Freitag, 5. Mai 2023

Wohnungseigentum: Gestreckte Begründung des Sondernutzungsrechts

Das Grundbuchantrag hatte eine beantragte Eintragung eines Sondernutzungsrechts als Inhalt des Sondereigentums (§ 5 Abs. 4, § 19 Abs. 3 S. 1 WEG) mit der Begründung zurückgewiesen, die notariell vorgenommene Zuordnungserklärung vom 20.02.2018, bei Grundbuchamt noch 2018 eingegangen, sei nicht ausreichend. Zugrunde lag dem eine im Grundbuch gewahret Teilungserklärung, bei der Sondernutzungsrechte an Stellplätzen noch nicht bestimmten Sondereigentumseinheiten zugewiesen waren und sich der Teiler/Bauherr die Zuordnung vorbehielt und eine notarielle Bewilligung für die Zuordnung noch vor dem eigenen Ausscheiden aus der Wohnungseigentümergemeinschaft und Veräußerung der letzten Sondereigentumseinheit vornahm.

Das sah das Kammergericht (KG) , welches nach Nichtabhilfe der Beschwerde durch das Grundbuchamt über diese entscheiden musste, sah das zutreffend anders als das Grundbuchamt. Dies folgerte das KG aus der darin enthaltenen und gemäß §7 Abs. 3 WEG im Grundbuch gewahrten Ermächtigung, durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt für einen einzelnen Wohnungseigentümer ein die übrigen Wohnungseigentümer ausschließendes Sondernutzungsrecht an den Stellplätzen zu begründen.

Offen könne bleiben, ob die beantragte Eintragung lediglich eine Klarstellung sei, da das verdinglichte Sondernutzungsrecht durch die Zuordnungserklärung bereits vollständig entstanden sei. Durch die Erklärung seien die bisher zum Mitgebrauch berechtigten übrigen Wohnungseigentümer (§ 16 Abs. 1 S. 3 WEG) gemäß § 10 Abs. 3 WEG von der Nutzung ausgeschlossen worden (negative Komponente). Der Ausschluss aller nicht begünstigten Wohnungseigentümer durch die Teilungserklärung würde unter der aufschiebenden Bedingung der Zuweisungserklärung stehen und (gem. § 158 Abs. 1 BGB) mit dieser wirksam. Gleiches könnte (als positive Komponente) gelten, wenn die Ermächtigung dahingehend verstanden werden sollte, dass für jeden Wohnungseigentümer ein gesondertes, jeweils durch eine ihn begünstigende (erste) Zuordnungserklärung aufschiebend bedingtes Recht zum alleinigen Gebrauch bestimmt würde.

Selbst wenn man von einer rechtsändernden Eintragung ausgehen würde. Auch in diesem Fall würde es keine Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer gem. § 19 GBO notwendig sein. Sie wären von der Wahrung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch des begünstigten Wohnungseigentümers nicht betroffen, da die negative Komponente bereits mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung der Zuordnungserklärung als Inhalt des Sondereigentums in allen Wohnungsgrundbüchern der Wohnungseigentümergemeinschaft eingetragen sei.

Der zwischenzeitliche Zeitablauf seit 2018 würde ebenfalls keine Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer gem. § 19 GBO erfordern. Die Eintragung nach § 10 Abs. 3 S. 1 WEG sei nur für die Wirkung gegen den Sondernachfolger relevant. Hätte der Berechtigte (zwischenzeitlich)  schuldrechtlich über das Sondernutzungsrecht (hier an einem Stellplatz) zugunsten eines anderen Sondereigentümers verfügt,  wäre dieser andere Wohnungseigentümer sachenrechtlich (iSv. § 19 GBO) nicht betroffen. Denn seine Nutzungsbefugnis wäre mangels Wahrung im Grundbuch zu seinem Sondereigentum nicht zum Inhalt desselben geworden. Ein schuldrechtlicher Anspruch eines Dritten könne daher das Bewilligungserfordernis nicht begründen (entgegen OLG München, Beschluss vom 22.12.2017 - 34 Wx 139/17 -).

Das Grundbuchamt habe auch nicht bloßen Zweifeln nachzugehen, das Grundbuch könne bei einer bewilligten Eintragung unrichtig werden. In der Zuordnungserklärung läge regelmäßig die Eintragungsbewilligung. Für die W. ergäbe sich aus dem entsprechenden Vorbehalt in der Teilungserklärung die Bewilligungsberechtigung. Für diese Bewilligungsermächtigung käme es aber nicht darauf an, dass ihr Zuweisungsrecht mit der Veräußerung der letzten Sondereigentumseinheit enden soll. Die W. sei erst 2019 aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden. Sie habe aber, und das sei ausreichend (OLG Hamm, Beschluss vom 16.06.2017 - 15 W 474/16 -), zuvor noch durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt ihr Zuweisungsrecht ausgeübt. Mit dem Zugang dieser Erklärung habe die Ermächtigung der W. zur (anderweitigen) Zuweisung geendet (BGH, Urteil vom 02.12.2011 - V ZR 74/11 -). Diese so noch zur Zeit, als die W. noch Eigentümerin war und nicht alle Sondereigentumseinheiten veräußert waren, konkretisierte Bewilligungsberechtigung wirke bis zur Eintragung der positiven Komponente (also Umsetzung durch Wahrung im Grundbuch des Sondereigentums) fort.

Kammergericht, Beschluss vom 07.02.2023 - 1 W 213/22 -


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 17. Februar 2022 aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, in dem Bestandsverzeichnis des oben genannten Grundbuchs das Sondernutzungsrecht an dem Pkw-Stellplatz Nr. 13 als zugeordnet einzutragen.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) und begründet. Für die Eintragung des Sondernutzungsrechts als Inhalt des Sondereigentums (§ 5 Abs. 4, § 10 Abs. 3 S. 1 WEG) genügt die Zuordnungserklärung der W… vom 20. Februar 2018 (§ 2 UR-Nr. 24/2018 des Notars …), die dem Grundbuchamt 2018 zugegangen ist. Das folgt aus ihrer gemäß § 7 Abs. 3 WEG gebuchten Ermächtigung, durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt für einen einzelnen Wohnungseigentümer ein die übrigen ausschließendes Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz zu begründen (§ 3 Nr. 2 UR-Nr. 368/2015 und § 2 UR-Nr. 41/2016 des Notars …).

Es kann dahin stehen, ob die beantragte Eintragung lediglich eine Klarstellung ist, weil das verdinglichte Sondernutzungsrecht durch die Zuordnungserklärung bereits vollständig entstand. Durch diese Erklärung sind die übrigen Wohnungseigentümer, die zuvor gemäß § 16 Abs. 1 S. 3 WEG zum Mitgebrauch berechtigt waren, mit der Wirkung des § 10 Abs. 3 S. 1 WEG von der Nutzung ausgeschlossen. Der Ausschluss aller nicht begünstigten Eigentümer (negative Komponente) durch die Teilungserklärung steht unter der aufschiebenden Bedingung der Zuweisungserklärung und wird gemäß § 158 Abs. 1 BGB mit dieser wirksam (BayObLG, DNotZ 1986, 479, 481 ff.). Gleiches könnte für die positive Komponente gelten, wenn die Ermächtigung dahin zu verstehen ist, dass für jeden Wohnungseigentümer ein gesondertes – jeweils durch eine ihn begünstigende (erste) Zuordnungserklärung aufschiebend bedingtes – Recht zum alleinigen Gebrauch bestimmt wird (vgl. Rieger, DNotZ 2020, 431, 435).

Auch soweit es sich um eine rechtsändernde Eintragung handeln sollte, bedarf es keiner Bewilligung der übrigen Wohnungseigentümer nebst dinglich Berechtigter gemäß § 19 GBO. Sie sind von der Buchung des Sondernutzungsrechts im Grundbuch der begünstigten Einheit nicht nachteilig betroffen, da die negative Komponente bereits mit dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung – der Zuordnungserklärung – als Inhalt des Sondereigentums in allen Wohnungsgrundbüchern eingetragen ist (Demharter, GBO, 32. Aufl., Anh. § 3 Rn. 28.3; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 2913a jew. m.w.N.).

Eine Mitwirkung der ausgeschlossenen Wohnungseigentümer ist auch nicht wegen des Zeitablaufs erforderlich. Zum einen besteht die Möglichkeit, vom Grundbuchinhalt Abweichendes schuldrechtlich zu vereinbaren, immer (vgl. Falkner, ZNotP 2017, 251, 258 f.). Die Eintragung nach § 10 Abs. 3 S. 1 WEG ist nur für die Wirkung gegen den Sondernachfolger relevant. Hätte die Beteiligte das Sondernutzungsrecht an dem Stellplatz mit nur schuldrechtlicher Wirkung auf einen anderen Wohnungseigentümer übertragen, wäre dieser nicht deshalb i.S.v. § 19 GBO sachenrechtlich betroffen, denn die Nutzungsbefugnis ist mangels Buchung nicht zum Inhalt seines Sondereigentums geworden. Für das Bewilligungserfordernis kommt es auf einen lediglich schuldrechtlichen Anspruch nicht an (Falkner, a.a.O.; a.A. OLG München, Beschluss vom 22. Dez. 2017 - 34 Wx 139/17 - juris Rn. 40).

Zum anderen hat das Grundbuchamt bloßen Zweifeln, das Grundbuch könne durch eine gemäß § 19 GBO bewilligte Eintragung unrichtig werden, nicht nachzugehen (vgl. Demharter, a.a.O., Anh. § 13 Rn. 41). Die W… hat die Eintragungsbewilligung, die regelmäßig in der Zuordnungserklärung liegt, zusätzlich ausdrücklich erklärt. Für ihre aus dem Vorbehalt in der Teilungserklärung folgende Bewilligungsberechtigung ist es unerheblich, dass ihr Zuweisungsrecht mit der Veräußerung der letzten Sondereigentumseinheit enden soll. Denn die W… ist erst 2019 aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden. Es reicht aus, dass sie ihr Zuweisungsrecht noch zuvor durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt ausgeübt hat (vgl. OLG Hamm, DNotZ 2018, 225). Bereits mit dem Zugang der Erklärung endete die Ermächtigung der teilenden Eigentümerin zur (anderweitigen) Zuweisung (vgl. BGH, NJW 2012, 676 Rn. 16); ihre so konkretisierte Bewilligungsberechtigung wirkt bis zur Eintragung der positiven Komponente fort.


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