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Mittwoch, 23. Januar 2019

Das Aus für den fiktiven Schadensersatz im Vertrags- und Deliktsrecht ?


Den Anfang machte der BGH. In seiner Entscheidung vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 - hatte er über Schadensersatzansprüche bei Werkmängeln und gegen den Architekten bei sich im Bauwerk bereits verwirklichten Planungs- und Überwachungsfehlern zu urteilen. Unter Abänderung der bis dahin herrschenden Meinung und seiner eigenen Rechtsprechung, entschied er nun, dass, jedenfalls für Bauwerksverträge, die ab dem 01.01.2002 abgeschlossen wurde, bei Mängeln der Besteller nicht mehr seinen Schaden fiktiv nach dem möglichen Aufwand für die Mängelbeseitigung berechnen könne. Entweder lässt er den Mangel beseitigen und hat deshalb einen Anspruch auf den dafür erforderlichen Aufwand (§§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB), oder er behält das Werk mit den Mängeln und bemisst den Schaden nach der Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, Im Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert der Sache mit dem Mangel; im Falle einer Veräußerung ohne Mängelbeseitigung kann er den Schaden nach dem konkreten Mindererlös bemessen.

Nun haben zwei Kammern des LG Darmstadt in drei Entscheidungen im Anschluss an die benannte Entscheidung des BGH diese Rechtsprechungsänderung auch auf deliktische Ansprüche (Urteile vom 15.06.2018 - 8 O 134/16 -, vom 24.10.2018 -23 O 356/17 - sowie vom 05.09.2018 – 23 O 386/17 -) übertragen; die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig (Berufungen zum OLG Frankfurt am Main wurden eingelegt).

Der Entscheidung der 8. Zivilkammer vom 15.06.2018 lag ein Schaden an einem Grundstück zugrunde: Bei Bauarbeiten auf einem Nachbargrundstück wurde der dortige (ungesicherte) Bauzaun gegen die Fassade des Hauses des Klägers gedrückt. Auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags machte der Kläger Schadensersatz in Höhe der voraussichtlichen Nettokosten für die Schadensbeseitigung geltend. Vom Grundsatz erkannte das Landgericht einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der §§ 906 Abs. 2 S. 2, 823 Abs. 1 BGB zu. Allerdings sei der klägerseits geltend gemachte fiktive Schadensersatzanspruch nicht nach §§ 249ff BGB als erstattungsfähig anzusehen. Unter Bezugnahme auf die benannte Entscheidung des BGH hätte hier der Kläger entweder die Reparatur durchführen lassen müssen und den dafür erforderlichen Aufwand einklagen können, oder er hätte den tatsächlichen Wert der unbeschädigten Sache zum tatsächlichen Wert der beschädigten Sache ermitteln und geltend machen müssen. Dies sei auch hier nicht unbillig, da die Erstattung von fiktiven Schadensersatz nicht notwendig sei, um den Geschädigten seine Dispositionsfreiheit zu belassen, auch zu einem späteren Zeitpunkt den Schaden noch beseitigen zu lassen. Insoweit könnte er einen Antrag auf Freistellung von möglicherweise tatsächlich noch entstehenden Schadensbeseitigungskosten stellen.

In Ansehung der Bezugnahme auf die BGH-Entscheidung wird im Urteil festgehalten, dass der BGH seine Argumentation zur Vermeidung auf eine Überkompensation zwar auf das Werkvertragsrecht bezog, doch ließe sich dies auf alle fiktiven Schadensbeseitigungskosten im vertraglichen und deliktischen Bereich übertragen. Ebenso argumentierte die 23. Zivilkammer in den zwei benannten Urteilen vom 05.09. und 24.10.2018. In denen waren Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen streitgegenständlich und die Kammer negierte eine Möglichkeit des Geschädigten, den Schaden am Fahrzeug auf der Grundlage eines Gutachtens fiktiv geltend zu machen. Die 23. Zivilkammer hat im Urteil vom 05.09.2018 ausdrücklich ausgeführt, dass diesfür alle Schadensersatzansprüche gelte, so bei Beschädigungen von Sachen wie auch jedenfalls gewährleistungsrechtlich begründeten Schadensersatzansprüchen (z.B. kaufvertragliche oder mietvertragliche).

Es bleibt abzuwarten, wann zu dieser Fragestellung der Tragweite der Entscheidung des BGH durch diesen eine weitere Entscheidung erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird derjenige, der aus Delikt oder z.B. Kaufvertrag oder Mietvertrag Schadensersatzansprüche geltend macht, nicht sicher sein können, dass er insoweit weiterhin den Schaden fiktiv in Höhe des mutmaßlichen Aufwandes für die Beseitigung bemessen kann.


Freitag, 22. Januar 2016

Fitnessstudio: Vereinbarung zur Kündigungsfrist

Bild: pixabay
Die in einem Nutzungsvertrag eines Fitnessstudios enthaltene Regelung, dass sich der Vertrag jeweils um ein Jahr verlängert, wenn er nicht mit einer Frist von 13 Wochen schriftlich gekündigt wird, ist diese Regelung wirksam. Behauptet der Nutzer eine davon abweichende  mündliche Vereinbarung, ist er beweisbelastet. 

Auch wenn der Nutzer  gesundheitlich beeinträchtigt ist, lässt sich aus einer Kündigungserklärung, mit der nicht ausdrücklich die fristlose Kündigung erklärt wird, vielmehr auf die vereinbarte Kündigungsfrist verwiesen und um Bestätigung des Termins gebeten wird, nur die Annahme einer ordentlichen Kündigung zum Ende der vertraglich vorgesehenen Laufzeit entnehmen.

AG Offenbach, Urteil vom 07.01.2016 - 36 C 247/15 -

Freitag, 13. März 2015

Fitnessstudio: Die Aufgabe einer selbständigen Tätigkeit und der dadurch bedingte Wegzug zur Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit

Die beklagte Nutzerin eines Fitnessstudios in der Nähe von Frankfurt a.M. war freiberuflich tätig. Da sich dies nicht trug, wechselte sie in ein Anstellungsverhältnis und verzog deshalb nach Berlin. Das AG Charlottenburg hat nunmehr der Klage des Betreibers des Fitnessstudios stattgegeben. Es hielt die von der Nutzerin ausgesprochene fristlose Kündigung als unstatthaft.


Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
Der Kündigungsgrund, so das AG, läge einzig in der Sphäre der Nutzerin. Diese müsste selbst darüber entscheiden, ob sich eine selbständige Tätigkeit noch rentiere oder nicht und welchen Aufwand sie dafür betreiben will. Die berufliche bedingte Kündigung läge stets in der Sphäre des Nutzers; dies gelte erst recht, wenn nicht ein Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt, sondern es sich um eine Entschließung des Kündigenden handelt, eine selbständige Tätigkeit aufzugeben. Insoweit verwies das AG auch auf die Entscheidung des BGH zum DSL-Anschluss, Urteil vom 09.10.2010 – VI ZR 52/09 -).

Im übrigen hatte das AG auch Bedenken, ob die Nutzerin tatsächlich nur aus beruflichen Gründen nach Berlin zog. Denn sie hatte das Vertragsverhältnis zur Klägerin bereits gekündigt, als sie sich noch in einer Probezeit bei ihrem neuen Arbeitgeber befand. Dies ließe darauf schließen, dass sie von Anbeginn an ohnehin vor hatte, nach Berlin zu ziehen (privat und nicht beruflich begründet).

Soweit die Nutzerin in der mündlichen Verhandlung geltend machte, ein Mitarbeiter des Fitnessstudios habe erklärt, ein Umzug stelle stets einen Grund zur fristlosen Kündigung dar, könne die Beklagte bereits deshalb damit nicht gehört werden, da die rechtliche Würdigung nicht dem Mitarbeiter obliegen würde, sondern letztlich vom Gericht zu entscheiden sei.


Da damit weder nach § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) noch nach § 314 BGB (wichtiger Grund) ein Kündigungsgrund ersichtlich wäre, war der Klage des Fitnessstudios auf Zahlung des restlichen Entgelts bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages durch ordentliche Kündigung weiterzuzahlen. 

Die Berufung gegen diese Entscheidung wegen Divergenz zu einem Urteil des AG München vom 17.12.2008 war nach Ansicht des AG nicht zuzulassen, da zwischenzeitlich mit der Entscheidung des BGH vom 09.10.2010 eine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, die die Streitfrage geklärt habe. 

AG Charlottenburg, Urteil vom 09.03.2015 - 235 C 504/14 -