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Montag, 20. Januar 2020

Verkehrssicherungspflicht bei Spargelstand auf einem Parkplatz eines Einkaufsmarktes


Der Beklagte betrieb auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes einen Spargelstand. Dieser stand auf einer der Parkbuchten, die seitlich mit Randsteinen zu einem dem Fußverkehr (einschl. Einkaufswagen) auf dem Parkplatz vorbehalten Weg versehen waren. Die Klägerin, die am Spargelstand einkaufte, verließ diesen seitlich und stolperte dabei über den Randstein. Mit ihrer bei dem Landgericht erhobenen Klage machte sie Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld gegen den  Beklagten geltend. Die Klage wurde vom LG Darmstadt mit Urteil vom 08.05.2019 abgewiesen. Auf die Berufung wies das OLG die Klägerin  darauf hin, dass die Zurückweisung derselben beabsichtigt sei.

Das OLG wies darauf hin, dass eine haftungsrelevante Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nur angenommen werden könne, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintrete und nicht rechtzeitig erkenn- und beherrschbar sei. Im Übrigen seien sowohl öffentliche Wege und Plätze wie auch privat betriebene Parkplätze in den für den Benutzer erkennbaren Zustand hinzunehmen, da eine absolute Gefahrlosigkeit unter Einsatz zumutbarer Mittel nicht erreichbar sei (BGH, Urteil vom 13.07.1989 – III ZR 122/88 -). Könne ein Verkehrsteilnehmer bei zweckgerichteter Nutzung und gebotener Sorgfalt selbst etwaige Schäden abwenden, bestehen keine weitergehende Pflicht des an sich Verkehrssicherungspflichtigen. Vorsorgemaßnahmen durch diesen seien nur geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung ergäbe, was dann der Fall sei, wenn der Verkehrsteilnehmer die zu erwartende Gefahr nicht rechtzeitig erkennen und sich nicht rechtzeitig auf diese einstellen könne (OLG Hamm, Urteil vom 01.01.2012 – 9 U 143/11 -).

Bei einem Verkaufsstand auf dem Parkplatz eines Supermarktes wie hier würden die Sicherheitserwartungen nicht dahin gehen, dass die Fläche überall stets flach und ohne jegliche Absätze sei. Der Fußgänger müsse sogar mit Randsteinen und Abgrenzungen rechnen. Entsprechende Einfassungen seien sinnvoll und auch üblich und ließen sich vom Fußgänger bei gebotener Sorgfalt leicht bewältigen. Deshalb bedürfe es keines besonderen Hinweises, wenn sie wie hier durch ihre markante Höhe (15 – 17 cm gemäß dem Urteil des Landgerichts) und einer unterschiedlichen Pflasterung beidseits der Abgrenzung klar erkennbar sei.

Auch könne sich der Besucher des Spargelstandes nicht darauf berufen, dass sich die Einfassung unmittelbar neben dem Spargelstand befinde und der Kunde sein Augenmerk auf den Stand und nicht den Boden richte. Denn auch in diesem Fall liege es im Verantwortungsbereich des Fußgängers, bei Annäherung an bzw. Entfernung vom Stand den Boden mit im Blick zu haben. Dass sich der Stand auch in einer tieferliegenden Parktasche befände sei ausweislich der Lichtbilder bei Anwendung gebotener Sorgfalt klar erkennbar, weshalb es dem sorgfältigen Verkehrsteilnehmer auch bei Verlassen des Standes trotz eines geringen Abstandes der Einfassung zum Stand zumutbar sei, sich vor einem seitlichen Weggehen über die Bodenverhältnisse zu vergewissern.

Hinzu käme, dass es sich bei dem Spargelstand ersichtlich nur um einen vorrübergehenden bzw. provisorischen Verkaufsstand handele, weshalb erst recht kein Vertrauensschutz auf eine ebene Fläche angenommen werden könne.

Aus dem Verhalten des Beklagten nach dem Vorfall (zusätzliche Absicherung zum Randstein durch Spargelkisten und Aufstellen eines Schildes, rechtfertige auch nicht die Annahme einer vorherigen Verkehrssicherungspflichtverletzung.

Die Berufung der Klägerin wurde schließlich durch das OLG mit Beschluss vom 21.10.2019 zurückgewiesen.

OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 03.09.2019 - 12 U 117/19 -

Donnerstag, 6. Juni 2019

Verkehrssicherungspflicht: Sturz über Bordstein am Standort eines Verkaufsstandes


Die Klägerin, die mit ihrer Klage materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche von dem beklagten als Betreiber eines Spargelstandes begehrte, stürzte ihrer Behauptung zufolge nach dem Einkauf von Spargel. Der Spargelstand befand sich unstreitig auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarktes im Bereich einer Parktasche, deren eine Seite zu einem Fußweg führte, der mit einem Bordstein von der Parktasche abgetrennt war. Die Klage wurde abgewiesen.

Vom Landgericht wurde darauf hingewiesen, dass bei angenommener Richtigkeit des Sturzes der Klägerin über den Bordstein beim Verlassen des Spargelstandes stürzte. Eine Haftung würde hier eine Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten voraussetzen. Damit müsste der Beklagte einen zusätzlichen gefahrenkreis eröffnet haben; im Rahmen dessen würde ihm die Pflicht treffen, allgemeine Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung Dritter zu verhindern. Dabei müsse der Verkehrssicherungspflichtige aber nicht für alle denkbaren Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen, sondern nur für solche, mit denen bei bestimmungsgemäßen (oder nicht ganz fernliegenden bestimmungswidrigen) Gebrauch zu rechnen sei und deren Abwendung auch wirtschaftlich zumutbar sei. Eine völlige Gefahrlosigkeit von Verkehrsflächen könne nicht erwartet werden , weshalb vom Verkehrssicherungspflichtigen nur diejenigen Gefahren beseitigt werden müssten, die von dem Nutzer trotz erforderlicher Sorgfalt nicht erkennbar seien und auf der er sich nicht einstellen könne (BGH, Urteil vom 13.07.1989 - III ZR 122/88 -).  

Hier handele es sich, wie aus Lichtbildern deutlich würde, nicht  um eine leicht überstehende Kante, sondern um ein gut und schon von Weitem erkennbares, sich deutlich vom Boden abhebendes Hindernis. Hinzu käme, dass sich die Fläche des Parkplatzes vor der Einfassung eine andere Pflasterung aufweise als der Fußweg dahinter. De4r Bereich sei durch die Einfassung gegliedert und auch die übrigen Parkflächen seien durch die Randsteine vom Fußweg abgegrenzt, weshalb der Blick des Verkehrsteilnehmers auf die Einfassung gelenkt sei.

Von daher käme es auf die Höhe der Einfassung nicht an, die aber bei 15 – 17cm eine Höhe habe, mit der Fußgänger regelmäßig konfrontiert würden, so beim Betreten von Bordsteinen (Gehwegen) von der Fahrbahn aus.

Selbst wenn man aber hier den Bordstein als Gefahrenquelle ansehen würde, obläge nicht dem Beklagten eine Abwendungspflicht. Diese läge bei dem Betreiber des Parkplatzes. Unabhängig davon sei erkennbar dass die Bordsteine den Parkplatzbereich deutlich vom Fußweg abtrennen sollen und damit einer Gefahr vorbeugen sollen, die darin bestünde, dass auf der einen Seite Personen aussteigen und  Fahrzeugtüren sich öffnen und in den Fußweg hineinragen, während danebwn Fußgänger laufen.

Zwar könne durch das Aufstellen des Standes auf einer solchen Parkbucht eine neue Gefahr geschaffen werden, für die der Standbetreiber verkehrssicherungspflichtig sei. Dieser Umstand läge hier nicht vor. Die Gefahr, dass Personen von der Parkbucht aus über den Bordstein unmittelbar auf den Fußweg gehen würden, bestehe nicht nur dann, wenn sich auf der Parkbucht ein Verkaufsstand befände, sondern auch dann, wenn die Fläche zum Parken genutzt würde. Es sei auch gerichtsbekannt, dass Personen, die in der Parkbucht parken würden, dort aussteigen würden und quer über die Parkbucht und damit den Bordstein auf den Fußweg gehen würden, solange sie keinen Einkaufswagen haben.  Da damit jedenfalls vom Standbetreiber hier keine neue Gefahrenquelle geschaffen worden sei, wäre selbst dann eine Haftung des Beklagten nicht gegeben, wenn man der Annahm sein wollte, dass der Bordstein als solcher eine Gefahrenquelle darstellen würde, da dann nur der Betreiber des Parkplatzes haftbar wäre, nicht der Beklagte als Betreiber des Spargelstandes.

LG Darmstadt, Urteil vom 08.05.2019 - 11 O 200/18 -