Den Anfang machte der BGH. In
seiner Entscheidung vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17 - hatte er über
Schadensersatzansprüche bei Werkmängeln und gegen den Architekten bei sich im
Bauwerk bereits verwirklichten Planungs- und Überwachungsfehlern zu urteilen.
Unter Abänderung der bis dahin herrschenden Meinung und seiner eigenen Rechtsprechung,
entschied er nun, dass, jedenfalls für Bauwerksverträge, die ab dem 01.01.2002 abgeschlossen
wurde, bei Mängeln der Besteller nicht mehr seinen Schaden fiktiv nach dem
möglichen Aufwand für die Mängelbeseitigung berechnen könne. Entweder lässt er
den Mangel beseitigen und hat deshalb einen Anspruch auf den dafür
erforderlichen Aufwand (§§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB), oder er behält das Werk
mit den Mängeln und bemisst den Schaden nach der Differenz zwischen dem
hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen oder bearbeiteten, Im
Eigentum des Bestellers stehenden Sache ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert
der Sache mit dem Mangel; im Falle einer Veräußerung ohne Mängelbeseitigung
kann er den Schaden nach dem konkreten Mindererlös bemessen.
Nun haben zwei Kammern des LG
Darmstadt in drei Entscheidungen im Anschluss an die benannte Entscheidung des
BGH diese Rechtsprechungsänderung auch auf deliktische Ansprüche (Urteile vom
15.06.2018 - 8 O 134/16 -, vom 24.10.2018 -23 O 356/17 - sowie vom 05.09.2018 –
23 O 386/17 -) übertragen; die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig
(Berufungen zum OLG Frankfurt am Main wurden eingelegt).
Der Entscheidung der 8.
Zivilkammer vom 15.06.2018 lag ein Schaden an einem Grundstück zugrunde: Bei
Bauarbeiten auf einem Nachbargrundstück wurde der dortige (ungesicherte) Bauzaun
gegen die Fassade des Hauses des Klägers gedrückt. Auf der Grundlage eines
Kostenvoranschlags machte der Kläger Schadensersatz in Höhe der voraussichtlichen
Nettokosten für die Schadensbeseitigung geltend. Vom Grundsatz erkannte das
Landgericht einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der §§ 906 Abs. 2 S.
2, 823 Abs. 1 BGB zu. Allerdings sei der klägerseits geltend gemachte fiktive
Schadensersatzanspruch nicht nach §§ 249ff BGB als erstattungsfähig anzusehen.
Unter Bezugnahme auf die benannte Entscheidung des BGH hätte hier der Kläger
entweder die Reparatur durchführen lassen müssen und den dafür erforderlichen
Aufwand einklagen können, oder er hätte den tatsächlichen Wert der
unbeschädigten Sache zum tatsächlichen Wert der beschädigten Sache ermitteln
und geltend machen müssen. Dies sei auch hier nicht unbillig, da die Erstattung
von fiktiven Schadensersatz nicht notwendig sei, um den Geschädigten seine
Dispositionsfreiheit zu belassen, auch zu einem späteren Zeitpunkt den Schaden
noch beseitigen zu lassen. Insoweit könnte er einen Antrag auf Freistellung von
möglicherweise tatsächlich noch entstehenden Schadensbeseitigungskosten
stellen.
In Ansehung der Bezugnahme auf
die BGH-Entscheidung wird im Urteil festgehalten, dass der BGH seine Argumentation
zur Vermeidung auf eine Überkompensation zwar auf das Werkvertragsrecht bezog,
doch ließe sich dies auf alle fiktiven Schadensbeseitigungskosten im
vertraglichen und deliktischen Bereich übertragen. Ebenso argumentierte die 23.
Zivilkammer in den zwei benannten Urteilen vom 05.09. und 24.10.2018. In denen
waren Schadensersatzansprüche aus Verkehrsunfällen streitgegenständlich und die
Kammer negierte eine Möglichkeit des Geschädigten, den Schaden am Fahrzeug auf
der Grundlage eines Gutachtens fiktiv geltend zu machen. Die 23. Zivilkammer
hat im Urteil vom 05.09.2018 ausdrücklich ausgeführt, dass diesfür alle
Schadensersatzansprüche gelte, so bei Beschädigungen von Sachen wie auch
jedenfalls gewährleistungsrechtlich begründeten Schadensersatzansprüchen (z.B.
kaufvertragliche oder mietvertragliche).
Es bleibt abzuwarten, wann zu
dieser Fragestellung der Tragweite der Entscheidung des BGH durch diesen eine
weitere Entscheidung erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird derjenige, der aus
Delikt oder z.B. Kaufvertrag oder Mietvertrag Schadensersatzansprüche geltend
macht, nicht sicher sein können, dass er insoweit weiterhin den Schaden fiktiv
in Höhe des mutmaßlichen Aufwandes für die Beseitigung bemessen kann.
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