Die Klägerin machte geltend, der Schäferhund des Beklagten sei zunächst neben dem geleasten fahrenden Wagen der Klägerin gelaufen, dann an diesem hochgesprungen und habe dabei Dellen und Lackschäden verursacht. Der Beklagte bestritt die Aktivlegitimation und seine Tiehalter- und Tieraufsehereigenschaft / Haftung. Nach Beweisaufnahme wies das Amtsgericht die Klage ab.
Das Amtsgericht ließ letztlich trotz einer gewissen Annahme für eine Aktivlegitimation der Klägerin nach den Leasingbedingungen dahinstehen, ob die Klägerin zur Geltendmachung des Schadens legitimiert war, da jedenfalls die Klage sachlich unbegründet sei. Weder sei nach Vernehmung von Fahrerin und Beifahrerin des Fahrzeugs, der Tochter des Beklagten und Anhörung des zum Termin geladenen Sachverständigen (bei Besichtigung des Fahrzeugs während des Termins) der Beweis geführt worden, dass ein Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten bestünde, noch, dass der Schaden von einem Hund verursacht worden sei.
Die Tochter des Beklagten habe bestätigt, dass der Beklaget nicht Halter des Hundes gewesen sei, weshalb eine Haftung nach § 833 S. 1 BGB ausscheide. Für die Annahme einer Tierhaltereigenschaft sei eine Zuordnung des Tieres zur Lebens- oder Wirtschaftssphäre des Halters erforderlich, zu der insbesondere die Bestimmungsmacht über das Tier, die Nutzung und Kostentragung aus eigenem Interesse, das Verlustrisiko, die Übernahme von Versicherungsprämien etc. gehöre. Übereinstimmung hätten der Beklagte und die Zeugin angegeben, dass nicht nur der Hund im Eigentum der Zeugin stand, sondern auch unter ihrer Aufsicht und in ihrem Einflussbereich. Die Zeugin habe mit eigenem Hausstand auf dem Hof des Beklagten gewohnt und wäre daher auch in der Lage gewesen, die Versorgung und Aufsicht über den Hund wahrzunehmen. Aus dem Umstand, dass der Hund über die Haftpflichtversicherung des Beklagten versichert gewesen sei, folge auch nicht, dass der Beklagte die Aufsicht über den Hund übernommen habe und demgemäß Tieraufseher gem. § 834 BGB gewesen sei. Die Beweisaufnahme habe klar ergeben, „dass der Beklagte nichts mit dem Hund zu schaffen hatte“ wenn nicht die Zeugin längere Zeit (wie zur fraglichen Zeit nicht) abwesend war und Hund auf dem Hof verbleiben sei.
Zudem sei nach dem Unfallrekonstruktionsgutachten zweifelhaft geblieben, dass die Kratzspuren und Eindellungen auf einen Kontakt mit dem Schäferhund zurückzuführen seien. Ein Verhaltend es Hundes ließe sich nach dem Gutachten nicht mit dem Schadensbild in Übereinstimmung bringen.
AG
Wolfach, Urteil vom 11.07.2023 - 1 C 33/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Die Klage wird
abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.496,58 €
festgesetzt.
Tatbestand
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin Schadensersatzansprüche
aus einem Unfallereignis, welches sich am 22.05.2022 abends nach 20:00 Uhr am
Grundstück des Beklagten in Hornberg ereignet haben soll.
Die Klägerin trägt
vor,
das von ihr bei Audi Leasing geleaste Fahrzeug mit dem Kennzeichen WL-TC
69E, ein Audi A3, sei gesteuert von der Zeugin Lange zum fraglichen Zeitpunkt
am Grundstück des Beklagten vorbeigefahren und hierbei vom Schäferhund des
Beklagten attackiert worden. Hierdurch sei am Fahrzeug ein Schaden i.H.v.
2.866,5 € entstanden. Der Hund sei gegen das zuvor unbeschädigte Fahrzeug nach
einem „entlang Laufen" gegen die Seite gesprungen; der Beklagte sei als
Halter des Hundes haftbar für den Schaden, da der Hund von der Zeugin Schwarz
dem Beklagten als Hofhund überlassen worden sei. Zumindest habe habe er zum
damaligen Zeitpunkt jedoch die Aufsicht über dieses Tier übernommen und hafte
daher hilfsweise gemäß S 834 BGB. Die Klägerin macht eine Unfallpauschale
i.H.v. 30 € geltend, wie auch eine Wertminderung i.H.v. 600 €. Sie sei hierfür
klageberechtigt gemäß Z. 9 der Leasingbedingungen (vorgelegt als Anl. K7).
Die Klägerin beantragt
deshalb zuletzt:
Der Beklagte wird
verurteilt, an die Klägerin EUR 3.496,58 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten
über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.08.22 sowie außergerichtliche
Anwaltskosten in Höhe von EUR 353,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über
dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen,
sowie hilfsweise hinsichtlich der Wertminderung in Höhe von EUR 600,00,
dass diese unter Angabe der Leasing Nr. ........... an die V.-Leasing … zu bezahlen
ist
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er rügt
die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin, die auch nicht im Wege einer
Prozessstandschaft die Ansprüche der Leasinggeberin als Fahrzeugeigentümerin
geltend machen könne. Der streitgegenständliche Vorfall werde ebenso wie die
Schadenshöhe mit Nichtwissen bestritten. Der Beklagte sei weder Eigentümer noch
Halter des Schäferhundes und habe auch nicht die Aufsichtspflicht über das Tier
von seiner Tochter, der Eigentümerin des Hundes, übernommen. Er sei daher nicht
passivlegitimiert.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeuginnen Katrin und
Jule Lang sowie der Zeugin Schwarz und durch Einholung eines mündlichen
Sachverständigengutachtens zur Unfallrekonstruktion durch den Sachverständigen
Kögel. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das
Protokoll des Amtsgerichts Wolfach vom 26.06.2023 (Aktenseite 83 ff).
Im Übrigen wird hinsichtlich des Parteivortrags ergänzend auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
l.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Aus Sicht des Gerichts kann dahinstehen, ob die Klägerin als
Leasingnehmerin des streitgegenständlichen Audi A3 Sportback aktivlegitimiert
ist für die geltend gemachten Reparatur- und Wertminderungsansprüche
hinsichtlich der Fahrzeugbeschädigungen, wofür nach Vorlage der Leasingbedingungen
und dem Wortlaut des 9 dieser Bedingungen nach hiesiger Auffassung viel
spricht.
Die Klage ist jedoch abzuweisen, da sie sich nicht gegen den richtigen
Beklagten gerichtet. Die Beweisaufnahme, insbesondere die Erklärungen der
Zeugin T. haben zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Beklagte zu
keinem Zeitpunkt Halter des hier maßgeblichen Schäferhundes war. Voraussetzung
für eine Tierhaltereigenschaft ist die Zuordnung des Tieres zur Lebens- oder
Wirtschaftssphäre des Halters, insbesondere die Bestimmungsmacht über das Tier,
die Nutzung und Kostentragung aus eigenem Interesse, das Verlustrisiko, die
Übernahme von Versicherungsprämien etc. (Spindler in Hau/Poseck, BeckOK BGB,
66. Aufl., § 833 Rn. 13 mit weiteren Nachweisen). Nach den übereinstimmenden
Angaben des Beklagten, wie auch der Zeugin Schwarz, war zum fraglichen
Vorfallszeitpunkt der Schäferhund Mira nicht nur im Eigentum der Zeugin
Schwarz, sondern auch unter ihrer Aufsicht und in ihrem Einflussbereich. Die
Zeugin Schwarz war zum fraglichen Vorfallszeitpunkt in eigenem Hausstand auf
dem Hof des Beklagten wohnhaft und war mithin in der Lage Versorgung,
Aufsichtspflichten etc. über den Hund wahrzunehmen. Aus der Tatsache, dass der
Schäferhund als Hofhund bei der „Hofhaftpflichtversicherung" des Beklagten
gemeldet war folgt für das Gericht auch nicht, dass der Beklagte vertraglich
die Aufsichtspflicht über den Schäferhund übernommen hat und demgemäß als
Tieraufseher gemäß § 834 BGB haften könnte. Vielmehr hat die Beweisaufnahme
eindeutig ergeben, dass der Beklagte mit dem Hund nichts zu schaffen hatte,
wenn nicht die Zeugin Schwarz längere Zeit abwesend war und der Hund alleine
auf dem Hofgelände verblieb, was hier aber gerade nicht der Fall war.
Im Übrigen war nach Durchführung der Beweisaufnahme- insbesondere unter
Verweis auf das eingeholte Unfallrekonstruktionsgutachten des technischen
Sachverständigen- bis zuletzt zweifelhaft, dass die fraglichen Kratzspuren im
Lack samt Eindellungen auf einen Kontakt mit dem Schäferhund zurückzuführen
sind. Der Sachverständige hat insoweit für das Gericht nachvollziehbar, in sich
schlüssig, logisch, widerspruchsfrei und plausibel dargelegt, dass die Spuren
insbesondere wegen der Tiefe und auch Ausprägung und dem Verlauf mit einem
Verbeißen des Hundes im Auto oder mit einem Kontakt eines anderen Körperteils
nicht nachvollziehbar in Übereinstimmung gebracht werden können. Anhaltspunkte
dafür, dass die Fahrzeugführerin und Zeugin Kathrin Lange bei heran nähern und
Wahrnehmung des Hundes ein Ausweichmanöver vorgenommen hat und gegebenenfalls
an einem Drahtzaun oder Holzpfosten mit entsprechender Metallbewährung entlang
geschliffen ist, haben sich in der gesamten Beweisaufnahme nicht ergeben und
bleiben letztlich eine Vermutung des Gerichts. Dies würde das Schadensbild nach
Auffassung des Gerichts und entsprechender Würdigung des Sachverständigen
jedoch eher erklären lassen als einen Kontakt mit den Zähnen des Hundes oder
anderes.
Die Klägerin hat mithin- unabhängig von den weiteren offenen
Rechtsfragen- nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können, dass der
geltend gemachte Schaden auf eine Einwirkung des Tieres zurückzuführen ist und
der Beklagte als Tieraufseher oder Tierhalter hierfür haftbar zu machen wäre.
Die Klage unterliegt daher in vollem Umfange der Abweisung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Ausspruch über die
vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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