Die beklagte Nutzerin eines
Fitnessstudios in der Nähe von Frankfurt a.M. war freiberuflich tätig. Da sich
dies nicht trug, wechselte sie in ein Anstellungsverhältnis und verzog deshalb
nach Berlin. Das AG Charlottenburg hat nunmehr der Klage des Betreibers des
Fitnessstudios stattgegeben. Es hielt die von der Nutzerin ausgesprochene
fristlose Kündigung als unstatthaft.
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Der Kündigungsgrund, so das AG,
läge einzig in der Sphäre der Nutzerin. Diese müsste selbst darüber
entscheiden, ob sich eine selbständige Tätigkeit noch rentiere oder nicht und
welchen Aufwand sie dafür betreiben will. Die berufliche bedingte Kündigung läge
stets in der Sphäre des Nutzers; dies gelte erst recht, wenn nicht ein
Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt, sondern es sich um eine Entschließung des
Kündigenden handelt, eine selbständige Tätigkeit aufzugeben. Insoweit verwies
das AG auch auf die Entscheidung des BGH zum DSL-Anschluss, Urteil vom
09.10.2010 – VI ZR 52/09 -).
Im übrigen hatte das AG auch
Bedenken, ob die Nutzerin tatsächlich nur aus beruflichen Gründen nach Berlin
zog. Denn sie hatte das Vertragsverhältnis zur Klägerin bereits gekündigt, als
sie sich noch in einer Probezeit bei ihrem neuen Arbeitgeber befand. Dies ließe
darauf schließen, dass sie von Anbeginn an ohnehin vor hatte, nach Berlin zu
ziehen (privat und nicht beruflich begründet).
Soweit die Nutzerin in der
mündlichen Verhandlung geltend machte, ein Mitarbeiter des Fitnessstudios habe
erklärt, ein Umzug stelle stets einen Grund zur fristlosen Kündigung dar, könne
die Beklagte bereits deshalb damit nicht gehört werden, da die rechtliche
Würdigung nicht dem Mitarbeiter obliegen würde, sondern letztlich vom Gericht
zu entscheiden sei.
Da damit weder nach § 313 BGB
(Wegfall der Geschäftsgrundlage) noch nach § 314 BGB (wichtiger Grund) ein
Kündigungsgrund ersichtlich wäre, war der Klage des Fitnessstudios auf Zahlung
des restlichen Entgelts bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages durch
ordentliche Kündigung weiterzuzahlen.
Die Berufung gegen diese Entscheidung wegen Divergenz zu einem Urteil des AG München vom 17.12.2008 war nach Ansicht des AG nicht zuzulassen, da zwischenzeitlich mit der Entscheidung des BGH vom 09.10.2010 eine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, die die Streitfrage geklärt habe.
AG Charlottenburg, Urteil vom 09.03.2015 - 235 C 504/14 -
Die Klage ist begründet. Die
Widerklage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die
Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Nutzungsentgelt in Höhe von 405,50 Euro für die Monate August 2014
bis Januar 2015 aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Fitnessstudiovertrag
über die Nutzung des von der Klägerin betriebenen Fitness studios
in 61440 Oberursel. Gemäß der unbestrittenen vertraglichen Vereinbarung beträgt das Nutzungsentgelt für die Monate August
2014 bis Dezember 2014 jeweils 61,50 Euro und für den Monat Januar 2015 62,00 Euro. Hinzu kommt ein zusätzliches
unbestritten vereinbartes
Entgelt in Höhe von 6,00 Euro/Monat für den
unstreitigen Widerruf der Einziehungsermächtigung.
Der Anspruch der Klägerin ist nicht
durch die Kündigung des Fitnessstudiovertrages durch die Beklagte vom 15. Juli 2014 (BI. 43 d.A.) erloschen , denn der Beklagten stand kein Recht zur au ßerordentlichen Kündigung zu.
Zwar handelt es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen
Fitnessstudiovertrag um ein Dauerschuldverhältnis , so dass der Beklagten grundsätzlich gemäß § 314 BGB ein außerordentli -ches Kündigungsrecht zusteht.
Voraussetzung
für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB ist jedoch , dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigungaller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen
Interessen
nicht zuge mutet werden kann. Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt werden , im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündi gungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet , die dem Einfluss des Kündigungsgegners ent zogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die
fristlose Kündigung. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag , dem Vertragszweck und den anzuwendenden
gesetzlichen Bestimmun gen (BGH, Urteil vom 9. März 2010 - VI ZR 52/09 - NJW 2010 , 1874
Rn. 15; AG Bremen, Urteil
vom 16. Oktober 2014
- 10 C 47/14 -, Rn. 19,
juris)
Vorliegend
leitet die Beklagte ihr Kündigungsrecht daraus ab, dass sie aus beruflichen
Gründen mach Berlin
habe ziehen müssen. Sie sei in Oberursel
zunächst selbständig tätig gewesen und habe
sich dann wegen der schlechten Auftragslage zu einem Umzug
nach Berlin entschlossen , wo sie seither als
Angestellte tätig sei. Der von der Beklagten geltend gemachte Kündigungsgrund entstammt mithin ihrer eigenen
lnteressenssphäre und ist dem Einfluss der Klägerin entzogen.
Nach der oben
zitierten Rechtsprechung rechtfertigt ein solcher Grund eine außerordentliche Kün digung gemäß § 314 BGB
nur in Ausnahmefällen . Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner Ent scheidung vom 11. November
2010 (GeschZ III ZR 57/10, zitiert nach juris)
bekräftigt. Danach stellt insbesondere der Umzug aus
familiären oder beruflichen Gründen prinzipiell keinen wichti gen Grund für eine außerordentliche
Kündigung dar (vgl. BGH a.a.O., dort Rn. 12, zitiert nach juris) .
Hier
liegt kein Fall vor, der es ausnahmsweise rechtfertigen würde , der Beklagten ein Kündigungs recht bei einem beruflich
bedingten Umzug zuzubilligen . Hierbei ist zu berücksichtigen , dass
die Beklagte in Oberursel
selbständig tätig war. Sie gab ihre selbständige
Tätigkeit wegen der schlechten Auftragslage auf. Dies
stellt eine unternehmerische Entscheidung der Beklagten dar, die
vollständig in ihrem Risikobereich liegt. Zwar mag es sein, dass sie die Auftragslage selbst nur bedingt beeinflussen kann, sie entscheidet jedoch anhand der Umsätze
für sich selbst , ab wann die
selbständige Tätigkeit für sie nicht mehr lohnend war. Hierbei gibt es auch
kein objektives von
außen festgelegtes Kriterium, denn jeder Selbständige legt selbst fest , welches Einkommen er aus seiner Tätigkeit erwartet, welchen Einsatz er bereit
ist für seinen Umsatz zu leisten und ab wann aus seiner Sicht die Auftragslage
sich nicht mehr verbessern wird. Anders etwa als z.B. bei einer betriebsbedingten Kündigung eines
Arbeitnehmers hatte die Beklagte daher unmittelbar Einfluss auf
die unternehmerischen Entscheidung, ob und wann sie ihrer Geschäftstätigke it einstellt und nach Berlin umzieht.
Darüber hinaus
ist auch nicht ersichtlich, weshalb es der Beklagten nicht zumutbar war, bereits Ende
Oktober 2013 zum 31. Januar 2014 oder erst im
Oktober 2014 zum 31. Januar 2015 ordent -lich zu kündigen. Offensichtlich sah sich die Beklagte
bereits im April 2014 dazu veranlasst nach Berlin zu ziehen, denn schließlich
meldete sich bereits
zum 01. Mai
2014 nach dorthin ab. Übli -cherweise geht einem solchen
Wohnortwechsel und der dieser Entscheidung vorausgelagerten Entscheidung zur Einstellung der Geschäftstätigkeit in Oberursel ein längerer Prozess voraus , so dass schon nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Beklagten eine Kündigung nicht bereits zum letztm9glichen Zeitpunkt für eine
ordentliche Kündigung, nämlich
zum 31. Oktober 2013 möglich gewesen wäre . Auch ist zweifelhaft , ob es wirklich die berufliche Umstellung war, die die Beklagte zum
Umzug veranlasste ,
denn sie selbst hat vorgetragen , sich im Juli 2014 dafür entschieden zu haben, endgültig in Berlin zu bleiben, obwohl ihre Probezeit zu diesem
Zeitpunkt noch nicht abge laufen war. Es hätte daher zu dem Zeitpunkt, als sie die Kündigung am 15. Juli 2014 aussprach, sein
können, dass ihr neues Anstellungsverhältnis noch kurzfristig
beendet wird. Mithin ist davon auszugehen , dass
die Entscheidung in Berlin zu bleiben unabhängig von der Neuanstellung fiel.
Etwas anderes ergibt sich
auch nicht aus der erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2015 (BI. 97 d.A.) vorgetragenen und von der Klägerin bestrittenen Behauptung
, ihr sei von einem Mitarbeiter der Klägerin im
ersten Quartal 2014 gesagt worden, ein Umzug stelle einen außerordentlichen Kündigungsgrund dar, denn
die Frage, ob ein Sachverhalt einen außerordentli -chen Kündigungsgrund im Sinne von §
314 BGB darstellt unterliegt der Würdigung des
Tatrichters und
nicht der Würdigung der Parteien.
Der Behauptung ist auch nicht zu entnehmen ,
dass die Parteien hierdurch nachträglich ein Recht der
Beklagten zu außerordentlichen Kündigung für die Beklagte individuell
vereinbart hätten. Dem Vortrag ist schon nicht zu entnehmen
, in welcher Konkretheit die Gründe für den Umzug mit dem Mitarbeiter der Klägerin besprochen
worden sein sollen oder dass dieser in irgend einer Weise berechtigt gewesen
wäre, im Namen der Klägerin
vertragliche Erklärungen abzugeben. Dass dies den Gepflogenheiten der Klägerin
entsprach oder entspricht lässt sich auch nicht aus dem übrigen Sachvortrag
entnehmen, denn die Klägerin hatte bereits mit Schreiben vom 24. Juli 2014 (BI. 44 d.A.) die Kündigung der Beklagten vom 15.
Juli 2014 nur als ordentliche Kündigung zum 31. Ja- nuar
2015 akzeptiert und dies auch mit
Schreiben vom 02. September 2014 (BI. 47 d.A.) nochmals bekräftigt. Eine Beweisaufnahme durch
Vernehmung des Zeugen Alexander Wagner ist daher nicht durchzuführen gewesen.
Der Beklagten stand auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu, denn hierfür wäre es nach
einer Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände
des Einzelfalls, insbesondere
der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, erforderlich, dass das Festhalten am Vertrag für
die Beklagte un-zumutbar gewesen wäre. Nach der oben getroffenen
Abwägung ist dies indes vorliegend nicht der Fall.
Der
Anspruch der Klägerin ist auch nicht gemäß § 326 Abs. 1 BGB ausgeschlossen , da das Un- vermögen der Beklagten, die Leistung
nicht in Anspruch nehmen zu können, von ihr selbst ver -schuldet wurde,
§ 326 Abs . 2 BGB.
Da die
Beklagte sich mit der Leistung in Verzug befunden hat, steht der Klägerin auch
der von ihr geltend gemachte Verzugsschaden gemäß
§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu.
Die Widerklage ist
unbegründet. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsko sten in Höhe von 83,54 Euro besteht nicht, da die Forderung der
Klägerin berechtigt ist, mithin kein Fall der Abwehr unberechtigter
Forderungen vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 ZPO.
Die Entscheidung über die
Vollstreckbarkeit folgt aus § 711, 713 ZPO.
Ein Grund, die
Berufung zuzulassen , ist nicht ersichtlich .
Die Rechtssache hat weder grundsätzli che Bedeutung oder dient der
Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung , § 511 Abs. 4 ZPO.
Entgegen der Auffassung
der Beklagten ist die Berufung auch nicht im Hinblick auf die Entschei dungen des BGH (Urteil vom 08.
Februar 2012, XII ZR 42/10) und des AG München (Urteil vom
17.
Dezember 2008, 212 C 15699/08) zuzulassen. Das hiesige Urteil weicht nicht von der Recht sprechung des BGH ab und es liegt im
Falle des AG München kein Fall der Divergenz
vor.
In der von der Beklagten
zitierten Entscheidung des BGH (a.a.O.) hatte dieser sich mit der Frage zu befassen, unter welchen Umständen in einem
Fitnessstudiovertrag eine Klausel über eine Ver- tragslaufzeit von 24 Monaten und eine
Klausel, die das Recht zur
außerordentlichen Kündigung auf den Fall der Erkrankung
einschränkt und an zusätzliche Voraussetzungen knüpft, unwirksam sind. Im Rahmen dessen führte
der BGH zu den Voraussetzungen der außerordentlichen Kündi -gung
(BGH a.a.O. Rn. 30 und 31, zitiert nach juris) aus, dass diese beispielsweise bei einer Schwangerschaft vorliegen
können. Über die Frage, ob ein Umzug - wie er hier streitgegenständ- lich ist - hierfür ausreichend sein kann, lässt der Bundesgerichtshof sich nicht ein. Der von der Beklagten zitierten Entscheidung ist daher nur zu entnehmen , dass
auch ein in der Sphäre des Kündigenden liegender Grund ein wichtiger Grund
im Sinne von § 314 BGB darstellen
kann. Die ser Rechtsauffassung schließt sich das
erkennende Gericht vorliegend , wie oben
bereits erörtert, an. Zu berücksichtigen ist jedoch , dass dies nach den weiterentwickelten Grundsätzen der Recht sprechung nur in Ausnahmefällen der
Fall ist. Ein solcher liegt hier, wie bereits erörtert, nicht vor.
Auch im Hinblick
auf die von der Beklagten zitierten Entscheidung
des AG München (Urteil vom 17. Dezember 2008, 212 C 15699/08) war die Berufung
zur Sicherung einer einheitlichen Recht
sprechung nicht erforderlich. Zum einen liegt schon aus formellen Gründen
kein Fall der Diver genz vor, denn diese liegt nur vor, wenn
in der angefochtenen Entscheidung ein
abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in einer Entscheidung eines höherrangigen, eines gleichgeordneten anderen Gerichts oder
eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts aufge stellten abstrakten Rechtssatz abweicht , das
Berufungsgericht also ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung (Kessal-Wulf
in Beck'scher Online
Kommen tar, ZPO, Stand 01.01.2015, § 543 Rn. 26 m.w.Nw.). Eine solche die Zulassung der Berufung zur Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung begründende Divergenz liegt
begriffsnotwendig nur dann vor, wenn
zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung existiert, von der das angefochtene Urteil abweicht (vgl. Kessal-Wulf a.a.O.). Das ist hier nicht der Fall, da die Entscheidung des AG München
aus dem Jahr 2008 stammt , die von der Beklagten zitierte
Entscheidung des BGH jedoch aus dem Jahr 2010 .
Zum anderen liegt auch aus materiellen Gründen keine Divergenz
vor, denn die hiesige Entscheidung setzt sich nicht in Widerspruch zur Entscheidung das AG München (a.a.O.). Aus den kurzen Gründen der Entscheidung des AG München
lässt sich entnehmen, dass dies auch erkannt hat, dass Gründe, die in der Person des Kündigenden liegen, nur
in Ausnahmefällen einen Kündigungsgrund im Sinne von § 314 BGB darstellen . Es wird daher schon
kein abweichender Rechtssatz aufgestellt. Das AG München gelangt lediglich aufgrund der
tatrichterlichen Würdigung zur Annahme eines Grundes für eine fristlose
Kündigung gemäß § 314 BGB. Es nimmt einen Ausnahmefall
in der dortigen Entscheidung deshalb
an, weil die Beklagte dort aufgrund des berufsbedingten Stellenwechsels ihres Ehemannes
umziehen musste, der von ihr nur sehr begrenzt steuerbar war. Dies ist mit dem vorliegenden Fall jedoch nicht vergleichbar , da der Umzug hier nach dem
Vortrag der Beklagte auf
ihrer eigenen
unternehmerischen Entscheidung fußte.
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