Der Kläger war Arbeitnehmer der Fa. I und lieferte auf Weisung seines Arbeitsgebers eine Lkw-Ladung an die Beklagte zu 2. Sein Lkw wurde auf deren Betriebsgelände von dem Beklagten zu 1, einem Arbeitnehmer der Beklagten zu 2, ent- und anschließend mit Gitterboxen wieder beladen. Nach Beendigung dieser Arbeiten war der Kläger mir dem Verschließen seines Sattelauflegers beschäftigt. Währenddessen wurde vom Ladepersonal der Beklagten zu 2 ein weiterer Lkw zum Laden hereingeholt, der sich seitlich neben dem Lkw des Klägers befand. Als der Kläger am linken Ende des Auflegers einen Spiegel einsetzte, erfasste der Beklagte zu 1 mit einem Gabelstapler den Kläger mit dem Staplergehäuse am rechten Unterschenkel. Der Kläger zog sich u.a. eine Distorsion des rechten Kniegelenks zu. Er erhob vor dem Arbeitsgericht Würzburg Klage, die vom Arbeitsgericht als unbegründet abgewiesen wurde. Die Berufung wurde vom Landesarbeitsgericht (LAG) zurückgewiesen.
Das Arbeitsgericht hatte die Klageabweisung damit begründet, dass dem Anspruch des Klägers § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII entgegen stünde. Dem folgte das LAG.
Grundlegend: Nach § 104 SGB VII seien Unternehmer den Versicherten, die für ihr Unternehmen tätig seien, nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein versicherter Unfall verursachte, nur verpflichtet wenn Vorsatz vorläge oder sich der Unfall auf dem versicherten Weg (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 – 4 SGB VII) ereigne. Dies gelte auch gem. § 105 SGB VII für die Haftung im gleichen Betrieb tätiger Versicherter. Die so normierte Haftungsfreistellung gelte auch für die Ersatzpflicht der für die beteiligten Unternehmen tätigen untereinander, wenn Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichten würden.
Der Terminus der „gemeinsamen Betriebsstätte“ erfasse betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen würden, miteinander verknüpft seien, sich ergänzen oder unterstützen würden, wobei die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgen könne. Es sei aber ein bewusstes Miteinander im Betriebsablauf erforderlich, also ein sich tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstelle (BGH, Urteil vom 20.01.2008 – VI ZR 152/11 -). Das bloße Zusammentreffen von Risikosphären mehrerer Unternehmen erfülle den Tatbestand noch nicht, auch nicht parallele Tätigkeiten oder ein beziehungsloses Nebeneinander. Es sei eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten in der konkreten Unfallsituation erforderlich, die die Bewertung der gemeinsamen „Betriebsstätte“ rechtfertige.
Im Einzelfall sei es als notwendige Arbeitsverknüpfung möglich, dass Beschäftigte verschiedener Unternehmen sich nicht sachlich ergänzende oder unterstützende Maßnahmen verrichten, wegen einer räumlichen Nähe aber eine Verständigung über den Arbeitsablauf erforderlich sei und hierzu konkrete Absprachen getroffen würden (BGH, Urteil vom 22.01.2008 aaO.).
Die für eine „gemeinsame Betriebsstätte“ typische Gefahr habe sich hier durch ein ablaufbedingtes „in die Quere kommen“ bei den versicherten Tätigkeiten realisiert. Es habe zum Unfallzeitpunkt ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrere Unternehmen vorgelegen, da eine Verständigung zum Arbeitsablauf und konkrete Ansprachen (ggf. stillschweigend) notwendig gewesen seien. Zur gemeinsamen Betriebsstätte habe nicht nur der Lkw des Klägers gehört, sondern auch der nähere Bereich der Abladestelle die im Hinblick auf die räumliche Nähe eine Verständigung über den Arbeitsablauf erfordere. Erst ,mit dem Verlassen des Klägers aus dem Gefahrenbereich der Abladestelle könne von einem Verlassen der gemeinsamen Betriebsstätte gesprochen werden. Es habe hier auch nicht ein rein zufälliges Zusammentreffen von Kläger und dem Beklagten zu 1 vorgelegen, da für die Beendigung des Transportauftrages nicht nur die Entladung des Fahrzeugs, sondern auch dessen Entfernen aus dem Gefahrenbereich erforderlich gewesen sei.
Dem Beklagten zu 2 käme zwar nicht das Privileg nach § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII als Unternehmer zu, doch würde eine Haftung von ihm nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldausgleichs entfallen, § 840 Abs. 2 BGB.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist
anhängig bei dem BAG zu 8 AZN 786/24.
Landesarbeitsgericht
Nürnberg, Urteil vom 10. Oktober 2024 - 5 SLa 26/24 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das
Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Schweinfurt – vom 08.08.2023,
Az.: 9 Ca 1088/22, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitgegenständlich
sind Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung eines
Schmerzensgeldes sowie Schadensersatz sowie auf Feststellung der Verpflichtung
der Beklagten zum Ersatz weiterer materieller und immaterieller Schäden.
Der Kläger war
Arbeitnehmer der Firma I. Auf Weisung seines Arbeitgebers lieferte der Kläger
am 21.08.2019 eine Lkw-Ladung an die Beklagte zu 2. Er wurde auf dem
Betriebsgelände der Beklagten zu 2 vom Beklagten zu 1, der Arbeitnehmer der
Beklagten zu 2 ist, ent- und anschließend mit Gitterboxen wieder beladen. Der
Ent- und Beladevorgang war bereits vollständig beendet. Der Kläger war damit
beschäftigt, seinen Sattelaufleger wieder abfahrbereit zu verschließen. Während
dieser Arbeiten wurde von Seiten des Ladepersonals bereits ein weiterer Lkw zum
Laden hereingeholt, der sich in einem seitlichen Abstand von 1,5 bis 2 Metern
(so der Kläger) oder mindestens 3 bis 4 Meter (so die Beklagten) neben dem Lkw
des Klägers befunden hat. Als der Kläger am linken Ende seines Aufliegers einen
Spriegel einsetzte, kam es zu einem Unfall. Der vom Beklagten zu 1 gesteuerte
Gabelstapler hat den Kläger mit dem Staplergehäuse am rechten Unterschenkel
erfasst und der Kläger erlitt eine 13 cm lange Riss- und Platzwunde unterhalb
der Knöchelinnenseite und eine 3 mal 8 cm große Schürfwunde außenseitig sowie
eine Distorsion des rechten Kniegelenks mit Teilruptur der Kollateralbänder.
Des Weiteren erlitt der Kläger eine schwere Läsion des Nervus Peroneus rechts
in Höhe des Sprunggelenks, die wiederum eine Fußheberparese, aber auch eine
latente Fußsenkerparese verursacht hat. Der Ablauf des Unfallhergangs ist
zwischen den Parteien streitig.
Mit Schriftsatz
vom 30.12.2022 hat der Kläger Klage zum Arbeitsgericht Würzburg – Kammer
Schweinfurt – erhoben. Hinsichtlich des streitigen Sachvortrags der beiden
Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand
der angegriffenen arbeitsgerichtlichen Entscheidung verwiesen.
Das
Arbeitsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass es
sich bei dem Unfall vom 21.08.2019 um einen Versicherungsfall im Sinne des
§ 105 SGB VII gehandelt habe. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts greifen die
Haftungsbeschränkungen des § 104 und 105 SGB VII gemäß § 106
Abs. 3 SGB VII, da Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend eine
betriebliche Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichtet hätten.
Die gleichzeitige Ausführung der betreffenden Arbeiten beim Ent- und Beladen
hätten wegen der räumlichen Nähe eine Verständigung über den Arbeitsablauf
erfordert, da diese Tätigkeiten nur bei Einhaltung von besonderen
beiderseitigen Vorsichtsmaßnahmen möglich sei und entsprechende Absprachen
erforderlich gemacht hätten, wobei es ausreiche, dass die gegenseitige
Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt sei. Im Falle der
Beladung eines Lkw durch einen „fremden“ Gabelstapler werde von der
Rechtsprechung das Vorliegen einer gemeinsamen Betriebsstätte bejaht. Auch zum
Zeitpunkt des Unfalls hätte noch die typische Gefahr bestanden, dass sich die
Beteiligten ablaufbedingt in die Quere kommen würden. Der Beladevorgang sei
noch nicht vollständig beendet gewesen, da der Kläger noch damit beschäftigt
gewesen sei, seinen Sattelauflieger am linken hinteren Ende abfahrbereit zu
verschließen. Auch wenn der Kläger nicht ohne Weiteres hätte damit rechnen
müssen, dass der Beklagte zu 1 noch einmal diesen Bereich befahren würde,
nachdem der eigentliche Beladevorgang abgeschlossen gewesen sei, wäre es nicht
unbedingt ferngelegen, dass der Beklagte zu 1 mit dem Gabelstapler nochmal
einmal in die Nähe des Klägers kommen würde und es sich insoweit eine der
typischen Gefahren verwirklicht hätte. Eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens
werde auch durch den Kläger nicht behauptet. Aufgrund der
Haftungsprivilegierung sei daher die Klage abzuweisen.
Das Urteil des
Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Schweinfurt – vom 08.08.2023 ist dem Kläger
am 08.01.2024 zugestellt worden. Die Berufungsschrift des Klägers ging beim
Landesarbeitsgericht Nürnberg am 08.02.2024 ein. Die
Berufungsbegründungsschrift ging beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am
08.04.2024 innerhalb der bis zu diesem Zeitpunkt verlängerten
Berufungsbegründungsfrist ein.
Unter
Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags ist der Kläger der Auffassung,
dass eine Haftungsprivilegierung nach § 6 Abs. 3 SGB VII nicht
vorliege. Eine gemeinsame Betriebsstätte hätte im Zeitpunkt des Unfallhergangs
nicht mehr bestanden, da der Beladevorgang beendet gewesen sei. Zu diesem
Zeitpunkt sei man nicht mehr auf den anderen angewiesen, sondern nur noch
parallel nebeneinander her tätig. Soweit man sich bei diesen Tätigkeiten dann
doch nochmal berühren bzw. in die Quere kommen sollte, sei dies jedoch nur noch
rein zufällig und nicht aus einem geplanten Ablauf heraus. Das Verschließen des
Aufliegers sei durch den Kläger alleine geschehen und hätte auch keines Zutuns
durch den Beklagten zu 1 bedurft. Ein enges Zusammenwirken der Beteiligten
hätte in diesem Zeitpunkt nicht mehr stattgefunden.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren
folgende Anträge gestellt:
Das Endurteil des Arbeitsgerichts
Würzburg - Kammer Schweinfurt - vom 08.08.2023 zum Aktenzeichen: 9 Ca 1088/22
wird wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagten werden verurteilt, an
den Kläger gesamtschuldnerisch ein über den Betrag von durch den Beklagten zu
1.) bereits gezahlten 500,00 € hinausgehendes, in das Ermessen des Gerichtes
gestelltes Schmerzensgeld, das jedoch insgesamt 30.000,00 € nicht
unterschreiten sollte, nebst 5%-Punkten Zinsen ü.d.j. BZS hierauf ab
Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Die Beklagten werden verurteilt, an
den Kläger gesamtschuldnerisch 11.360,26 € nebst 5%-Punkten Zinsen ü.d.j. BZS
hierauf für den Beklagten zu 1.) ab Rechtshängigkeit und für die Beklagte zu
2.) auf einen Teilbetrag von 2.473,87 € ab 01.01.2020, auf einen Teilbetrag von
7.879,56 € ab 01.01. 2021 sowie auf einen Teilbetrag von 1.006,83 € ab
01.03.2021 zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger gesamtschuldnerisch alle weiteren, über die Beträge in Ziffer 1.-2. hinausgehenden, materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm in Zukunft aus dem am 21.08.2019 auf dem in D-Stadt, D-Straße gelegenen Betriebsgelände der Beklagten zu 2.) ereigneten Staplerunfall noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
4. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagten haben beantragt:
Die Berufung ist kostenpflichtig zurückzuweisen.
Der
Berufungsbeklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zutreffend sei das
Arbeitsgericht von einer Haftungsprivilegierung ausgegangen, da eine gemeinsame
Betriebsstätte im Sinne von § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII vorgelegen
habe. Entgegen der Auffassung des Klägers ende die gemeinsame Betriebsstätte
nicht mit der Beladung im engeren Sinn. Entscheidend sei vielmehr, dass beide
Unfallbeteiligte auf einem Gelände Tätigkeiten verüben würden, bei denen „die
typische Gefahr bestehe, dass sich die Beteiligten ablaufbedingt in die Quere
kommen würden“. Nicht erforderlich sei, dass die Beschäftigten verschiedene
Unternehmen unmittelbar eine gemeinsame Tätigkeit ausüben würden, sondern es
sei lediglich erforderlich, dass die Beschäftigten in nahem zeitlichen und
örtlichen Zusammenhang Tätigkeiten verrichten würden, die nur unter Einhaltung
beiderseitiger Vorsichtsmaßnahmen möglich seien.
Hinsichtlich
der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Parteien beim Arbeitsgericht und
Landesarbeitsgericht eingereichten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung
ist zulässig. Sie ist nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 64
Abs. 1, Abs. 2 Ziff. b ArbGG statthaft und gemäß §§ 66
Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO form- sowie
fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
In der Sache
hat die Berufung keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage in
vollem Umfang abgewiesen. Die Berufungskammer folgt gemäß § 69 Abs. 2
ArbGG den Gründen der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die
Berufungsbegründung des Klägers gibt noch zu folgenden Ergänzungen
Veranlassung:
1.
Entgegen der Rechtsansicht des Klägers hat das Arbeitsgericht zutreffend
angenommen, dass der sozialversicherungsrechtliche Haftungsausschluss gemäß
§ 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII eingreift und den klägerischen Ansprüchen
entgegensteht.
a) Nach
§ 104 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen
tätig sind, nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des
Personenschadens, den ein Versicherungsunfall verursacht hat, nur verpflichtet,
wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einen nach § 8
Abs. 2 Nr. 1 – 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Das gleiche
gilt gemäß § 105 SGB VII für die Haftung im gleichen Betrieb tätiger
Versicherter. Gemäß § 106 Abs. 3 SGB VII greift diese
Haftungsfreistellung auch für die Ersatzpflicht der für die beteiligten
Unternehmen tätigen untereinander, wenn Versicherte mehrerer Unternehmen
vorübergehend Tätigkeiten auf einer gemeinsamen Betriebsstätte verrichten.
b) Der
Begriff der „gemeinsamen Betriebsstätte“ erfasst betriebliche Aktivitäten von
Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen
Maßnahmen ineinandergreifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder
unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung
stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt. Erforderlich sei ein bewusstes
Miteinander im Betriebsablauf, das es sich zumindest tatsächlich als ein
aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen
darstellt. Die Tätigkeit der Mitwirkenden muss im faktischen Miteinander der
Beteiligten aufeinander bezogen, miteinander verknüpft oder auf gegenseitige
Ergänzung oder Unterstützung ausgerichtet sein (vgl. BGH vom 10.05.2011 - VI ZR
152/11 Rndr. 12, BGH vom 22.01.2008 – VI ZR 17/07 Rdnr. 14, BAG vom 12.02.2002
– 8 AZR 94/02 Rdnrn. 30 – 34). § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII ist jedoch
nicht schon dann anwendbar, wenn Versicherte zweier Unternehmen auf derselben
Betriebsstätte aufeinandertreffen.
Eine
„gemeinsame“ Betriebsstätte ist nach allgemeinen Verständnis mehr als
„dieselbe“ Betriebsstätte. Das bloße Zusammentreffen von Risikosphären mehrerer
Unternehmen erfüllt den Tatbestand noch nicht. Parallele Tätigkeiten, die sich
beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße
Arbeitsberührung.
Erforderlich
ist vielmehr eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in
der konkreten Unfallsituation, die eine Bewertung als „gemeinsame“
Betriebsstätte rechtfertigt. Die notwendige Arbeitsverknüpfung kann im
Einzelfall auch dann bestehen, wenn die von den Beschäftigten verschiedener
Unternehmen vorzunehmenden Maßnahmen sich nicht sachlich ergänzen oder
unterstützen, die gleichzeitige Ausführung der betreffenden Arbeiten wegen der
räumlichen Nähe aber eine Verständigung über den Arbeitsablauf erfordert und
hierzu konkrete Absprachen getroffen werden (vgl. BGH vom 22.01.2008 – VI ZR
17/07 Rdnr. 13).
2. Nach
diesen Maßstäben hat die für eine „gemeinsame Betriebsstätte“ typische Gefahr
bestanden, dass sich der Kläger und der Beklagte zu 1 bei den versicherten
Tätigkeiten ablaufbedingt in die Quere kommen. Im Unfallzeitpunkt lag ein
aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mit mehreren Unternehmen
vor, da eine Verständigung über den Arbeitsablauf erforderlich war und konkrete
Absprachen notwendig waren, die ggfs. auch stillschweigend zu treffen waren.
Entgegen der Ansicht der Klagepartei war die gemeinsame Betriebsstätte noch
nicht aufgelöst. Zu der gemeinsamen Betriebsstätte gehören nicht nur der Lkw
des Klägers an sich, sondern auch selbstverständlich die näheren Bereiche der
Abladestelle, die aufgrund der räumlichen Nähe eine Verständigung über den
Arbeitsablauf erfordern. Erst wenn sich der Kläger aus dem Gefahrenbereich der
Abladestelle wieder entfernt hat, kann von einem Verlassen der gemeinsamen
Betriebsstätte ausgegangen werden. Die erforderlichen Arbeiten um den Lkw aus
dem Gefahrenbereich der Abladestelle zu bewegen, bedingen selbstverständlich
eine Abstimmung der in diesem Bereich arbeitenden Personen. Von einem rein
zufälligen Aufeinandertreffen des Klägers und des Beklagten zu 1 kann nicht
ausgegangen werden. Zur Beendigung des Transportauftrages war nicht nur die
Entladung des Fahrzeugs notwendig, sondern auch das Entfernen aus dessen
Gefahrenbereichs.
3.
Entgegen der Auffassung des Klägers lag auch eine sogenannte
Gefahrengemeinschaft vor, welche die Rechtfertigung für den Haftungsausschluss
des § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII bildet.
Eine
Gefahrengemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass jeder, der in enger
Berührung miteinander Tätigen, sowohl zum Schädiger als auch zum Geschädigten
werden kann. Diese setzt nicht voraus, dass im konkreten Fall jeder der auf der
Betriebsstätte eingesetzten Arbeitnehmer in gleicher Weise verletzt werden
könnte. Es reicht die Möglichkeit aus, dass durch das enge Zusammenwirken
Verletzungen von der einen und der anderen Seite in gleicher Weise aufeinander
bezogen herbeigeführt werden können. Eine Gefahrengemeinschaft kann mithin auch
bestehen, wenn eine wechselseitige Gefährdung zwar eher fernliegt, aber nicht
völlig ausgeschlossen ist (vgl. BGH vom 22.01.2008 – VI ZR 17/07 Rdnr. 16).
Danach liegt im
Entscheidungsfall eine Gefahrengemeinschaft zwischen dem Kläger und dem
Beklagten zu 1 vor, die sich aufgrund der engen Verknüpfung der beiderseitigen
Tätigkeiten und der räumlichen Nähe gegenseitig schädigen konnten. Daran ändert
auch der Umstand nichts, dass der reine Beladungsvorgang beendet gewesen ist.
Alleine
entscheidend ist, dass sich der Kläger aufgrund der zuvor getätigten
gemeinsamen Tätigkeit noch im Gefahrenbereich befunden hat.
4. Auch
eine Haftung der Beklagten zu 2 scheidet aus. Nach dem Wortlaut des § 106
Abs. 3, 3. Fall SGB VII gilt der Haftungsausschluss zwar nur für bei den
beteiligten Unternehmen Beschäftigten untereinander und nicht auch die
Unternehmen selbst. Die Haftung scheitert indes jedenfalls nach den Grundsätzen
des gestörten Gesamtschuldausgleichs gemäß § 840 Abs. 2 BGB. Besteht
zugunsten eines Gesamtschuldners kraft Gesetzes eine Haftungsfreistellung
schlägt dies zu Lasten des Geschädigten auf die Haftung im Außenverhältnis
durch mit der Folge, dass ein Ersatzanspruch um den Haftungsanteil des
freigestellten Schädigers gekürzt wird. Da dies vom Kläger mit seiner Berufung
nicht angegriffen wird, sind weitere ins Einzelne Begründungen entbehrlich.
III.
Der Kläger hat
gemäß § 97 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, da sein
Rechtsmittel keinen Erfolg hatte. Ein gesetzlicher Grund im Sinne des § 72
Abs. 2 ArbGG für die Zulassung der Revision liegt nicht vor.
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