Donnerstag, 12. Oktober 2023

Erstattungsfähigkeit der zusätzlichen Kosten durch Anwaltswechsel ?

Immer wieder kommt es im Laufe eines Verfahrens (in einer Instanz) zu einen Anwaltswechsel, sei es, dass der Rechtsanwalt verstirbt, wegen Alters oder aus anderen Gründen seine Zulassung zurückgibt (oder zurückgeben muss), oder wegen Unzufriedenheit des Mandanten mit dem bisherigen Prozessbevollmächtigten. In diesen Fällen stellt sich im Falle des (auch teilweisen) Obsiegens dieser Partei die Frage, ob die dadurch verursachten Kosten (zusätzlich) gegen den Gegner im Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzt werden können. 

Im Kostenfestsetzungsbeschluss wurden nur die Kosten des zunächst die Beklagte vertretenen Rechtsanwalts berücksichtigt, nicht die Kosten des später mandatieren (neuen) Rechtsanwalts (der nach der neuen – höheren – Gebührenordnung abrechnete). Die dagegen von der Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen.

Das OLG verwies zunächst auf ein die gesamte Privatrechtsordnung und das Prozessrecht beherrschende Prinzip von Treu und Glauben, welches das in § 91 ZPO verankerte Gebot einer sparsamen bzw. ökonomischen Prozessführung präge. § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO sei Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes kostensparender Prozessführung. Damit können Kosten, die durch einen Anwaltswechsel bedingt würden, nur erstattungsfähig sein, wenn sie notwendig gewesen wären, also nicht auf ein Verschulden der Partei oder ein ihr zuzurechnendes Verschulden ihres Rechtsanwalts beruhen würden (BGH, Beschluss vom 22.08.2012 – XII ZB 183/11 -). Alleine eine objektive Notwendigkeit sei aber nicht ausreichend; hinzukommen müsste zudem deren Unvermeidbarkeit, die dann nicht gegeben sei, wenn die den Anwaltswechsel bedingenden Umstände für die Partei oder deren Rechtsanwalt vorhersehbar gewesen wären oder (willentlich) herbeigeführt worden seien.

Die Beklagte habe vorliegend die Notwendigkeit des Anwaltswechsels nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht.

Vorliegend hatte die Beklagte allerdings nur die Kosten des zweitbeauftragten Rechtsanwalts zur Festsetzung angemeldet, an deren Stelle die Rechtspflegerin nur die Kosten des Erstanwalts berücksichtigte. Das würde nach Auffassung des OLG an den oben benannten Grundsätzen nichts ändern. Aus § 92 Abs. 2 S. 1 ZPO folge nicht, dass diese den Erstattungsanspruch der obsiegenden Partei reduzierende Vorschrift nur zur Anwendung käme, wenn die Kosten von zwei Rechtsanwälten zur Festsetzung angemeldet würden. Es würde ganz allgemein geregelt, welche Rechtsanwaltskosten von dem unterliegenden Gegner zu erstatten seien. Nach den Gründen in der Gesetzgebung habe der Gesetzgeber das Prinzip zum Ausdruck bringen wollen, dass die Erstattungspflicht objektiv auf die Erstattung derjenigen Kosten beschränkt würde, soweit diese nach dem freien Ermessen des Gerichts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig gewesen wären („Die gesammten Materialien zur Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30. Januar 1877“, S. 197 zu § 85 CPO). Das Ermessen des Gerichts käme nach den Materialien auch in Bezug auf die Anwaltskosten zum Tragen, wenn die Partei „ohne Nothwendigkeit des Wechsels successive sich mehrerer Anwälte bedient“ habe (aaO. S. 198).

Damit sei bei der Kostenfestsetzung stets zu prüfen, ob möglicherweise nicht notwendige Mehrkosten zur Kostenfestsetzung angemeldet würden. Die Frage würde sich unabhängig davon stellen, ob die Kosten für zwei Rechtsanwälte oder für einen von zwei Rechtsanwälten angemeldet würden. Solche Mehrkoten könnten (wie hier) dadurch entstehen, dass die Mandatierung des zweiten Rechtsanwalts nach Änderung der Gebührenordnung (und Erhöhung der Gebühren, die bei dem ersten Rechtsanwalt insoweit nicht angefallen wären) erfolge.

Selbst wenn man annehmen wolle, dass § 92 Abs. 2 S. 2 ZPO tatbestandlich nicht einschlägig sei, wenn nicht Kosten mehrerer Rechtsanwälte im Rahmen der Kostenfestsetzung erstattet verlangt würden, würde dies keine andere Entscheidung rechtfertigen (entgegen OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.07.2011 – OVG 1 K 118.08 -), da der Grundsatz kostensparender Prozessführung auch neben § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO selbständige Bedeutung habe. Es wäre also auch in diesem Fall zu fragen, ob das Verfahren kostensparender durch einen Rechtsanwalt hätte betrieben werden können.

OLG Celle, Beschluss vom 19.06.2023 - 2 W 75/23 -


Aus den Gründen:

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 16. Mai 2023 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss (I. und II. Instanz) der Rechtspflegerin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 5. Mai 2023 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 500,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet.

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist nicht zu beanstanden.

1. Die Rechtspflegerin hat wegen des erfolgten Anwaltswechsels bei der Kostenfestsetzung zu Recht auf Seiten der Beklagten nur diejenigen Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwalts in erster Instanz berücksichtigt, die sich auf der Grundlage des alten Gebührenrechts ergeben. Die nach neuem Gebührenrecht zu berechnende (höhere) Vergütung des später eingeschalteten zweiten Rechtsanwalts ist nicht zu berücksichtigen.

§ 91 ZPO bringt das Gebot einer sparsamen bzw. ökonomischen Prozessführung zum Ausdruck, welches als Ausprägung des die gesamte Privatrechtsordnung und das Prozessrecht beherrschenden Prinzips von Treu und Glauben (BGH, Beschluss vom 27.01.2011 - Az.: III ZB 97/09, und MDR 2007, 1160) wie auch der Schadensminderungspflicht i.S. von § 254 BGB verstanden wird (vgl. MüKo/Schulz, ZPO, 6. Auflage, § 91 Rn. 48). Der prozessuale Erstattungsanspruch besteht daher nur in den Grenzen einer sparsamen, nicht aber der einer optimalen Prozessführung (vgl. OLG Jena OLG-NL 2006, 207, 208; MüKo/Giebel, a.a.O.).Eine Partei ist daher gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen ((BGH, Beschluss vom 14.09.2021, Az.: VIII ZB 85/20, zitiert nach juris Rn. 10; BGH NJW-RR 2005, 725, 727; NJW-RR 2004, 430; FamRZ 2004, 866f., zitiert nach juris, Rn. 27).

Die bei einem sparsamen Vorgehen entstandenen (fiktiven) Kosten bilden daher grundsätzlich die Obergrenze für die erstattungsfähigen Auslagen (Senat, Beschluss vom 30. Oktober 2007 - Az.: 2 W 107/07 sowie Beschluss vom 27.06.2008 - Az.: 2 W 131/08). Wenn eine Partei gegen die Verpflichtung, die Kosten der Prozessführung niedrig zu halten, verstößt, dann ist ein Festsetzungsverlangen mit der Folge als rechtsmissbräuchlich anzusehen, dass die unter Verstoß gegen Treu und Glauben angemeldeten Kosten abzusetzen sind (BGH, Beschluss vom 20.05.2014, Az.: VI ZB 9/13, zitiert nach juris Rn. 6).

Dabei ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten (BGH, Beschluss vom 25.10.2011, Az.: VIII ZB 93/10; BGH, Beschluss vom 28.01.2010, Az.: III ZB 64/09 = JurBüro 2010, 369f.). Denn beim Kostenfestsetzungsverfahren handelt es sich um ein Massenverfahren, das einer zügigen und möglichst unkomplizierten Abwicklung bedarf. Der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn im nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind (BGH NJW 2007, 2048 f., zitiert nach juris Rn. 7).

Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Rechtspflegerin jedenfalls im Ergebnis zu Recht die Festsetzung der gesamten Kosten des zweiten Rechtsanwalts abgelehnt.

Auch § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes kostensparender Prozessführung (Gehle, in: Anders/Gehle, ZPO, 81. Auflage, § 91 Rn. 218). Ein Anwaltswechsel ist daher nur dann notwendig, wenn er nicht auf ein Verschulden der Partei oder ein ihr zuzurechnendes Verschulden ihres Rechtsanwalts (§ 85 Abs. 2 ZPO) zurückzuführen ist (BGH, Beschluss vom 22. August 2012, Az.: XII ZB 183/11, zitiert nach juris Rn. 11; siehe auch Senat, Beschluss vom 25.07.2011, Az.: 2 W 153/11). Allein die objektive Notwendigkeit eines Anwaltswechsels reicht also nicht aus. Hinzukommen muss, dass dieser unvermeidbar gewesen ist (BGH, a.a.O.). Kosten für einen zweiten Rechtsanwalt sind daher nicht erstattungsfähig, wenn die zum Anwaltswechsel führenden Umstände für die Partei oder ihren Rechtsanwalt vorhersehbar waren oder (willentlich) herbeigeführt worden sind (vgl. BGH, a.a.O., zitiert nach juris Rn. 12; vgl. OLG Celle NJW-RR 2011, 485; OLG Celle, Beschluss vom 25.07.2011, Az.: 2 W 153/11).

Demgemäß waren die zur Festsetzung beantragten Kosten des zweiten Rechtsanwalts zu reduzieren, nachdem die Beklagte nicht in ausreichender Weise dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass der vorgenommene Anwaltswechsel notwendig war.

2. Es schadet nicht, dass im vorliegenden Fall nur die Kosten eines einzelnen Rechtsanwalts (nämlich des zweiten Rechtsanwalts) zur Festsetzung angemeldet worden sind.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers folgt aus dem Wortlaut des § 92 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht, dass diese - den Erstattungsanspruch der obsiegenden Partei reduzierende Vorschrift - nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Kosten von zwei Rechtsanwälten zur Festsetzung angemeldet werden („Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten ...“).

Sowohl der Regelungskontext des § 91 ZPO als auch der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck machen deutlich, dass § 91 Abs. 2 ZPO ganz allgemein regelt, welche Rechtsanwaltskosten von dem unterliegenden Gegner zu erstatten sind, ohne dass es im Einzelnen darauf ankommt, ob die Kosten zweier Rechtsanwälte oder nur eines Rechtsanwalts zur Festsetzung angemeldet werden.

Mit den Regelungen in § 91 Abs. 1 und § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO (= § 85 des Entwurfs einer Civilprozeß-Ordnung) hat der Gesetzgeber das Prinzip zum Ausdruck bringen wollen, dass die Erstattungspflicht objektiv auf die Erstattung derjenigen gegnerischen Kosten beschränkt wird, soweit diese nach dem freien Ermessen des Gerichts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (Begründung zu § 85 des Entwurfs einer Civilprozeß-Ordnung, in: gesamten Materialien zu der Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetzes vom 30. Januar 1877, S. 197). Dieses freie Ermessen werde zwar durch die Regelung in Abs. 2 in Bezug auf die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei beschränkt. Diese würden einen regelmäßigen Gegenstand der Erstattungspflicht darstellen. Allerdings komme auch in Bezug auf die Anwaltskosten das Ermessen des Gerichts zum Tragen, wenn die Partei „ohne Nothwendigkeit des Wechsels successive sich mehrerer Anwälte bedient“ habe (Die gesamten Materialien zu der Civilprozeßordnung und dem Einführungsgesetz vom 30. Januar 1877, S. 198).

Auf der Grundlage von § 91 CPO a.F. waren daher nicht nur die Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass sich eine Partei gleichzeitig mehrerer Anwälte bedient, sondern auch diejenigen Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass sich eine Partei mehrerer Anwälte nacheinander bedient, von der Erstattung ausgeschlossen (Seuffert, Kommentar zur Civilprozeßordnung, 8. Aufl., 1902, § 91 Anm. 2. b).

Aus der Konzeption des Gesetzes folgt mithin, dass bei der Kostenfestsetzung generell zu prüfen ist, ob es sich bei den zur Erstattung angemeldeten Kosten um möglicherweise nicht notwendige Mehrkosten gehandelt hat. Die Frage, ob eine Notwendigkeit im Sinne von § 91 (= § 85 des Entwurfs) nach freiem Ermessen des Gerichts zu bejahen ist, stellt sich unabhängig davon, ob der Erstattungsberechtigte formal die Kosten zweier Rechtsanwälte oder aber nur von einem von zwei (von ihm beauftragten) Anwälten zur Festsetzung anmeldet.

Dass § 91 Abs. 2 ZPO die Frage der Erstattungsfähigkeit unabhängig von formalen Aspekten betrifft, folgt auch aus den gesetzgeberischen Erwägungen zur Neufassung des § 91 Abs. 2 ZPO in der BT-Drs. 2 /1014. Zu dieser Neufassung sah sich der Gesetzgeber veranlasst, um das (ungeklärte) Verhältnis von § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO (Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts) mit der Reglung in § 18 Abs. 6 der Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 zu klären. Soweit es die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Rechtsanwalts betrifft, der seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht am Sitz des Prozessgerichts hat, soll die Partei diese in der Person ihres Rechtsanwalts begründeten Mehrkosten nicht erstattet bekommen. Zur Begründung weist der Gesetzgeber darauf hin, dass Umstände, die zu einer Erhöhung der Kostenlast führen und auf welche die gegnerische Partei keinen Einfluss nehmen kann, nicht zu Lasten der Gegenpartei gehen dürfen (BT-Drs. 2 /1014 S. 133).

Auch diesen Ausführungen lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass es das gesetzgeberische Anliegen war, die unterliegende Partei generell vor ihr nicht zuzurechnenden Mehrkosten zu schützen. Diese Frage lässt sich aber unabhängig davon beantworten, ob der Erstattungsberechtigte nur die Kosten eines von zwei Rechtsanwälten zur Festsetzung anmeldet. Denn auch in diesem Fall können nicht notwendige Mehrkosten vorliegen, die dadurch entstehen, dass der zweite Rechtsanwalt nach einer Änderung der Gebührenordnung höhere Gebühren für dieselbe Tätigkeit abrechnen darf. Denn wenn der erste Rechtsanwalt weiter tätig geblieben wäre, wären diese (erhöhten) Gebühren gerade nicht entstanden.

Der Senat teilt daher nicht die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 26. Juli 2011, wonach § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO schon deswegen tatbestandlich nicht anwendbar sei, weil der Erstattungsberechtigte nicht Kosten „mehrerer Rechtsanwälte“ zur Erstattung gebracht habe (Az.: OVG 1 K 118.08, zitiert nach juris Rn. 9; ebenso Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 8. März 2022, Az.: 5 A 379/20).

3. Selbst wenn aber die Auffassung vertreten würde, dass § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO tatbestandlich nicht einschlägig sei, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Es ist nämlich anerkannt, dass der Grundsatz kostensparender Prozessführung (auch) neben § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO selbständige Bedeutung haben kann (Gehle, in: Anders/Gehle, ZPO, 81. Auflage, § 91 Rn. 221). Es ist also in jedem Fall unter Rückgriff auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu fragen, ob das Verfahren kostensparend durch einen Rechtsanwalt hätte betrieben werden können (vgl. Gehle, a.a.O.). § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO entfaltet daher keine Sperrwirkung. Die Frage nach einer analogen Anwendung von § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO stellt sich vor diesem Hintergrund nicht (a.A. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26. Juli 2011, Az.: OVG 1 K 118.08).

Die Nichteinhaltung des Gebots einer sparsamen Prozessführung rechtfertigt im vorliegenden Fall die Kürzung der in Ansatz gebrachten Kosten.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 574 Abs. 2 ZPO. Eine Divergenz i.S. einer Obersatzabweichung liegt bei einer Abweichung der angefochtenen Entscheidung von einer höher- oder gleichrangigen Entscheidung in ein und derselben Rechtsfrage vor, wobei auch die Divergenz zu einem Finanzgericht ausreichen kann (Nober, in: Anders/Gehle, ZPO, 81. Auflage, § 543 Rn. 14). Für die Abweichung von einer Entscheidung eines Oberverwaltungsgerichts kann nichts Anderes gelten.

Allerdings fehlt es schon an der notwendigen Divergenz, denn das OVG B. setzt sich allein mit der Frage auseinander, ob § 92 Abs. 2 Satz 2 direkt oder analog anwendbar ist. Die im vorliegenden Fall streitentscheidende Frage, ob neben § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch ein Rückgriff auf § 91 Abs. 1 ZPO statthaft ist, wird vom OVG B. nicht beantwortet.

Ungeachtet dessen hat § 162 VwGO einen anderen Wortlaut als § 91 ZPO. Insbesondere fehlt ein Verweis auf § 91 Abs. 2 ZPO (siehe NK-GK/N. Schneider, 3. Auflage, Kostenerstattung und Kostenfestsetzung Rn. 189). Auch im Übrigen bestehen sachliche Unterschiede (siehe dazu NK-GK/N. Schneider, a.a.O., Rn. 190ff.).

Überdies hat die Rechtspflegerin zu Recht darauf hingewiesen, dass die Argumentation des OVG mit dem Verbot einer Schlechterstellung gegenüber einer Partei, die zunächst sich selbst vertreten habe, auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sei, weil vor dem Landgericht Anwaltszwang herrsche. Denn in der Tat können die Beteiligten vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen (§ 67 Abs. 1 VwGO). Den Beteiligten ist es lediglich freigestellt, sich durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer vertreten zu lassen (siehe § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Damit besteht ein grundlegender Unterschied zum vorliegenden Verfahren, in dem auf der Grundlage von § 78 ZPO von Anfang an Anwaltszwang bestand.

 

 

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