Freitag, 3. Februar 2023

Die sittenwidrig vom Zuwendungsempfänger bewirkte Schenkung an sich

Der 1922 geborene Kläger schenkte mit notariellen Vertrag vom 133.06.2017 den Beklagten Wertpapiere in einem Wert von € 219.000,00. Weiterhin übertrag er dem Vater der Beklagten, seinem Sohn, das Eigentum an einem Mehrfamilienhaus. Mit Schreiben vom 15.08.2017 erklärte der Kläger im Hinblick auf die Schenkung an die Beklagten die Anfechtung des (noch nicht vollzogenen) Schenkungsvertrages und erhob im Anschluss Anfechtungslage, die vom Landgericht abgewiesen wurde. Die Berufung des Klägers wurde vom Oberlandesgericht (OLG) zurückgewiesen. De BGH hatte auf die zugelassene Revision das Urteil des OLG aufgehoben und den Rechtsstreit an das OLG zurückverwiesen.

Kernpunkte der Auseinandersetzung waren, ob (1) der Schenkungsvertrag aufgrund der Anfechtung nichtig war, was der Fall gewesen wäre, wenn die Beklagten dem Kläger ein Übel in Aussicht gestellt hätten, um ihn zur Schenkung zu veranlassen, und (2) ob der Vertrag wegen Ausnutzung einer erheblichen Willensschwäche des Klägers nichtig war. Beides wurde vom OLG verneint.

(1) Der BGH schloss sich dem OLG in dessen Würdigung an, dass die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Schenkung nicht vorlagen. Es sei dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen, dass die Beklagten oder deren Vater den Kläger durch Drohung mit einem empfindlichen Übel (§ 123 Abs. 1 BGB) zum Abschluss der Schenkungsverträge veranlassten.

(2) Allerdings sei eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit aufgrund der Feststellungen des OLG entgegen dessen Rechtsauffassung nicht zu verneinen.

Sittenwidrig sei ein Rechtsgeschäft, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoße. Würde es nicht bereits seinem Inhalt nach gegen die grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung verstoßen, müsse ein persönliches Verhalten des Handelnden hinzukommen, das diesem zum Vorwurf gemacht werden könne (BGH, Urteil vom 16.07.2019 - II ZR 426/17 -). Dabei sei der dem Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmende Gesamtcharakter des Verhaltens maßgeblich (BGH, Urteil vom 04.06.2013 - VI ZR 288/12 -). Die Sittenwidrigkeit könne sich je nach Einzelfall aus einem dieser Elemente oder aus einer Kombination und deren Summenwirkung ergeben (BGH, Urteil vom 26.04.2022 - X ZR 3/20 -).  

Bei einem unentgeltlichen Geschäft gem. § 138 Abs. 1 BGB könne sich die Sittenwidrigkeit nicht nur aus den Motiven des Zuwendenden ergeben, sondern auch und sogar in erster Linie aus den Motiven des Zuwendungsempfängers. Das sei beispielhaft der Fall, bei dem aus fremder Bedrängnis in sittenwidriger Weise Vorteile gezogen würden. Von Bedeutung könne dabei sein, ob der der Schenker den Wünsche des Beschenkten aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur nicht oder kaum habe entziehen können, ob dies der Beschenkte wusste oder sich einer derartigen Erkenntnis leichtfertig verschloss und er die fehlende oder geschwächte Widerstandskraft des Schenkers eigennützig ausnutzte oder es sogar darauf anlegte (BGH, Urteil vom 04.07.1990 - IV ZR 121/89 -). Es würde sich um Gesichtspunkte handeln, die auch die (bloße) Anfechtbarkeit nach § 123 Abs. 1 BGB überlagern würden, da nicht die Drohung mit einem Übel im Vordergrund stünde, sondern die Ausnutzung einer vorhandenen Zwangslage im Vordergrund stünde oder hinzutreten würde.

Befände sich der Schenker in einer objektiven und subjektiven Zwangslage, könne der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht nur denjenigen treffen, der diese Zwangslage herbeigeführt habe; ausreichend sei, wenn der Zuwendungsempfänger sich eine bestehende Zwangslage bewusst nutzbar mache. Das sei auch dann der Fall, wenn der Vertrag vom Zuwendungsempfänger in der Kenntnis abgeschlossen wird, dass der Schenker sich in einer Zwangslage befindet. Das Wissen einer mit den Vertragsverhandlungen und Vertragsabschluss beauftragten Person müsse sich der Zuwendungsempfänger im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (BGH, Urteil vom 08.11.1991 - V ZR 260/90 -).

Dies zugrunde gelegt habe das OLG die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte nicht vollständig berücksichtigt.

Nicht berücksichtigt habe das OLG den Vortrag, der Vater der Beklagten habe den Kläger am Abend vor der Beurkundung des Schenkungsvertrages über längere Zeit hinweg „bearbeitet“ und am nächsten Morgen in Begleitung der Beklagten zum Notar gefahren, wo er erstmals den Inhalt der abzuschließenden Verträge erfahren habe. In diesem Zusammenhang sei der Vortrag beachtlich gewesen, der Beklagte zu 1. und  sein Vaterhätten den Kläger über mehrere Monate intensiv überwacht und weitgehend isoliert. Es sei möglich, dass der Kläger den Schenkungsvertrag zugunsten der Beklagten abgeschlossen habe, um der von ihm als Überwachung und Isolation empfundenen Situation, die im Hinblick auf den vermeintlichen Entscheidungszwang in dem nicht zuvor angekündigten Notartermin seien Zuspitzung gefunden habe, zu entkommen.

Als Indiz könne auch das vom Kläger behauptete Geschehen nach der notariellen Beurkundung Bedeutung haben. Zwar seien grundsätzlich für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit von Relevanz, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorgelegen haben (BGH, Urteil vom 30.07.2020 - VI ZR 5/20 -), können aber danach liegende Umstände gleichwohl indizielle Bedeutung gewinnen.

Eine solche Indizwirkung könne dem klägerischen Vortrag zukommen, ein Mitarbeiter der Bank, bei der der Kläger sein Wertpapierdepot hatte, soll den von den Beklagten angestrebten Vollzug der Übertragung verhindert haben. Das könne darauf hindeuten, dass der Kläger dem Schenkungsvertrag nur abschloss, da er die Situation im Notartermin als besonders bedrängend empfand und anders als bei dem nachfolgenden Banktermin keinen Ausweg aus einer subjektiv empfunden Zwangslage gesehen habe.

Das OLG hätte sich mit diesem Vortrag im Zusammenhang befassen müssen und auf dieser Grundlage in tatrichterlicher Würdigung entscheiden müssen, ob die Schenkungsverträge mit den Beklagten auf einer vom Kläger als bedrohlich empfundenen Zwangslage beruhten und ob die Beklagten dies wussten oder sich entsprechende Kenntnisse des Vaters zurechnen lassen müssten. Auch hätte sich das OLG mit der Frage befassen müssen, ob der Kläger aufgrund seines hohen Alters die Situation als besonders belastend empfand.

BGH, Urteil vom 15.11.2022 - X ZR 40/20 -


Aus den Gründen:

Tenor

Auf die Revision wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. März 2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der im Jahr 1922 geborene Kläger schenkte den beiden Beklagten - seinen Enkeln - mit notariell beurkundetem Vertrag vom 13. Juni 2017 Wertpapiere im Wert von jeweils 219.000 Euro. Zu einer Übertragung der Wertpapiere kam es in der Folgezeit nicht.

Ebenfalls am 13. Juni 2017 übertrug der Kläger seinem Sohn - dem Vater der Beklagten - das Eigentum an einem Mehrfamilienhaus in B.

Mit Schreiben vom 15. August 2017 erklärte der Kläger gegenüber den Beklagten die Anfechtung des mit ihnen abgeschlossenen Schenkungsvertrags aus allen rechtlich vorgesehenen Gründen.

Das Landgericht hat die auf Feststellung der Nichtigkeit des Schenkungsvertrags mit den Beklagten gerichtete Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagten treten dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Schenkungsvertrag sei nicht aufgrund der Anfechtung nichtig. Der Kläger zeige nicht auf, dass und welches Übel ihm in Aussicht gestellt worden sei, um ihn zu einer Schenkung zu veranlassen. Das Verhalten des Vaters der Beklagten sei insofern ohne Relevanz.

Der Schenkungsvertrag sei auch nicht wegen der Ausnutzung einer erheblichen Willensschwäche des Klägers sittenwidrig. Die Rechtsordnung billige jedem geschäftsfähigen Menschen die Entscheidung zu, Teile seines Vermögens zu verschenken. Dies gelte auch dann, wenn der Begünstigte derartige Zuwendungen an sich wünsche. Für die Frage, ob ein solches Geschäft im Einzelfall dennoch dem Unwerturteil des § 138 Abs. 1 BGB unterfalle, seien in erster Linie die Motive des Begünstigten bzw. die von ihm verfolgten Zwecke und die Art und Weise seines Vorgehens maßgeblich sowie etwa die Persönlichkeitsstruktur des Zuwendenden, soweit dieser nicht oder kaum in der Lage sei, sich bedrängenden Wünschen der Zuwendungsempfänger zu entziehen. Hierfür seien im Streitfall keine belastbaren Anhaltspunkte vorgetragen.

II. Dies hält der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht die Voraussetzungen für eine Anfechtung des Schenkungsvertrags verneint.

a) Dem Vortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagten oder deren Vater den Abschluss der Schenkungsverträge durch Drohung mit einem empfindlichen Übel im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB veranlasst haben.

b) Die Voraussetzungen eines Inhaltsirrtums im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB sind ebenfalls nicht erfüllt.

Für einen Inhaltsirrtum in diesem Sinne reicht es nicht aus, wenn eine Willenserklärung abgegeben wird, deren Inhalt der Erklärende nicht kennt oder nicht versteht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Erklärende eine bestimmte, vom tatsächlichen Inhalt abweichende Vorstellung hatte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - V ZB 9/13, NJW 2014, 1242 Rn. 8; Urteil vom 27. Oktober 1994 - IX ZR 168/93, NJW 1995, 190, juris Rn. 19; BAG, NJW 1971, 639, juris Rn. 22).

Letzteres ist dem Klagevortrag nicht zu entnehmen.

2. Eine Nichtigkeit des Schenkungsvertrags wegen Sittenwidrigkeit lässt sich mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung hingegen nicht verneinen.

a) Ein Rechtsgeschäft ist sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Verstößt das Rechtsgeschäft nicht bereits seinem Inhalt nach gegen die grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung, muss ein persönliches Verhalten des Handelnden hinzukommen, das diesem zum Vorwurf gemacht werden kann (BGH, Urteil vom 16. Juli 2019 - II ZR 426/17, NJW 2019, 3635 Rn. 24). Hierbei ist der aus der Zusammenfassung von Inhalt, Zweck und Beweggrund zu entnehmende Gesamtcharakter des Verhaltens maßgeblich (BGH, Urteil vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, NJW-RR 2013, 1448 Rn. 14). Je nach Einzelfall kann sich die Sittenwidrigkeit bereits aus einem dieser Elemente oder aus einer Kombination mehrerer Elemente und deren Summenwirkung ergeben (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - III ZR 60/11, MDR 2012, 333 Rn. 20; Urteil vom 26. April 2022 - X ZR 3/20, NJW 2022, 3147 Rn. 32).

Die Sittenwidrigkeit eines unentgeltlichen Geschäfts gemäß § 138 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur aus Motiven des Zuwendenden ergeben, sondern auch und sogar in erster Linie aus den Motiven des Zuwendungsempfängers. So kann es sich um einen Fall handeln, in dem aus fremder Bedrängnis in sittenwidriger Weise Vorteile gezogen werden. Hierfür kann von Bedeutung sein, ob der Schenker sich den Wünschen des Beschenkten aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur nicht oder kaum hätte entziehen können, ob der Beschenkte dies wusste oder sich einer derartigen Erkenntnis leichtfertig verschloss und ob er die fehlende oder geschwächte Widerstandskraft des Schenkers eigensüchtig ausgenutzt oder es sogar darauf angelegt hat (BGH, Urteil vom 4. Juli 1990 - IV ZR 121/89, FamRZ 1990, 1343, juris Rn. 14). In diesem Zusammenhang können die in § 138 Abs. 2 BGB besonders hervorgehobenen Gesichtspunkte insbesondere im Hinblick auf das Verhalten des Zuwendungsempfängers auch im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB von Bedeutung sein (BGH, Urteil vom 26. April 2022 - X ZR 3/20, NJW 2022, 3147 Rn. 33). Es handelt sich um einen Nichtigkeitsgrund, der gegebenenfalls auch die (bloße) Anfechtbarkeit nach § 123 Abs. 1 BGB überlagert, weil nicht die Drohung mit einem künftigen Übel, sondern die Ausnutzung der vorhandenen Zwangslage im Vordergrund steht oder hinzutritt (BGH, Urteil vom 22. Januar 1991 - VI ZR 107/90, NJW 1991, 1046, juris Rn. 15).

Ist der Schenker aufgrund einer objektiven oder subjektiven Zwangslage zur Schenkung veranlasst worden, kann der Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht nur solche Personen treffen, die diese Zwangslage herbeigeführt haben. Vielmehr kann es ausreichen, wenn der Zuwendungsempfänger sich eine bestehende Zwangslage bewusst zu Nutze macht. Diese Voraussetzungen können auch dann gegeben sein, wenn der Zuwendungsempfänger den Schenkungsvertrag abschließt, obwohl er weiß, dass der Schenker aufgrund einer solchen Zwangslage handelt. Hat eine der Vertragsparteien die Verhandlungsführung und den Vertragsschluss vollständig einer mit der Sachlage allein vertrauten Hilfsperson überlassen, muss er sich deren Wissen auch im Rahmen des § 138 Abs. 1 BGB entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (zu letzterem BGH, Urteil vom 8. November 1991 - V ZR 260/90, NJW 1992, 899, juris Rn. 18).

b) Das Berufungsgericht hat die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte, die für die Beurteilung dieser Frage von Bedeutung sind, nicht vollständig berücksichtigt.

aa) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht den Vortrag, die Beklagte zu 1 und deren Vater hätten den Kläger vor der Beurkundung des Schenkungsvertrags mehrere Monate lang intensiv überwacht und weitgehend isoliert, für sich gesehen als nicht ausreichend angesehen.

bb) Das Berufungsgericht hätte in diesem Zusammenhang jedoch zusätzlich den Vortrag berücksichtigen müssen, der Vater der Beklagten habe den Kläger am Abend vor der Beurkundung des Schenkungsvertrags über längere Zeit hinweg "bearbeitet" und am nächsten Morgen in Begleitung der Beklagten zum Notar gefahren, wo ihm erstmals der Inhalt der abzuschließenden Verträge mitgeteilt worden sei.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dieser Vortrag nicht ohne weiteres als inhaltsleer zu bewerten. Er lässt es vielmehr als möglich erscheinen, dass der Kläger den Schenkungsvertrag zugunsten der Beklagten abgeschlossen hat, um der zuvor bestehenden, von ihm als Überwachung und Isolation empfundenen Situation, die aufgrund vermeintlichen Entscheidungszwangs in dem zuvor nicht angekündigten Notartermin eine akute Zuspitzung gefunden hatte, zu entkommen.

cc) In diesem Zusammenhang kann ferner das vom Kläger behauptete Geschehen unmittelbar nach der notariellen Beurkundung als Indiz von Bedeutung sein.

Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines Vertrags sind unmittelbar zwar nur die Umstände relevant, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorlagen (vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798 Rn. 31). Gleichwohl können im Zeitablauf nachfolgende Umstände eine indizielle Bedeutung gewinnen.

Dem Vortrag des Klägers, er habe sich unmittelbar nach dem Notartermin gegenüber dem Mitarbeiter der die Wertpapiere verwahrenden Bank in einer Weise verhalten, dass dieser den seitens der Beklagten angestrebten Vollzug der Übertragung verhindert habe, kann eine solche Indizwirkung zukommen. Das vorgetragene Verhalten könnte darauf hindeuten, dass der Kläger den Schenkungsvertrag nur deshalb abgeschlossen hat, weil er die Situation im Notartermin als besonders bedrängend empfunden und anders als im nachfolgenden Banktermin keinen Ausweg mehr gesehen hat, um sich dieser subjektiven Zwangslage entziehen zu können.

dd) Angesichts dessen hätte das Berufungsgericht sich mit dem aufgezeigten Vortrag im Zusammenhang befassen und auf dieser Grundlage in tatrichterlicher Würdigung entscheiden müssen, ob die Schenkungsverträge mit den Beklagten auf einer vom Kläger als bedrohlich empfundenen Zwangslage beruhen und ob die Beklagten dies wussten oder sich diesbezügliche Kenntnisse ihres Vaters hätten zurechnen lassen müssen. Hierbei hätte das Berufungsgericht sich auch mit der Frage befassen müssen, ob der Kläger aufgrund seines hohen Alters die Situation als besonders belastend empfunden hat.

III. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Sie ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


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