Der Antragsteller (AS) beantragte
im Oktober 2011 bei dem LG Tübingen die Durchführung eines selbständigen
Beweisverfahrens gem. § 485 Abs. 2 ZPO. Mit Beweisbeschluss vom Februar 2012
bestellte das Landgericht einen Sachverständigen, der im Oktober 2012 sein
Gutachten vorlegte. Im August 1993 erhob der AS Klage vor dem Landgericht
Tübingen und bezog sich zum Bewies seiner Mängelbehauptungen auf das im
Beweisverfahren eingeholte Gutachten. Im Februar 2014 setzte das Landgericht als
Prozessgericht den Rechtsstreit bis zum Abschluss des Beweisverfahrens aus. Im
Beweisverfahren selbst erstatte der Sachverständige nach weiteren Mängelbehauptungen
des AS weitere Gutachten im Juni 2015 und März 2017. Mit Schriftsatz vom April
2017 legte der AS einen umfangreichen Schriftsatz im Beweisverfahren mit Fragen
an den Sachverständigen vor und stellte einen weiteren Ergänzungsantrag im
September 2017. Im Dezember 2017 nahm das Prozessgericht den Rechtsstreit wieder
auf, erteilte den Parteien Auflagen und Hinweise, zog die Akte des selbständigen
Beweisverfahrens bei, forderte einen Auslagenvorschuss zur Ladung des
Sachverständigen und bestimmte einen Verhandlungstermin. Mit Beschluss vom
gleichen Tag erklärte das Landgericht im Rahmen des selbständigen
Beweisverfahrens dieses für beendet und setzte den Verfahrenswert fest.
Der AS erhob
gegen die jeweiligen Beschlüsse Beschwerde. Das Prozessgericht half nicht ab
und legte den Vorgang dem OLG vor, welches die Beschwerde mit Beschluss vom 17.01.2018
- 10 W 4/18 - zurückwies. Im selbständigen Beweisverfahren half das Landgericht
der Beschwerde ebenfalls nicht ab und legte sie dem OLG vor.
Die
zulässige Beschwerde des AS gegen den Beschluss des Landgerichts, das selbständige
Beweisverfahren für beendet zu erklären, sah der Senat als zulässig, in der
Sache aber nicht begründet an.
Als
Prozessgericht wies das Landgericht die gegen seinen Beschluss zur
Wiederaufnahme des Verfahrens gerichtete Beschwerde zurück. Die Zulässigkeit
ergäbe sich daraus, dass gegen die Ablehnung des Antrages auf Durchführung des
Beweisverfahrens die sofortige Beschwerde statthaft sei, ebenso gegen die
Ablehnung der Änderung oder Ergänzung des Beweisbeschlusses oder des Antrages
auf Erläuterung des Gutachtens. Eine förmliche Beendigung des selbständigen
Beweisverfahrens sei im Gesetz nicht vorgesehen; erfolge sie, würde sich dies
inzident als Ablehnung der Durchführung des Beweisverfahrens darstellen und mithin
notwendig das Beschwerderecht (als fristgebundene sofortige Beschwerde)
eröffnen.
Allerdings
sei die Beschwerde hier in der Sache nicht begründet. Das selbständige
Beweisverfahren sei beendet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt sei
(BGH, Urteil vom 28.10.2010 - VI ZR 172/09 -). Es sei es aber auch dann
erledigt, wenn die Zuständigkeit für die Beweiserhebung auf das Prozessgericht
übergehen würde, was dann der Fall sei, wenn in der Hauptsache Klage vor dem
Prozessgericht erhoben würde (BGH, Beschluss vom 22.07.2004 - VII ZB 3/03 -)
und das Prozessgericht die Akten des Beweisverfahrens beiziehen würde.
Diesem
Übergang stünde nicht entgegen, dass das Gericht im selbständigen
Beweisverfahren noch nicht sämtliche Beweisfragen erledigt oder Anträge/Fragen
abgearbeitet habe. Das Prozessgericht sei verpflichtet, wenn es die Akten des
noch nicht beendeten Beweisverfahrens beiziehe, die Beweisaufnahme im vorgefundenen
Stand selbst fortzusetzen (BGH, Beschluss vom 14.11.2017 - VIII ZR 101/17 -),
weshalb eine Zuständigkeit des Gerichts des selbständigen Beweisverfahrens
daneben nicht bestehen könne (arg. § 485 Abs. 1 1. Halbs. ZPO). Nicht
Voraussetzung sei ein eigener Beweisbeschluss im streitigen Verfahren
(Prozessverfahren). Die (vorgezogene) Beweisaufnahme im selbständigen
Beweisverfahren stehe einer Beweisaufnahme im streitigen verfahren gleich, §
493 Abs. 1 ZPO, und wirke daher wie eine vor dem Prozessgericht durchgeführte
Beweisaufnahme. Allerdings sei das Prozessgericht nicht verpflichtet, im Umfang
sämtlicher im selbständigen Beweisverfahren gestellter Anträge weiter Beweis zu
erheben, da es hier (anders als im selbständigen Beweisverfahren) auf die Erheblichkeit
für den Prozessstoff ankäme, weshalb die Fortsetzung der Beweisaufnahme über
unerhebliche Tatsachen unzulässig wäre. Da vorliegend der AS nicht dargelegt
habe, dass er im selbständigen Beweisverfahren die Feststellung von Mängeln
angestrebt habe, die nicht gleichzeitig zum Gegenstand des streitigen
Verfahrens gemacht wurden, war auch insoweit nicht das selbständige
Beweisverfahren fortzuführen gewesen.
OLG Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2018 -
10 W 6/18 -