Der Kläger machte Schadensersatzansprüche wegen einer Bissverletzung durch die Katze der Beklagten geltend. Im Prozess trat der Haftpflichtversicherer der Beklagten dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei; nachdem sie zunächst an den Kläger € 1.000,00 gezahlt hatte, stellte sie in der Folge ihre Einstandspflicht in Frage.
Im Verfahren vor dem Landgericht war die Beklagte anwaltlich nicht vertreten; seine Streithelferin trug vor, dass der Kläger Miteigentümer und -halter der Katze sei und zudem der Vortrag des Klägers zum Geschehensablauf unplausibel sei, da die Katze bei einem Zubeißen infolge eines Schrecks nicht in den Handballen sondern in die Rückseite seiner Hand gebissen hätte und zudem Katzen nicht bissig seien und von daher die Katze hätte provoziert worden sein müssen. Das Landgericht hörte die (anwaltlich nicht vertretene) Beklagte an (§ 141 ZPO).
Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, es habe sich nicht von einem, Geschehensablauf, wie vom Kläger zugrunde gelegt, überzeugen können. Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Klägers zurück. Mit der vom BGH zugelassenen Revision verfolgte der Kläger sein begehren weiter. Dies führte zur Aufhebung des klageabweisenden Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.
Nach Auffassung des BGH könnten die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten aus § 833 S. 1 BGB (Tierhalterhaftung) aus den vom OLG benannten Gründen nicht verneint werden. Voraussetzung sei zunächst die Verletzungshandlung, in der sich die typische Tiergefahr widerspiegele. Eine entsprechende adäquate bzw. mitursächliche Handlung der Katze sei gegeben, da das OLG den Vortrag des Klägers, er sei in der Wohnung bei seinem Besuch der Beklagten von deren Katze gebissen worden, als unstreitig angenommen hatte. Auf die Einzelheiten des Schadenshergangs (die vom OLG vermisst wurden) käme es nicht an.
Auch habe das OLG den Hergang des Vorfalls als streitig angesehen. Bestritten wurde dies von der Streithelferin. Das Bestreiten des Streithelfers ist allerdings unbeachtlich, wenn sich damit der Streithelfer mit dem Vortrag der Hauptpartei in Widerspruch setzt, § 67 S. 1 Halbs. 2 ZPO. Hierauf nahm der BGH Bezug. Der Streithelfer (oder auch Nebenintervenient) muss auf einer Seite (Kläger- oder Beklagtenseite) dem Rechtstreit beitreten. Die Seite, der er beitritt, unterstützt er gemeinhin. Allerdings kann der Streithelfer/Nebenintervenient natürlich eigene Interesse mit dem Beitritt verbinden, die nicht mit den Interessen der unterstützten (beigetretenen) Partei entsprechen müssen, dies auch in Ansehung eines möglichen Folgeanspruchs der unterstützten Partei gegen ihn. Damit wird durch § 67 ZPO ausgeschlossen, dass die Rechtslage durch Vortrag des Streithelfers zu Lasten der unterstützten Partei beeinflusst wird; natürliche Folge ist, dass unabhängig von der Rechtswirkung der Tatsachenvortrag der unterstützten Partei dem Vortrag des Streithelfers vorgeht und mithin ein Bestreiten durch den Streithelfe nicht im Widerspruch zum Parteivortrag der unterstützten Partei stehen darf und ebenso umgekehrt, soweit die unterstützte Partei entgegen der Behauptung des Streithelfers bestreitet. Hierauf hinweisend führte der BGH aus, dass es für den Widerspruch der unterstützten Partei gegen einen Sachvortrag des Streithelfers ausreichend sei, dass sich dieser aus dem Gesamtverhalten der unterstützten Partei ergäbe. Für den Widerspruch benötige die unterstützte Partei selbst im Anwaltsprozess keinen Rechtsanwalt, der diesen für sie erkläre; der Widerspruch unterliege nicht dem Anwaltszwang.
Der BGH wies ausdrücklich darauf hin, dass im Falle einer streitgenössischen Nebenintervention (die hier nicht vorlag) der Vortrag des Nebenintervenienten trotz Widderspruchs der Hauptpartei beachtlich bleibe. Eine streitgenössische Nebenintervention läge vor, wenn nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts und Prozessrechts die Rechtskraft der Entscheidung in dem Hauptprozess (der Prozess, in dem die Nebenintervention erfolgte) auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner von Wirksamkeit sei (§ 69 ZPO). Im Hinblick darauf könne in diesem Fall der Nebenintervenient auch im Widerspruch zu der unterstützten Partei (Hauptpartei) eigene Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen.
Im Haftpflichtversicherungsrecht ist zwischen dem Haftpflicht- und dem Deckungsverhältnis zu unterscheiden. Während über das Deckungsverhältnis nur im Prozess des Haftpflichtversicherers mit dem Versicherungsnehmer entschieden wird (also z.B. ob überhaupt für den Schadensfall als solchen Versicherungsschutz vereinbart wurde, ob Ausschlusstatbestände vorliegen), wird über den Haftpflichtanspruch nur im Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Geschädigten entschieden, weshalb der Haftpflichtversicherer ein eigenes rechtliches Interesse an einer Beteiligung an diesem Rechtsstreit hat, da das Urteil für ihn im Rahmen des Deckungsanspruchs Bindungswirkung hat. Dies wird auch vom BGH zugrunde gelegt, der darauf hinwies, dass vorliegend dem Privathaftpflichtversicherer nicht die Rolle eines Streitgenossen zukäme mit der Folge, dass er von § 67 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO befreit wäre. Auch in Ansehung der Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsprozess könne nicht von § 67 Abs. 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen werden, da die Bindungswirkung nicht mit der in § 69 ZPO vorausgesetzten Rechtwirksamkeit gleichzusetzen sei. Diese folge nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, sondern aus dem Leistungsversprechen, welches der Versicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben habe (BGH, Beschluss vom 18.01.2022 - VI ZB 36/21 -).
Da der Sachvortrag zum Geschehensablauf im Widerspruch zu den Angeben der vom Landgericht angehörten Beklagten stand, war mithin das Bestreiten der Streithelferin des klägerseits behaupteten Geschehens unbeachtlich.
Anmerkung: Nicht problematisiert hat vorliegend der BGH die Frage, ob das Landgericht die anwaltlich nicht vertretene Beklagte überhaupt hätte anhören dürfen (das Anhörungsrecht der anwaltlich in einem Anwaltsprozess nicht vertretenen Parteien verneinend OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.05.2009 - 19. W 22/09 -, bejahend mit der Begründung, der Vertreter der Nebenintervention sei ihr Anwalt OLG Hamm, Urteil vom 22.11.2019 - I-9 U 93/19; die Entscheidung des OLG Hamm ist nicht überzeugend, da der Nebenintervenient ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat und haben muss, weshalb deren Rechtsanwalt nicht wie der Rechtsanwalt der Hauptpartei angesehen werden kann, § 66 ZPO). Problematisch ist das Übergehen dieses Umstandes durch den BGH: Erfolgt eine Anhörung, obwohl diese nicht zulässig war, dürfte deren Ergebnis nicht verwertet werden; de Auffassung des BGH, die Erklärung auch einer anwaltlich nicht vertretenen Partei sei als Widerspruch gegen den Angaben des Streithelfers zu werten mit der möglichen Folge der Unbeachtlichkeit der Ausführungen der Streithelferin könnte dazu führen, dass unberechtigt Parteianhörungen nach § 141 ZPO (gerade in Fällen, in denen nur der Nebenintervenient anwaltlich vertreten ist) vermehrt durchgeführt werden und damit die rechtlichen Grundlagen des § 141 ZPO ad absurdum geführt werden.
BGH, Urteil vom 26.04.2022
- VI ZR 1321/20 -