Der Antragssteller (AS) begehrte Prozesskostenhilfe nach einem durch den Antragsgegner (AG) verursachten Verkehrsunfall, bei dem er als Beifahrer verletzt wurde, für eine Klage auf Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz u.a. gegen den Fahrer (Antragsgegner) sowie den Halter und den Versicherer des Fahrzeugs. Der AS gab an, er sei von einem Dritten zusammengeschlagen worden und der alkoholisierte AG habe ihn nach 1 Uhr in das Krankenhaus in L. fahren wollen. Wegen überhöhter Geschwindigkeit sei das Fahrzeug von der Fahrbahn abgekommen und er sei, da er nicht angeschnallt gewesen sei, herausgeschleudert worden. Die bestehenden Verletzungen seien dadurch verstärkt worden.
Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen, wogegen sich der AG mit der Beschwere wandte, die vom OLG zurückgewiesen wurde, da auch nach seiner Ansicht die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Dies erfordere, dass das Gericht nach der Sachdarstellung und vorhandenen Unterlagen eine Aussicht auf Erfolg für vertretbar und von der Möglichkeit einer Beweisführung überzeugt sei. Häufig genüge die schlüssige Darlegung mit Beweisantritt. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor, wobei es auf Schwierigkeiten der haftungsausfüllenden Kausalität (die vom Landgericht zur Abweisung des Antrags benannt wurden) auch aus Rechtsgründen nicht ankäme. Denn beide Vorgänge (das Zusammenschlagen durch einen Dritten und der vom AG verursachte Verkehrsunfall) seien geeignet gewesen, die schweren Verletzungen des AS zu begründen. Die mögliche Unaufklärbarkeit der Zuordnung der Schadensverursachung würde in den Anwendungsbereich des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB fallen (lässt sich nicht ermitteln, welcher Beteiligte welchen Schaden verursachte, haften alle Beteiligte für den gesamten Schaden).
Allerdings sei Voraussetzung, dass jeder der gesamtschuldnerisch haftenden Beteiligten jeweils auch für sich den Haftungstatbestand dem Grunde nach erfüllt haben müsste. Ob hier für den AG resp. die Antragsgegner eine Haftung nach §§ 7 Abs. 1, 11, 17 Abs. 1 ´, 18 StVG , §§ 823ff BGB (iVm. Mit §§ 115 Abs. 1 1 VVG iVm. 1 PflVG) greift könne aber auf sich beruhen, da jedenfalls das Haftungsprivileg des § 680 BGB vorläge. Es handelt sich um eine Norm aus dem Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677ff BGB), wobei diese hier zur Gefahrenabwehr (§ 680 BGB) getätigt worden sein müsste. Derjenige, der sich zu spontaner Hilfe entschließt, soll - so das OLG in seiner Beschwerdeentscheidung - vor eigenen Verlusten bewahren, wobei berücksichtigt würde, dass die wegen der Gefahrensituation geforderte schnelle Entscheidung ein ruhiges und überlegtes abwägen ausschließen könne und es sehr schnell zu einem Sichvergreifen in den Mitteln kommen könne (BGH, Urteil vom 19.01.2021 - VI ZR 188/17 -).
Vorliegend sei der AS schwer verletzt gewesen und der Rettungswagen noch nicht erschienen, weshalb sich der AG entschlossen habe, den AS selbst ins Krankenhaus zu fahren, um so weitere Gesundheitsschäden zu verhindern. Damit habe der AG ein Geschäft des AS ohne dessen Auftrag besorgt, welches im Interesse des AS gelegen habe (§ 677 BGB). Allerdings habe der AG grundsätzlich bei einer BAK von 1,5 Promille schuldhaft und haftungsbegründend gehandelt, da er in diesem Zustand nicht mehr hätte fahren dürfen. Ferner habe er nach Angaben des AS diesen nicht angeschnallt.
Nach § 680 BGB scheide eine Haftung aus, wenn nicht grobe Fahrlässigkeit vorläge. Er müsse also ohne grobe Fahrlässigkeit geglaubt haben, er sei trotz des genossenen Alkohols noch so fahrtüchtig, dass der Verunglückte mit der Fahrt einverstanden sei (wobei hier Übernahme- und Ausführungsverschulden im Zusammenhang mit der Alkoholisierung wegen des engen Zusammenhangs in einem einheitlichen Haftungsmaßstab zu messen seien). Zwar würde bei einer BAK von 1,5 Promille grobe Fahrlässigkeit gemeinhin angenommen, da diese Konzentration regelmäßig zu auch dem Betroffenen erkennbaren Ausfallerscheinungen führe. Doch müssten auch subjektive, in der Individualität des Handelnden liegende Umstände berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 07.04.1970 - VI ZR 217/68 -), da es sich bei der groben Fahrlässigkeit um ein in subjektiver Hinsicht unentschuldbares, ein gewöhnliches Maß übersteigendes Fehlverhalten handele (BGH, Urteil vom 29.01.2003 - IV ZR 173/01 -).
In diesem Zusammenhang stellet das OLG auf die für den AG überraschende Situation der erheblichen Gesundheitsgefährdung des AS, die ihn vor einer auf der Stelle zu treffenden Entscheidung gestellt habe. Es sei ihm keine Zeit für ein (gar ruhiges) Überlegen geblieben. Da es um Leib und Leben des AS gegangen sei, also eine nicht nur nach Dringlichkeit, sondern auch Größe ungewöhnliche Gefahr abzuwenden gewesen sei, der Gesundheitszustand des AS weiter verschlechtert habe und er Rettungswagen nicht eintraf, habe er nicht grob fahrlässig gehandelt, wenn er es in dieser Situation an der notwendigen selbstkritischen Prüfung seiner eigenen Fahrtüchtigkeit habe fehlen lassen (BGH, Urteil vom 30.11.1971 - VI ZR 100/70 -).
Nichts anders würde auch bei dem Unterlassen des Anschnallens gelten. Es sei nicht nur nicht ersichtlich, ob der Zustand des AS ein Anschnallen zugelassen habe; in der konkreten Situation sei das Vergessen nicht so unverständlich, dass sie jedem in der konkreten Situation einleuchten müsste.
OLG Brandenburg, Beschluss
vom 20.05.2021 - 12 W 16/20 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die sofortige
Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer -
Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam vom 22.06.2020, Az.: 1 O 342/19, wird
zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der
Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf
Zahlung von Schmerzensgeld sowie Feststellung der Ersatzpflicht für materielle
und weitere immaterielle Schäden nach einem Verkehrsunfall am ...2016 gegen
1:55 Uhr auf der B … bei Kilometer 3.420. Hierzu behauptet er, der
Antragsgegner zu 1 habe ihn – nachdem er von einem weiteren Schädiger
zusammengeschlagen worden war – alkoholisiert mit dem bei der Antragsgegnerin
zu 3 haftpflichtversicherten Fahrzeug der Antragsgegnerin zu 2 in das
Krankenhaus in L… fahren wollen. Dabei sei das Fahrzeug wegen überhöhter
Geschwindigkeit von der Straße abgekommen und er, da er nicht angeschnallt
gewesen sei, aus dem Fahrzeug herausgeschleudert worden. Die bereits
bestehenden Verletzungen, insbesondere die linksseitigen Gesundheitsschäden
wären durch diesen Unfall verstärkt worden. Die Antragsgegner hafteten daher
auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 100.000 € und Schadensersatz.
Das Landgericht
hat den Antrag mit Beschluss vom 22.06.2020 im Wesentlichen mit der Begründung
zurückgewiesen, der Antragsteller habe für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit
einer Verurteilung nicht darlegen und unter Beweis stellen können, welche
Verletzungen durch den späteren Unfall hervorgerufen wurden. Die
Kausalitätsbedenken gingen zu seinen Lasten, da der Anwendungsbereich des
§ 830 BGB nicht eröffnet sei. Auf den Beschluss wird wegen der Einzelheiten
Bezug genommen.
Der hiergegen
gerichteten Beschwerde des Antragstellers vom 15.07.2020, mit der er erneut
darauf abstellt, dass die angebotenen Zeugen und die objektive Geeignetheit des
Unfalls, die Verletzungen zu verstärken, eine Verurteilung wahrscheinlich
mache, hat das Landgericht nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung
vorgelegt.
II.
Die gemäß
§ 127 ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den, den Antrag
auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss des
Landgerichts Potsdam ist als unbegründet zurückzuweisen. Denn die beabsichtigte
Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aus §§ 7 Abs. 1, 11, 17
Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 823 ff. BGB, § 115 Abs. 1
VVG, § 1 PflVG hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Aussicht auf
Erfolg ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der
Prozesskostenhilfe begehrenden Partei auf Grund ihrer Sachdarstellung und der
vorhandenen Unterlagen für vertretbar hält und von der Möglichkeit der
Beweisführung überzeugt ist. Die Beweiserhebung muss ernsthaft in Betracht
kommen. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen zwar nicht überspannt
werden. Oft genügt die schlüssige Darlegung mit Beweisantritt; denn § 114
verlangt nur „hinreichende“ Erfolgsaussicht (Schultzky in: Zöller,
Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 114 ZPO, Rn. 19). Das ist hier aber
nicht der Fall.
1.
Die vom
Landgericht aufgeführten Schwierigkeiten bzgl. der haftungsausfüllenden
Kausalität stehen einem Anspruch zunächst nicht entgegen. Denn der vorgetragene
Sachverhalt rechtfertigt die Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2
BGB.
Diese
Vorschrift ermöglicht es dem Geschädigten, die Beweisschwierigkeiten
hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen seinem Schaden und den
unerlaubten Handlungen mehrerer Täter zu überwinden, die entstehen, wenn nicht
zu ermitteln ist, wer von ihnen der Urheber des Schadens war, oder wenn zwar
feststeht, dass jeder von ihnen an der Verursachung des Schadens beteiligt ist,
aber nicht zu ermitteln ist, welcher Anteil des Schadens auf sie entfällt. Der
Ersatzanspruch des Geschädigten soll, wenn er immerhin bewiesen hat, dass entweder
der eine oder der andere ihm haftet, nicht daran scheitern, dass er nicht auch
zu beweisen vermag, wer von ihnen den Schaden ganz oder mit einem unklar
gebliebenen Anteil verursacht hat. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes kann sich der Geschädigte auf diese seinen Beweisnotstand
behebende Regel nicht nur stützen, wenn die mehreren Täter gleichzeitig,
sondern auch dann, wenn sie unabhängig voneinander in zeitlicher
Aufeinanderfolge, aber noch im Rahmen eines tatsächlich zusammenhängenden einheitlichen
Vorgangs gehandelt haben (BGH, Urteil vom 15. 12. 1970 - VI ZR 51/70, NJW 1971,
506, beck-online BeckOGK/Förster, 01.04.2021, BGB § 830 Rn. 54).
Vorliegend
beabsichtigte der Antragsgegner zu 1 – nach dem Vortrag des Antragstellers –
ihn aufgrund der schweren Verletzungen im unmittelbaren Anschluss an die
Körperverletzung in ein Krankenhaus zu bringen. Bei dieser Fahrt kam es zum
Unfall. Beide Vorgänge sind, wie sich aus den vorliegenden Gutachten im
Strafverfahren ergibt, geeignet, die schweren Verletzungen des Antragstellers
zu begründen. Mithin erscheinen die einzelnen Gefährdungshandlungen als Teil
des Vorgangs, der zum Schaden geführt hat. Denn beide Vorgänge stehen nicht
beziehungslos und zufällig nebeneinander, vielmehr sind sie miteinander verknüpft.
Dass sie sich nicht gleichzeitig, sondern nacheinander ereignet haben, ist
nicht von wesentlicher Bedeutung. Zugleich begründet die zeitliche Abfolge die
Unaufklärbarkeit der Schadensverursachung, die für den Anwendungsbereich des
§ 830 Abs. 1 S. 2 BGB zugrunde gelegt wird (vgl. BGH a.a.O.).
2.
Eine
gesamtschuldnerische Haftung setzt jedoch voraus, dass die Beteiligten jeweils
für sich den Haftungstatbestand dem Grunde nach erfüllt haben. Lediglich
Beweisschwierigkeiten sollen über § 830 BGB gemildert werden. In Betracht
zu ziehen sind hier Ansprüche aus §§ 7 Abs. 1, 11, 17 Abs. 1, 18
Abs. 1 StVG, §§ 823 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG, § 1
PflVG. Ob die Voraussetzungen im Einzelnen vorliegen, kann jedoch im Ergebnis
dahingestellt bleiben. Denn die Antragsgegner können für sich das
Haftungsprivileg des § 680 BGB in Anspruch nehmen.
a) Nach
Sinn und Zweck von § 680 BGB soll der potentielle Geschäftsführer in
Augenblicken dringender Gefahr zur Hilfeleistung ermutigt werden. § 680
BGB will also denjenigen schützen und in gewissem Umfang vor eigenen Verlusten
bewahren, der sich zu spontaner Hilfe entschließt. Dabei berücksichtigt die
Vorschrift, dass wegen der in Gefahrensituationen geforderten schnellen
Entscheidung ein ruhiges und überlegtes Abwägen ausgeschlossen ist und es sehr
leicht zu einem Sichvergreifen in den Mitteln der Hilfe kommen kann (BGH,
Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 188/17 –, Rn. 40, juris). § 680 ist
auch im Straßenverkehr uneingeschränkt anwendbar (NK-BGB/Martin Schwab, 4.
Aufl. 2021 Rn. 11, BGB § 680 Rn. 11; BGH, Urteil vom 30. November 1971 –
VI ZR 100/70 –, Rn. 9, juris; MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, BGB § 680
Rn. 12 BeckOGK/Thole, 15.4.2021, BGB § 680 Rn. 19).
b) Der
Antragsgegner zu 1 hat nach dem Vortrag des Antragstellers als Geschäftsführer
ohne Auftrag für ihn gehandelt. Zugleich erfolgte dies zum Zwecke der Abwendung
einer dem Antragsteller drohenden dringenden Gefahr für Leib und Leben. Der
Antragsteller war aufgrund der vorangegangenen körperlichen Auseinandersetzung
mit einem Dritten schwer verletzt. Da der bereits gerufene Rettungswagen noch
nicht erschienen war und sich am Kopf eine große Beule bildete, entschloss sich
der Antragsgegner zu 1 den verletzten Antragsteller zum Krankenhaus zu fahren,
um weitere Gesundheitsschäden zu verhüten. Bei diesem Sachverhalt ist zwangslos
davon auszugehen, dass der Antragsgegner zu 1 ein Geschäft für den
Antragsteller besorgt hat und dieses in dessen Interesse lag. Er hat, ohne dass
der Antragsteller ihn damit beauftragt hatte, mit der Fahrt zum Krankenhaus
dessen Geschäft besorgt (§ 677 BGB). Dabei hat er zur Abwendung einer dem
Verletzten drohenden dringenden Gefahr gehandelt. Nach den Umständen musste er
befürchten, dass ohne sein Eingreifen der Verletzte weitere erhebliche Schäden
an Leib und Leben erleiden würde (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 – VI
ZR 100/70 -, Rn. 10 - 11, juris).
c) Der
Antragsgegner zu 1 hat bei Übernahme und Ausführung des Geschäfts zwanglos
schuldhaft und haftungsbegründend gehandelt, so dass seine Haftung in Betracht
zu ziehen ist. Denn er hat das fremde Geschäft übernommen und ausgeführt,
obwohl er mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,5 °/oo nicht mehr in der
Lage war, ein Fahrzeug sicher zu führen. Zugleich hat er den Antragsteller nach
seinem Vortrag nicht angeschnallt. Eine weitergehende Pflichtverletzung,
insbesondere ein besonderer Fahrfehler oder eine Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit stehen nach den vorliegenden Gutachten im Strafverfahren
(Seite 9f des unfallanalytischen Gutachten) nicht beweisbar im Raum. Da
aber, wie bereits dargelegt, die Voraussetzungen des § 680 BGB gegeben
sind, ist der Antragsgegner zu 1 nicht zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er
ohne grobe Fahrlässigkeit geglaubt hat, er sei trotz des genossenen Alkohols
noch so fahrtüchtig, dass der Verunglückte mit dieser Fahrt einverstanden sei
(BGH, a.a.O., Rn. 13). Dabei stehen ein etwaiges Übernahmeverschulden als auch
ein Ausführungsverschulden mit der Alkoholisierung in einem so engen
Zusammenhang, dass sie einheitlich am Haftungsmaßstab des § 680 BGB zu
messen sind. Der Antragsgegner hat jedoch nicht grob fahrlässig gehandelt.
Grob fahrlässig
handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen
in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall
jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 – IV ZR 173/01
–, Rn. 10, juris). Zwar wird bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,5°/oo
objektiv regelmäßig ein grob fahrlässiges Verhalten angenommen werden können.
Denn diese Alkoholkonzentration führt regelmäßig zu Ausfallerscheinungen, die
der Betroffene auch wahrnimmt. Allerdings sind bei der Bewertung des Grades des
Verschuldens auch subjektive, in der Individualität des Handelnden begründete Umstände
zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 07. April 1970 – VI ZR 217/68 –, Rn. 21,
juris). Denn im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich bei einem
grob fahrlässigen Verhalten um ein auch in subjektiver Hinsicht
unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich
übersteigt BGH, Urteil vom 29.01.2003, a.a.O.).
Für den
Antragsgegner kam die Situation der erheblichen Gesundheitsgefährdung des
Antragstellers überraschend und stellte ihn vor eine auf der Stelle zu
treffende Entscheidung. Es blieb ihm keine Zeit zum Überlegen, geschweige denn
zu ruhigem Überlegen. Außerdem war die Gefahr, die es abzuwenden galt, nicht
nur in ihrer Dringlichkeit, sondern auch in ihrer Größe ungewöhnlich: es ging
um Leib und Leben des Antragstellers, wie er selbst einräumt (u.A. Schriftsatz
vom 14.07.2020 S. 2, 2. Abs.). Nachdem sich der Gesundheitszustand weiter
verschlechterte, er am Kopf stark blutete und nicht ansprechbar war, sich am
Kopf eine schnell anschwellende Beule bildete und der Krankenwagen nicht
eintraf, handelte er nicht grob fahrlässig, wenn er es in diesem Augenblick an
der notwendigen selbstkritischen Prüfung seiner eigenen Fahrtüchtigkeit fehlen
ließ (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 – VI ZR 100/70 –, Rn. 17, juris).
Auch das
Unterlassen des Anschnallens des Antragstellers begründet hier keine
abweichende Beurteilung. Denn zum einen ist schon nicht erkennbar, ob der
Zustand des Antragstellers eine solche Maßnahme zuließ. Zum anderen ist das
Vergessen des Anschnallens in der vorliegenden Situation jedenfalls nicht so
unverständlich, dass sie jedem in der konkreten Situation einleuchten musste.
Soweit der Antragsteller hier darauf abstellt, dass das Nichtanschnallen in
besonderem Maße zu den weiteren Verletzungen geführt habe, kommt es hierauf bei
der Beurteilung des Grades des Verschuldens nicht an. Zudem steht es gerade
nicht fest und ist nach Aktenlage auch nicht beweisbar, dass der Antragsteller
tatsächlich 25 Meter durch die Luft geschleudert wurde, nachdem sich Blutanhaftungen
am Beifahrerairbag befanden und Front- und Seitenscheiben unbeschädigt waren.
Weder die Endlage noch die Verletzungen lassen eine solche Annahme mit der für
eine Verurteilung notwendigen Sicherheit zu.
d)
Mithin fehlt es an der Grundlage für eine gesamtschuldnerische Haftung, mithin
für eine Basis der Haftung der Antragsgegner.
3.
Eine
Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
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