Die Parteien stritten darum, ob eine Abnahme der Werkleistung des Klägers vorlag,. Im Auftrag des Beklagten führte der Kläger an einer Werkhalle Fugenarbeiten sowie weitere Arbeiten auf der Grundlage eines Angebots und eines Nachtragsangebots durch. Nach Stellung der Schlussrechnung machte der Beklagte Mängel geltend und führte der Kläger Mängelbeseitigungsarbeiten durch, um sodann vom Beklagten die Abnahme bis zum 22.06.2020 zu verlangen. Darauf ließ der Beklagte mit anwaltlichen Schreiben vom 22.06.2020 reagieren, dass die Arbeiten gemäß klägerischer Mitteilung abgeschlossen seien und damit dem Beklagten ein umfassender Mängelbeseitigungsanspruch zustünde. Da die Werkhalle nach Kenntnis des Klägers mit Bergefahrzeugen befahren werde, hätten die Fugen so ausgeführt werden müssen, dass diese einer danach üblichen Beanspruchung standhalten. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Fugen einer solchen Beanspruchung standhalten würden. Im Rahmen des Rechtsstreits wurde zusätzlich vom Beklagten ausgeführt, dass die Fugen nicht den Nutzungsanforderungen des Beklagten entsprächen, da eine Vielzahl von Fugenabrissen vorlägen.
Der Kläger erhob Klage mit dem Antrag, dass die „Wirkungen der Abnahme für das Bauvorhaben … von dem Kläger fertiggestellten Fugenarbeiten am 23.06.2020 eingetreten sind“. Das Landgericht wies die Klage ab und negierte damit eine Abnahme durch den Beklagten.
Bei seiner Entscheidung stellte das Landgericht auf § 640 Abs. 2 S. 1 BGB ab, wonach ein Werk als abgenommen gilt, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme setzt und er Besteller innerhalb dieser Frist nicht unter Angabe von mindestens einen Mangel die Abnahme verweigert. Der fristgerechten Verweigerung im Sinne der Norm sei der Beklagte nachgekommen.
Das Landgericht verwies auf die Gesetzesbegründung der Neuregelung des § 640 BGB (Gesetz vom 28.04.2017) zur Abnahme, mit der verhindert werden sollte, dass der Auftraggeber (Besteller) einer Werkleistung eine Abnahme ohne Benennung jeglichen Grundes verhindern konnte. Ziel der Gesetzesänderung sei die Beschleunigung des Abnahmeverfahrens gewesen, damit der Auftragnehmer (Unternehmer) zeitnah Rechtsklarheit habe und die Voraussetzungen für eine Fälligkeit der Vergütung (Abnahme, § 641 Abs. 1 BGB) schaffen könne. Der Auftraggeber soll so gezwungen werden, sich bei einer Verweigerung frühzeitig zu äußern, um so eine vorgerichtliche Klärung zwischen den Parteien zu ermöglichen. Die Fiktion der Abnahme würde dann nicht eintreten, wenn bei der Verweigerung ein einziger Mangel benannt würde, wobei es ausreiche, wenn der Auftraggeber (Besteller) mitteile, dass das Werk nach seiner Ansicht nicht die vereinbarte Beschaffenheit habe. Ein Mangel müsse nicht im Detail dargelegt werden, sondern nur so bezeichnet werden, dass dieser vom Auftragnehmer (Unternehmer) nachvollzogen und verortet werden könne. Es reiche die Angabe von Mängelsymptomen; nicht erforderlich sei die Angabe einer Mängelursache. Nach der Gesetzesbegründung sei es auch nicht notwendig, zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln zu unterscheiden, da dies im Einzelfall schwierig sein könnte; insoweit würde erst im gerichtlichen Verfahren die Beurteilung vorgenommen (Anm.: Nach § 640 Abs. 1 S. 2 BGB hindern unwesentliche Mängel die Abnahme nicht).
Den Anforderungen an eine qualifizierte Abnahmeverweigerung habe das anwaltliche Schreiben des Beklagten entsprochen. Die Angabe, die Fugen müssten den Beanspruchungen im Rahmen des bekannten Nutzungszwecks genügen und der Zusatz, es sei nicht nachgewiesen, dass dies hier der Fall sei, ließen für den verständigen Empfänger erkennen, an welcher Stelle das Werk aus Sicht des Beklagten nicht vertraglich vereinbarter Beschaffenheit entsprochen haben soll. Ob der Kläger eine solche Beschaffenheit tatsächlich schuldete oder die Belastbarkeit der Fugen (wie klägerseits vorgetragen) über eine dauerhafte und regelmäßige Wartung derselben (durch den Beklagten) erreichbar sei, bedürfe keiner Entscheidung.
Der Kläger hatte nochmals unter dem 15.07.2020 eine Frist zur Abnahme gesetzt. Diese habe aber auch nicht die Wirkungen des § 640 Abs, 2 S. 1 BGB herbeiführen können. Als fraglich sah es das Landgericht an, ob eine Feststellung angesichts der Formulierung des Klageantrags auf Feststellung der Abnahme mit Wirkung zum 23.06.2020 überhaupt zulässig sei. Jedenfalls aber habe der Kläger nicht vorgetragen, welche Umstände sich in der Zeit nach dem Schreiben des Beklagten vom 22.06.2020 und dem erneuten Abnahmeverlangen vom 15.07.2020 geändert hätten, die eine neue Abnahmeforderung rechtfertigen könnten. Es läge auf der Hand, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber nach dessen qualifizierter Abnahmeverweigerung bei unveränderter Sachlage nicht nochmals eine Frist zur Erklärung der Abnahme setzen könne.
Anmerkungen:
Mit der Entscheidung wurde nicht
festgestellt, ob die Fugen aufgrund einer beklagtenseits behaupteten Beschaffenheitsvereinbarung
hätten anderweitig ausgeführt werden müssen und/oder mangelhaft ausgeführt
wurden. Dies begründet das Landgericht inzident damit, dass gerade die Abnahmewirkung
zu einem bestimmten Datum (nämlich dem Tag des Ablaufs der dem Beklagten
gesetzten Frist) begehrt wurde. Damit war nicht darüber zu entscheiden, ob der
Beklagte das Werk allgemein abnahmen muss.
Der Kläger hätte hier auch nach
der Abnahmeverweigerung gleich auf Vergütung klagen können. Im Rahmen dieses
Prozesses hätte das Gericht mit darüber zu entscheiden gehabt, ob eine
Abnahmereife vorliegt, da dies Voraussetzung des Vergütungsanspruchs ist, § 641
Abs. 1 BGB. Damit wäre es nicht darauf angekommen, ob eine (hier nach den
zutreffenden Gründen im landgerichtlichen Urteil gegebene) qualifizierte
Abnahmeverweigerung nach § 640 Abs. 2 BGB vorlag. Im Prozess wäre zu klären, ob
eine (evtl. konkludente) Beschaffenheitsvereinbarung tatsächlich bestand und ob
ein Mangel vorlag, auch, ob es sich um einen der Abnahme nicht entgegenstehenden
unwesentlichen Mangel handelte.
Das Verfahren hätte mithin
aufgrund der Abnahmeverweigerung und im Hinblick auf § 640 Abs. 2 S. 1 BGB
anders geführt werden müssen, um ein endgütiges Ergebnis zu erreichen. Denn mit
diesem Urteil steht der Kläger da, wo er auch vorher stand: Er weiß nicht, ob
das Werk tatsächlich abnahmereif ist und er ohne Nacharbeiten seinen
Werklohnanspruch durchsetzen kann.
LG Nürnberg-Fürth, Urteil
vom 03.05.2021 - 12 O 6673/20 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Die Klage
wird abgewiesen.
2. Der Kläger
hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil
ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der
Streitwert wird auf 11.320,72 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien
streiten über die Abnahme von Fugenarbeiten des Klägers an einer Werkhalle des
Beklagten.
Der Kläger
wurde von dem Beklagten auf der Grundlage des Angebots des Klägers vom
27.02.2019 (Anlage K 1) mit der Ausführung von Fugenarbeiten an einer Werkhalle
des Beklagten in der ... Straße ... in N... beauftragt. Der Beauftragung lagen
zwei Ortstermine am 14.01.2019 und am 11.02.2019 zugrunde. Ferner vereinbarten
die Parteien die in dem klägerischen Nachtragsangebot vom 12.09.2019 (Anlage K
1) zugrunde gelegten weiteren Arbeiten.
Auf beiden
Angeboten war ein Hinweis des Klägers abgedruckt, wonach bei Ausführung von
Arbeiten in LAU- und HBV-Anlagen die bauaufsichtliche Zulassung des Herstellers
sowie das IDV-Merkblatt Nr. 6 gelten.
Unter dem
07.10.2019 stellte der Kläger eine Abschlagsrechnung, die der Beklagte
bezahlte. Auf die Schlussrechnung vom 09.01.2020 (Anlage K 2), die einen
offenen Restbetrag in Höhe von 17.495,72 € auswies, wurden nur 6.175,00 €
gezahlt.
Mit E-Mail des
Beklagten vom 09.01.2020 machte dieser Mängel an der Werkleistung des Klägers
geltend. Am 06.05.2020 von 09:00 Uhr bis 14:30 Uhr nahmen drei Mitarbeiter des
Klägers aufgrund von zuvor vom Beklagten angebrachten Markierungen
Mängelbeseitigungsarbeiten vor.
Mit Schreiben
vom 10.06.2020 (Anlage K 3) forderte der Kläger unter Hinweis auf die
durchgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten den Beklagten zur Abnahme der
klägerischen Fugenarbeiten bis spätestens 22.06.2020 auf. Der Beklagte
reagierte hierauf mit anwaltlichem Schreiben vom 22.06.2020 (Anlage K 4). Darin
ließ der Beklagte unter anderem Folgendes erklären:
"[...]
dass es zutreffend ist, dass die streitgegenständlichen Arbeiten durch Ihren
Mandanten nach dessen eigener Einlassung am abgeschlossen wurden.
[...]
Unter
Bezugnahme auf vorstehende Ausführungen steht damit Ihr Mandant uneingeschränkt
in der Mängelbeseitigungsverpflichtung. Ihrem Mandanten war selbstverständlich
bekannt, dass die Halle mit Bergefahrzeugen etc. befahren wird. Damit hatte Ihr
Mandant die Fugen so auszuführen, dass eben unter Berücksichtigung des
bekannten Nutzungszwecks die Fugen einer damit verbundenen üblichen
Beanspruchung standhalten. Das muss in rechtlicher Hinsicht nicht näher
thematisiert werden. Es letztlich ist verfehlt, wenn Ihr Mandant im Nachhinein
einen Haftungsausschluss formuliert.
Bezugnehmend
auf vorliegende Ausführungen liegt bislang keine abnahmefähige Werkleistung
vor. Insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass die von Ihrem Mandanten
verbauten Fugen tatsächlich der bekannten Beanspruchung dauerhaft
standhalten."
Mit
anwaltlichem Schreiben vom 15.07.2020 forderte der Kläger den Beklagten
letztmals bis 14.08.2020 zur Abnahme auf. Dem kam der Beklagte nicht nach.
Der Kläger
behauptet, er habe die Fugenarbeiten sach- und fachgerecht entsprechend den
allgemein anerkannten Regeln der Technik erbracht. Das Werk des Klägers sei
abnahmefähig fertiggestellt. Trotz des ausdrücklichen Hinweises des Klägers
hinsichtlich der Wartungsvorschriften nach DIN 52460 habe eine Wartung der
Fugen durch den Beklagten bislang nicht stattgefunden. Eine Wartung von
bewegungsausgleichenden Dichtstoffen und aufgeklebten elastischen Fugenbändern
sei nach IVD-Merkblatt Nr. 15 zwingend vorgeschrieben. Die vom Beklagten
pauschal vorgebrachten Fugenabrisse seien gänzlich auf die fehlende Wartung und
unsachgemäße Handhabung durch den Beklagten zurückzuführen. Eine dauerhafte
Haltbarkeit einer Fuge für die vom Beklagten vorgesehene Art der Nutzung existiere
nicht. Vielmehr seien durch den Beklagten die entsprechenden Wartungspflichten
einzuhalten. Gerade die Anschlussfugen an die Akurinne seien aufgrund der
extremen Beanspruchung intensiv zu warten.
Der Kläger
beantragt:
Es wird
festgestellt, dass die Wirkungen der Abnahme der für das Bauvorhaben des
Beklagten in der ... Str. ... in ... N... von dem Kläger fertiggestellten
Fugenarbeiten am 23.06.2020 eingetreten sind.
Der Beklagte
beantragt:
Die Klage wird
abgewiesen.
Der Beklagte
behauptet, dem Kläger sei der Nutzungszweck der streitgegenständlichen
Werkhalle als Lkw-Reparaturwerkstatt und Bergehalle bekannt gewesen. Zum
Zeitpunkt der Ortsbesichtigungen hätten Schwerlastfahrzeuge für die LKW-Bergung
in der Halle gestanden.
Die Parteien
hätten sich zu den angebotenen Leistungen auf einen Pauschalfestpreis
verständigt. Dieser Vereinbarung entspreche die Schlussrechnung des Klägers
nicht.
Bereits
unmittelbar nach Ausführung der Arbeiten hätten sich nicht unerhebliche
Fugenabrisse zu den angrenzenden Bauteilen gezeigt. Die Klägerin hätte aufgrund
der Mängelrügen des Beklagten dann Bedenken formuliert, wonach die von ihr
verbauten Fugen für die Belastung mit Abschleppfahrzeugen und Bergefahrzeugen
nicht geeignet sei. Die vom Kläger ausgeführte Verfugung genüge den
Nutzungsanforderungen des Beklagten für die Werkhalle nicht. Es lägen nach wie
vor eine Vielzahl von Fugenabrissen vor.
Zur Vervollständigung
des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den
übrigen Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige
Klage ist unbegründet.
A.
Die Klage ist
zulässig. Das Landgericht Nürnberg-Fürth ist gemäß §§ 1 ff. ZPO i.V.m.
§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und §§ 12, 13, 29 Abs. 1
ZPO sachlich und örtlich zuständig. Bei der von dem Kläger begehrten
Feststellung des Vorliegens der Abnahmewirkung handelt es sich um ein
feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinn des § 256 Abs. 1 ZPO
(Sacher in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl.
2020, 16. Teil, Rn. 9).
B.
Die Klage ist
unbegründet, da die Wirkungen der Abnahme bezüglich des klägerischen Werks am
23.06.2020 nicht eingetreten sind.
I.
Die Parteien
sind durch einen Werkvertrag über die Erbringung von Fugenarbeiten aufgrund des
klägerischen Angebots vom 27.02.2019, erweitert um das Angebot vom 12.09.2019,
verbunden. Damit war § 640 Abs. 2 S. 1 BGB in der durch das
Bauvertragsrechtsreformgesetz vom 28.04.2017 mit Wirkung zum 01.01.2018
eingeführten Fassung anwendbar.
II.
Eine Abnahme
der klägerischen Werkleistung durch ausdrückliche Erklärung oder schlüssiges
Verhalten des Beklagten wird nicht vorgetragen.
III.
Die klägerische
Werkleistung galt auch nicht mit Ablauf der bis 22.06.2020 gesetzten Frist als
abgenommen, da der Beklagte innerhalb der vom Kläger gesetzten Frist die
Abnahme unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat (§ 640
Abs. 2 S. 1 BGB).
1.
Mit der
Neuregelung der fiktiven Abnahme in § 640 Abs. 2 S. 1 BGB soll
verhindert werden, dass der Auftraggeber die Abnahme und das Eintreten der
Abnahmewirkungen ohne Angabe von Gründen beliebig verhindern kann. Hintergrund
war, dass der Gesetzgeber die bisherige Regelung zur fiktiven Abnahme
(§ 641 Abs. 1 S. 3 BGB a.F.), die das Ziel hatte, das
Abnahmeverfahren zu beschleunigen, indem es dem Unternehmer ermöglicht wird,
zeitnah Rechtsklarheit über die Frage der Abnahme herbeizuführen und damit die
Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütung nach § 640 Absatz 1
herzustellen, als unzureichend empfand (Bundestag-Drucksache 18/8486,
S. 48). Mit der Neufassung in § 640 Abs. 2 S. 1 BGB soll
der Auftraggeber demgegenüber gezwungen werden, sich bei Verweigerung der
Abnahme substantiell zu äußern, um eine vorgerichtliche Klärung zwischen den
Parteien zu erleichtern (Jurgeleit in: Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher,
Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 3. Teil, Rn. 68). Für den
Nichteintritt der Fiktion des § 640 Abs. 2 S. 1 BGB reicht es
aus, wenn bei der Verweigerung der Abnahme ein einziger Mangel benannt wird.
Auch genügt es, wenn der Besteller dem Unternehmer mitteilt, wo das Werk aus
seiner Sicht nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat (Genius in:
Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 640
BGB, Stand: 17.08.2020, § 640 BGB, Rn. 53). Der Besteller braucht den
Mangel nicht im Detail darzulegen, sondern lediglich so zu bezeichnen, dass der
Mangel von Seiten des Unternehmers nachvollzogen und verortet werden kann. Die
Angabe von Mängelsymptomen reicht dabei. Nicht erforderlich ist die Angabe von
Mängelursachen (Messerschmidt in: Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 3.
Auflage 2018, § 640 BGB, Rn. 199; Kögl in: beck-online.GROSSKOMMENTAR,
GesamtHrsg: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Hrsg: Reiter, Stand: 01.01.2021,
§ 640 BGB, Rn. 148). An den vom Besteller benannten Mangel sind keine
größeren Anforderungen zu stellen, um das Kriterium "Angabe eines
Mangels" zu erfüllen. Insbesondere soll laut Gesetzesbegründung ausdrücklich
nicht zwischen wesentlichen und unwesentlichen Mängeln unterschieden werden, da
nach Ansicht des Gesetzgebers die Unterscheidung im Einzelfall schwierig sein
kann und dadurch möglicherweise erst im gerichtlichen Verfahren die richtige
Beurteilung vorgenommen werden könnte (Kögl, a.a.O., § 640 BGB, Rn. 146).
2.
Diesen
Anforderungen an eine qualifizierte Abnahmeverweigerung genügt das Schreiben
des Beklagten vom 22.06.2020. Die Erklärung des Beklagten
"Damit
hatte Ihr Mandant die Fugen so auszuführen, dass eben unter Berücksichtigung
des bekannten Nutzungszwecks die Fugen einer damit verbundenen üblichen
Beanspruchung standhalten. [...] Bezugnehmend auf vorliegende Ausführungen
liegt bislang keine abnahmefähige Werkleistung vor. Insbesondere ist nicht nachgewiesen,
dass die von Ihrem Mandanten verbauten Fugen tatsächlich der bekannten
Beanspruchung dauerhaft standhalten",
lassen für den
verständigen Empfänger erkennen, an welcher Stelle das Werk des Klägers aus
Sicht des Beklagten nicht der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit genügt.
Der Beklagte beanstandet insofern nämlich unter Bezugnahme auf das Schreiben
des Klägers vom 10.06.2020 (Anlage K 3), dass die vom Kläger hergestellten
Fugen nicht dergestalt ausgeführt wurden, dass sie der dauerhaften Belastung
bei Betrieb der Werk- und Bergehalle standhalten. Ob der Kläger die Ausführung
in einer solchen Beschaffenheit tatsächlich schuldete oder die Belastbarkeit
der Fugen - wie der Kläger vorträgt - über die dauerhafte und regelmäßige
Wartung der Fugen zu erreichen sei, bedarf an dieser Stelle keiner
Entscheidung. Die Ausführungen im Schreiben vom 22.06.2020 genügten nämlich, um
dem Kläger deutlich zu machen, dass der Beklagte das klägerische Werk nicht als
im Wesentlichen vertragsgemäß und mangelfrei akzeptierte.
Die vom
Beklagten zur Verweigerung der Abnahme im Schreiben vom 22.06.2020 aufgeführten
Umstände wurden auch nicht rechtsmissbräuchlich allein deshalb geltend gemacht,
um das Eintreten der Wirkungen der Abnahme zu verhindern. Die Frage nach der
geschuldeten Beschaffenheit der Fugen steht nämlich tatsächlich zwischen den
Parteien in Streit, wie bereits dem Schreiben des Klägers vom 10.06.2020
entnommen werden kann. Dass der Beklagte die Abnahme daher rechtsmissbräuchlich
mit offensichtlich unzutreffenden Behauptungen verweigerte, ist somit nicht
ersichtlich.
3.
Die von dem
Kläger mit Schreiben vom 15.07.2020 gesetzte nochmalige Frist zur Erklärung der
Abnahme bis 14.08.2020 konnte die Wirkungen der Abnahme gemäß § 640
Abs. 2 S. 1 BGB ebenfalls nicht herbeiführen. Ungeachtet der Frage,
ob dem Gericht eine dahingehende Feststellung angesichts der Formulierung des
Feststellungsantrags in Ziff. I. der Klageschrift überhaupt möglich gewesen
wäre, trägt der Kläger insofern nicht vor, welche Umstände sich nach
Verweigerung der Abnahme durch Schreiben des Beklagten vom 22.06.2020 und der
erneuten Aufforderung am 15.07.2020 geändert haben sollen, die eine erneute
Abnahmeaufforderung gerechtfertigt hätten. Dass die Wirkung der Abnahme gemäß
§ 640 Abs. 2 S. 1 BGB nicht dadurch herbeigeführt werden kann,
dass der Unternehmer dem Besteller nach dessen vorangegangener qualifizierter
Abnahmeweigerung bei unveränderter Sachlage nochmals eine Frist zur Erklärung
der Abnahme setzt, liegt auf der Hand.
C.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit ist auf § 709 ZPO gestützt.
D.
Der Streitwert
war auf 11.320,72 € festzusetzen, da dies dem wirtschaftlichen Interesse des
Klägers am Rechtsstreit entsprach. In dieser Höhe begehrt der Kläger nämlich
Restwerklohn, der mit Eintritt der Abnahmewirkung fällig wurde, § 641
Abs. 1 S. 1 BGB.
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