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Sonntag, 24. März 2019

Bankenhaftung bei Sittenwidrigkeit des Kaufpreises einer Immobilie ?


Die beklagte Bank finanzierte eine von den Klägern 2008 erworbene Eigentumswohnung.  Die war 22qm groß und hatte einen Kaufpreis von € 33.900,00 zu 100% bei einem Zinssatz von 1,5%; sie war vermietet und nach Angaben der Verkäuferin betrug die Nettokaltmiete € 5,11/qm. Aufgrund Leerstandes erzielten die Kläger keine Mieteinnahmen.

2010 verlangten die Kläger von der Verkäuferin die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Klage war erfolgreich, da die Wohnung nach einem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten lediglich einen Verkehrswert von € 10.500,00 habe und damit der Kaufpreis in sittenwidriger Weise überhöht gewesen sei. Die Verkäuferin meldete Insolvenz an.

Mit der Klage gegen die Beklagte begehrten die Kläger die Rückzahlung des von ihnen bis dahin auf das Darlehen Betrages von € 18.765,24. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Berufung der Kläger zum Kammergericht (KG) war erfolgreich. Dabei stütze sich das KG auf ein eingeholtes Gutachten, nah dem nach der von diesem zugrunde gelegten Vergleichswertmethode der Verkehrswert € 20.600,00 betrage, was aber nicht überzeugend sei, da es an der notwendigen Vergelcihbarkeit einer entsprechenden Anzahl von Objekten ermangele. Der Sachverständige habe den Ertragswert mit € 12.072,00 ermittelt, und daraus sei ein Mittwelt zu bilden, weshalb eine Überteuerung eine Überteuerung von 90% anzunehmen sei.

 Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten  hob der BGH das Urteil des OLG auf und verwies den Rechtsstreit zurück.

Rechtsfehlerfrei sei das KG davon ausgegangen, dass eine Bank ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht über die Unangemessenheit des von ihr finanzierten Kaufpreises unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs träfe, wenn eine so wesentliche Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert vorläge, dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen müsse (BGH, Urteile vom 16.02.2006 - XI ZR 6/04 -, vom 19.06.2010 - XI ZR 145/14 - und vom 18.10.2016 - XI ZR 145/14 -).  Dies sei bereits  anzunehmen, wenn der Kaufpreis (ohne Berücksichtigung von darin enthaltenen Nebenkosten) knapp doppelt so hoch sei wie der Verkehrswert.

Vorliegend habe allerdings das KG das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) der Beklagten verletzt, da es vorliegend von der Beurteilung des beauftragten Sachverständigen abwich, demzufolge der Verkehrswert der Wohnung sachgerecht nach dem Vergleichswertverfahren zu ermitteln sei, ohne ein weiteres Gutachten nach § 412 Abs. 1 ZPO einzuholen und ohne Nachweis eigener Sachkunde eine eigene Wertermittlung vorgenommen habe, zumal es, wenn es eigene Sachkunde für sich in Anspruch nähme, die Parteien vorher darauf hinweisen müsse, was nicht erfolgt sei. Das rechtliche Gehör der Beklagten sei verletzt worden, da das KG bei der Wertermittlung einen Mittelwert von Vergleichswert und Ertragswert angenommen habe.

Die Auswahl der  geeigneten Wertermittlungsmethode stünde, wenn nicht das Gesetz ein bestimmtes Verfahren vorsieht, im Ermessen des Tatrichters. Allerdings sei es unzulässig, schematisch einen rechnerischen Mittelwert zwischen Vergleichswert und Ertragswert zu bilden (BGH, Urteil vom 13.07.2970 - VII ZR 189/68 -).

Wenn, wie hier, der gerichtlich bestellte Sachverständige die Voraussetzungen für eine verlässliche Verkehrswertermittlung nach Vergleichswerten bekundet, könne das Gericht nicht an dem Ergebnis vorbeigehen, auch wenn eine andere Wertermittlungsmethode zu einem deutlich anderen Ergebnis führe. Dies gelte insbesondere dann, wenn es um die Frage der Sittenwidrigkeit gehen würde, da nach der Rechtsprechung würde auf der objektiven Grundlage eines besonderen Missverhältnisses den Schluss auf das subjektive Unrechtsmerkmal der verwerflichen Gesinnung ziehen. Hierfür sei aber keine Grundlage gegeben, wenn der direkte Vergleich mit dem maßgeblichen Markt, den die Auswertung der tatsächlich erzielten Preise bei Vorliegen hinreichenden Vergleichsmaterials leiste, zur Verneinung eines besonderen Missverhältnisses führe (BGH, Urteil vom 02.07.2004 – V ZR 213/03 -).

Damit würden die Ausführungen des Landgerichts zu der die Aufklärungspflicht auslösenden Kenntnis auch das rechtliche Gehör der Beklagten verletzen. Eine positive Kenntnis der Bank von der sittenwidrigen Überteuerung sei erforderlich, ohne dass die Bank eigene Nachforschungen betreiben müsse. Sie sei also nicht verpflichtet, zu Vermeidung etwaiger eigener Risiken sich einen (dann zu offenbarenden) Wissensvorsprung zu verschaffen. Ausnahmsweise stünde die bloße Erkennbarkeit einer aufklärungsbedürftigen Tatsache der positiven Kenntnis dann gleich, wenn sich einem zuständigen Bankenmitarbeiter dies nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen müsse, da er nicht berechtigt sei, seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschließen. Schon danach sei der Ausgangspunkt der Erwägungen des KG zur monatlichen Bruttokaltmiete falsch, die Bank hätte eine einfache Überschlagsrechnung zum Ertragswert durchführen müssen, woraus sich bereits die Sittenwidrigkeit des Kaufpreises hätte aufdrängen müssen, da dies eine Art der nicht notwendigen Nachforschung darstelle. Wertermittlungen, die die Bank im eigenen Interesse vornähme, würden den Beleihungswert betreffen, um so die Realisierung ihrer Forderung im Falle einer Zwangsversteigerung einschätzen zu können. Eine Kontrolle dieser internen Bewertung anhand der prognostizierten Erträge schulde weder die Bank noch der Verkäufer. Die Bank träfe nicht die Verpflichtung den Käufer auf eine Unwirtschaftlichkeit hinzuweisen.

BGH, Beschluss vom 08.01.2019 - XI ZR 535/17 -