen und sie nach § 31 BGB für deren Pflichtverletzung haften würden, wäre es ein Wertungswiderspruch, den Verband mangels Klagebefugnis zu zwingen, Pflichtverletzungen ihrer Organe tatenlos hinzunehmen um sodann Schadensersatzansprüche geltend zu machen oder für diese einzustehen. Mithin könnten durch den Verwalter (§ 9b Abs. 1 WEG) oder dem Verwaltungsbeirat Ansprüche auf Durchführung oder Unterlassung von Eigentümerversammlungen durchgesetzt werden. Erfolgt hier keine Klage, könne der einzelne Eigentümer (auch ggf. im Rahmen einer einstweiligen Verfügung) gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft vorgehen und diese anhalten, die Ansprüche geltend zu machen. Ein Klagerecht des einzelnen Eigentümers bestünde auch nicht im Wege der actio pro societate.
Vorliegend handelte es sich um eine verwalterlose Wohnungseigentümergemeinschaft. In diesem Fall könnten im Falle der Kompetenzüberschreitung eines Eigentümers die verbliebenen Eigentümer die Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten und so für diese den Anspruch geltend machen (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.07.2021 - 2-13 S 5/21 -). Ob vorliegend der Antragsteller die Wohnungseigentümergemeinschaft hätte vertreten können, müsse nicht geprüft werden, da der Antragsteller ausdrücklich den Antrag im eigenen Namen und nicht für die Wohnungseigentümergemeinschaft gestellt habe.
Das Landgericht resümiert, dass die gesetzlich in § 9b Abs. 1 S. 2 WEG angeordnete Gesamtvertretung bei der verwalterlosen WEG zu Koordinierungsproblemen führen könne. Damit könne eine Verhinderung der fehlerhaft einberufenen Versammlung im Vorfeld praktisch unmöglich werden. Damit würde aber kein Rechtsverlust einhergehen, da die Möglichkeit bestünde, auf der Versammlung gefasste Beschlüsse anzufechten und ggf. im Rahmen der einstweiligen Verfügung einstweilen aussetzen zu lassen. Ausdrücklich weist das Berufungsgericht darauf hin, dass entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht, es nicht der Annahme ist, dass gefasste Beschlüsse auf dieser fehlerhaft geladenen Eigentümerversammlung rechtlich wirkungslose Nichtbeschlüsse seien (so auch bereits LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.04.2021 - 2-13 S 87/20 -).
LG Frankfurt am Main,
Beschluss vom 24.02.2022 - 2-13 T 85/21 -
Aus den Gründen
Tenor
1. Die
sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des AG Bad
Hersfeld vom 5.11.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten
des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.
3. Die
Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien
bilden eine verwalterlose WEG. Der Antragsgegner zu 1) lud die übrigen
Eigentümer zu einer Eigentümerversammlung in die Wohnung der Antragsgegnerin zu
2) ein. Die Antragstellerin hat - soweit für das Beschwerdeverfahren noch von
Interesse – mit der einstweiligen Verfügung u.a. begehrt, den übrigen drei
Eigentümern als Antragsgegner die Durchführung der Eigentümerversammlung zu
untersagen. Nachdem das Amtsgericht zunächst eine entsprechende einstweilige
Verfügung erlassen hat, haben die Parteien im Widerspruchsverfahren den
Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Amtsgericht
hat, soweit für die Beschwerde relevant, die Kosten des Rechtsstreits der
Antragstellerin auferlegt, weil eine Passivlegitimation der Antragsgegner nicht
bestanden habe. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde.
II.
Die sofortige
Beschwerde ist gemäß §§ 91a Abs. 2, 569 ZPO statthaft und zulässig.
Sie hat keinen Erfolg.
In Folge der
übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO)
war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 a ZPO nach
billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes
zu entscheiden. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische
Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer
rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten bedeutsame
Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. nur BGH NJW-RR 2009, 422).
Bei Anlegung
dieser Maßstäbe erweist sich die Entscheidung des Amtsgerichts als
ermessensfehlerfrei.
Der Antrag
konnte in der Sache keinen Erfolg haben. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums obliegt gemäß § 18 Abs. 1 WEG nicht mehr - wie früher - den
Wohnungseigentümern, sondern nur noch der Wohnungseigentümergemeinschaft,
weshalb der Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung in § 18 Abs. 2 WEG
auch nur gegenüber dem Verband begründet wird. Damit ist es auch lediglich
Aufgabe der Wohnungseigentümergemeinschaft die zu einer derartigen Verwaltung
erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, wozu auch die Durchführung von
Eigentümerversammlungen gehört (Kammer WuM 2022, 65).
Hieraus folgt
allerdings nach Auffassung der Kammer auch, dass Ansprüche auf Durchführung
oder Unterlassung einer Eigentümerversammlung nicht mehr zwischen den
beteiligten Eigentümern oder – wenn ein solcher bestellt ist – Verwalter
(Kammer WuM 2022, 65) oder dem Verwaltungsbeirat zu führen ist. Denn ein
derartiger Prozess würde darauf hinauslaufen, dass die Organe einer
Gemeinschaft, bzw. im Falle der Eigentümer sogar nur Organmitglieder (der
Eigentümerversammlung) über interne Pflichten und Rechte streiten. Ein
derartiger Innerorganstreit ist jedoch in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten
unzulässig (vgl. nur BGHZ 106, 54 = NJW 1989, 979). Dies ist auf die neue
Struktur des WEG-Rechts zu übertragen (vgl. etwa AG Wiesbaden ZWE 2022, 98;
ähnl. AG Mainz ZMR 2021, 1020; Skauradszun in SEHR WEG-Reform 2020 § 1 Rn.
96; Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEG-Recht 2021 § 3 Rn. 54; BeckOK
BGB/Zschieschack/Orthmann, 61. Ed. 1.2.2022, WEG § 44 Rn. 56; aA AG
Tettnag ZWE 2021, 419 dagegen Schultzky MietRB 2022, 55). Individualansprüche
zwischen den Organen der WEG sind dem neuen WEG-Recht, dass sich insoweit durch
klare und eindeutige Rechtsbeziehungen auszeichnet, in dessen Mittelpunkt
nunmehr der Verband steht (instruktiv Lehmann-Richter/Wobst, WEG Reform 2020,
Rn. 32 ff.), fremd. Auch in der Sache besteht hierfür kein Bedürfnis, da mit
derartigen Klagen keine originären eigenen Rechte geltend gemacht werden,
sondern letztlich solche des Verbandes, die dieser allerdings selbst (dazu
sogleich) geltend machen kann.
Ein Anspruch
eines Eigentümers gegen den Einladenden im Falle einer unzulässigen Einladung
kann daher nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden.
Ein
Rechtsverlust ist damit nicht verbunden, denn ein Rechtsschutz wird damit nicht
unmöglich gemacht. Möglich bleibt – auch im Gesellschaftsrecht (dazu näher Koch
MhdbGesR VII § 30 Rn. 94) – eine Klage des Verbandes gegen das
vermeintlich rechtswidrig handelnde Organ. Da die Rechtsmäßigkeitskontrolle für
Verwaltungsmaßnahmen (nur) der WEG zukommt, kann diese einen Anspruch auf eine
Verwaltungshandlung oder dessen Unterlassen gegen ihre Organe geltend machen
(AG Ludwigshafen Urteil vom 04.06.2021 – 2p C 37/21; Elzer ZMR 2021, 953;
BeckOK BGB/Zschieschack/Orthmann, 61. Ed. 1.2.2022, WEG § 44 Rn. 57;
zweifelnd aber Dötsch IMR 2021, 169). Einer klageweisen Geltendmachung steht
die Organeigenschaft nicht entgegen. Da der Gemeinschaft unzweifelhaft
Ersatzansprüche gegen ihre Organe zustehen, wenn diese Pflichtwidrigkeiten
begehen und sie nach § 31 BGB für deren Pflichtverletzung haften, wäre es
aus Sicht der Kammer ein nicht hinzunehmender Wertungswiderspruch, den Verband
– mangels Klagebefugnis – zu zwingen, Pflichtverletzungen ihrer Organe tatenlos
hinzunehmen, um sodann Schadensersatzansprüche aus der Vertragsverletzung
geltend zu machen oder für diese einstehen zu müssen (Elzer ZMR 2021, 953
(954); BeckOK BGB/Zschieschack/Orthmann, 61. Ed. 1.2.2022, WEG § 44 Rn.
57). Demzufolge kann die WEG, vertreten durch den Verwalter (§ 9b
Abs. 1 WEG) oder den Beirat im Falle der Inanspruchnahme des Verwalters
(§ 9b Abs. 2 WEG) derartige Ansprüche, wozu auch Ansprüche auf
Durchführung oder Unterlassung einer Eigentümerversammlung gehören,
durchsetzen. Erfolgt eine derartige Klage nicht, kann ein einzelner Eigentümer
ggf. im Rahmen des Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung – auch mit einer
einstweiligen Verfügung – gegen die Gemeinschaft vorgehen und diese anhalten,
die Ansprüche geltend zu machen (Schultzky MietRB 2022, 54). Eine eigene
Klagebefugnis – etwa im Wege der actio pro societate – besteht auch dann nicht.
In der
verwalterlosen Gemeinschaft bedeutet dies, dass im Falle der
Kompetenzüberschreitung durch einen Eigentümer, die verbliebenen Eigentümer die
Gemeinschaft vertreten und so den Anspruch geltend machen können (dazu Kammer
ZWE 2021, 467 mwN).
Ob im
vorliegenden Fall der Antragsteller die WEG hätte vertreten können und den
Unterlassungsanspruch gegen alle Antragsgegner hätte geltend machen können,
bedarf keiner Entscheidung, da ausdrücklich im eigenen Namen geklagt wurde.
Damit konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Zutreffend ist,
dass die Geltendmachung der Ansprüche bei verwalterlosen Gemeinschaften
angesichts der gesetzlich angeordneten Gesamtvertretung (§ 9b Abs. 1
S. 2 WEG) in der Praxis zu erheblichen Koordinierungsproblemen führt, dies
ist aber ein – in der WEG-Reform angelegtes - Problem, was sich in allen
Vertretungsfällen stellt (näher dazu Zschieschack ZMR 2021, 367) und nicht zu
prozessualen Sonderstellungen der Eigentümer zwingt. Selbst wenn damit in
manchen Fällen eine Untersagung einer fehlerhaft einberufenen Versammlung im
Vorfeld praktisch nicht möglich ist, geht hiermit allerdings kein endgültiger
Rechtsverlust einher, da die Anfechtungsmöglichkeit für die auf der Versammlung
gefassten Beschlüsse bleibt, ggf. könnte der Vollzug der Beschlüsse im Wege
einstweiligen Rechtsschutzes ausgesetzt werden (noch weiter Lehmann-Richter ZWE
2021, 419 wonach auf einer von einem Unzuständigen einberufene Versammlung
lediglich rechtlich wirkungslose „Nichtbeschlüsse“ hervorgebracht werden
können; aA Kammer ZWE 2021, 418; Schultzky MietRB 2022, 54 mwN).
Nach alledem
war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus
§ 97 ZPO.
Eine
Möglichkeit die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, da in Verfahren
nach § 91a ZPO die Rechtsbeschwerde nicht zur Klärung von materiellen
Fragen zugelassen werden darf, zumal es sich um ein einstweiliges
Verfügungsverfahren handelt (§ 574 Abs. 1 S. 2 ZPO).
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