Der Beklagte betrieb auf dem
Parkplatz eines Einkaufsmarktes einen Spargelstand. Dieser stand auf einer der
Parkbuchten, die seitlich mit Randsteinen zu einem dem Fußverkehr (einschl.
Einkaufswagen) auf dem Parkplatz vorbehalten Weg versehen waren. Die Klägerin,
die am Spargelstand einkaufte, verließ diesen seitlich und stolperte dabei über
den Randstein. Mit ihrer bei dem Landgericht erhobenen Klage machte sie
Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeld gegen den Beklagten geltend. Die Klage wurde vom LG Darmstadt mit Urteil vom 08.05.2019 abgewiesen.
Auf die Berufung wies das OLG die Klägerin
darauf hin, dass die Zurückweisung derselben beabsichtigt sei.
Das OLG wies darauf hin, dass eine
haftungsrelevante Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nur angenommen
werden könne, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage
überraschend eintrete und nicht rechtzeitig erkenn- und beherrschbar sei. Im
Übrigen seien sowohl öffentliche Wege und Plätze wie auch privat betriebene
Parkplätze in den für den Benutzer erkennbaren Zustand hinzunehmen, da eine
absolute Gefahrlosigkeit unter Einsatz zumutbarer Mittel nicht erreichbar sei
(BGH, Urteil vom 13.07.1989 – III ZR 122/88 -). Könne ein Verkehrsteilnehmer
bei zweckgerichteter Nutzung und gebotener Sorgfalt selbst etwaige Schäden
abwenden, bestehen keine weitergehende Pflicht des an sich Verkehrssicherungspflichtigen.
Vorsorgemaßnahmen durch diesen seien nur geboten, wenn sich für ein
sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung
ergäbe, was dann der Fall sei, wenn der Verkehrsteilnehmer die zu erwartende Gefahr
nicht rechtzeitig erkennen und sich nicht rechtzeitig auf diese einstellen
könne (OLG Hamm, Urteil vom 01.01.2012 – 9 U 143/11 -).
Bei einem Verkaufsstand auf dem
Parkplatz eines Supermarktes wie hier würden die Sicherheitserwartungen nicht
dahin gehen, dass die Fläche überall stets flach und ohne jegliche Absätze sei.
Der Fußgänger müsse sogar mit Randsteinen und Abgrenzungen rechnen. Entsprechende
Einfassungen seien sinnvoll und auch üblich und ließen sich vom Fußgänger bei
gebotener Sorgfalt leicht bewältigen. Deshalb bedürfe es keines besonderen
Hinweises, wenn sie wie hier durch ihre markante Höhe (15 – 17 cm gemäß dem Urteil
des Landgerichts) und einer unterschiedlichen Pflasterung beidseits der
Abgrenzung klar erkennbar sei.
Auch könne sich der Besucher des
Spargelstandes nicht darauf berufen, dass sich die Einfassung unmittelbar neben
dem Spargelstand befinde und der Kunde sein Augenmerk auf den Stand und nicht
den Boden richte. Denn auch in diesem Fall liege es im Verantwortungsbereich
des Fußgängers, bei Annäherung an bzw. Entfernung vom Stand den Boden mit im
Blick zu haben. Dass sich der Stand auch in einer tieferliegenden Parktasche
befände sei ausweislich der Lichtbilder bei Anwendung gebotener Sorgfalt klar
erkennbar, weshalb es dem sorgfältigen Verkehrsteilnehmer auch bei Verlassen
des Standes trotz eines geringen Abstandes der Einfassung zum Stand zumutbar
sei, sich vor einem seitlichen Weggehen über die Bodenverhältnisse zu
vergewissern.
Hinzu käme, dass es sich bei dem
Spargelstand ersichtlich nur um einen vorrübergehenden bzw. provisorischen
Verkaufsstand handele, weshalb erst recht kein Vertrauensschutz auf eine ebene
Fläche angenommen werden könne.
Aus dem Verhalten des Beklagten nach
dem Vorfall (zusätzliche Absicherung zum Randstein durch Spargelkisten und
Aufstellen eines Schildes, rechtfertige auch nicht die Annahme einer vorherigen
Verkehrssicherungspflichtverletzung.
Die Berufung der Klägerin wurde
schließlich durch das OLG mit Beschluss vom 21.10.2019 zurückgewiesen.
OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss vom 03.09.2019 - 12 U 117/19 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die
Klägerin wird auf die Absicht des Senats hingewiesen, die Berufung ge gen das
Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 08.05.2019 nach§ 522
Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Sie erhält Gelegenheit, hierzu bis zum 30.09.2019 -
eingehend bei den Zivilsenaten in Darmstadt Stellung zu nehmen.
Gründe
Die Berufung wird
im Beschlussverfahren zurückzuweisen sein, da sie offensichtlich keine Aussicht
auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2
ZPO).
Das Landgericht
hat zu Recht festgestellt, dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Anspruch
auf Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zusteht. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffende Begründung in dem
angefochtenen· Urteil, die sich der Senat zu eigen macht, verwiesen (§ 543 Abs.
1 ZPO).
In
Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung geht das Landgericht
im rechtlichen Ansatz zutreffend davon aus, dass eine haftungsrelevante
Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erst dort beginnt, wo auch für den
aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintritt und
nicht rechtzeitig er kenn- und beherrschbar ist. Ansonsten sind öffentliche
Straßen, Wege und Plätze aber auch privat betriebene Parkplätze in dem Zustand
hinzunehmen, in dem sie sich dem
Benutzer erkennbar darbieten, da absolute Gefahrlosigkeit unter Einsatz
zumutbarer Mittel nicht erreicht werden kann (BGH, Urteil vom 13.07.1989 - III
ZR 122/88). Der Benutzer muss sich den vorgegebenen Verhältnissen anpassen
(vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 09.09.2008 - 4 U 114/08, beck-online m.w.N.).
Es ist den Gefahren Rechnung zu tragen, die nach der Einsicht eines besonnenen,
verständigen und gewissenhaften Menschen erkennbar sind (OLG Saarbrücken,
a.a.O., m.w.N.). Kann der Verkehrsteilnehmer bei zweckgerichteter Benutzung und
Anwendung der gebotenen Sorgfalt selbst etwaige Schäden abwenden, bestehen
keine weiter gehenden Pflichten. In schwierigen Situationen wird eine
gesteigerte Aufmerksamkeit verlangt (OLG Saarbrücken, a.a.O., m.w.N.).
Vorsorgemaßnahmen sind nur dann geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil
die nahe liegende Möglichkeit einer Rechtsgutverletzung anderer ergibt. Das ist
dann zu bejahen, wenn eine Gefahrenquelle trotz Anwendung der von den Verkehrsteilnehmern
zu erwartenden eigenen Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar ist und diese sich
auf die Gefahrensituation nicht rechtzeitig einstellen können (OLG Hamm, Urteil
vom 1.1.2012 - 9 U 143/11, BeckRS 2012, 5480, beck-online
m.w.N.).
Wendet man
diese Grundsätze auf den Streitfall an, fehlt es nach den zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts bereits an einer objektiven Verletzung der
Verkehrs- sicherungspflicht durch den Beklagten.
Die Sicherheitserwartungen eines Fußgängers,
der sich im Bereich eines Verkaufstandes auf einem
Supermarkt-Parkplatz bewegt, gehen nicht dahin, dass eine solche Fläche überall
stets flach und ohne jegliche Absätze ist. Vielmehr muss ein Fußgänger in
diesem Bereich mit Randsteinen und Abgrenzungen zwischen den Parkflächen und
den Fußgängerflächen rechnen, ein Vertrauensschutz auf eine ebene Fläche ohne
Absätze , Randsteine und Hindernisse besteht in einem derartigen Bereich nicht.
Derartige Einfassungen und Abgrenzungen sind sinnvoll und allgemein üblich. Sie
lassen sich vom Fußgänger leicht bewältigen, wenn er sich unter Anwen -dung der
gebotenen Sorgfalt bewegt. Ein besonderer Hinweis auf eine solche Einfassung
ist nicht nötig, wenn sie, wie hier, schon aufgrund ihrer markanten Höhe und
der unterschiedlichen Pflasterung beidseits der Abgrenzung deutlich erkennbar
ist.
Etwas anderes
ergibt sich auch nicht daraus, dass die Einfassung sich hier unmittelbar neben dem Spargelstand befand mit
der Folge, dass der Kunde seine Aufmerksamkeit in erster Linie auf den Stand
und nicht auf den Boden richtet. Auch in diesem Bereich bei Annäherung bzw.
Entfernung vom Stand den Boden mit im Blick zu haben, liegt im
Verantwortungsbereich des Fußgängers. Es liegt hier keine Fläche vor, bei der
dieses Achtgeben überflüssig wäre, weil kein Hindernis zu erwarten wäre. Der Stand befand sich offensichtlich in
einer tieferliegenden Parktasche, die Einfassung war bei Annäherung an den
Stand ausweislich der vorgelegten Lichtbilder bei Anwendung der gebotenen
Sorgfalt ohne weiteres erkennbar. Dann aber ist es dem sorgfältigen
Verkehrsteilnehmer auch bei Verlassen des Standes - trotz des geringen
Abstandes der Einfassung zum Stand - zumutbar, sich vor einem seitlichen
Weggehen vom Stand hinsichtlich der Bodenverhältnisse zu vergewissern.
Dies gilt insbesondere
auch deshalb, weil es sich bei dem Spargelstand ersichtlich nur um einen
vorübergehend bzw. provisorisch aufgestellten Verkaufsstand handelte, so dass
erst recht kein Vertrauensschutz auf eine ebene Fläche angenommen werden kann.
Dass der Beklagte
nach dem Unfall neben dem Randstein zur zusätzlichen Absicherung Spargelkisten
bzw. in der folgenden Saison ein Schild aufgestellt hat (Anlage K2, BI. 20
d.A., unteres Bild), rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer vorherigen
Verkehrssicherungspflichtverletzung.
Der Senat
stellt eine Rücknahme der Berufung aus Kostengründen anheim. Im Fall der
Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren
(vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG).
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