Der bei der Beklagten pflichtversicherte Lkw befand sich zum Austausch der Hinterreifen in einer Kfz-Reparaturwerkstatt. Dort war er über nach in der Werkhalle abgestellt. In dieser Nacht brannte der Lkw und es kam zu Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden bei der Werkstatt, die von deren Sach- und Betriebsunterbrechungsversicherer ausgeglichen wurden, der die Pflichtversicherung des Lkw auf Ersatz der Ansprüche nach § 86 VVG in Anspruch nahm. Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich. Landgericht und OLG hatten als Anspruchsgrundlage § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG angenommen. Dem folgte der BGH.
Nach § 7 Abs. 1 StVG sei Voraussetzung, dass eines der dort geschützten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges“ verletzt beschädigt würde. Ein Schaden würde bei dem Betrieb des Kraftfahrzeuges entstehen, wenn sich die von dem Fahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht habe und bei wertender Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit-) geprägt sei. Dies habe zur Voraussetzung, dass die Schadensfolge in den Bereich der gefahren fällt, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden sei. Für die Zurechnung käme es dann darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stünde.
Vorliegend sah der BGH eine Ursächlichkeit in einer defekten Betriebseinrichtung des Fahrzeugs. Entweder sei der den Brand verursachende Defekt durch Kabel im Motorraum im Bereich des Generators oder durch einen Defekt eines im Führerhaus des Lkw fest eingebauten Kühlschrank verursacht worden. In beiden Fällen würde es sich um einen Defekt einer Betriebseinrichtung handeln. Für die Annahme einer Betriebseinrichtung sie nicht entscheidend, dass diese eine Transport- oder Fortbewegungsfunktion erfüllen könne. Ausreichend sei, dass die Einrichtung den Betrieb des Fahrzeugs insoweit zu dienen bestimmt ist, als die dessen Benutzung sicherer, leichter oder komfortabler gestalte. Derartige Bauteile (wie Unterhaltungselektronik, Kühlschrank) könnten aus der Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, da dies unter Berücksichtigung der Entwicklung der Fahrzeugtechnik mit dem Zweck des § 7 Abs. 1 StVG, einen weitgehenden Schutz gegen die Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs zu gewährleisten, nicht vereinbar sei.
Für die Haftung nach § 7 StVG mache es keinen Unterschied, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb oder bei diesem eintrete. Eine anderweitige Betrachtung, die die Verwirklichung bei dem Fahrbetrieb fordere, würde eine Haftung ausschließen, bei der unabhängig von einem Betriebsvorgang allein ein technischer Defekt einer Betriebseinrichtung für den Schaden eines Dritten ursächlich sei. Bei wertender Betrachtung sei auch in solchen Fällen (mit Ausnahme z.B. bei vorsätzlicher Inbrandsetzung des Fahrzeuges auf einem Parkplatz) das Schadensgeschehen durch das Fahrzeug selbst und durch die von diesem ausgehende Gefahr entscheidend (mit-) geprägt.
Vorliegend konnte auch der Pflichtversicherer des Lkw nach § 115 VVG in Anspruch genommen werden. Auch wenn dessen Haftung nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG gerade das Bestehen der Pflichtversicherung nach § 1 PflVG zur Voraussetzung habe, käme es nicht darauf an, ob sich der Schadensfall im öffentlichen Verkehr ereignete. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 1 KfzPflVV. Mit § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG sei keine Begrenzung des Direktanspruchs im Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber der Vorgängernorm des § 3 Nr. 1 PflVG a.F. beabsichtigt gewesen.
BGH, Urteil vom 20.10.2020 -
VI ZR 158/19 -