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Dienstag, 22. August 2023

Eintragung einer Erbengemeinschaft im Grundbuch bei Tod eines GbR-Gesellschafters

Die Antragsgeller waren die Kinder des verstorbenen P., der zusammen mit R. Gesellschafter einer GbR war, die Eigentümer von auf einem Grundbuchblatt verzeichneten Grundstücken war und als solche im Grundbuch eingetragen war. Nach dem Erbschein waren sie die einzigen Erben des Verstorbenen und beantragten die Berichtigung des Grundbuchs. Der Gesellschafter R. hatte die Gesellschaft kurz vor dem Tod des P. gekündigt und nach dessen Tod die Grundstücke mit notariellen Vertrag verkauft (wobei dieser Verkauf dinglich noch nicht gewahrt war). Im notariellen Kaufvertrag hatte er eidesstattlich versichert, dass der - von ihm trotz Aufforderung nicht vorgelegten - Gesellschaftsvertrag keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien. Die Erbengemeinschaft hatte den Grundstückskaufvertrag nicht genehmigt.

Das Grundbuchamt wies den Berichtigungsantrag mit der Begründung zurück, mangels Vorlage des Gesellschaftsvertrages sei der Unrichtigkeitsnachweis nicht in der Form des § 29 GBO geführt worden. Das OLG gab der Beschwerde der Erbengemeinschaft gegen den abweisenden Beschluss statt, wobei die Erben notarielle beglaubigte Erklärungen vorlegten, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag bestünde und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.

Der Beschwerde würde nicht § 71 Abs. 2 S. 1 GBO entgegenstehen, da sich die Antragsteller nicht gegen eine von Anfang an unrichtige Eintragungen wenden würden, sondern die Berichtigung wegen nachträglicher Unrichtigkeit beantragen würden. Einer Bewilligung nach § 19 GBO bedürfe es gem. § 22 Abs. 1 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen würde, wobei dieser Nachweis in der Form des § 29 GBO zu führen sei.

Eine Buchposition des Verstorbenen als Gesellschafter sei nicht gesondert vererbbar, vielmehr sei die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung des Maßgabe des Gesellschaftsvertrages materiell-rechtlich zu prüfen (BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20 -). Bei Tod eines Gesellschafters oder Kündigung durch einen Gesellschafter sähe das BGB kein Erlöschen der GbR vor (§§ 723, 727 BGB), sondern eine identitätswahrende Wandlung in eine Abwicklungsgesellschaft, bei der (im Falle des Versterbens eines Gesellschafters) dessen Erben treten würden.  Die Anwachsung der Beteiligung des verstorbenen an der Gesellschaft fände nur statt, wenn im Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht geregelt sei.     

Fehle ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag reiche zum Nachwies der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters aus, wenn diese eine Erklärung des verbliebenen Gesellschafters in der Form des § 29 GBO (öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde) beibringen würden, nach deren Inhalt ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht bestünde und besondere Vereinbarung für den Kündigungs- und Todesfall nicht getroffen worden seien und die Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei (BGH, Beschluss vom 10.02.2022 - V ZB 87/20; OLG München, Beschluss vom 07.01.2020 - 34 Wx 420/19 -).

Die Erben hatten die entsprechende Erklärung in der Form des § 29 GBO im Beschwerdeverfahren vorgelegt. Für den verbliebenen Gesellschafter würde sich diese Erklärung aus seiner in dem notariellen Grundstückskaufvertrag abgegebenen eidesstattlichen Versicherung ergeben, dass für das Gesellschaftsverhältnis keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien (und einen Gesellschaftsvertrag habe er trotz Aufforderung nicht vorgelegt). Damit sei der Unrichtigkeitsnachweis erbracht.

OLG Rostock, Beschluss vom 02.05.2023 - 3 W 13/23 -

Dienstag, 11. Oktober 2022

Gefahr: Vergleichsabschluss im schriftlichen Verfahren mit inhaltlichem Fehler

In einem Rechtstreit über eine von der Klägerin begehrte Maklercourtage in Höhe von € 30.940,00 unterbreitete das Landgericht unterbreitete den Parteien einen Vergleichsvorschlag, in dem es u.a. hieß: „Der Beklagte zahlt an die Klägerin 8.000.000 EUR.“ Im Weiteren wurde ausgeführt, dass die Kosten des Verfahrens und Vergleichs gegeneinander aufgehoben würden und damit alle wechselseitigen streitgegenständlichen Forderungen abgegolten seien. Beide Parteien stimmten dem Vergleich zu und das Gericht stellte diesen inhaltsgleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO fest. Einige Tage später beantragte der Beklagte die „Berichtigung eines offensichtlichen Schreibfehlers“, da es nicht € 8.000.000“ heißen dürfe, sondern „8.000“ heißen müsse. Die Klägerin widersprach der Berichtigung. Das Landgericht kam dem Begehren auf Berichtigung analog § 319 ZPO nach. Die klägerseitige Beschwerde gegen den Berichtigungsbeschluss war erfolgreich.

Das OLG hatte als Beschwerdegericht darauf verwiesen, dass eine Berichtigung eines Prozessvergleichs nach allgemeiner Auffassung in entsprechender Anwendung des § 319 ZPO ausscheide (BAG, Beschluss vom 25.11.2008 - 3 AZB 64/08 -). Bei unrichtiger Aufnahme der Erklärungen der Parteien zu einem Vergleich sei das Protokoll, in dem dies festgehalten würde (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) gemäß § 164 ZPO zu berichtigen. Wurden aber die Erklärungen richtig im Protokoll festgehalten und sei dabei den Parteien ein gemeinsamer (Rechen-) Fehler unterlaufen, könne die Berichtigung nicht nach § 319 ZPO erfolgen, der Schreib-, Rechenfehler oder sonstige offensichtliche Unrichtigkeiten fordert. Vielmehr könne dieser Fehler nur mit Mitteln des materiellen Rechts (so § 313 BGB oder Irrtumsanfechtung) berichtigt werden.

Dies würde auch in einem Fall wie hier, bei dem es der Vergleich auf schriftlichem Weg abgeschlossen worden sei, § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO, gelten, § 278 Abs. 6 S. 3 ZPO. § 278 Abs. 6 S. 3 ZPO verweist auf § 164 ZPO. Für eine Berichtigung wäre die Fortsetzung des Verfahrens erforderlich. 

Allerdings würde hier auch danach eine Berichtigung ausscheiden, da die Voraussetzungen nach § 278 Abs. 6 S. 3 iVm. § 164 ZPO nicht vorlägen.  § 164 ZPO setze eine Unrichtigkeit des Inhalts des Protokolls voraus, dass also dieser nicht dem entspräche, was tatsächlich in der mündlichen Verhandlung vorausgegangen sei (BGH, Urteil vom 24.09.2013 - I ZR 133/12 -). Damit läge ein Fall nach § 278 Abs. 6 S. 3 ZPO vor, wenn der von den Parteien oder vom Gericht vorgeschlagene und von den Parteien angenommene Vergleichstext unrichtig (d.h. abweichend von dem angenommenen Vergleichsvorschlag) festgestellt würde (LAG Hamm, Beschluss vom 25.01.2021 - 12 Ta 411/20 -). So sei es aber vorliegend nicht gewesen. Der vom Landgericht selbst vorgeschlagene Vergleich benannte den Betrag von „8.000.000 EUR“ und dem wurde von den Parteien zugestimmt mit der Folge der entsprechenden Feststellung des Vergleichs durch das Landgericht. Auch wenn das Beschwerdegericht keinen Zweifel daran hatte, dass weder das Landgericht den Betrag von € 8 Mio. vorschlagen wollte noch die Parteien den Willen hatten einen Vergleich mit dieser Summe abzuschließen, doch würde dies hier eine Berichtigung nicht rechtfertigen können.

OLG Celle, Beschluss vom 24.05.2022 - 11 W8/22 -