Der BGH hatte sich mit der Revision gegen eine Entscheidung des OLG Frankfurt zu befassen, die den Widerruf der mit notariell beurkundeten Übertragungen von Grundstücken in den Jahren 1993 und 1994 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den Beklagten zum Inhalt hatte. Mit Schreiben vom 16.12.2011 widerrief die Übertragende die Schenkung wegen des Verhaltens des Beklagten in einem Verfahren vor dem LG Bonn und im Hinblick auf einen Erpressungsversuch des Beklagten. Der Beklagte wurde vom Landgericht antragsgemäß zur Herausgabe des (Mit-) Eigentums an den Grundstücken verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten wies das OLG Frankfurt die Klage insoweit ab. Die zugelassene Revision führte zur Aufhebung des Urteils des OLG und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits, da das OLG nicht (ausreichend) geprüft habe, ob eine Schenkung und bejahendenfalls ein Widerrufsgrund vorläge.
Das Landgericht hatte seien Entscheidung damit begründet, der Übertragung müsste eine Schenkung iSv. 516 BGB zugrunde liegen und die (zwischenzeitlich verstorbene) Übertragende hätte diesen wegen groben Undanks gem. § 530 Abs. 1 BGB widerrufen müssen. Allerdings läge jedenfalls kein Widerruf iSv. § 530 BGB vor, da die Widerrufserklärung vom 16.12.2012 wegen fehlender Angabe eines Widerrufsgrundes unwirksam gewesen sei. Zwar seien Angaben getätigt worden, die aber nicht erkennen ließen, welches Verhalten des Beklagten konkret beanstandet würde.
Der BGH verwies darauf, er habe bisher (BGH, Urteil vom 22.10.2019 - X ZR 48/17 -) nur dazu entschieden, dass § 531 Abs. 1 BGB keine umfassende rechtliche Begründung des Widerrufs erforderlich sei und es ausreichend sei, dass der dem Widerruf zugrunde liegende Sachverhalt nur so weit dargestellt würde, dass der Beschenkte ihn von anderen Geschehnissen unterscheiden und die Einhaltung der in § 532 BGB für den Widerruf vorgegebenen Jahresfrist beurteilen sowie im Umkehrschluss feststellen könne, welche gegebenenfalls andere Vorfälle der Schenker nicht zum Anlass des Widerrufs genommen habe. Ob es einer diesen Anforderungen genügenden Begründung allerdings bedürfe, habe der zur Entscheidung berufene Senat bisher entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht offengelassen, da sie bei der Entscheidung vom 22.10.2019 nicht von Relevanz gewesen sei.
Nunmehr aber postulierte sich der BGH eindeutig und erklärte, dass es für den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks keiner Begründung bedarf. Damit reicht mithin die Erklärung aus, dass die Schenkung wegen groben Undanks widerrufen wird.
Zwar würde in der obergerichtlichen Rechtsprechung von Oberlandesgerichten und dem überwiegendem Teil der Literatur die Mitteilung des Widerrufsgrundes (so wie vorliegend das OLG Frankfurt) für erforderlich gehalten, und zwar im Hinblick auf die Prüfung der Jahresfrist (§ 532 BGB) und eines Widerrufsgrundes (§ 532 BGB). Ein teil der Literatur sei unter Bezugnahme auf den Wortlaut des Gesetzes der Ansicht, der Mitteilug des Widerrufsgrundes bedürfe es nicht; dieser Auffassung folgte der BGH.
Dabei verwies der BGH auf dem Wortlaut der Norm, die keine Mitteilung des Widerrufsgrundes in der Widerrufserklärung vorsehe. Aber auch aus dem Sinn und Zweck des § 531 Abs. 1 BGB sowie der §§ 530 und 532 BGB könne eine entsprechende Mitteilung des Widerrufsgrundes in der Widerrufserklärung nicht abgeleitet werden.
Zwar könne der Beschenkte in Ansehung der Folgen des Widerrufs ein schutzwürdiges Interesse daran haben, den Widerrufsgrund zwecks hinreichender Prüfung zu erfahren. Allerdings sei der Beschenkte nicht schutzlos gestellt. Die materielle Wirksamkeit eines Widerrufs sei an enge objektive und subjektive Voraussetzungen geknüpft und das Rückgabeverlangen könne im gerichtlichen Verfahren nur Erfolg haben, wenn in diesem gerichtlichen Verfahren (!) der Schenker (bzw. hier sein Rechtsnachfolger) die Voraussetzungen des groben Undanks darlege und beweise.
Es würde im Widerspruch zu diesem Regelungskonzept stehen, zusätzlichen Schutz durch ein formelles Begründungserfordernis zu gewähren, obwohl das Gesetz ein solches nicht vorsehen würde.
Dieses Ergebnis würde auch einem systematischen Vergleich mit den Voraussetzungen für die fristlose Kündigung eines Dienstvertrages aus wichtigen Grund (§ 626 BGB) entsprechen. Auch eine solche Kündigung würde das Vorliegen eines wichtigen Grundes als auch die Einhaltung einer (im Vergleich zu § 532 BGB deutlich kürzeren) Erklärungsfrist verlangen. Dort sei in § 626 Abs. 2 S. 3 BGB (anders als bei dem Schenkungswiderruf wegen groben Undanks) normiert, dass der Kündigende dem Gekündigten auf dessen Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitzuteilen habe; die Wirksamkeit der Kündigung hänge aber nicht davon ab, dass der Kündigende dem auch nachkomme. Vielmehr sei auch hier entscheidend, ob ein wichtiger Grund vorliegt und die Erklärungsfrist eingehalten wurde (BAG, Urteil vom 17.08.1972 - 2 AZR 415/17 -). Für den Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks, bei dem das Gesetz sogar keinerlei Begründung (also weder zusammen mit dem Widerruf noch auf Verlangen danach) vorsehe, könne nichts anderes gelten.
Anmerkung: Diese deutliche Entscheidung des BGH ist zu begrüßen, führte doch die Entscheidung aus 2019 zu der Irritation, es sei eine Begründung erforderlich. Die Begründung für den Widerruf wegen groben Undanks ist im Gesetz nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 626 BGB wird allgemein anerkannt, dass sie - da nicht im Gesetz normiert - auch nicht erfolgen muss; obwohl im Rahmen des § 626 BGB der Gekündigte nachträglich eine Begründung fordern kann, wird nach der Rechtsprechung des BAG diese Unterlassen des Kündigenden (zutreffend) nicht dahingehend sanktioniert, dass deshalb die Kündigung unwirksam wird. Umgekehrt ist in anderen Normen (so zur ordentlichen Kündigung im Mietrecht in § 573 Abs. 3 BGB) explizit eine Begründung gefordert, deren Fehlen zur Unwirksamkeit der Kündigung führt (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 31.03.1992 - 1 BvR 1492/91 -). Nähme man einen Begründungszwangs bei der Widerrufserklärung an, würde durch die Rechtsprechung ein formales Tatbestandsmerkmal geschaffen, welches der Gesetzgeber nicht vorgesehen hat und damit das Gericht letztlich zu einen Ersatzgesetzgeber, was der Gewaltenteilung widerspräche.
BGH,
Urteil vom 11.10.2022 - X ZR 42/20 -
Tenor
Auf die Revision der Klägerinnen wird das
Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 27.
Dezember 2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache
zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts
wegen
Tatbestand
Die Parteien
streiten um die Übertragung von Grundstückseigentum nach dem Widerruf von
Schenkungen.
Die frühere
Klägerin (nachfolgend: die Erblasserin), die im Laufe des Berufungsverfahrens
verstorben ist und deren Erbinnen die beiden jetzigen Klägerinnen sind, war
Eigentümerin einer Reihe von Grundstücken in Frankfurt am Main und Bonn. Mit
notariell beurkundeten Verträgen vom 28. Dezember 1993 und vom 30. November
1994 übertrug sie den Klägerinnen und deren Bruder - dem Beklagten - im Wege
der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an vierzehn Grundstücken zu jeweils
einem Drittel. Dabei behielt sie sich den lebenslangen unentgeltlichen
Nießbrauch vor. Mit einem weiteren Vertrag vom 16. November 2000 übertrug sie
dem Beklagten ein Grundstück in Frankfurt am Main zu Alleineigentum.
Vom 2. bis zum
9. April 2008 war die Erblasserin stationär in einem Hospital untergebracht. Am
10. April 2008 bewilligte sie die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen
Nießbrauchsrechte. Der die Unterschrift der Erblasserin beglaubigende Notar
übersandte die Urkunden wenige Tage später der gemeinsamen Hausverwaltung der
Klägerinnen und des Beklagten "zur weiteren Verfügung und Verwahrung bei
ihren Unterlagen". Die Urkunden wurden in einem Safe im Geschäftslokal der
Hausverwaltung aufbewahrt.
Am 8. Januar
2010 ließ sich der Beklagte von einer Mitarbeiterin der Hausverwaltung die
Urkunden aushändigen. Anschließend verhandelten die Parteien über die
Verwendung der Löschungsbewilligungen.
Im Februar 2010
stellte eine GmbH, deren Geschäftsführer und beherrschender Gesellschafter der
Beklagte war, die Zahlung der Pacht für die Nutzung eines anderen Grundstücks
der Erblasserin in Bonn ein. Die Erblasserin erwirkte deswegen vor dem
Landgericht Bonn einen gegen die Gesellschaft gerichteten Zahlungstitel in Höhe
von 1.308.588,30 Euro.
Am 6. April
2010 widerrief die Erblasserin eine dem Beklagten schon im Jahr 1999 erteilte
Handlungsvollmacht. Unter dem 11. Mai 2010 verlangte die Klägerin zu 2 vom
Beklagten die Herausgabe der Löschungsbewilligungen an die Erblasserin. Der
Beklagte kam dem nicht nach. Am 28. und 31. Dezember 2010 reichte ein Notar die
Löschungsbewilligungen in seinem Auftrag bei den jeweils zuständigen
Grundbuchämtern ein. Ablichtungen übersandte er der Erblasserin.
Die Erblasserin
wurde am 7. Januar 2011 vom Amtsgericht Frankfurt am Main über die Löschung der
für sie eingetragenen Rechte informiert. Sie erwirkte daraufhin eine
einstweilige Verfügung, mit der dem Beklagten untersagt wurde, den Antrag auf
Eintragung der Löschungsbewilligung des Nießbrauchs im jeweiligen Grundbuch
aufrechtzuerhalten. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung nach
Widerspruch des Beklagten aufrechterhalten. Die hiergegen eingelegte Berufung
nahm der Beklagte nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts zurück. In dem
genannten Verfahren hat sich der Beklagte insbesondere mit der Behauptung
verteidigt, die Erblasserin sei dement und deshalb nicht geschäfts- und
prozessfähig.
Im vorliegenden
Rechtsstreit hat die Erblasserin vom Beklagten zunächst die Zustimmung zur
Berichtigung der Grundbücher in Bezug auf die ihrer Ansicht nach zu Unrecht
gelöschten Nießbrauchsrechte verlangt. Insoweit ist gegen den Beklagten später
ein Teil-Anerkenntnisurteil ergangen.
Nach dem Tod
der Erblasserin haben die Klägerinnen die Feststellung beantragt, dass sie je
zur Hälfte Erbinnen geworden sind und der Beklagte nicht Erbe geworden ist. Das
Berufungsgericht hat diese Feststellung antragsgemäß ausgesprochen.
Mit Schreiben
an den Beklagten vom 16. Dezember 2011 hat die Erblasserin den Widerruf der
Schenkungen der eingangs erwähnten Grundstücke erklärt, die in dem Schreiben im
Einzelnen aufgeführt sind. Mit Schriftsatz vom 12. März 2012 hat sie im Wege
der Klageerweiterung vom Beklagten die Rückübertragung des (Mit-)Eigentums an
diesen fünfzehn Grundstücken verlangt.
Mit Schriftsatz
vom 5. Juli 2012 hat die Erblasserin erneut den Widerruf der Schenkungen
erklärt. Zur Begründung hat sie sich insbesondere auf das Verhalten des
Beklagten in dem vor dem Landgericht Bonn geführten Verfahren berufen, ferner
auf einen Erpressungsversuch des Beklagten gegenüber den Klägerinnen, von dem
sie erst im November 2011 Kenntnis erlangt habe.
Das Landgericht
hat den Beklagten antragsgemäß zur Übertragung des (Mit-)Eigentums an den
Grundstücken verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das
Berufungsgericht die Klage insoweit abgewiesen. Dagegen wenden sich die
Klägerinnen mit der vom Senat zugelassenen Revision, der der Beklagte
entgegentritt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige
Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung im
Umfang der Anfechtung und zur Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht.
I. Das
Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klage sei
zulässig. Insbesondere sei die Erblasserin jedenfalls bei Erteilung der
Prozessvollmacht Ende Januar 2011 prozessfähig gewesen. Ob ihre
Prozessfähigkeit während des Verfahrens entfallen sei, habe für die rechtliche
Beurteilung keine Bedeutung. Ein Widerruf der Vollmacht könne nicht
festgestellt werden. Nach dem Versterben der Erblasserin hätten die Klägerinnen
den Prozess gemäß § 239 Satz 1 ZPO wirksam aufgenommen.
Jedoch sei die
auf Rückübertragung des Grundstückseigentums gerichtete Klage nicht begründet.
Ein entsprechender Anspruch komme nur in Betracht, wenn den Übertragungen an
den Beklagten eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB zugrunde gelegen und
die Erblasserin diese wegen groben Undanks gemäß § 530 Abs. 1 BGB
wirksam widerrufen habe. Zumindest die zuletzt genannte Voraussetzung liege
nicht vor. Die Widerrufserklärung vom 16. Dezember 2012 sei unwirksam, weil die
Erblasserin keinen Widerrufsgrund angegeben habe und es deshalb an der nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs notwendigen Begründung fehle. Die
Erklärung vom 5. Juli 2012 enthalte zwar eine Begründung, lasse aber nicht
erkennen, welches Verhalten des Beklagten konkret beanstandet werde. Überdies
sei diese Erklärung nach Ablauf der in § 532 BGB vorgesehenen Jahresfrist
abgegeben worden. Die Erblasserin habe von dem Gebrauch der
Löschungsbewilligungen und den Einlassungen des Beklagten in den daraus
resultierenden gerichtlichen Auseinandersetzungen schon im Jahr 2010 bzw.
Anfang des Jahres 2011 Kenntnis gehabt.
Ob den
Grundstücksübertragungen tatsächlich Schenkungen zugrunde gelegen hätten, könne
danach offenbleiben. Ebenso könne offenbleiben, ob der Erblasserin ein
Widerrufsgrund zur Seite gestanden habe. Der Vollständigkeit halber sei
allerdings festzustellen, dass ein solcher Widerrufsgrund nicht vorliege. Die
Einreichung der Löschungsbewilligungen stelle schon objektiv keine schwere
Verfehlung des Beklagten dar. Darüber hinaus lasse sich nicht feststellen, dass
das Verhalten des Beklagten subjektiv auf einer tadelswerten Gesinnung beruht
habe, die in erheblichem Maße die Dankbarkeit vermissen lasse, die die
Erblasserin habe erwarten können.
II. Das
hält der Überprüfung im Revisionsverfahren in einem entscheidenden Punkt nicht
stand.
Zu Unrecht hat
das Berufungsgericht die Widerrufserklärung vom 16. Dezember 2011 wegen Fehlens
einer Begründung als unwirksam angesehen.
1.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Frage, ob der Widerruf
einer Schenkung wegen groben Undanks grundsätzlich einer Begründung bedarf,
bislang nicht abschließend geklärt.
Der Senat hat
bisher nur entschieden, dass § 531 Abs. 1 BGB eine umfassende
rechtliche Begründung des Widerrufs nicht verlangt und die Erklärung den
zugrundeliegenden Sachverhalt allenfalls so weit darstellen muss, dass der
Beschenkte ihn von anderen Geschehnissen unterscheiden, die Einhaltung der in
§ 532 BGB vorgesehenen Jahresfrist beurteilen und im Umkehrschluss
erkennen kann, welche gegebenenfalls anderen Vorfälle der Schenker nicht zum
Anlass für die Erklärung des Widerrufs genommen hat (BGH, Urteil vom 22.
Oktober 2019 - X ZR 48/17, NJW-RR 2020, 179 Rn. 25).
Ob es einer
diesen Anforderungen genügenden Begründung bedarf, hat der Senat hingegen -
entgegen einer verbreiteten Auffassung (vgl. einerseits zustimmend
Staudinger/Chiusi, BGB, Neubearb. 2021, § 531 Rn. 2; Koch/Holle, JZ 2020,
422, 423; Heinemann, ZNotP 2020, 212, 213 und andererseits ablehnend
BeckOGK/Harke, BGB, Stand: 1. Oktober 2022, § 531 Rn. 5) - in der
zitierten Entscheidung offengelassen. Diese Frage war für die Entscheidung des
damals zu beurteilenden Falls unerheblich, weil die Widerrufserklärung den
genannten Anforderungen genügte.
2. Die
Erklärung des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks bedarf keiner
Begründung.
a) Die
obergerichtliche Rechtsprechung (OLG Hamm, Urteil vom 2. Juli 2001 - 22 U 1/01,
juris Rn. 44; OLG Saarbrücken, Urteil vom 22. Juli 2015 - 2 U 47/14, juris Rn.
19) und der überwiegende Teil der Literatur (BeckOK/Gehrlein, BGB, Stand: 1.
August 2022, § 531 Rn. 1; Dauner-Lieb/Langen/Dendorfer-Ditges/Wilhelm,
BGB, 4. Aufl. 2021, § 531 Rn. 4; Erman/Hähnchen, BGB, 16. Aufl. 2020,
§ 531 Rn. 1; Jauernig/Mansel, BGB, 18. Aufl. 2021, § 531 Rn. 6;
Münchener Kommentar-BGB/Koch, 8. Aufl. 2019, § 531 Rn. 3;
Staudinger/Chiusi, BGB, Neubearb. 2021, § 531 Rn. 2) hält die Mitteilung
des Widerrufsgrundes für erforderlich - insbesondere deshalb, weil der Beschenkte
die Möglichkeit haben müsse, das Vorliegen eines Widerrufsgrundes (§ 530
BGB) und die Einhaltung der Widerrufsfrist (§ 532 BGB) zu prüfen.
b) Ein
anderer Teil der Literatur lehnt eine Pflicht zur Mitteilung des
Widerrufsgrundes ab und beruft sich dafür auf den Wortlaut des Gesetzes
(BeckOGK/Harke, BGB, Stand: 1. Oktober 2022, § 531 Rn. 5).
c) Die
zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.
Der Wortlaut
des für die Beurteilung maßgebenden § 531 Abs. 1 BGB sieht eine
Mitteilung des Widerrufsgrundes in der Widerrufserklärung nicht vor.
d) Eine
Pflicht zur Begründung der Widerrufserklärung kann auch nicht aus dem Sinn und
Zweck des § 531 Abs. 1 BGB sowie der §§ 530 und 532 BGB
hergeleitet werden.
Angesichts der
gravierenden Folgen, die der Widerruf einer Schenkung für den Beschenkten haben
kann, hat der Beschenkte allerdings ein schutzwürdiges Interesse daran, die
Wirksamkeit eines Widerrufs hinreichend zuverlässig überprüfen zu können. Das
Gesetz stellt den Beschenkten insoweit aber nicht schutzlos. Es gewährt ihm
dadurch Schutz, dass die materielle Wirksamkeit des Widerrufs an enge objektive
und subjektive Voraussetzungen geknüpft ist und dass ein Rückgabeverlangen nur
dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn der Schenker das Vorliegen dieser
Voraussetzungen vor Gericht darlegen und beweisen kann.
Es stünde in
Widerspruch zu diesem Regelungskonzept, zusätzlichen Schutz durch ein formelles
Begründungserfordernis zu gewähren, obwohl das Gesetz ein solches Erfordernis
nicht vorsieht.
e) Für
dieses Ergebnis spricht auch ein systematischer Vergleich mit den
Voraussetzungen für die fristlose Kündigung eines Dienstvertrags aus wichtigen
Grund (§ 626 BGB).
Eine solche
Kündigung setzt nach § 626 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2
BGB ebenfalls das Vorliegen eines besonderen Grundes und die Einhaltung einer -
im Vergleich zu § 532 BGB deutlich kürzeren - Erklärungsfrist vor.
Nach § 626
Abs. 2 Satz 3 BGB muss der Kündigende dem anderen Teil auf Verlangen
den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen. Die Wirksamkeit der
Kündigung hängt aber nicht davon ab, dass der Dienstherr dieser Pflicht
nachkommt. Insoweit ist vielmehr allein ausschlaggebend, ob ein wichtiger Grund
vorliegt und die Erklärungsfrist eingehalten ist (BAG, Urteil vom 17. August
1972 - 2 AZR 415/71, AP BGB § 626 Nr. 65 unter II 1).
Für den
Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks, für die das Gesetz nicht einmal
eine Pflicht zur nachträglichen Begründung vorsieht, kann insoweit nichts
Anderes gelten.
III. Die
angefochtene Entscheidung erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig
(§ 561 ZPO).
1. Das
Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine
Feststellungen dazu getroffen, ob die Übertragung an den Beklagten auf einer
Schenkung beruht.
Für die
revisionsrechtliche Prüfung ist deshalb zugunsten der Klägerinnen von einer
Schenkung auszugehen.
2. Die
vom Berufungsgericht vorsorglich angestellten Erwägungen zum Widerrufsgrund
vermögen die angefochtene Entscheidung nicht zu tragen.
a) Der
Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB setzt objektiv eine Verfehlung
des Beschenkten von gewisser Schwere voraus. Darüber hinaus muss die Verfehlung
auch in subjektiver Hinsicht Ausdruck einer Gesinnung des Beschenkten sein, die
in erheblichem Maß die Dankbarkeit vermissen lässt, die der Schenker erwarten kann.
Ob diese beiden
Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller
relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Diese Umstände sind darauf
zu untersuchen, ob und inwieweit erkennbar wird, dass der Beschenkte dem
Schenker nicht die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit entgegenbringt,
die der Schenker erwarten darf. Anhaltspunkte dafür, was der Schenker an
Dankbarkeit erwarten kann, können neben dem Gegenstand und der Bedeutung der
Schenkung auch die näheren Umstände bieten, die zu der Schenkung geführt und
deren Durchführung bestimmt haben. Besondere Bedeutung kann ferner der
persönlichen Beziehung zwischen Schenker und Beschenktem zukommen, vor allem
dann, wenn diese von einer besonderen Verantwortlichkeit des Beschenkten
gegenüber dem Schenker geprägt ist (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2019 - X ZR
48/17, NJW-RR 2020, 179 Rn. 30 f.; Urteil vom 25. März 2014 - X ZR 94/12, NJW
2014, 3021 Rn. 17 f.).
Die danach
gebotene Gesamtwürdigung des festgestellten Sachverhalts ist Sache des
Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559
Abs. 2 ZPO gebunden ist. Das Revisionsgericht ist in diesem Zusammenhang
auf die Kontrolle beschränkt, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des
§ 286 ZPO mit dem Prozessstoff und gegebenenfalls den Beweisergebnissen
umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat (BGH, Urteil vom 13.
November 2012 - X ZR 80/11, NJW-RR 2013, 618 Rn. 12; Urteil vom 11. Juli 2000 -
X ZR 89/98, BGHZ 145, 35, 38).
b) Die
vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung wird den danach zu stellenden
Anforderungen nicht gerecht.
aa) Das
Berufungsgericht hat die Einreichung der Löschungsbewilligungen nicht als
schwere Verfehlung angesehen, weil die Löschung der Nießbrauchsrechte für die
Erblasserin auch mit gewissen Vorteilen verbunden gewesen sei, die Klägerinnen
ebenfalls Verhandlungen über die Verwendung der Löschungsbewilligungen geführt
hätten und die Erblasserin selbst kein Herausgabeverlangen an den Beklagten
gerichtet habe.
Hierbei hat das
Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, unberücksichtigt gelassen,
dass der Beklagte angesichts der Umstände, unter denen die Erblasserin die
Löschungsbewilligungen übersandt hat, und angesichts der ohne Ergebnis
gebliebenen Verhandlungen im Jahr 2010 auch ohne ausdrückliches
Herausgabeverlangen der Erblasserin nicht ohne weiteres davon ausgehen durfte,
von der Löschungsbewilligung ohne Einigung mit den übrigen Beteiligten Gebrauch
machen zu dürfen.
Wie die
Revisionserwiderung zu Recht geltend macht, war der Beklagte aufgrund der
Schenkungen zwar nicht unmittelbar gegenüber den Klägerinnen zur Dankbarkeit
verpflichtet. Der Umstand, dass die Erblasserin die Löschungsbewilligungen der
gemeinsamen Hausverwaltung übersandt und sich auch in der Folgezeit nicht mit
einer eigenmächtigen Verwendung durch einen Beteiligten einverstanden erklärt
hat, könnte aber zur Folge haben, dass das Verhalten des Beklagten als grobe
Verfehlung gegenüber der Erblasserin zu werten ist, wenn diese erkennbar
erwartet hat, dass der Beklagte von den Erklärungen nur im Einvernehmen mit den
Klägerinnen Gebrauch macht.
Hätte das
Berufungsgericht diesen Aspekt in seine Würdigung einbezogen, so hätte es sich
mit der Frage befassen müssen, ob das einseitige Vorgehen des Beklagten aus diesem
Grund die durch Rücksichtnahme geprägte Dankbarkeit vermissen lässt, die die
Erblasserin erwarten durfte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das
Berufungsgericht dann eine objektiv schwere Verfehlung bejaht hätte.
bb) Die
vom Berufungsgericht angestellte Erwägung, die Erblasserin habe mit einer
Verwendung der Löschungsbewilligungen auch gegen ihren Willen rechnen müssen,
findet keine Grundlage in den getroffenen Feststellungen.
Die Erwägung
mag zutreffen, wenn für die Erblasserin schon bei der Erteilung der
Bewilligungen erkennbare Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass der
Beklagte von der faktisch bestehenden Verwendungsmöglichkeit ohne oder gegen
ihren Willen Gebrauch machen würde. Diesbezügliche Anhaltspunkte ergeben sich
aus den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht.
Mangels solcher
Anhaltspunkte ist nicht auszuschließen, dass die Erblasserin aufgrund
getroffener Absprachen oder aufgrund der Umstände, unter denen sie die
Löschungsbewilligungen erteilt hat, damit rechnen konnte und durfte, dass der
Beklagte die Unterlagen nicht eigenmächtig verwenden wird, um die
Nießbrauchsrechte löschen zu lassen.
c) Vor
diesem Hintergrund erweisen sich die Erwägungen des Berufungsgerichts zu den
subjektiven Voraussetzungen von § 530 Abs. 1 ZPO ebenfalls als nicht
tragfähig.
Das
Berufungsgericht hat eine tadelnswerte Gesinnung verneint, weil dem Beklagten
nicht abgesprochen werden könne, dass er bei Verwendung der
Löschungsbewilligungen nicht lediglich in eigenem Interesse gehandelt habe,
sondern im Hinblick auf den Gesundheitszustand der Erblasserin - zunächst
offenbar auch mit Zustimmung der Klägerinnen - die Absicht hatte, die
Vermögensverhältnisse zu regeln und die Erblasserin von den mit den
Nießbrauchsrechten einhergehenden Belastungen zu befreien.
Auch hierbei
hat das Berufungsgericht außer Acht gelassen, dass der Beklagte nicht ohne
weiteres davon ausgehen durfte, die Regelung der Vermögensverhältnisse selbst
in die Hand nehmen zu dürfen.
IV. Im
wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht erneut zu prüfen
haben, ob ein Widerrufsgrund im Sinne von § 530 Abs. 1 BGB vorliegt.
Sollte es dies bejahen, wird es die bislang offen gelassene Frage zu klären
haben, ob die Übertragung an den Beklagten auf einer Schenkung beruht.
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