Dienstag, 9. Juni 2020

Zur Beschwerdefähigkeit der (vorläufigen) Streitwertfestsetzung

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Die Antragstellerin bezifferte den Gegenstandswert des von ihr eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahrens mit € 28.713,00 (wobei sei bereits einen Abschlag von 2/3 im Hinblick auf die Verfahrensart vorgenommen haben will). Das Landgericht setzte den Gegenstandswert auf vorläufig € 5.000,00 fest und wies die Antragstellerin sodann auf Bedenken zur sachlichen Zuständigkeit (bis € 5.000,00 ist das Amtsgericht sachlich zuständig, § 23 Nr. 1 ZPO) hin. Gegen die Streitwertfestsetzung legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein.

Unzulässig, so die Ansicht des OLG, dem nach nicht erfolgter Abhilfe durch das Landgericht der Vorgang zur Entscheidung vorgelegt wurde.  

Grundsätzlich ist eine Beschwerdegegen eine lediglich vorläufige Streitwertfestsetzung nur zulässig, wenn diese die Zahlungen weiterer Kosten für die Tätigkeit des Gerichts bedinge, §§ 63 Abs. 1 S. 2m 67 Abs. 1 S. 1 GKG. Hier aber würde für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht einmal eine Vorschussverpflichtung bestehen. Auch Anwälte könnte aus eigenem Recht gegen die vorläufige Wertfestsetzung kein Rechtsmittel einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.

Auch wenn die vorläufige Streitwertfestsetzung (wie hier) der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit diene, sei ein Rechtsmittel unzulässig. Dies folge bereits aus § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO, wonach der Beschluss zur Zuständigkeit unanfechtbar sei und mittels einer entsprechenden Beschwerde § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO letztlich umgangen würde. Die in § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO benannte Bindungswirkung für das danach dann zuständige Ger9icht könne allenfalls bei Willkür entfallen.

Auch die in § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG vorgesehene Änderungsmöglichkeit für das Rechtmittelgericht für den Fall, dass der Rechtsstreit in der Rechtsmittelinstanz anhängig ist, begründe nicht die Zulässigkeit, da diese Regelung ansonsten eine unzulässige Umgehung der Rechtsmittelbeschränkung des § 68 Abs. 1 S. 1 GKG darstellen würde.

Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 02.06.2020 - 1 W 16/20 -

Aus den Gründen:


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 7. Mai 2020 wird als unzulässig verworfen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.
Die Antragstellerin beantragt bei dem Landgericht Potsdam den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der sie die Untersagung verschiedener Äußerungen sowie des Anfertigens von Fotografien durch die Antragsgegner begehrt. Angesichts ihr drohender beruflicher Schäden beziffert die Antragstellerin den Gegenstandswert des einstweiligen Verfügungsverfahrens unter Berücksichtigung eines Abschlags von zwei Dritteln auf 28.713,00 €.
Mit Beschluss vom 7. Mai 2020 hat das Landgericht Potsdam den Gegenstandswert vorläufig auf einen Betrag bis zu 5.000,00 € festgesetzt und die Antragstellerin sodann auf Bedenken gegen seine sachliche Zuständigkeit hingewiesen. Gegen diese Streitwertfestsetzung richtet sich die mit Schriftsatz vom 11. Mai 2020 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, der das Landgericht Potsdam mit Beschluss vom 13. Mai 2020 nicht abgeholfen hat.
II.
Die Streitwertbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerde gegen eine vorläufige Streitwertfestsetzung ist gemäß §§ 63 Abs. 1 Satz 2, 67 Abs. 1 Satz 1 GKG nur zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung zugleich beinhaltet, dass die Tätigkeit des Gerichts von der vorherigen Zahlung weiterer, nach dem vorläufig festgesetzten Streitwert berechneter Kosten abhängig gemacht wird; anderenfalls ist die Partei durch die nur vorläufige Streitwertfestsetzung nicht beschwert (OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. April 2019, Az.: 6 W 21/19, juris Rn. 3; OLG Köln, Beschluss vom 28. Juni 2016, Az.: 10 WF 38/16; juris Rn. 5, 6; OLG Rostock, Beschluss vom 11. Oktober 2010, Az.: 3 W 170/10, juris Rn. 7). Dies ist hier jedoch nicht der Fall, zumal die Vorschusspflicht des § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG Anträge auf Erlass einstweiliger Verfügungen nicht erfasst (Binz-Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage, § 12 GKG Rn. 3). Auch Rechtsanwälten steht aus eigenem Recht keine Beschwerde gegen eine nur vorläufige Streitwertfestsetzung zu; § 32 Abs. 2 RVG bezieht sich ebenfalls nur auf die endgültige Festsetzung des Gebührenstreitwerts (Mayer/Kroiß/Kießling, RVG, 7. Auflage, § 32 Rn. 38; Binz.Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage, § 63 GKG Rn. 2).
Dies gilt insbesondere auch in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die vorläufige Streitwertfestsetzung zur Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit erfolgt (OLGR Düsseldorf 2008, 686). Auch in diesen Fällen folgt ein rechtliches Interesse des Antragstellers nicht aus einer zu erwartenden Verweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht, zumal dies eine Umgehung der Regelung des § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO zur Folge hätte (OLG Köln, NJOZ 2020, 317 Rn. 21). Ein willkürlich zu niedrig angesetzter Streitwert kann allerdings der Bindungswirkung einer Verweisung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO entgegenstehen (OLG Köln, a.a.O.; OLG München, NZM 2017, 93, 94; OLG Hamm, MDR 2012, 1367; Zöller/Greger, ZPO, 33. Auflage, § 281 Rn. 17).
Eine Abänderungsmöglichkeit der erfolgten Streitwertfestsetzung ist schließlich auch nicht durch § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG eröffnet. Eine Änderungsmöglichkeit für das Rechtsmittelgericht von Amts wegen im Falle einer unzulässigen Beschwerde würde die Rechtsmittelbeschränkungen des § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG umgehen (OLG NJOZ 2020, 317 Rn. 31; OVG Hamburg, NVwZ-RR 2010, 501, 502; OLG München, Beschluss vom 26. November 1982, Az.: 25 W 2062/82; Binz.Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage, § 63 GKG Rn. 10; BeckOK Kostenrecht/Laube, 29. Ed., § 68 GKG Rn. 158).
Die Kostenentscheidung folgt der Regelung des § 68 Abs. 3 GKG. Die insoweit vertretene Auffassung, nach der diese Vorschrift auf eindeutig unstatthafte Beschwerden keine Anwendung findet, sondern in analoger Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO eine Kostenentscheidung zu treffen ist (OLG Köln, NJOZ 2020, 317 Rn. 22; OLG Koblenz, NJW-RR 2000, 1239; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 9. Dezember 2010, Az.: 4 W 287/10, juris Rn, 3), teilt der Senat nicht (vgl. auch OLG Frankfurt, NJW-RR 2012, 1022; Binz.Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage, § 68 GKG Rn. 26; BeckOK Kostenrecht/Laube, 29. Ed., § 68 GKG Rn. 158).



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