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Donnerstag, 27. Juni 2019

WEG: Berechnung der Frist für Anfechtungsklage, § 46 Abs. 1 S. 2 WEG


Auf der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 16.06.2016 wurden mehrere Beschlüsse gefasst, von denen der Kläger einige mit seiner am 13.07.2016 bei dem zuständigen Amtsgericht (AG) eingegangenen Klage angefochten hatte. Mit Schreiben der Geschäftsstelle des AG vom 15.07.2016 wurde ein Kostenvorschuss angefordert (§ 12 Abs. 1 GKG), den der Kläger eingehend bei der Justizkasse am 09.08.2016 zahlte. Die Klage wurde sodann dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft am 17.08.2016 zugestellt. Das Amtsgericht wies die Klage wegen Versäumung der Klagefrist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG zurück. Die Berufung des Klägers vor dem Landgericht war nicht erfolgreich. Auf seine (vom Berufungsgericht zugelassene) Revision hob der BGH das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Rechtsstreit zurück.

Nach § 46 Abs. 1 S. 2 WEG muss die Beschlussanfechtungsklage „innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden.“

Vorliegend wurde die Monatsfrist für die Zustellung der Klage (das wäre der 16.07.2016 gewesen) nicht gewahrt. Allerdings greift vorliegend nach Auffassung des BGH § 167 ZPO, wonach die spätere Zustellung auf den Tag der Einreichung der Klage (13.07.2016) zurück wirke, an dem die vorliegend die Anfechtungsfrist noch nicht abgelaufen sei. § 167 ZPO lautet:

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Entscheidend ist dabei das Merkmal „demnächst“, welches erfüllt sei, wenn die eine der Partei zuzurechnende Verzögerung noch in einem hinnehmbaren Rahmen halte. Im Hinblick auf die notwendige Vorschusszahlung nach § 12 Abs. 1 GKG seien sich der 5. und 7. Zivilsenat des BGH darin einig, dass dies dann der Fall sei, wenn eine Frist von 2 Wochen eingehalten würde, die allerdings nicht auf die Zeitspanne zwischen Rechnungseingang und Zahlung abstelle, sondern darauf, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert habe. Damit soll eine Überforderung des Klägers ausgeschlossen werden. Dies hätte zur Folge:

Geht man zugunsten des Klägers von einem Zugang der Gerichtskostenrechnung am 20.07.2016 und den Eingang der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse am 09.08.2016 aus, würde der Annahme einer Zustellung „demnächst“ nichts im Wege stehen, da die Verfahrensverzögerung von mehr als 14 Tagen dem Kläger nicht vorgeworfen werden könnte. Ein Tätigwerden am Tag des Eingangs der Zahlungsaufforderung sei nämlich nicht erforderlich. Zu berücksichtigen sei auch die Zeitspanne, die die Partei für gewöhnlich benötige, um sich die finanziellen Mittel zu beschaffen und Zahlung zu veranlassen; hierzu sei der Partei eine Erledigungsfrist von einer Woche (nach den Umständen evtl. verlängerbar, vgl. BGH, Urteil vom 29.09.2017 – V ZR 103/15 -) zuzugestehen. Die Frist wär damit bei dieser Berechnung vorliegend am 10.08.2016 abgelaufen gewesen; das Geld ging mit dem 09.08.2016 daher rechtzeitig ein.

Aber auch wenn man mit dem Landgericht von einem (nicht näher dargelegten und mehr fiktiven) Zugang der Gerichtskostenanforderung am 18.07.2016 ausgehen wollte, könnte dem Kläger eine Verzögerung von mehr als 14 Tagen bei der Zustellung nicht zugerechnet werden, weshalb sich der BGH mit dieser Fiktion des Landgerichts nicht weiter auseinandersetzen musste und auseinandersetzte. Zwar sei dann der Zeitraum für die Zahlungsfrist nach einer Woche und der weitere Zeitraum von 14 Tagen am 08.08.2016 abgelaufen gewesen und der Zahlungseingang am 09.08.2016 verspätet gewesen. Allerdings könne dem Kläger kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er ab Eingang der Klage bei Gericht bis zum Ablauf der Klagefrist gem. § 46 Abs. 1 S. 2 WEG untätig bliebe, da bei Einreichung der Klage vor Ablauf der zu wahrenden Zustellungsfrist, die Zustellung aber erst danach erfolge, seien bis zum Fristablauf auftretende Versäumnisse nicht in die maßgebliche 14-Tages-Frist einzurechnen: Da hier die Klagefrist erst am 18.07.2016 (Fristablauf am Samstag, 16.07.2016, deshalb nach § 222 Abs. 2 ZPO nachfolgender Werktag) ablief, käme es auf bis dahin eingetretene Versäumnisse nicht an. Eine relevante Verzögerung sei nach § 167 ZPO erst für die nachfolgende Zeit (ab 19.07.2016) bedeutsam, weshalb auch in diesem Fall die Zahlung am 09.08.2016 noch innerhalb der zulässigen Frist von zwei Wochen sowie einer weiteren Woche erfolgt sei.

BGH, Urteil vom 17.05.2019 - V ZR 34/18 -