Posts mit dem Label erforderlichkeit werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label erforderlichkeit werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 17. Juni 2022

Vor und im Gerichtsverfahren eingeholtes Privatgutachten in der gerichtlichen Kostenfestsetzung

Immer wieder holen Parteien eines künftigen Prozesses bereits vorprozessual Sachverständigengutachten ein (insbesondere in Bausachen), um in einem späteren Verfahren auf sicheren Grundlagen zu stehen, sei es im Hinblick auf vom Auftraggeber behaupteten Mängeln, sei es zur Sicherung der (Rechts-) Ansicht durch den Auftraggeber, gemäß der eine Zahlung an den Auftragnehmer nicht erfolgen muss. Dabei gibt es verschiedene Zeitpunkte der Einholung: Dies kann schon sehr früh erfolgen (z.B. aus Anlass eines Abnahmeverlangens oder nach einem Abnahmetermin), sei es im Rahmen der folgenden Korrespondenz über streitige Mängel, im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Klage bzw. nach deutlicher Klageandrohung, aber auch durch den Beklagten nach Klagezustellung oder im Laufe des gerichtlichen Verfahrens durch eine der Parteien oder beide Parteien. Immer wieder kommt es dann nach einem Urteil zum Streit, ob derartige Sachverständigenkosten für die obsiegende Partei erstattungsfähig sind (bei einem teilweise Obsiegen, ob sie bei einer Urteil oder Vergleich festgestellten Kostenquotelung bei der Kostenausgleichung und -festsetzung zu berücksichtigen sind).

Vorliegend hatte der Beklagte zwei Privatgutachten vor dem Prozess und eines begleitend während des Prozesses eingeholt. Im Rahmen der Kostenfestsetzung hatte der Rechtspfleger die Kosten von keinem der Gutachten berücksichtigt. Die dagegen vom Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Das zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufene OLG Hamm wies auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hin, demzufolge diejenigen Kosten des Rechtstreits erstattungsfähig seien, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Auch eingeholte Privatgutachten könnten zu diesen Kosten zählen, wenn es der Partei an einer eigenen Sachkunde ermangele und das Gutachten prozessbezogen sei. Prozessbezogenheit setze einen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem gerichtlich ausgetragenen Rechtsstreit voraus.

1. Zu den vorprozessual eingeholten Sachverständigengutachten sei erforderlich, dass sich der Rechtsstreit konkret abzeichne. Dass sei anzunehmen, wenn das Gutachten zur Beurteilung der Prozessaussichten, der Einstandspflicht und der Anspruchsmöglichkeiten eingeholt würde. Die Beauftragung müsse das „Wie“ der Prozessführung dienen. Die Einholung müsse von der Partei ex ante (also zum Zeitpunkt der Beauftragung) als sachdienlich angesehen werden dürfen.

a) Zum Zeitpunkt der Beauftragung des ersten Gutachtens durch den Beklagten habe es an der Prozessbezogenheit gefehlt, da - wie nachfolgende Schreiben dokumentieren würden - die außergerichtlichen Einigungs- und Erledigungsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft gewesen seien. Das Gutachten habe der Feststellung von Mängeln der Werkleistungen gedient, die zur Grundlage von Schadenersatzansprüchen gegen die Klägerin gemacht werden könnten, und damit zur Feststellung von Gegenrechten. Dies gehöre zur Sphäre, „ob“ ein solches eingeholt werden soll, nicht aber „wie“ die Prozessführung erfolgen soll.

Anm. 1: Diese Ansicht des OLG ist richtig. Letztlich verhandelten die Parteien noch und der Beklagte war bemüht, sich Argumente für seine Verhandlungsposition zu verschaffen. Auch wenn damit die Möglichkeit bestand, einen Rechtsstreit abzuwenden, diente es nicht der späteren Prozessführung, auch wenn es bei dieser nützlich werden könnte, da ein solcher Rechtsstreit gerade noch nicht abzusehen war. Ob gegebenenfalls ein materieller Kostenerstattungsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin bestand (z.B. § 631 BGB iVm. § 280 BGB) ist für die Beurteilung im Rahmen der Kostenfestsetzung nach § 91 ZPO bzw. der Kostenausgleichung nach § 92 ZPO ohne Bedeutung.

2. Bei dem zweiten Gutachten soll es sich um die Kosten des Sachverständigen für seine Teilnahme an einem Ortstermin vor dem Rechtsstreit gehandelt haben, in dem der Sachverständige die Kosten seiner Teilnahme, die Erstellung einer Beweissicherung und Dokumentation abrechnete. Erst im Ortstermin habe sich herausgestellt, dass sich die Parteien nicht über die Verantwortlichkeit der Klägerin hätten einigen können. Die Erstellung der Beweissicherung und Fotodokumentation sei zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen. Es hätte ausgereicht, die am Tag des Ortstermins noch fortbestehenden Mängel, die im vorherigen Gutachten benannt wurden, zum Gegenstand des Rechtstreits zu machen. Über das vorgehende Gutachten hinaus habe der Sachverständige nur einen Zustand beschrieben; es sei auch dem Beklagten möglich gewesen, diese Symptome für einen Mangel in das Verfahren ohne gutachterlichen Beistand einzuführen.

Anm. 2: Damit handelt es sich hier ersichtlich auch nur um Aufwendungen des Beklagten, mit denen er seine Rechtsposition sichern wollte, nicht aber „wie“ er den Prozess führen will. An dieser Stelle - wenn es dem Beklagten um eine gerichtsverwertbare sichere Beweissicherung ging - hätte er ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 ZPO durchführen können, also einen entsprechenden Antrag bei Gericht stellen müssen. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahren sind Kosten des (späteren) gerichtlichen Verfahrens, wenn sich eine Partei im Prozess auf Tatsachen beruft, die Gegenstand des selbständigen Beweisverfahrens waren, §§ 493 Abs. 1 iVm. 91 ZPO

3. Die weiteren vom Beklagten geltend gemachten Sachverständigenkosten betrafen ein prozessbegleitend eingeholtes Privatgutachten (Zustellung der Klageschrift am 25.07.2012, gutachterliche Stellungnahme vom 04.09.2912). Es handele sich, so das OLG, um notwendige Kosten, wenn dies unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit geboten sei, da der Partei andernfalls eine gerichtlich geforderte Substantiierung nicht möglich wäre oder die Partei ein gerichtlich eingeholtes Sachverständigengutachten nicht überprüfen, insbesondere Fragen an den gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht formulieren könne (vgl. § 411 Abs. 4 ZPO).

Das OLG sah keinen Grund darin, dass der Beklagte durch dieses Gutachten eine detaillierte mangelbezogene Kostenschätzung erstellen ließ, da bereits im ersten Gutachten eine Mangelsumme von € 30.000,00 geschätzt hatte, worauf sich der Beklagte hätte beziehen können. Über die detaillierten Mängel habe das Gericht Beweis zu erheben und in diesem Zusammenhang die Beweisaufnahme auch auf die Höhe der geltend gemachten Gegenansprüche erstrecken müssen. Die detaillierte Aufstellung habe zwar auch Kosten beinhaltet, die in der Kostenschätzung nicht enthalten gewesen seien, doch könne das OLG im Rahmen einer Schätzung (§ 287 ZPO) nicht ermitteln welcher Zeitaufwand darauf entfallen sei.

Anm. 3: Hier wirken sich für den Beklagten die vorgerichtlich eingeholten Gutachten zu seinem Nachteil aus. Da das erste Gutachten bereits eine Kostenschätzung enthielt, kam es auf die (detaillierte) Kostenschätzung im dritten Gutachten nicht an, da offensichtlich auch das Landgericht im Verfahren keine Detaillierung verlangte. Wäre das dritte Gutachten nach einem Hinweis des Landgerichts (§ 139 ZPO) zu einer seiner Ansicht nach notwendigen Detaillierung eingeholt worden, wären die Kosten des Gutachtens erstattungsfähig gewesen. Zwar waren im dritten Gutachten auch Mängelpositionen mit Kostenbeträgen versehen worden, die bei dem ersten Gutachten noch nicht berücksichtigt wurden, doch konnte hier das OLG Kosten für dieses Gutachten auch nicht teilweise zusprechen, da nicht ersichtlich war, welcher Zeitaufwand (gegenüber dem abgerechneten Gesamtzeitaufwand für das Gutachten als solches) auf diese Positionen entfiel. Auch wenn das OLG von einer Schätzung spricht, gilt auch hier, dass eine Schätzung nach § 287 ZPO nicht ins Blaue hinein erfolgen darf, sondern konkrete Anhaltspunkte vorliegen müssen, die gegebenenfalls vorzutragen sind (BGH, Urteil vom 08.05.2012 - VI ZR 37/11 unter II.3.a).

Es ist zwar verständlich, dass bei zu befürchtenden hohen Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung der Besteller einer Werkleistung (wie hier) sicher gehen will, dass die von ihm angenommenen Mängel tatsächlich bestehen, wenn sie vom Auftragnehmer nicht anerkannt werden. Er läuft aber in diesem Fall Gefahr, dass er die Kosten des Gutachtens selbst zu tragen hat, jedenfalls nicht über eine Kostenfestsetzung erstattet verlangen kann, wobei ein möglicher materieller Anspruch im vorliegenden Fall möglicherweise verjährt sein dürfte. Die Einholung mehrerer Gutachten, gar vor einem Prozess, zu denselben Themenbereich ist auch unverständlich, ebenso ein Gutachten, in dem der Sachverständige zwar Symptome aufzeigt (die auch die Partei selbst sieht), aber nicht den Mangel (mangels Prüfung) feststellt. Hätte der Beklagte nach Zustellung der Klage oder endgültiger Mitteilung der Gegenseite, dass nunmehr Zahlungs- oder Abnahmeklage erhoben würde, ein Gutachten zur Feststellung der Mängel und zu den Kosten der Beseitigung eingeholt, um so seine Verteidigung an Hand des Gutachtens einzurichten, wäre eine Erstattungsfähigkeit zu bejahen gewesen, da der Beklagte offensichtlich keine eigenen Erfahrungen hatte. Im Übrigen hätte vor einem Rechtstreit bereits ein selbständiges Beweisverfahren beantragen können (s.o. Anmerkung 2), was - selbst wenn es für ihn ungünstig verläuft - jedenfalls nicht Mehrkosten verursacht hätte, sondern bei günstigen Ausgang erstattungsfähige Kosten gesichert hätte.

OLG Hamm, Beschluss vom 08.02.2022 - I-25 W 214/21 -

Sonntag, 17. April 2022

Werbungskosten für häusliche Arbeitszimmer - die häufige Streifrage hier bei einer Stewardess

Der Arbeitnehmer kann unter Umständen Teile seiner Mietkosten für seien Wohnung steuerlich geltend machen, wenn er einen Raum als „häusliches Arbeitszimmer“ verwendet. Aber kann nur derjenige ein häusliches Arbeitszimmer steuerlich geltend machen, für den ein solches auch tatsächlich erforderlich ist (hier bei einer Stewardess) ? Mit dieser Frage hatte sich der BFH auseinanderzusetzen.

Die Klägerin, die zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt wurde, war Stewardess. Im Streitjahr (2012) hatten die Kläger, die Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 148 qm waren, Aufwendungen für ein in diesem Haus befindliches, 13,5 qm großes Arbeitszimmer als Werbungskosten in Höhe von € 1.250,00 geltend gemacht. Sie hatten vorgetragen im Haus stünde der Klägerin stünde für die von ihr verrichteten Tätigkeiten kein anderer Raum im Haus zur Verfügung. Das beklagte Finanzamt (FA) lehnte die Anerkennung der Kosten für das Arbeitszimmer ab. Die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgewiesen, ein solches sei für die Klägerin nicht erforderlich.

Die Revision führte zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung. Der BFH folgte dem FG zur „Erforderlichkeit“ nicht.

§ 9 Abs. 2 iVm. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1 EStG stünde dem Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer zwar grundsätzlich entgegen. Dies gelte aber nach S. 2 der Norm nicht, so der BFH, wenn für die betriebliche betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stünde, wobei in diesem Fall die abziehbaren Aufwendungen auf den Betrag von € 1.350,00 begrenzt seinen (S. 3 Halbs. 1), wobei diese Beschränkung dann nicht gelte, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilde (S. 3 Halbs. 2).

Der BFH stellt klar, dass ein häusliches Arbeitszimmer iSv. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG ein Raum sei, der nach seiner Ausstattung zur Erzielung von Einnahmen genutzt würde. Er sei zwar in seiner Lage, Funktion und Ausstattung i die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden, diene aber vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, veraltungstechnischer oder organisatorischen Arbeiten. Typischerweise sei er mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück sei. Entspreche dem ein raum seiner äußeren Erscheinung nach, so müsse er überdies (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt werden. Würde der Raum gemischt genutzt, also auch privat in einem nicht nur untergeordneten Umfang, scheide eine steuerliche Abziehbarkeit aus (BFH, Beschluss vom 27.02.2015 - GrS 1/14 -).

Die Regelungen in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG seien abschließend. Eine „Erforderlichkeit“ sei kein Merkmal für die Abzugsfähigkeit. Der Gesetzgeber habe eine Typisierung vorgenommen, indem er eine Begrenzung auf die im Gesetz genannten Fallgruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung) vorgenommen habe. Er habe dabei die Typisierung die Erforderlichkeit für die zwei Fallgruppen im Gesetz aufgenommen, ohne den unbestimmten Rechtsbegriff der Erforderlichkeit ins Gesetz aufzunehmen, weshalb die Erforderlichkeit nicht noch zusätzlich als (ungeschriebenes) Tatbestandmarkmal berücksichtigt werden könne.

Das hat das FG verkannt. Es habe rechtsfehlerhaft die Erforderlich des Arbeitszimmers für die Tätigkeit der Klägerin als maßgebend erklärt.  Es käme allerdings nicht darauf an, ob der Klägerin kein sonstiger Arbeitsplatz (am Küchentisch, im Esszimmer oder einem anderen Raum) für die Erledigung zur Verfügung stand. Von daher könnte das Urteil keinen Bestand haben. Die Zurückverweisung sei geboten, da das FG keine Feststellungen dazu getroffen habe, ob der Raum, wie klägerseits behauptet, tatsächlich (nahezu) ausschließlich zur Einkunftserzielung genutzt worden sei oder auch eine der einkünfterelevanten Nutzung schädlichen privaten (Mit-) Nutzung.

BFH, Urteil vom 03.04.2019 - VI ZR 46/7 -

Mittwoch, 18. August 2021

COVID 19-Schutzmaßnahmen durch Werkstatt: Anspruch gegen Kunden und/oder Schädiger ?

Die Klägerin machte nach einem Verkehrsunfall gegen die beklagte Haftpflichtversicherung nur noch die von dieser nicht gezahlten, ihr aber von der Reparaturwerkstatt in Rechnung gestellten Kosten für „Schutzmaßnahmen COVID 19“ mit € 67,00 geltend. Die Klage wurde abgewiesen.

Das Amtsgericht (AG) verwies darauf, dass nach § 249 Abs. 1 BGB der Schädiger den geschädigten so zu stellen habe, als hätte das schädigende Ereignis nicht stattgefunden. Damit seien aber nur die notwendigen Reparaturkosten zu erstatten, die für die Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGHZ 115, 364, 369). Die Schadensberechnung habe sich aber nicht nur an objektiven Gesichtspunkten zu orientieren, sondern sei auch subjektbezogen. Mithin sei auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auch auf seine individuelle Erkenntnis- und Einflussmöglichkeit und evtl. gerade für ihn bestehende Schwierigkeiten zu nehmen (BGHZ 115, 364, 368).

Dies sei auch bei Reparaturkosten nach einem Verkehrsunfall zu berücksichtigen. Insbesondere wenn der Geschädigte ein Gutachten einhole und darauf basierend einen Auftrag erteile, würde es Sinn und Zweck des § 249 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte deshalb mit Mehraufwendungen belastet bliebe, da die Kosten höher ausfallen, da sich dies der Einflussspähre des Geschädigten. Das Prognose- wie auch Werkstattrisiko gehe zu Lastend es Schädigers. Dem Schädiger entstünde dadurch auch kein Nachteil, da er nach den Grundsätzen der Vorteilsanrechnung die Abtretung der Ansprüche des Geschädigten analog § 255 BGB gegen die Werkstatt verlangen könne (womit er ähnlich stünde, als hätte er die Reparatur selbst beauftragt).

Anderes würde aber dann geltend, wenn der Geschädigte selbst hinreichende Erkenntnisse habe, dass eine bestimmte Rechnungsposition aus der Reparaturrechnung nicht geschuldet würde, da diese z.B. nach dem Reparaturauftrag (tatsächlich oder rechtlich) nicht geschuldet war, oder da er Anlass gehabt habe, den Reparaturauftrag so zu erteilen, dass nicht notwendige Kosten anfallen. Es würde sich dabei um eine dem Geschädigten originär treffende Sorgfaltspflicht in eigener Angelegenheit handeln, seinen eigenen Reparaturaufwand so gering wie möglich zu halten, was auch dann gilt, wenn – wie hier – ein Dritter für die Kosten aufkommen müsse.

Die berechneten Kosten für Schutzmaßnahmen seien evident erkennbar für die Reparatur nicht erforderlich. Sie würden auch nicht dem Auftraggeber dienen und seien nicht vom Reparaturauftrag erfasst; dienen würden sie allenfalls der Werkstatt in Bezug auf ein Schutzbedürfnis für die eigenen Mitarbeiter. Auch wenn dies behördliche Auflagen gebieten sollten, würde es sich nur um Erschwernisse der vertraglich geschuldeten Leistung handeln, die aber nicht gesondert abrechnungsfähig seien (es handele sich um Gemeinkosten). Soweit Desinfektionsmaßnahmen auch dem Werkstattkunden dienen würden, so würde es sich zulasten des Werkunternehmers um eine vertragliche Nebenpflicht handeln, diesen vor Ansteckungsgefahren zu schützen, was auch die Überwälzung der Kosten dafür ausschließe. Vergleichbar sei dies damit, dass der Werkunternehmer vermeiden müsse, sonstige Schäden bei der Reparatur des Fahrzeugs an diesem zu verursachen.

Dies sei auch dem durchschnittlichen Geschädigten, von dem auszugehen sei, ersichtlich, da in allen Bereichen des täglichen Lebens (z.B. beim Einkaufen) in Lebensmittelgeschäften, bei anderen Handwerkerleistungen pp. Derartige Maßnahmen gerade nicht gesondert abgerechnet würden.

AG Kassel, Urteil vom 26.03.2021 - 435 C 4071/20 -