Die beklagte Bank finanzierte eine
von den Klägern 2008 erworbene Eigentumswohnung.
Die war 22qm groß und hatte einen Kaufpreis
von € 33.900,00 zu 100% bei einem Zinssatz von 1,5%; sie war vermietet und nach
Angaben der Verkäuferin betrug die Nettokaltmiete € 5,11/qm. Aufgrund
Leerstandes erzielten die Kläger keine Mieteinnahmen.
2010 verlangten die Kläger von
der Verkäuferin die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Klage war
erfolgreich, da die Wohnung nach einem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten
lediglich einen Verkehrswert von € 10.500,00 habe und damit der Kaufpreis in
sittenwidriger Weise überhöht gewesen sei. Die Verkäuferin meldete Insolvenz
an.
Mit der Klage gegen die Beklagte
begehrten die Kläger die Rückzahlung des von ihnen bis dahin auf das Darlehen Betrages
von € 18.765,24. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Kläger zum
Kammergericht (KG) war erfolgreich. Dabei stütze sich das KG auf ein
eingeholtes Gutachten, nah dem nach der von diesem zugrunde gelegten Vergleichswertmethode
der Verkehrswert € 20.600,00 betrage, was aber nicht überzeugend sei, da es an
der notwendigen Vergelcihbarkeit einer entsprechenden Anzahl von Objekten
ermangele. Der Sachverständige habe den Ertragswert mit € 12.072,00 ermittelt,
und daraus sei ein Mittwelt zu bilden, weshalb eine Überteuerung eine Überteuerung
von 90% anzunehmen sei.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der
Beklagten hob der BGH das Urteil des OLG
auf und verwies den Rechtsstreit zurück.
Rechtsfehlerfrei sei das KG davon
ausgegangen, dass eine Bank ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht über die
Unangemessenheit des von ihr finanzierten Kaufpreises unter dem rechtlichen Gesichtspunkt
eines Wissensvorsprungs träfe, wenn eine so wesentliche Verschiebung der
Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert vorläge, dass die Bank von einer
sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen müsse
(BGH, Urteile vom 16.02.2006 - XI ZR 6/04 -, vom 19.06.2010 - XI ZR 145/14 -
und vom 18.10.2016 - XI ZR 145/14 -). Dies sei bereits anzunehmen, wenn der Kaufpreis (ohne
Berücksichtigung von darin enthaltenen Nebenkosten) knapp doppelt so hoch sei
wie der Verkehrswert.
Vorliegend habe allerdings das KG
das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) der Beklagten verletzt, da es vorliegend von
der Beurteilung des beauftragten Sachverständigen abwich, demzufolge der
Verkehrswert der Wohnung sachgerecht nach dem Vergleichswertverfahren zu
ermitteln sei, ohne ein weiteres Gutachten nach § 412 Abs. 1 ZPO einzuholen und
ohne Nachweis eigener Sachkunde eine eigene Wertermittlung vorgenommen habe,
zumal es, wenn es eigene Sachkunde für sich in Anspruch nähme, die Parteien
vorher darauf hinweisen müsse, was nicht erfolgt sei. Das rechtliche Gehör der
Beklagten sei verletzt worden, da das KG bei der Wertermittlung einen
Mittelwert von Vergleichswert und Ertragswert angenommen habe.
Die Auswahl der geeigneten Wertermittlungsmethode stünde,
wenn nicht das Gesetz ein bestimmtes Verfahren vorsieht, im Ermessen des
Tatrichters. Allerdings sei es unzulässig, schematisch einen rechnerischen
Mittelwert zwischen Vergleichswert und Ertragswert zu bilden (BGH, Urteil vom
13.07.2970 - VII ZR 189/68 -).
Wenn, wie hier, der gerichtlich
bestellte Sachverständige die Voraussetzungen für eine verlässliche
Verkehrswertermittlung nach Vergleichswerten bekundet, könne das Gericht nicht an
dem Ergebnis vorbeigehen, auch wenn eine andere Wertermittlungsmethode zu einem
deutlich anderen Ergebnis führe. Dies gelte insbesondere dann, wenn es um die
Frage der Sittenwidrigkeit gehen würde, da nach der Rechtsprechung würde auf
der objektiven Grundlage eines besonderen Missverhältnisses den Schluss auf das
subjektive Unrechtsmerkmal der verwerflichen Gesinnung ziehen. Hierfür sei aber
keine Grundlage gegeben, wenn der direkte Vergleich mit dem maßgeblichen Markt,
den die Auswertung der tatsächlich erzielten Preise bei Vorliegen hinreichenden
Vergleichsmaterials leiste, zur Verneinung eines besonderen Missverhältnisses
führe (BGH, Urteil vom 02.07.2004 – V ZR 213/03 -).
Damit würden die Ausführungen des
Landgerichts zu der die Aufklärungspflicht auslösenden Kenntnis auch das
rechtliche Gehör der Beklagten verletzen. Eine positive Kenntnis der Bank von
der sittenwidrigen Überteuerung sei erforderlich, ohne dass die Bank eigene
Nachforschungen betreiben müsse. Sie sei also nicht verpflichtet, zu Vermeidung
etwaiger eigener Risiken sich einen (dann zu offenbarenden) Wissensvorsprung zu
verschaffen. Ausnahmsweise stünde die bloße Erkennbarkeit einer aufklärungsbedürftigen
Tatsache der positiven Kenntnis dann gleich, wenn sich einem zuständigen
Bankenmitarbeiter dies nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen müsse, da
er nicht berechtigt sei, seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschließen.
Schon danach sei der Ausgangspunkt der Erwägungen des KG zur monatlichen
Bruttokaltmiete falsch, die Bank hätte eine einfache Überschlagsrechnung zum
Ertragswert durchführen müssen, woraus sich bereits die Sittenwidrigkeit des
Kaufpreises hätte aufdrängen müssen, da dies eine Art der nicht notwendigen
Nachforschung darstelle. Wertermittlungen, die die Bank im eigenen Interesse vornähme,
würden den Beleihungswert betreffen, um so die Realisierung ihrer Forderung im
Falle einer Zwangsversteigerung einschätzen zu können. Eine Kontrolle dieser
internen Bewertung anhand der prognostizierten Erträge schulde weder die Bank
noch der Verkäufer. Die Bank träfe nicht die Verpflichtung den Käufer auf eine
Unwirtschaftlichkeit hinzuweisen.
BGH, Beschluss vom 08.01.2019 -
XI ZR 535/17 -