Die klagende Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) begehrte mit ihrer Klage die Verurteilung der von ihr mit Beschluss vom 05.11.2021 mit sofortiger Wirkung abberufenen Verwalterin (Beklagte) die Erstellung der Jahresabrechnung 2020. Auf Vorschlag des Gerichts einigten sich die Parteien, dass die Klägerin der Beklagten die Verwaltungsunterlagen zur Verfügung stellt und diese binnen 14 Tagen die Jahresabrechnung erstellt. Die zu beantwortenden Rechtsfragen waren die Grundlage für die vom Gericht sodann zu treffende Kostenentscheidung.
Nach einem Urteil des AG Kassel vom 11.11.2021 - 800 C 850//21 -, auf welches die Beklagte abstellte, soll der abberufene Verwalter für die Erstellung der Jahresabrechnung nicht zuständig sein. Es begründete dies mit der Änderung des WEG zum 01.12.2020durch das WEMoG, wonach die Erstellung der Jahresabrechnung Aufgabe der GdWE selbst sei und der Verwalter infolge der gesetzlichen Neufassung nur noch Organ der GdWE zur Umsetzung sei. Damit sei der jeweilige aktuelle Verwalter handlungsverpflichtet (§ 28 Abs. 2 WEG) und die frühere Rechtsprechung des BGH nicht mehr anwendbar.
Dem folgte das AG Wiesbaden nicht. Nach seiner Auffassung bliebe der der abgewählte Verwalter weiterhin verpflichtet und könne von daher auch verklagt werden. Es kondiziert, dass nach der Gesetzesänderung die GdWE für die Erstellung der Jahresabrechnung zuständig sei und der Verwalter nur ihr Organ. Allerdings würde die Beendigung der Organstellung nicht die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung tangieren. Zu berücksichtigen sei hier der Verwaltervertrag zwischen der GdWE und dem Verwalter als deren Organ. Mit seinem Urteil vom 16.02.2018 - V ZR 89/17 - habe der BGH in der Erstellung der Jahresabrechnung eine fortwirkende nachvertragliche Verpflichtung des ausgeschiedenen Verwalters gesehen, wenn der Anspruch zur Erstellung in der Amtszeit des Verwalters entstanden sei. Der Leitsatz der Entscheidung des BGH lautet:
Die Pflicht
zur Erstellung der Jahresabrechnung gemäß § 28 Abs. 3 WEG trifft den Verwalter,
der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber ist.
Scheidet der Verwalter im Laufe des Wirtschaftsjahres aus seinem Amt aus,
schuldet er - vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung - die
Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr unabhängig davon, ob im
Zeitpunkt seines Ausscheidens die Abrechnung bereits fällig war.“
Die Fälligkeit, so der BGH, würde nichts darüber aussagen, wer die Leistung schulde, weshalb für die Frage, welcher Verwalter verpflichtet sei, auf deren Zeitpunkt der Entstehung abzustellen sei. Dies wäre, auf den vorliegenden Streitfall bezogen, die abberufene Beklagte, da die Entstehung der Jahresabrechnung 2020 mit Ablauf des Jahres 2020 eintrat und sie zu diesem Zeitpunkt Verwalterin und nach § 28 Abs. 2 WEG zum Handeln verpflichtet war.
Der Entscheidung des AG Wiesbaden ist zuzustimmen. Das AG Kassel und die dies stützende Literatur (so Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. § 28 Rn. 106) stellen fehlerhaft nur auf die Organstellung des Verwalters ab mit Hinweis darauf, dass diese Organpflicht keine nachwirkende Verpflichtungen begründe. Zwar ist dem zuzustimmen, doch ergibt sich hier eine naschwirkende Verpflichtung aus dem Verwaltervertrag, nach dem der Verwalter die Jahresabrechnung zu erstellen gehabt hätte, worauf zutreffend das AG Wiesbaden abstellte. Auf eine nachwirkende Vertragsverpflichtung hatte auch der BGH abgestellt, die durch des Gesetzesänderung zum 01.12.2020 nicht tangiert wurde.
Ob daneben auch der neue Verwalter (hier infolge seiner Organstellung) verpflichtet sein könnte die Jahresabrechnung (gar ohne gesonderte Vergütung) zu erstellen, war nicht entscheidungsrelevant (wie auch im Fall des BGH aaO.).
Dass die Kosten vom AG Wiesbaden gleichwohl der Klägerin auferlegt wurden erfolgte vor dem Hintergrund, dass die GdWE der ausgeschiedenen Verwalterin die Unterlagen zur Erstellung der Jahresabrechnung nicht zur Verfügung stellen wollte, sondern ihr nur eine Einsichtnahme in diese ermöglichen wollte.
AG Wiesbaden, Beschluss vom
26.05.2023 - 92 C 2882/22 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Der Gegenstandswert wird auf 5.000,-- € festgesetzt.
Gründe
Mit der
vorliegenden Klage begehrte die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft von
ihrer ehemaligen Verwalterin, die mit Beschluss vom 05.11.2021 mit sofortiger
Wirkung abberufen worden war, die Erstellung der Jahresabrechnung 2020. Die
Verwaltungsunterlagen wurden vollständig der neuen Verwalterin übergeben. Die
Beklagte ist daher der Auffassung, ohne die Zur-Verfügung-Stellung der
Verwaltungsunterlagen sei ihr die Erstellung der Jahresabrechnung 2020 nicht
möglich und rügt im Übrigen die Passivlegitimation. Die Klägerin hat eine Einsichtnahme
in die Verwaltungsunterlagen angeboten. Auf Anraten des Gerichts einigten sich
die Parteien darauf, dass die Klägerin der Beklagten die vollständigen
Verwaltungsunterlagen zur Verfügung stellt und die Beklagte binnen 14 Tagen die
Jahresabrechnung 2020 erstellt.
Damit hat sich
der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Da die Parteien in diesem
Vergleich hinsichtlich der Kosten um eine Entscheidung des Gerichts gebeten
haben, findet § 98 ZPO keine Anwendung, so dass über die Kosten des
Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach-
und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden war (s. Zöller „ZPO“ 29.
Aufl. Köln 2012 § 98 Rdnr. 3).
Dies führte zu
der ausgesprochenen Kostenentscheidung, da die Klägerin ohne das erledigende
Ereignis unterlegen wäre.
Entgegen der
Auffassung der Beklagten, die sich auf die Entscheidung des Amtsgerichts Kassel
vom 11.11.2021 (Az. 800 C 1850/21) stützt, ist sie auch nach Beendigung der
Verwalterstellung passivlegitimiert. Der ausgeschiedene Verwalter bleibt zur
Abrechnung des Wirtschaftsjahres verpflichtet, das während seiner Amtszeit
abgelaufen ist. Hieran hat das Inkrafttreten des WeMoG nichts geändert. Das
Amtsgericht Kassel, das - insoweit zutreffend - darauf abstellt, dass die Erstellung
der Jahresabrechnung eine Pflicht der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist
und der Verwalter nur als Organ tätig ist, ist der Auffassung, dass daher mit
der Beendigung der Organstellung die Pflicht zur Erstellung der
Jahresabrechnung endet. Die Entscheidung berücksichtigt jedoch den
Verwaltervertrag zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist und dem
Verwalter nicht. Der BGH hat bereits im Jahre 2018 (Urteil vom 16.02.2018, Az.
V ZR 89/17) festgestellt, dass die Erstellung der Jahresabrechnung eine
fortwirkende nachvertragliche Verpflichtung des ausgeschiedenen Verwalters
darstellt, wenn der Anspruch in der Amtszeit des Verwalters entstanden ist.
Somit war die Beklagte auch nach Beendigung der Verwalterstellung weiterhin
verpflichtet, die Jahresabrechnung 2020 zu erstellen (s. Bärmann „WEG“ 15.
Aufl. 2023 § 28 Rdnr. 128, 129 vgl. Jennißen „WEG“ 7. Aufl. 2022 § 28
Rdnr. 203).
Dennoch wäre
die Klägerin ohne das erledigende Ereignis unterlegen, da sie lediglich eine
Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen angeboten hat. Dies ist nicht
ausreichend. Für eine ordnungsgemäße Erstellung einer Jahresabrechnung benötigt
die Beklagte die Zur-Verfügung-Stellung der vollständigen Verwaltungsunterlagen
(so auch Bärmann a.a.O. § 28 Rdnr. 129). Eine Einsichtnahme allein reicht
hierfür nicht.
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