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Dienstag, 9. Mai 2023

Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) und Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache

Nachdem ein über ihren anwaltlichen Bevollmächtigten Widerspruch gegen eine Entscheidung über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch das Jobcenter ein. Daraufhin erging ein Abhilfebescheid, mit dem der angegriffene Bescheid aufgehoben wurde. Im Abhilfebescheid entschied das Jobcenter, dass der Widerspruchsführerin (und jetzigen Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht - BVerfG -) auf Antrag die Kosten des Widerspruchsverfahrens erstattet würden, soweit sie notwendig, nachgewiesen und der Widerspruch erfolgreich gewesen wäre. Am 05.11.2020 stellte der Bevollmächtigt der Widerspruchsführerin Antrag auf Kostenfestsetzung. Am 07.05.2021 erhob er wegen Nichtverbescheidung Untätigkeitsklage zum Sozialgericht. Am 18.05.2021 erließ das Jobcenter den Kostenfestsetzungsbescheid, woraufhin die Widerspruchsführerin ihre Untätigkeitsklage in der Hauptsache für erledigt erklärte und beantragte, ihr die notwendigen Kosten ihre außergerichtlichen Kosten (entstanden im Verfahren vor dem Sozialgericht) zu erstatten. Dieser Antrag auf Kostenerstattung wurde vom Sozialgericht abgelehnt mit der Begründung, es sei durch das Gericht nach billigen Ermessen zu entscheiden und der Zuspruch der Kosten würde nicht der Billigkeit entsprechen. Zwar habe das Jobcenter nicht innerhalb der Frist des § 88 Abs. 1 S. 1 SGG über den Antrag entschieden. Anders als das HessLSG im Beschluss vom 15.02.2008 - L 7 B 184/07 AS - sehe es eine Obliegenheit hier der klagenden ehemaligen Widerspruchsführerin, die Beklagtenseite (Jobcenter) vor Schäden zu bewahren (Grundsatz Treu und Glauben aus dem Sozialrechtsverhältnis), weshalb sie sich vor Erhebung der Untätigkeitsklage noch einmal an das Jobcenter hätte wenden müssen und die Entscheidung über die Kostenfestsetzung hätte anmahnen und die Erhebung einer Untätigkeitsklage ankündigen müssen. Dies sei nicht geschehen. Daher erscheine die Untätigkeitsklage mutwillig.

Gegen die (mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht angreifbare) Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin wegen Verletzung des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) und Anspruch auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) Verfassungsbeschwerde. Die Verfassungsbeschwerde wurde zur Entscheidung angenommen und ihr wurde stattgegeben.

Es läge ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot vor. Dies sei denn zu bejahen, wenn gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür verstoßen würde, was der Fall sei, wenn der Inhalt einer Norm in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewandt würde. Das sei hier bei Anwendung des § 193 SGG durch das Sozialgericht der Fall gewesen.

Richtig sei, dass im vorliegenden Fall der Hauptsacheerledigung das Sozialgericht nach billigen Ermessen aufgrund allgemeiner Grundsätze über die Kosten zu entscheiden gehabt habe. Grundlage sei der Sach- und Streitstand zum Zeitpunkt der Erledigung (Rechtsgedanke der § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO, § 154 Abs. 1, 2 und 4 VwGO, § 155 Abs. 1 und 2 VwGO). Würde die Untätigkeitsklage vor Ablauf der gesetzlichen Wartefrist erhoben und erginge der Bescheid noch innerhalb der Frist., würde keine Kostenerstattung erfolgen, da die Klage unzulässig gewesen wäre.  Sei aber die Untätigkeitsklage zulässig und begründet käme grundsätzlich eine Kostenerstattung in Betracht, wenn die Behörde nicht innerhalb der gesetzlichen Wartefrist über den Antrag entschieden habe und kein zureichender Grund für die Verspätung vorläge (s. § 88 Abs. 1 S. 1 SGG). Vorliegend war die Wartefrist bei Erhebung der Klage abgelaufen gewesen, der Bescheid erst danach erlassen worden und ein zureichender Grund für die Verzögerung nicht ersichtlich.

Allerdings könne auch bei einer zulässigen und begründeten Untätigkeitsklage das Gericht in Ausübung nach dem ihm in § 193 SGG eingeräumten Ermessen eine Kostenerstattung ablehnen. Dieses Ermessen habe aber das Sozialgericht in nicht mehr nachvollziehbarer Weise gehandhabt. Der Gedanke, der Leistungsempfänger habe (jedenfalls bei anwaltlicher Vertretung) vor Erhebung der Untätigkeitsklage die Behörde noch einmal zu mahnen und die Untätigkeitsklage anzudrohen, könne nicht nachvollziehbar aus dem geltenden Recht abgeleitet werden. Ohne Anlass bestünde vor der Erhebung der Untätigkeitsklage keine generelle Notwendigkeit, den Sachstand zu erfragen; diese Pflicht könne nur unter besonderen Umständen des Einzelfalls bestehen. Solche besonderen Umstände seien vom Sozialgericht nicht benannt worden, die eine Mutwilligkeit der Klageerhebung begründen könnten.

Weder aus dem Wortlaut des § 88 SGG noch aus dem Wortlaut des § 193 SGG ergäbe sich eine generelle Pflicht zu Sachstandsanfrage vor Erhebung der Untätigkeitsklage oder eine Pflicht, eine solche anzukündigen. Es seien auch keine systematischen oder entstehungsgeschichtlichen Anhaltspunkte dafür ersichtlich. Die Ausnutzung einer nach Ablauf der Wartefrist gegebenen formalen Rechtsposition verstoße grundsätzlich nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Gesetzgeber habe durch die Wartefrist von drei bzw. sechs Monaten selbst geregelt, wie lange der betroffene zuwarten müsse. So wie sich die Bürger/innen die Versäumung einer Frist selbst strikt entgegen halten müssen, dürfe auch der Staat grundsätzlich nicht darauf vertrauen, auf den Ablauf einer gesetzlichen Frist erneut hingewiesen zu werden. Zudem könnten Bürger/innen dem Staat keine Fristen setzen, die das Gesetz nicht vorsehe. Sie könnten auch nicht über Rechtsfolgen disponieren; diese ergäben sich aus dem Gesetz. Die Kostenpflicht einer Untätigkeitsklage nach Ablauf der Wartefrist sei eine prozessrechtlich vorgesehene Konsequenz und die Herbeiführung derselben grundsätzlich nicht treuwidrig.

Aus einem Gebot der Rücksichtnahme könne sich zwar unter besonderen Umständen die Pflicht zur Erinnerung der Behörde an den Fristablauf ergeben, doch ergäbe sich daraus keine allgemeine Nachfragepflicht. Es läge auch fern davon auszugehen (wie es das Sozialgericht tat), bei einem regelmäßigen Vorliegen der formalen Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage und bei Berücksichtigung deren Erfolgsaussichten mit der Folge der regelmäßigen Kostenhaft der Beklagten in der Erhebung der Klage (ohne Nachfrage oder Hinweis) einen evidenten Widerspruch zum Grundsatz des fairen Verfahrens aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG zu sehen. Den Bürger/n/innen dürfe die Kostenerstattung nicht mit der Begründung verweigert werden, dass ihre Klage gegen ein rechtswidriges Verhalten des Staates offensichtlich zulässig und begründet sei.

Das Sozialgericht habe auch keine besonderen Umstände aufgezeigt, die hier im Einzelfall die Erhebung er Klage als missbräuchlich erscheinen ließen, indem nach Ablauf der Frist des § 88 Abs. 1 S. 1 SGB ohne Nachfrage oder Nachfristsetzung Untätigkeitsklage erhoben worden sei. Es habe angemerkt, das Verhaltend er Beschwerdeführerin sei „nichts anderes als die Ausnutzung einer formal bestehenden Rechtsposition“ zur „Erzielung eines anders nicht erreichbaren Gebührenvorteils“. Zwar könne es Konstellationen geben, bei den eine Fristsäumnis der Behörde treuwidrig zur Erhebung einer Untätigkeitsklage ausgenutzt würde, auch um Kostenvorteile zu erlangen. Das könne sich aus dem konkreten Geschehen vor Klageerhebung ergeben. Aus der (hier vorliegenden) anwaltlichen Vertretung alleine könne eine derartige Mutwilligkeit aber nicht gefolgert werde.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 08.02.2023 - 1 BvR 311/22 -

Sonntag, 4. Oktober 2020

Wann liegt eine ein Notwegerecht hindernde Willkür vor, §§ 917, 918 BGB ?

 

Der Kläger bebaute ein Grundstück, welches keinen eigenen Anschluss an einen öffentlichen Weg hatte. Sein Notwegerecht wurde vom Landgericht abgelehnt, da das Verlangen willkürlich sei. Dem folgte das OLG nicht.

Das Notwegerecht ergibt sich aus § 917 BGB:

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

Die Voraussetzungen lagen hier vor, da eine Verbindung zwischen dem im Streitbefindlichen Grundstück des Klägers und einem öffentlichen Weg fehlte. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (so Urteil vom 24.04.2015 - V ZR 138/14 -), so das OLG, müsse der Hauseingangsbereich dabei zwar mit einem Kraftfahrzeug nicht selbst erreicht werden; ausreichend sei vielmehr, wenn dieses unmittelbar an das Wohngrundstück heranfahren könne und von dieser Stelle aus der Eingangsbereich in zumutbarer Weise (auch mit sperrigen Gegenständen) erreicht werden könne.

Der Kläger könne auch nicht auf eine anders verlaufende Zuwegung verwiesen werden. Aus dem Gesetz selbst ergebe sich nicht, welche Kriterien für die Wahl des Notwegeberechtigten maßgebend seien, wenn eine Mehrzahl denkbarer Möglichkeiten bestünde. Allerdings sei der Berechtigte verpflichtet die Verbindung zu wählen, die nach den örtlichen Gegebenheiten naturgemäß in Betracht käme, wobei er keinen Anspruch darauf habe, dass dabei stets der für ich kürzeste Weg maßgebend wäre. Daher käme es bei mehreren Möglichkeiten zu einer Abwägung der Interessen an der geringsten Belastung durch den Notweg einerseits und denjenigen an der größten Effektivität des Notweges andererseits. Vorliegend sah das OLG den vom Kläger vorgesehenen Notweg als alternativlos an, da die benannte Alternative nicht Möglichkeit verschaffe, mit dem Fahrzeug direkt an das Grundstück heranzufahren. Zudem handele es sich nach den örtlichen Gegebenheiten um den naturgemäß in Betracht kommenden Weg, da dort bereits ein ausgebauter Privatweg vorhanden sei.

Der Duldungsanspruch nach § 917 BGB sei auch nicht nach § 918 BGB

(1) Die Verpflichtung zur Duldung des Notwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird.

(2) Wird infolge der Veräußerung eines Teils des Grundstücks der veräußerte oder der zurückbehaltene Teil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege abgeschnitten, so hat der Eigentümer desjenigen Teils, über welchen die Verbindung bisher stattgefunden hat, den Notweg zu dulden. Der Veräußerung eines Teils steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigentümer gehörenden Grundstücken gleich.

ausgeschlossen. Ein Ausschluss wäre bei einer willkürlichen Handlung des Berechtigten gegeben, § 918 Abs. 1 BGB. Es könne von daher kein Anspruch geltend gemacht werden, wenn der Berechtigte den maßgeblichen Zustand durch Maßnahmen an seinem Grundstück erst herbeigeführt habe (BGH, Urteil vom 05.05.2006 - V ZR 139/05 -; vgl. auch § 118 Abs. 2 BGB). Willkür erfordere eine freiwillige Handlung, mit der eine bestehende Verbindungsmöglichkeit aufgegeben würde und die einer ordnungsgemäßen Grundstücksbenutzung unter Beachtung der Rücksichtnahme den Interessen des Nachbarn widerspreche. Dies wäre z.B. auch der Fall, wenn er bei einer Bebauung seines Grundstücks nicht darauf achte, dass die Verbindung sämtlicher Teile des Grundstücks zu dem öffentlichen Weg erhalten bleibe.

Der Umstand, dass der Kläger hier seine Grundstücke südlich des streitbefangenen Grundstücks, die eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg hatten, bebaute und von daher eine Anbindung nicht mehr möglich sei, sei keine Willkür iSv. § 918 Abs. 1 BGB. Das OLG stellt dabei darauf ab, dass es sich jeweils um verschiedene Grundstücke gehandelt habe und entscheidend sei, dass das fragliche Grundstück nie eine direkte Anbindung gehabt habe. Die bestimmungsgemäße Bebauung des fraglichen Grundstücks habe daher keine direkte Verbindung zu einem öffentlichen Weg unterbrochen oder erschwert. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, seine südlichen Grundstücke so einschränkend zu bebauen, dass über diese ein Weg zu dem streitbefangenen Grundstück verlaufen könne. Der Umstand, dass er Eigentümer mehrerer zusammenhängender Grundstücke sei, könne ihn im Rahmen der wirtschaftlichen Nutzung nicht schlechter stellen als einen etwaigen unbeteiligten Dritteigentümer dieser Grundstücke, jedenfalls dann nicht, wenn, wie hier, bereits ein Privatweg vorhanden sei, der von Dritten rechtmäßig genutzt würde.

OLG Rostock, Urteil vom 11.06.2020 - 3 U 24/19 -

Dienstag, 9. Juni 2020

Zur Beschwerdefähigkeit der (vorläufigen) Streitwertfestsetzung

Bildunterschrift hinzufügen

Die Antragstellerin bezifferte den Gegenstandswert des von ihr eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahrens mit € 28.713,00 (wobei sei bereits einen Abschlag von 2/3 im Hinblick auf die Verfahrensart vorgenommen haben will). Das Landgericht setzte den Gegenstandswert auf vorläufig € 5.000,00 fest und wies die Antragstellerin sodann auf Bedenken zur sachlichen Zuständigkeit (bis € 5.000,00 ist das Amtsgericht sachlich zuständig, § 23 Nr. 1 ZPO) hin. Gegen die Streitwertfestsetzung legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein.

Unzulässig, so die Ansicht des OLG, dem nach nicht erfolgter Abhilfe durch das Landgericht der Vorgang zur Entscheidung vorgelegt wurde.  

Grundsätzlich ist eine Beschwerdegegen eine lediglich vorläufige Streitwertfestsetzung nur zulässig, wenn diese die Zahlungen weiterer Kosten für die Tätigkeit des Gerichts bedinge, §§ 63 Abs. 1 S. 2m 67 Abs. 1 S. 1 GKG. Hier aber würde für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht einmal eine Vorschussverpflichtung bestehen. Auch Anwälte könnte aus eigenem Recht gegen die vorläufige Wertfestsetzung kein Rechtsmittel einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.

Auch wenn die vorläufige Streitwertfestsetzung (wie hier) der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit diene, sei ein Rechtsmittel unzulässig. Dies folge bereits aus § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO, wonach der Beschluss zur Zuständigkeit unanfechtbar sei und mittels einer entsprechenden Beschwerde § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO letztlich umgangen würde. Die in § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO benannte Bindungswirkung für das danach dann zuständige Ger9icht könne allenfalls bei Willkür entfallen.

Auch die in § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG vorgesehene Änderungsmöglichkeit für das Rechtmittelgericht für den Fall, dass der Rechtsstreit in der Rechtsmittelinstanz anhängig ist, begründe nicht die Zulässigkeit, da diese Regelung ansonsten eine unzulässige Umgehung der Rechtsmittelbeschränkung des § 68 Abs. 1 S. 1 GKG darstellen würde.

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 02.06.2020 - 1 W 16/20 -

Montag, 21. September 2015

Grundstücksrecht: Anspruch auf ein selbst verschuldetes Notwegerecht ?

Nach § 917 BGB kann eine Notwegerecht beanspruchen, wenn dem Anspruchsteller-Grundstück eine notwendige Verbindung u einem öffentlichen Weg fehlt. Da Notwegerecht belastet das beanspruchte Grundstück. Das Recht kann nach § 918 BGB nicht geltend gemacht werden, wenn eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg durch eine „willkürliche Handlung“ des Eigentümers aufgehoben wird.

Weg, eingerahmt von Mauer und Büschen
Bild: pixbay
Der Beklagte beantragte eine Baugenehmigung für sein nicht an einer öffentlichen Straße belegenen Grundstücks,  für welches es aber eine rechtliche gesicherte (wenn auch noch nicht gebaute) Zufahrt gab. Darüber hinaus wurde in der Vergangenheit eine Zufahrt über ein anderweitiges Grundstückes (des Klägers) genutzt. Der Kläger will allerdings die Nutzung seines Grundstücks zukünftig nicht mehr dulden und der Beklagte will die vorgesehene „offizielle“ Zufahrt wegen des damit verbundenen (finanziellen Aufwandes nicht ausbauen, sondern die bisherige Zuwegung über das Grundstück des Klägers „aus Gewohnheitsrecht“ weiternutzen bzw. ein Notwegerecht daran.

Der BGH hat, entgegen der Vorinstanz, ein Notwegerecht des Beklagten angenommen und daraus abgeleitet, dass der Kläger die Nutzung des Privatweges nach § 1004 BGB zu dulden hat.

Das Notwegerecht bestünde, so der BGH, da zu einer ordnungsgemäßen Nutzung eines Wohngrundstücks (wie hier) die Erreichbarkeit mit einem Kraftfahrzeug gehöre, wobei ausreichend sei,, wenn mit dem Fahrzeug die Grundstücksgrenze erreicht würde. Dies wäre nur über den Weg auf dem Grundstück des Klägers möglich.

Vom Kläger wurde darauf hingewiesen, dass der Beklagte eine alternative Zufahrt im Rahmen seines Bauantrages benannt habe, die möglich wäre (und auch rechtlich gesichert sei). Da rauf kommt es aber nach Auffassung des BGH nur an, wenn zum einen die anderweitige Wegführung technisch möglich ist, zum anderen mit zumutbaren finanziellen Aufwand durchführ bar ist, was beides vom Beklagten bestritten wurde. Der Umstand alleine, dass diese anderweitige Erschließung der Baugenehmigung zugrunde lag, reicht nicht aus; dies führt nicht dazu, einen Fall des § 918 Abs. 1 BGB anzunehmen. Der BGH stellt hier darauf ab, dass nach § 918 BGB Voraussetzung die willkürliche Aufhebung einer bisherigen Verbindung wäre. Das Grundstück des Beklagten habe auch vor seiner Bebauung keine Anbindung an eine öffentliche Straße gehabt;  die Änderung der Nutzungsart selbst wäre im übrigen nicht als willkürlich anzusehen, wenn (wie hier) wenn die Nutzung selbst als ordnungsgemäße Nutzung nach § 917 BGB anzusehen ist. Mithin: Der Umstand, dass hier die Baugenehmigung, folgt man den Ausführungen des Beklagten, rechtswidrig deshalb erlangt wurde, da die Zuwegung zur öffentliche  Straße (technisch) nicht gesichert war,  führt nicht zur Versagung des Notwegerechts nach § 918 BGB.


BGH, Urteil vom 24.04.2015 – V ZR 138/14 -