Mittwoch, 14. Juli 2021

Zur Auslegung und Inhaltskontrolle einer Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümergemeinschaft

Im Rahmen einer Anfechtungsklage von Beschlüssen einer Wohnungseigentümer-versammlung gab das Amtsgericht der Klage mit der Begründung statt, die Einladung habe Wohnungseigentümer nicht rechtzeitig) erreicht. Im Kern ging es damit darum, ob die aus 1990 stammende Regelung der Gemeinschaftsordnung „Für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung genügt die Absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt wurde.“  Auszulegen und ggf. wie auszulegen ist und ob die Klausel wirksam ist, nachdem das Landgericht im Berufungsverfahren dem Amtsgericht folgte und der BGH im Rahmen der Revision entscheiden musste.

Amts- und Landgericht haben die Regelung dahingehend ausgelegt, dass sie zwar die Ordnungsgemäßheit der Absendung regele, es aber darauf ankäme, dass die Ladung auch tatsächlich bei dem Adressaten ankommt (im Anschluss an OLG Hamburg 21.06.2006 - 2 Wx 33/05 -). Dem folgt der BGH nicht. Die Klausel beziehe sich nicht lediglich auf Eigentümer, die einen Wohnsitzwechsel nicht ordnungsgemäß angezeigt hätten (und von daher bei fehlender Ladung daraus kein Anfechtungsanspruch hergeleitet werden könne). Allerdings sei im Übrigen gem. § 130 Abs. 1 S. 1 BGB, der entsprechend anwendbar sei, nicht die fristwahrende Absendung sondern der Zugang bei den Wohnungseigentümern maßgeblich. Davon abweichende Regelungen in Gemeinschaftsordnungen seien aber weit verbreitet, wobei die hier verwandte Formulierung in der Literatur als „Zugangsfiktion“ bezeichnet werde, obwohl sie dem Wortlaut nach nicht den Zugang regele. Teilweise würde angenommen, dass die Klausel allgemein als Nachweis der rechtzeitigen Absendung ausrechend und wirksam sei, teilwiese nur einschränkend dahingehend ausgelegt, sie gelte nur in Bezug auf diejenigen Eigentümer, die ihre neue Anschrift nicht mitgeteilt hätten. Zutreffend sei die erstgenannte Ansicht, da sich für die einschränkende Klausel aus dem maßgeblichen Wortlaut nichts ergäbe. Aus ihr sei zu entnehmen, dass allgemein die rechtzeitige Absendung ausreichend sei und nicht auf den Zugang abgestellt werde.

Damit musste sich der BGH der Frage zuwenden, ob die so verstandene Regelung in der Gemeinschaftsordnung wirksam ist. Die Eigentümer könnten gem. § 10 Abs. 2 S. 2 WEG von den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes abweichende Regelungen treffen, soweit dort nichts anderes bestimmt sei. Im Weiteren unterlägen die Regelungen einer Inhaltskontrolle. Bisher sei höchstrichterlich nicht entschieden, ob die §§ 307ff BGB auch auf die Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft Anwendung finde oder ob unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls die Inhaltskontrolle am Maßstab des § 242 BGB (Treu und Glauben) auszurichten sei.

Bei Anwendung der §§ 307ff BGB könnte die Klausel § 308 Nr. 6 BGB unterfallen, wonach Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unzulässig seien, die vorsähen, dass Erklärungen des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gelten würden. Eine direkte Anwendung der §§ 307ff BGB scheide aus, da es sich bei der einseitig vorgegebenen Gemeinschaftsordnung nicht um Vertragsbedingungen handele wie bei dem Abschluss eines Vertrages iSv. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Sie stünde einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer gleich. Eine analoge Anwendung scheide hier aber auch aus, da es an einer Vergleichbarkeit der Gemeinschaftsordnung mit einem schuldrechtlichen Vertrag als auch an einer planwidrigen Regelungslücke ermangele. An der planwidrigen Regelungslücke würde es bereits deshalb ermangeln, da die Wohnungseigentümer die ursprünglich einseitig vorgegebene Gemeinschaftsordnung jederzeit einstimmig (bei Öffnungsklauseln auch mit Mehrheitsbeschluss) ändern könnten, zudem unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 S. 3 WEG jeder Eigentümer eine Änderung unbilliger Klauseln verlangen (und einklagen) könne.

Auch wenn der teilende Eigentümer die Gemeinschaftsordnung vorgeben könne (und er sich so einseitig begünstigen könne) würde die nicht die Heranziehung des AGB-Rechts rechtfertigen können. Diese Regelungen ließen sich mit der auf einen Missbrauch der einseitigen Gestaltungsmacht durch den teilenden Eigentümer bezogenen Inhaltskontrolle des § 242 BGB bewältigen

Vereinbarungen der Wohnungseigentümer (und damit die Regelungen in der Gemeinschaftsordnung) dürften nicht treuwidrig sein. Abgesehen von den Fällen einseitiger Aufteilung sei wegen des weiten Gestaltungsspielraums der Wohnungseigentümer und des möglichen Anpassungsanspruch nach § 10 Abs. 2 S. 3 WEG allenfalls in Ausnahmefällen denkbar, Regelungen der Gemeinschaftsordnung, die sich in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB hielten, wegen Verstoßes gegen § 242 BGB als unwirksam anzusehen. Das zugrunde legend sei die Regelung wirksam. Es würde kein spezifischer Zusammenhang mit einer einseitigen Aufteilung erkennbar, wie sich auch daraus ergäbe, dass es sich um eine gebräuchliche Regelung handele und keinen inhaltlichen Bezug zu dem teilenden Eigentümer aufweise. Weiterhin sei das aus § 130 Abs. 1 S. 1 BGB abgeleitete Zugangserfordernis abdingbar, weshalb es darauf ankomme, ob mit der Klausel in schwerwiegender Weise in das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht als unverzichtbares Mitgliedschaftsrecht eingegriffen würde und damit iSv. § 134 BGB gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Erforderlich sei hier eine Abwägung zwischen den Folgen für die Teilnahmerechte einerseits und die Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer. Ein gravierender Eingriff in das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Eigentümers läge nicht schon vor, wenn dieses infolge eines Fehlers der Post nicht ausgeübt werden könne, zumal die Beschlussmängelklage auch noch möglich sei. Andererseits müsse en Verwalter darauf vertrauen dürfen, dass ein rechtzeitiger Postversand ausreichend ist, wobei ein Nachweis nicht möglich sei, es sei denn, die Ladungen würden per Einschreiben oder Boten zugestellt, was aber mit erheblichen Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden wäre, was dem Gesamtinteresse der Wohnungseigentümer widerspräche (unabhängig davon, dass bei dieser Vorgehensweise auch der Inhalt des jeweiligen Schreibens nicht nachgewiesen würde). Die Fassung rechtssicherer Beschlüsse sei aber ein elementares Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft, weshalb die als Zugangsfiktion anzusehende Klausel nicht treuwidrig sei.

BGH, Urteil vom 20.11.2020 - V ZR 196/19 -


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die durch die Streithelferin eingelegte Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth - 14. Zivilkammer - vom 26. Juni 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien bilden eine große Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Gemeinschaftsordnung (GO), die Bestandteil der Teilungserklärung aus dem Jahr 1990 ist, enthält in Ziff. 13.3 folgende Regelung:

„Für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung genügt die Absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden ist.“

In der Versammlung vom 25. September 2015 wurde ein Beschluss über die Wiederbestellung der bisherigen Verwalterin (Streithelferin) gefasst. Die Einladung mit dem TOP 7/15 „Verwalterbestellung zu den bisherigen Vertrags- u. Preiskonditionen“ datiert vom 4. September 2015. Mit der Behauptung, die Einladung habe mehrere Wohnungseigentümer nicht oder nicht rechtzeitig erreicht, haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und den zu TOP 7/15 gefassten Beschluss für ungültig erklärt. Die Berufung der Streithelferin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, will die Streithelferin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

A.

Das Berufungsgericht geht von einem Einberufungsmangel aus. Nach Behauptung der Kläger sei die Einladung bei mehreren Wohnungseigentümern, nämlich den Klägern und einigen Beklagten, teils verspätet und teils gar nicht bzw. erst nach der Versammlung angekommen. Die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang trügen die Beklagten. Da diese lediglich Beweis für die rechtzeitige Absendung der Einladungen angetreten hätten, sei der Beweis nicht geführt. Nichts anderes ergebe sich aus Ziff. 13.3 GO. Bei nächstliegender Auslegung regele die Klausel nur die Zugangsfiktion bei einem Adresswechsel. Jedenfalls sei nicht eindeutig, dass den Empfängern die allgemeine Gefahr eines Sendungsverlusts auferlegt werde. Zwar gebe die Klausel bei diesem Verständnis nur die geltende Rechtslage wieder; eine Regelung in der Gemeinschaftsordnung könne aber auch den Sinn haben, die Eigentümer auf die Rechtslage hinzuweisen. Von der Kausalität des Einberufungsmangels sei auszugehen mit der Folge, dass der Beschluss für ungültig erklärt werden müsse.

B.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

I. Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts richtet sich insgesamt nach der in Ziff. 13.3 GO enthaltenen Vereinbarung, ob die Eigentümerversammlung ordnungsmäßig einberufen worden ist; die Klausel bezieht sich nicht nur auf diejenigen Wohnungseigentümer, die einen Wohnsitzwechsel nicht angezeigt haben.

1. Das Gesetz sieht vor, dass die Einberufung der Eigentümerversammlung in Textform erfolgt, wobei die Frist, sofern nicht ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt, gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG mindestens zwei Wochen betragen soll. Da nach der Rechtsprechung des Senats § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechende Anwendung findet, ist für die fristwahrende Ladung nicht die Absendung, sondern der Zugang bei den jeweiligen Wohnungseigentümern maßgeblich (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 2013 - V ZR 241/12, ZWE 2013, 368 Rn. 18). Ist die Ladung einzelnen Wohnungseigentümern infolge von Postversehen nicht zugegangen, kann die Anfechtung hierauf allerdings nur dann gestützt werden, wenn sich dies auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt haben kann (vgl. Senat, Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 159/19, ZWE 2020, 267 Rn. 18 mwN). Teilt ein Eigentümer seine Anschrift nicht oder nicht rechtzeitig mit, führt diese Obliegenheitsverletzung dazu, dass die Anfechtung von vornherein nicht auf die fehlende Ladung gestützt werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 2013 - V ZR 241/12, aaO).

2. Von dieser Rechtslage abweichende Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung sind weit verbreitet und nach einhelliger Auffassung im Grundsatz zulässig. Dazu werden unterschiedliche Formulierungen gewählt. Teilweise wird der Zugang bei dem Wohnungseigentümer fingiert (etwa „Die Ladung gilt einem Wohnungseigentümer als zugegangen, wenn der Verwalter sie ordnungsgemäß abgesandt hat“, vgl. BeckFormB WEG/H. Müller, 4. Aufl., D.II.2 § 10 Abs. 3; ähnlich Deckert/Elzer, ETW 2019, S. 25). In der Praxis gebräuchlich ist aber auch die hier verwendete Formulierung (vgl. etwa BeckFormB BHW/Gebele, 13. Aufl., IV.C.1., § 11 Abs. 4; Wurm/Wagner/Zartmann/Leitzen, Rechtsformularbuch, 17. Aufl., Muster M 47.1, § 12 Abs. 4 Satz 2). Sie wird teils ungenau ebenfalls als „Zugangsfiktion“ bezeichnet, obwohl sie ihrem Wortlaut nach nicht den Zugang regelt, sondern die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung definiert.

3. Die hier verwendete Klausel wird unterschiedlich ausgelegt.

a) Die weit überwiegende Ansicht entnimmt ihr, dass allgemein der Nachweis der rechtzeitigen Absendung für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung ausreichend ist, und hält dies auch für wirksam (vgl. BayObLG, Beschluss vom 17. November 2004 - 2Z BR 171/04, juris Rn. 9 und 11; OLG Hamm, NJW-RR 2008, 1545, 1547; LG Hamburg, ZWE 2012, 55; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 24 Rn. 35 a.E.; Palandt/Wicke, BGB, 79. Aufl., § 24 WEG Rn. 5; BeckOK WEG/Bartholome [1.8.2020], § 24 Rn. 298; Vandenhouten in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 24 Rn. 35 a.E.; Sauren, WEG, 6. Aufl., § 24 Rn. 13b in Fn. 85; Scheuer in Köhler, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl., Rn. 4.83; Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl., § 7 Rn. 22; Drasdo, Die Eigentümerversammlung nach dem WEG, 5. Aufl., B Rn. 91; allgemein zur „Zugangsfiktion“ LG Karlsruhe, ZWE 2014, 93; Bärmann/Seuß/Rüscher, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., 4. Teil, § 17 Rn. 42).

b) Die von dem Berufungsgericht befürwortete Gegenauffassung legt die Klausel im Anschluss an eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg (ZMR 2006, 704 ff.) einschränkend aus und misst ihr nur im Falle einer nicht angezeigten Adressänderung Bedeutung bei (vgl. MüKoBGB/Engelhard, 8. Aufl., § 24 WEG Rn. 16; Staudinger/Häublein, BGB [2018], § 24 WEG Rn. 37; Riecke in Riecke/Schmid, WEG, 5. Aufl., § 24 Rn. 43; ohne eigene Stellungnahme T. Spielbauer in Spielbauer/Then, 3. Aufl., § 24 WEG Rn. 26).

4. Der Senat hält die zuerst genannte Auslegung für zutreffend.

a) Die Gemeinschaftsordnung ist Bestandteil der Grundbucheintragung. Ihre Auslegung unterliegt daher vollen Umfangs der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind. Dabei müssen Abweichungen von der gesetzlichen Verteilung der Aufgaben, Kompetenzen und Kosten klar und eindeutig aus der Gemeinschaftsordnung hervorgehen (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, NJW 2018, 1309 Rn. 14; Urteil vom 22. März 2019 - V ZR 145/18, ZWE 2019, 322 Rn. 7; Urteil vom 26. Juni 2020 - V ZR 199/19, NZM 2020, 715 Rn. 6, jeweils mwN).

b) Daran gemessen ist die in Ziff. 13.3 GO enthaltene Klausel dahingehend auszulegen, dass die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung nicht den Zugang, sondern lediglich die rechtzeitige Absendung der Ladung an die Wohnungseigentümer voraussetzt; dies bezieht sich auf alle Wohnungseigentümer und nicht nur auf diejenigen, die einen Wohnsitzwechsel nicht mitgeteilt haben.

aa) Bei unbefangener Betrachtung des Wortlauts enthält die Klausel (nur) zwei Voraussetzungen für eine ordnungsmäßige Einberufung. Es genügt (erstens) die Absendung, und zwar (zweitens) an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden ist. Eine dritte Voraussetzung, wonach es einen Wohnsitzwechsel gegeben hat, enthält die Klausel gerade nicht. Sie ist nach ihrem klaren Wortlaut ohne weiteres auch dann einschlägig, wenn die zuletzt mitgeteilte Adresse (nach wie vor) die richtige ist. Das Berufungsgericht liest im Anschluss an das Hanseatische Oberlandesgericht (ZMR 2006, 704 ff.) folgende Einschränkung in die Klausel hinein: „Bei einem Wohnsitzwechsel genügt für die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung die Absendung an die Anschrift, die dem Verwalter von dem Wohnungseigentümer zuletzt mitgeteilt worden ist“. So lautet die Klausel aber gerade nicht; sie entspräche dann im Übrigen - was auch das Berufungsgericht nicht verkennt - der ohnehin geltenden Rechtslage und wäre entbehrlich. Deshalb haben das Bayerische Oberste Landesgericht (Beschluss vom 17. November 2004 - 2Z BR 171/04, juris Rn. 9 und 11), das Oberlandesgericht Hamm (NJW-RR 2008, 1545, 1547) und das Landgericht Hamburg (ZWE 2012, 55) die Auslegung der Klausel auch nicht problematisiert, sondern sind ohne weiteres und zutreffend davon ausgegangen, dass die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung bezogen auf alle Wohnungseigentümer geregelt wird.

bb) Hingegen ging es bei der neueren Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (ZWE 2017, 173 ff.), auf die sich das Berufungsgericht maßgeblich stützt, um eine andere Klausel. Diese lautete nämlich: „Zustellungen sind stets wirksam, wenn sie an die dem Verwalter zuletzt mitgeteilte Adresse erfolgen“. Dort ist unscharf von der „Zustellung“ und gerade nicht nur von der „Absendung“ die Rede. Ob den Erwägungen des Oberlandesgerichts Hamm beizupflichten ist, kann dahinstehen; auf die hier verwendete Klausel sind sie jedenfalls nicht übertragbar.

II. Die so verstandene Vereinbarung in Ziff. 13.3 GO ist wirksam.

1. Insoweit ist zunächst zu klären, nach welchem rechtlichen Maßstab die Wirksamkeit der Vereinbarung zu beurteilen ist.

a) Gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Diese Regelung ist Ausdruck der Privatautonomie der Wohnungseigentümer und lässt ihnen und dem teilenden Eigentümer bei der Ordnung des Gemeinschaftsverhältnisses weitgehend freie Hand. Schranken für den Inhalt der Gemeinschaftsordnung ergeben sich aus den Grenzen der Privatautonomie nach den §§ 134, 138 BGB. Darüber hinaus unterliegen jedenfalls Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung, die von dem teilenden Eigentümer einseitig vorgegeben wurden, einer Inhaltskontrolle. Insoweit ist höchstrichterlich nicht abschließend entschieden, ob sich diese an den für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften der §§ 307 ff. BGB oder unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auszurichten hat (offengelassen jeweils mwN u.a. von Senat, Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10, NJW 2011, 679 Rn. 7; Urteil vom 10. November 2017 - V ZR 184/16, ZfIR 2018, 353 Rn. 23; BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - III ZR 37/18, NZM 2019, 221 Rn. 27 ff.).

Fänden die Vorschriften der §§ 307 ff. BGB Anwendung, könnte die hier verwendete Klausel § 308 Nr. 6 BGB unterfallen. Danach ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt. Gestützt auf diese Vorschrift werden vorformulierte gleichlautende Klauseln in einem Verwaltervertrag (so BayObLG, WuM 1991, 312, 313; KG, ZMR 2008, 476, 477; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl., § 24 Rn. 35; Ulmer/Brandner/Hensen/Christensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Teil 2 [63] Wohnungseigentum/Verwalterverträge Rn. 4; Schmid, NZM 2011, 865, 867), aber auch in der Gemeinschaftsordnung (so Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, AGB-Recht, 7. Aufl., Klauseln Rn. W 95) für unwirksam gehalten.

b) Ob die einseitig vorgegebene Gemeinschaftsordnung der AGB-Kontrolle gemäß den §§ 307 ff. BGB unterliegt, wird unterschiedlich beurteilt. Nach nahezu einhelliger Ansicht der auf das Wohnungseigentumsrecht bezogenen Rechtsprechung und Literatur sind die Vorschriften nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. BayObLG, NJW-RR 1992, 83, 84; OLG Hamburg, ZMR 1996, 443, 445; OLG Frankfurt a.M., ZMR 1998, 365, 367; Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Aufl., § 2 Rn. 54; Bärmann/Suilmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 105; Riecke/Schmid/Elzer/Schneider, WEG, 5. Aufl., § 8 Rn. 62; Krause in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 8 Rn. 18; Staudinger/Rapp, BGB [2018], § 7 WEG Rn. 35 f.; Staudinger/Kreuzer, BGB [2018], § 10 WEG Rn. 149; Soergel/Wendt, BGB, 13. Aufl., § 8 WEG Rn. 26; Palandt/Wicke, BGB, 79. Aufl., § 10 WEG Rn. 5; BeckOGK/Falkner, WEG [1.3.2020], § 10 Rn. 147; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 116; Prüfer, ZWE 2001, 398, 399 ff.; Ertl, DNotZ 1981, 149, 161 ff.; Weitnauer, DNotZ 1989, 430; ausführlich Binkowski, Reichweite und Grenzen der Privatautonomie im Wohnungseigentumsrecht, 2011, S. 108 ff.; so auch Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 305 Rn. 3). Teils wird bei einer Teilung durch den Bauträger eine analoge Anwendung befürwortet, die sich allerdings auf den Kontrollmaßstab des § 310 BGB beschränken soll (Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., § 7 WEG Rn. 6, § 8 WEG Rn. 3). Dagegen wird insbesondere im Schrifttum zum AGB-Recht die analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB auf eine von dem Bauträger vorformulierte Gemeinschaftsordnung für richtig erachtet (vgl. Christensen in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Teil 2 [63] Wohnungseigentum/Verwalterverträge Rn. 1; Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., § 305 Rn. 12; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, AGB-Recht, 7. Aufl., Klauseln Rn. W 91; Ulmer in Festschrift Weitnauer, 1980, 205, 215 ff.; Stürner, BWNotZ 1977, 106, 111; für direkte Anwendung MüKoBGB/Basedow, 8. Aufl., § 305 Rn. 10 a.E.). Vereinzelt wird allgemein die stärkere Heranziehung der Wertungen des AGB-Rechts im Wohnungseigentumsrecht befürwortet (so Schmid, NZM 2011, 865, 867 f.).

c) Der Senat, der an der AGB-Kontrolle der Gemeinschaftsordnung schon mehrfach Zweifel geäußert hat (vgl. Beschluss vom 20. Juni 2002 - V ZB 39/01, BGHZ 151, 164, 173 f.; Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 14), entscheidet die Rechtsfrage nunmehr im Sinne der erstgenannten Auffassung. Die Regelungen über die Inhaltskontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307 ff. BGB) sind auf die Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht entsprechend anwendbar.

aa) Eine direkte Anwendung der §§ 307 ff. BGB scheidet von vornherein aus, weil es sich bei einer einseitig vorgegebenen Gemeinschaftsordnung nicht um Vertragsbedingungen handelt, die bei Abschluss eines Vertrags im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Verwender (hier: teilender Eigentümer) gestellt werden. Die als Bestandteil der Teilungserklärung in das Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung steht ab dem Zeitpunkt, ab dem sie von dem teilenden Eigentümer nicht mehr einseitig geändert werden kann, einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer gleich (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 13. September 2000 - V ZB 14/00, BGHZ 145, 133, 136; Urteil vom 25. Oktober 2019 - V ZR 271/18, BGHZ 223, 305 Rn. 16 mwN). Einer Annahmeerklärung der Erwerber gegenüber dem teilenden Eigentümer bedarf es nicht, weil der Eintritt in die Gemeinschaftsordnung kraft Gesetzes mit dem Eigentumserwerb erfolgt (vgl. § 5 Abs. 4 Satz 1, § 10 Abs. 3 WEG; Staudinger/Rapp, BGB [2018], § 7 WEG Rn. 35). Die Gemeinschaftsordnung ist nämlich nicht Inhalt des Erwerbsvertrags, sondern sie bestimmt den Inhalt des zu erwerbenden Sondereigentums (zutreffend Binkowski aaO, S. 121; eingehend zu letzterem Gesichtspunkt Senat, Urteil vom 25. Oktober 2019 - V ZR 271/18, BGHZ 223, 305 Rn. 14 ff.). Das gilt erst recht für nachfolgende Erwerber, die zu dem teilenden Eigentümer von vornherein keine rechtsgeschäftliche Beziehung haben.

bb) Weil es sich nicht um Vertragsbedingungen handelt und die §§ 307 ff. BGB nicht anwendbar sind, bedarf es des - teilweise erwogenen (vgl. etwa Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Aufl., § 2 Rn. 54) - Rückgriffs auf die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht. Die Voraussetzungen für die allein in Betracht zu ziehende analoge Anwendung der §§ 307 ff. BGB liegen nicht vor. Es fehlt sowohl an der Vergleichbarkeit der Gemeinschaftsordnung mit einem schuldrechtlichen Vertrag als auch an einer planwidrigen Regelungslücke.

(1) Die einseitige Vorgabe der Gemeinschaftsordnung unterscheidet sich grundlegend von dem einseitigen Stellen schuldrechtlicher Vertragsbedingungen. Es fehlt schon an der durch ein Informations- und Motivationsgefälle zwischen Verwender und Kunden gekennzeichneten Konfliktsituation und der daraus resultierenden Gefahr einer unangemessenen Risikoabwälzung, der mit der AGB-Kontrolle begegnet werden soll (zu diesen Aspekten MüKoBGB/Basedow, 8. Aufl., vor § 305 Rn. 4 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 23. April 2015, C-96/14, van Hove, EU:C:2015:262, Rn. 26). Denn bei typisierender Betrachtung scheidet der teilende Eigentümer nach Aufteilung und Abverkauf aus der Gemeinschaft aus und profitiert daher allenfalls vorübergehend von dem vorgegebenen Regelwerk. Die in das Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung bezieht sich typischerweise nicht - wie es für AGB kennzeichnend wäre - auf das Verhältnis zwischen Kunden (hier: einzelner Wohnungseigentümer) und Verwender (hier: teilender Eigentümer). Vielmehr soll sie das künftige Zusammenleben der Wohnungseigentümer - also deren Grundverhältnis untereinander - dauerhaft regeln (vgl. § 10 Abs. 3 WEG). Da die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 11 WEG unauflöslich ist, hat die Gemeinschaftsordnung für die Wohnungseigentümergemeinschaft eine ähnlich grundlegende Bedeutung wie die Satzung für einen Verein (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018 - V ZR 65/17, NJW-RR 2018, 776 Rn. 22; Urteil vom 22. März 2019 - V ZR 298/16, ZWE 2019, 318 Rn. 11).

(2) Es besteht auch keine planwidrige Regelungslücke.

(a) Im Allgemeinen bedarf es des Schutzes der Wohnungseigentümer durch eine engmaschige AGB-Kontrolle der Gemeinschaftsordnung nicht.

(aa) Das ergibt sich schon daraus, dass die Wohnungseigentümer die ursprünglich einseitig vorgegebene Gemeinschaftsordnung jederzeit einstimmig (und im Anwendungsbereich gesetzlicher oder vereinbarter Öffnungsklauseln sogar durch Mehrheitsbeschluss) ändern können. Zudem stellt das Wohnungseigentumsgesetz insofern einen wirksamen Individualschutz bereit, als einzelne Wohnungseigentümer unter den Voraussetzungen von § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG eine Änderung unbilliger Vereinbarungen verlangen können, und zwar selbst dann, wenn diese von Anfang an in der Gemeinschaftsordnung enthalten waren („Geburtsfehler“, vgl. Senat, Urteil vom 22. März 2019 - V ZR 298/16, ZWE 2019, 318 Rn. 14). Daneben bezweckt eine Reihe von nicht dispositiven Bestimmungen den Schutz vor einseitigen Regelungen in der Gemeinschaftsordnung (vgl. etwa § 16 Abs. 5, § 18 Abs. 4, § 26 Abs. 1 Satz 5 WEG). Schließlich ergeben sich Schranken für den Inhalt der Gemeinschaftsordnung aus den Grenzen der Vertragsfreiheit (vgl. Senat, Beschluss vom 11. November 1986 - V ZB 1/86, BGHZ 99, 90, 94). Die Anwendung der §§ 134, 138 BGB führt zur Unwirksamkeit von Regelungen, die die personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer aushöhlen oder in unverzichtbare Mitgliedschaftsrechte eingreifen, ohne dass es insoweit auf den Ursprung der Regelung ankäme. Deshalb hat der Senat beispielsweise gestützt auf § 134 BGB ein Stimmrechtsverbot bei Zahlungsverzug als unwirksam angesehen, ohne insoweit auf die Art der Aufteilung abzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10, NJW 2011, 679 Rn. 8).

(bb) Allgemein besteht damit ein Gestaltungsspielraum für die Vereinbarung von Regeln für das dauerhafte Zusammenleben der Wohnungseigentümer in der Gemeinschaftsordnung, der durch seine (im Vergleich zu der AGB-Kontrolle) höhere inhaltliche Flexibilität der in § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG gewährleisteten Privatautonomie der Wohnungseigentümer (vgl. oben Rn. 18) Rechnung trägt. Zugleich ist aber die Kontrolldichte insoweit höher als bei der AGB-Kontrolle, als die Schranken dieses Gestaltungsspielraums unabhängig von der Entstehung der Regelung durch einseitige Teilungserklärung, Teilungsvertrag oder nachträgliche Vereinbarung (bzw. einen durch Öffnungsklausel legitimierten Mehrheitsbeschluss) zu beachten sind.

(b) Richtig ist allerdings, dass der teilende Eigentümer Regelungen in der Gemeinschaftsordnung vorgeben kann, die ihn - ähnlich wie einen Verwender von unangemessenen AGB - insbesondere in der Aufteilungsphase einseitig begünstigen (vgl. Erman/Grziwotz, BGB, 16. Aufl., § 7 WEG Rn. 6). Aus diesem Grund unterliegen von dem teilenden Eigentümer vorgegebene Bestimmungen in der Gemeinschaftsordnung, die in einem spezifischen Zusammenhang mit der einseitigen Aufteilung stehen, einer Inhaltskontrolle im Hinblick auf einen Missbrauch der einseitigen Gestaltungsmacht; diese (richterrechtlich bereits ausgeformte) Inhaltskontrolle richtet sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls am Maßstab von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB aus.

(aa) Dem besonderen Schutzbedürfnis der Sondereigentümer in der Aufteilungsphase trägt das Gesetz in § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG insoweit Rechnung, als die erste Bestellung eines Verwalters nach der Begründung von Wohnungseigentum nur für drei Jahre vorgenommen werden darf, um der Gefahr von Interessenkollisionen im Hinblick auf die Verjährung von Gewährleistungsrechten zu begegnen (vgl. BT-Drucks. 16/3843 S. 26). Darüber hinaus ergeben sich rechtliche Grenzen der einseitigen Gestaltungsmacht aus § 242 BGB. Gemessen an dem Gebot von Treu und Glauben hat der Senat eine in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Ermächtigung des teilenden Bauträgers zu der nachträglichen Zuweisung von Sondernutzungsrechten wegen der ohnehin bestehenden zeitlichen und inhaltlichen Schranken als zulässig erachtet (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 74/11, NJW 2012, 676 Rn. 14 ff.), während ein langfristiger Kontrahierungszwang in der Gemeinschaftsordnung keinen Bestand hatte (vgl. jeweils zum betreuten Wohnen Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, NJW 2007, 213 Rn. 17; BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 - III ZR 37/18, NZM 2019, 221 Rn. 29 f.). Auch ein in der Gemeinschaftsordnung bei Säumnis eines Wohnungseigentümers vorgesehener, unangemessen hoher Vergütungszuschlag eines „Bauträgerverwalters“ ist wegen missbräuchlicher Ausnutzung der Gestaltungsmacht des teilenden Bauträgers gemäß § 242 BGB als unwirksam angesehen worden (vgl. OLG Hamm, ZWE 2008, 293, 294). Denkbar ist ein Missbrauch der Gestaltungsmacht aber auch bei Kostenverteilungs- oder Stimmrechtsregeln (dazu OLG Zweibrücken, OLGZ 1990, 186, 188 ff.).

(bb) Diese Problemfelder rechtfertigen es nicht, Gemeinschaftsordnungen insgesamt den (zu) engen Vorgaben der AGB-Kontrolle zu unterwerfen. Sie lassen sich mit der auf einen Missbrauch der einseitigen Gestaltungsmacht durch den teilenden Eigentümer bezogenen Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB angemessen bewältigen. Ihrem Zweck entsprechend beschränkt sich eine solche Inhaltskontrolle auf jene Regelungen in der Gemeinschaftsordnung, die in einem spezifischen Zusammenhang mit der einseitigen Aufteilung stehen; daran fehlt es jedenfalls bei gebräuchlichen, unabhängig von der Art der Aufteilung verwendeten Klauseln, die keinen inhaltlichen Bezug zu dem teilenden Eigentümer erkennen lassen.

(cc) Nur ausnahmsweise kann die Heranziehung des AGB-Rechts wegen der unionsrechtlichen Vorgaben aus der Klausel-Richtlinie (Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 S. 29) geboten sein, nämlich dann, wenn die Gemeinschaftsordnung vorschreibt, dass die Wohnungseigentümer als Verbraucher bestimmte Verträge mit Dritten abschließen müssen (vgl. Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 125). Hier muss der Klausel-Richtlinie Rechnung getragen werden, indem die Wertungen des AGB-Rechts beachtet werden (so bereits Senat, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, NJW 2007, 213 Rn. 17; für entsprechende Anwendung des AGB-Rechts insoweit Staudinger/Piekenbrock, BGB [2019], § 310 Rn. 114). Aus denselben Gründen unterliegt die Gemeinschaftsordnung insoweit in entsprechender Anwendung der §§ 307 ff. BGB der AGB-Kontrolle, als der Inhalt des Verwaltervertrags, der zwischen dem Verwalter und dem Verband als Verbraucher (vgl. BGH, Urteil vom 25. März 2015 - VIII ZR 243/13, BGHZ 204, 325 Rn. 30 ff.) abzuschließen ist, zum Bestandteil der Gemeinschaftsordnung gemacht worden ist (vgl. zu einer dahingehenden Praxis BeckOGK/Greiner, WEG [1.4.2020], § 26 Rn. 135; Scheffler in Elzer/Fritsch/Meier, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., § 1 Rn. 370). Regelungen dieses Inhalts stellen in der auf das dauerhafte Zusammenleben der Wohnungseigentümer bezogenen Gemeinschaftsordnung ohnehin einen Fremdkörper dar (zutreffend BeckOGK/Greiner, WEG [1.4.2020], § 26 Rn. 136), und sie sind nach denselben rechtlichen Maßstäben zu beurteilen wie der abzuschließende Verwaltervertrag.

(c) Im Übrigen dürfen Vereinbarungen der Wohnungseigentümer zwar auch im Allgemeinen nicht treuwidrig sein. Aber abgesehen von der zuvor erörterten Inhaltskontrolle bei einseitiger Aufteilung ist es wegen des weiten Gestaltungsspielraums der Wohnungseigentümer einerseits und des möglichen Anpassungsanspruchs andererseits (§ 10 Abs. 2 Satz 3 WEG) allenfalls in absoluten Ausnahmefällen denkbar, Regelungen der Gemeinschaftsordnung, die sich in den bestehenden gesetzlichen Grenzen insbesondere der §§ 134, 138 BGB halten, wegen eines Verstoßes gegen § 242 BGB als unwirksam anzusehen (einen Verstoß gegen § 242 BGB jeweils verneinend etwa Senat, Beschluss vom 3. Juli 1997 - V ZB 2/97, BGHZ 136, 187, 193 ff.; Beschluss vom 11. November 1986 - V ZB 1/86, BGHZ 99, 90, 95).

2. Nach diesen Maßstäben sieht der Senat die Klausel im Einklang mit der überwiegenden Ansicht in Literatur und Rechtsprechung (vgl. die Nachweise oben Rn. 9) als wirksam an. Ein spezifischer Zusammenhang mit der einseitigen Aufteilung ist nicht erkennbar, weil es sich um eine gebräuchliche Klausel handelt, die das dauerhafte Zusammenleben der Wohnungseigentümer regelt und keinen inhaltlichen Bezug zu dem teilenden Eigentümer erkennen lässt. Da das aus § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB analog abgeleitete Zugangserfordernis abdingbar ist, kommt es entscheidend darauf an, ob die Klausel in schwerwiegender Weise in das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht als unverzichtbares Mitgliedschaftsrecht eingreift und damit im Sinne von § 134 BGB gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (vgl. Senat, Beschluss vom 11. November 1986 - V ZB 1/86, BGHZ 99, 90, 94 f.; Urteil vom 10. Dezember 2010 - V ZR 60/10, NJW 2011, 679 Rn. 7 f.). Ob die Klausel zu einem solchen schwerwiegenden Eingriff führt, lässt sich nur durch eine Abwägung zwischen den Folgen für die Teilnahmerechte der einzelnen Wohnungseigentümer einerseits und den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer andererseits bestimmen.

a) Aus Sicht der einzelnen Wohnungseigentümer hat die Klausel zur Folge, dass ein Wohnungseigentümer, der infolge eines Postfehlers keine Einladung erhält und infolgedessen nicht an der Versammlung teilnehmen kann, allein aus diesem Umstand keinen Beschlussmangel herleiten kann. Das gilt selbst dann, wenn der Wohnungseigentümer den fehlenden Zugang beweisen kann. Denn nur bei einer Zugangsfiktion könnte sich ggf. die - hier nicht zu erörternde - Frage stellen, ob die Fiktion widerleglich ist; darauf kommt es bei der vorliegenden Klausel von vornherein nicht an, weil die Ordnungsmäßigkeit der Einberufung nur die Absendung und gerade nicht den Zugang voraussetzt.

b) Demgegenüber gibt es aus Sicht der Gesamtheit der Wohnungseigentümer ein gewichtiges praktisches Bedürfnis für eine Vereinbarung dieser Art. Denn im Prinzip darf der Verwalter darauf vertrauen, dass ein rechtzeitiger Postversand ausreichend ist, damit die Ladungen bei den Empfängern ankommen. Der Zugang der Sendungen lässt sich auf diese Weise aber regelmäßig nicht nachweisen. Also müsste der Verwalter alle Ladungen per Einschreiben oder gar per Boten zustellen lassen (zu den Beweiswirkungen vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2016 - II ZR 299/15, BGHZ 212, 104 Rn. 20 ff.; Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl., § 130 Rn. 21). Der damit einhergehende erhebliche Verwaltungs- und Kostenaufwand widerspricht dem Gesamtinteresse der Wohnungseigentümer; das gilt umso mehr, als der Beweis für den Inhalt der Sendung selbst bei einer solchen Vorgehensweise nicht erbracht wäre (vgl. BeckOGK/Hermann, WEG [1.3.2020], § 24 Rn. 52; BeckOK WEG/Bartholome [1.8.2020], § 24 Rn. 92; allg. Palandt/Ellenberger aaO). Die Fassung rechtssicherer Beschlüsse, an der ein elementares Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft besteht, wird daher im Vergleich zu der gesetzlichen Regelung erheblich erleichtert (vgl. Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 4. Aufl., § 7 Rn. 22).

c) Vor dem Hintergrund dieser gewichtigen Gesamtinteressen ist die Klausel als wirksam anzusehen. Ein gravierender Eingriff in das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht eines Wohnungseigentümers liegt nicht schon dann vor, wenn das Recht zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung infolge von Fehlern der Post nicht ausgeübt werden kann (so bereits Senat, Urteil vom 14. Februar 2020 - V ZR 159/19, ZWE 2020, 267 Rn. 18). Die Mitgliedschaftsrechte von Wohnungseigentümern, deren Ladung trotz rechtzeitiger Absendung verlorengeht und die auch nicht auf andere Weise rechtzeitig von der Versammlung erfahren, werden in noch ausreichender Weise durch die Beschlussmängelklage gewahrt; sie ermöglicht es, die Beschlüsse auf etwaige andere Mängel hin überprüfen zu lassen. Hat ein Wohnungseigentümer von den gefassten Beschlüssen aufgrund der unterbliebenen Ladung verspätet Kenntnis erlangt und kann er deshalb die Klagefristen des § 46 WEG nicht wahren, ist ihm ggf. gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 WEG i.V.m. §§ 233 ff. ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren; die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung ändern sich durch die Klausel nicht (vgl. dazu OLG Hamm, OLGR 2009, 272, 273).

C.

I. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da das Berufungsgericht unzutreffend angenommen hat, dass die Beklagten den Zugang bei den Wohnungseigentümern beweisen müssen, bedarf es noch weiterer Feststellungen, und der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden.

II. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Die Beklagten haben den ihnen obliegenden Beweis für eine ordnungsmäßige Einberufung der Eigentümerversammlung erst dann geführt, wenn die rechtzeitige Aufgabe zur Post feststeht. Da insoweit die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast tragen, wird ihren Beweisangeboten nachzugehen sein. Bei der Beweiswürdigung wird das Gericht auch einzubeziehen haben, dass eine Mehrzahl von Schreiben nicht angekommen sein soll. Das kann ggf. dazu führen, dass Zweifel an der rechtzeitigen Absendung verbleiben und der Beweis infolgedessen nicht geführt ist. Sollte sich das Gericht hingegen von der rechtzeitigen Absendung überzeugen, wäre jedenfalls in diesem Punkt ein Beschlussmangel zu verneinen, weil die Einberufung der Eigentümerversammlung gemäß Ziff. 13.3 GO ordnungsmäßig war; dann werden ggf. weitere fristgerecht geltend gemachte Anfechtungsgründe - zu denen Feststellungen bislang fehlen - zu prüfen sein.


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