Im Streitfall musste sich der BGH damit befassen, ob der Unterlassungsanspruch einer ehrverletzenden Äußerung („Sie sind sowieso eine Lachfigur, Sie idiot.“) eine WEG-Sache ist, weshalb bejahendenfalls nicht die für Berufungssachen allgemein zuständige Zivilkammer des Landgerichts zur Entscheidung berufen wäre, sondern die für WEG-Verfahren zuständige Kammer.
Der Kläger und seien Ehefrau sowie der Beklagte mit dessen Ehefrau bildeten eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Nachdem es zwischen den Parteien bereits zu diversen, auch gerichtliche Auseinandersetzungen in Bezug auf das Wohnungseigentum gekommen war, trafen sich der Kläger und der Beklagte auf dem Grundstücksvorplatz, bei dem der Beklagte den abgemahnten und dann zum Gegenstand der Unterlassungsklage gemachten Satz gegenüber dem Kläger äußerte. Die Klage wurde bei dem Amtsgericht anhängig gemacht. Der Unterlassungsanspruch wurde vom Amtsgericht zurückgewiesen; die Berufung ließ das Landgericht (9. Zivilkammer) wegen Nichterreichens der Berufungssumme nicht zu. Auf die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde durch den Kläger hob der BGH die Entscheidung im Beschlussweg auf und verwies den Rechtsstreit an die 9. Zivilkammer (zuständig für allgemein Zivilsachen in Berufungsverfahren) zurück. Die 9. Zivilkammer sah sich als zuständig an und verwies nicht an die für WEG-Sachen zuständige 18. Zivilkammer. Mit seinem vom Kläger mit der Revision angegriffenen Urteil wies sie nunmehr die Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil in Bezug auf das Unterlassungsbegehren zurück.
Der BGH legte zu dem bis zum 30.11.2020 und zu dem seit dem 01.12.2020 (nach dem WEMoG) geltenden Recht dar, wann eine Abgelegenheit der Spezialzuständigkeit einer für WEG-Verfahren gebildeten Kammer gegeben ist, nachdem der Kläger gemäß § 547 Abs. 1 ZPO die Verfahrensrüge der fehlenden Zuständigkeit der 9. Zivilkammer und damit die Verletzung des verfassungsrechtlichen gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG) erhoben hatte, wobei er dahinstehen ließ, ob der Kläger mit der Zuständigkeitsrüge nach §§ 565,513 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen war, da es sich um eine Angelegenheit handelte, da es sich hier nicht um eine Wohnungseigentumssache gehandelt habe.
Auf den vorliegenden Fall wandte der BGH § 43 Nr. 1 bis 6 WEG in der Fassung vor Inkrafttreten des WEMoG an, da der Rechtsstreit vor dem 01.12.2020 anhängig wurde, Art. 1, 4, 18 WEMoG, § 48 Abs. 5 WEG. Von § 43 Nr. 1 WEG a.F. würden „Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander“ erfasst.
Dass der Kläger nicht selbst Wohnungseigentümer sei, sondern nur die GbR, der er als Gesellschafter angehören würde, würde hier der Zuordnung nicht entgegenstehen, da § 43 WEG a.F. gegenstands- und nicht personenbezogen sei (BGH, Beschluss vom 21.01.2016 – V ZR 198/15 -). Würde über typische Rechte und Pflichten in einer GdWE gestritten, könne auch der Gesellschafter einer ein Wohnungseigentum haltenden GbR Kläger oder Beklagter in einer wohnungseigentumsrechtlichen Streitigkeit sein (BGH aaO. zur persönlichen Haftung für Beitragsrückstände). Entscheidend sei daher das Vorliegen der Voraussetzungen des § 43 Nr. 1 WEG a.F. in sachlicher Hinsicht.
Dafür käme es aber nicht darauf an, ob di Rechtsgrundlagen für den Anspruch im Wohnungseigentumsgesetz wurzeln; sie könnten auch (wie hier) aus dem allgemeinen Zivilrecht (§ 823 Abs. 1, 2 BGB iVm. §§ 185 ff StGB, § 1004 Abs. 1 BGB analog) hergeleitet werden. Voraussetzung wäre, dass das in Anspruch genommene Recht oder die Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit stünde, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen sei (BGH, Beschluss vom 17.11.2016 – V ZB 73/16 -). An diesem Erfordernis des inneren Zusammenhangs habe sich trotz der weiteren Fassung des § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F. (Fassung nach dem WEMoG), „Streitigkeiten über Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander“, nichts geändert; geklärt habe der Gesetzgeber damit nur, dass Streitigkeiten über die sachenrechtlichen Grundlagen der WEG Wohnungseigentumssachen seien (BT-Drs. 19/18791, S. 81).
Wenn die Äußerung, die Gegenstand eines Anspruchs eines Wohnungseigentümers gegen einen anderen Wohnungseigentümer sind, in einer Eigentümerversammlung oder Beiratssetzung getätigt, handele es sich um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit, § 43 Nr. 1 WEG a.F., § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F., wobei es auf Inhalt und Anlass der Äußerung nicht ankäme. Es käme damit hier nicht darauf an, ob die verbale Auseinandersetzung der Parteien sich an der Frage der Erfüllung von Reinigungspflichten entzündet habe.
Alleine der Umstand, dass es sich bei den Parteien um Wohnungseigentümer oder diese gleichgestellte Personen handele, begründe nicht die wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit. Bestünde zwischen den Wohnungseigentümern eine Sonderverbindung, aufgrund derer sie sich gleichsam wie Dritte gegenüberstehen würden, stelle ein daraus resultierender Streit keine Wohnungseigentumssache dar, z.B. wenn Rechte zwischen Wohnungseigentümern aus Miet-, Dienst- oder Werkverträgen hergeleitet würden (s. auch BGH, Urteil vom 20.06.1986 – V ZR 47/85 – zum Streit über ein Konkurrenzverbot). Dies gelte auch wenn sich Wohnungseigentümer über die Zulässigkeit von Äußerungen streiten würden, da sie sich dann auch wie Dritte gegenüberstehen und ein innerer Zusammenhang mit einer Angelegenheit bestünde, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis erwachsen sei. Der Streit in Bezug auf unterschiedliche Auffassungen zu einer die GdWE betreffenden Frage stelle sich nur als Anlass für die Äußerung dar, deren Zulässigkeit sich nach allgemeinen Zivilrecht richte (dazu auch BGH, Urteil vom 21.01.2026 – V ZR 108/15 -).
Eine Ausnahme läge nur dann vor, wenn es um die Zulässigkeit von Äußerungen in einer Eigentümerversammlung gehen würde (BGH, Beschluss vom 17.11.2016 – V ZR 73/17 -). Dies würde eine spezifische, unmittelbare wohnungseigentumsrechtliche Komponente aufweisen, die über die durch das allgemeine Zivilrecht geregelten Rechtsbeziehungen hinausgehe. Die Eigentümerversammlung sei das Willensbildungsorgan der GdWE und diene der Erörterung der Beschlussfassung, bei der Äußerungen zur Meinungsbildung beitragen würden. Der für die Anwendbarkeit des § 43 Nr. 1 WEG a.F. und § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F. (in der Fassung des WEModG) erforderliche Bezug zu dem Gemeinschaftsverhältnis würde in diesem Fall durch den institutionellen Rahmen der Versammlung hergestellt. Gleiches gelte für Beiratssitzungen.
Damit sei eine klare Abgrenzung getroffen, wann hiernach Streitigkeiten zwischen einzelnen Wohnungseigentümern über die Zulässigkeit von Äußerungen eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit nach § 43 Nr. 1 WEG a.F. und § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F. begründen.
Von daher war vorliegend nicht die Spezialkammer für WEG-Rechtsstreite zuständig.
BGH,
Urteil vom 22.09.2023 - V ZR 254/22 -
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 9 - vom 25. März 2022 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Eine GbR, deren
Gesellschafter der Kläger und seine Ehefrau sind, und der Beklagte und dessen
Ehefrau bilden eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Die Anlage
besteht aus zwei Doppelhaushälften. Zwischen den Parteien kam es zu diversen,
auch gerichtlichen Auseinandersetzungen über wohnungseigentumsrechtliche
Angelegenheiten. Unter anderem ging es um die Reinigung der Entwässerungsrinnen
auf dem Vorplatz der Carports. Am 6. März 2018 wurden der Beklagte und seine
Ehefrau zur Reinigung der Entwässerungsrinnen in einem bestimmten Zeitraum
verurteilt. Am 15. August 2018 kam es zu einem Zusammentreffen der Parteien auf
dem Grundstücksvorplatz. Während eines Wortwechsels sagte der Beklagte zu dem
Kläger:
„Sie sind
sowieso eine Lachfigur, Sie Idiot.“
Nach dem
Vorbringen des Klägers erfolgten die Äußerungen des Beklagten vor dem
Hintergrund, dass er ihm die Nichterfüllung der titulierten Reinigungspflicht
vorgehalten hatte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. August 2018 mahnte der
Kläger den Beklagten ab, woraufhin dieser eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung abgab. In dem Begleitschreiben des
Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 24. September 2018 zu der
Unterlassungserklärung heißt es:
„Wir weisen
ausdrücklich darauf hin, dass den dort beschriebenen Äußerungen ein Vorgang im
Sinne des § 199 StGB voranging, bei dem … (Kläger) unseren Mandanten
duzte, unflätig bepöbelte sowie mit der Einleitung eines weiteren
Gerichtsverfahrens bedrohte.“
Mit der Klage
verlangt der Kläger Ausgleich der Abmahnkosten von 422,25 € sowie Unterlassung
der Behauptung, der Kläger habe den Beklagten am 15. August 2018 „geduzt,
unflätig bepöbelt und mit der Einleitung eines weiteren Gerichtsverfahrens
bedroht.“ Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 147,56 € verurteilt
und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des
Klägers hat das Landgericht zunächst wegen Nichterreichens der erforderlichen
Berufungssumme als unzulässig verworfen. Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers
hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung durch Beschluss vom 16. November
2021 (VI ZB 58/20, MDR 2022, 262) aufgehoben und die Sache zur erneuten
Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Im wiedereröffneten
Berufungsverfahren hat das Landgericht dem Kläger weitere 8,61 €
(Zustellungskosten) zugesprochen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision, mit der er
seine Klageanträge, soweit ihnen nicht stattgegeben wurde, weiterverfolgt. Der
Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
I.
Das
Berufungsgericht (Zivilkammer 9), dessen Entscheidung in ZMR 2023, 423
veröffentlicht ist, sieht sich für die Entscheidung über die Berufung als
zuständig an, und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein WEG-Verfahren
handele, das deshalb der Zivilkammer 18 als zuständiger Kammer für
Wohnungseigentum hätte zugewiesen werden können. Der Geschäftsverteilungsplan
des Landgerichts Hamburg, der die Norm des § 72a GVG umgesetzt und
entsprechende spezialisierte Kammern eingerichtet habe, sehe für Berufungs- und
Beschwerdesachen unter Rz. 260 vor, dass eine einmal innerhalb des
Rotationsverfahrens zugeteilte Sache nur innerhalb einer - hier abgelaufenen -
Frist von einem Monat nach Eingang der Rechtsmittelbegründung abgegeben werden
könne. In der Sache könne der Kläger bezogen auf den Zahlungsanspruch
(Klageantrag zu 1) lediglich weitere 8,61 € beanspruchen, nicht jedoch - wie
beantragt - weitere 275,19 €. Die erstattungsfähigen Anwaltskosten für die
Abmahnung seien auf der Grundlage eines Geschäftswertes i.H.v. 1.000 € zu
berechnen und nicht i.H.v. 4.000 €, wie der Kläger geltend mache. In Anlehnung
an § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG könne in Verfahren betreffend
Ehrverletzungen zwar grundsätzlich der dort genannte Ausgangswert von aktuell
5.000 € angesetzt werden. Hier habe das Amtsgericht jedoch ohne Ermessensfehler
angenommen, dass der Betrag zu reduzieren sei. Der mit dem Klageantrag zu 2
geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei hinsichtlich der in dem
Anwaltsschreiben vom 24. September 2018 enthaltenen Ergänzungen zur
Unterlassungserklärung ebenfalls nicht begründet. Unabhängig davon, dass hierin
bereits keine Ehrverletzung liege, bestehe für den Antrag kein
Rechtsschutzbedürfnis. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
und des Bundesgerichtshofs seien Ehrschutzklagen gegen Äußerungen, die der
Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem schwebenden Gerichtsverfahren oder
dessen konkreter Vorbereitung dienten, in aller Regel unzulässig. So liege es
auch hier.
II.
Dies hält
rechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
1. Die
von dem Kläger gemäß § 547 Abs. 1 ZPO erhobene Verfahrensrüge, das
Berufungsgericht habe seine Zuständigkeit unter Verletzung des
verfassungsrechtlichen Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101
Abs. 1 Satz 2 GG) bejaht und sei deshalb nicht vorschriftsmäßig
besetzt gewesen, ist unbegründet. Hierfür kann dahinstehen, ob der Kläger mit
der Zuständigkeitsrüge bereits gemäß § 565, § 513 Abs. 2 ZPO
ausgeschlossen ist, wie der Beklagte geltend macht. Der Kläger ist jedenfalls
deshalb nicht seinem gesetzlichen Richter entzogen worden, weil es sich bei dem
Rechtsstreit nicht um eine der Zivilkammer 18 zugewiesene
Wohnungseigentumssache handelt. Ob eine Zuständigkeit der Zivilkammer 9 (auch)
durch die in dem Geschäftsverteilungsplan enthaltene Regelung in Randziffer 260
wirksam hätte begründet werden können, bedarf mithin keiner Entscheidung.
a) Da
der Rechtsstreit im Jahr 2019 und damit vor dem am 1. Dezember 2020 erfolgten
Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) vom 16.
Oktober 2020 (BGBl. I S. 2187) anhängig geworden ist, finden gemäß
Art. 1, 4, 18 WEMoG, § 48 Abs. 5 WEG noch die bisherigen
Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes und damit § 43 Nr. 1 bis 6
WEG aF Anwendung (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 24. Februar 2022 - V ZB
59/21, NJW-RR 2022, 805 Rn. 8).
b) In
Betracht käme hier nur das Vorliegen einer Rechtsstreitigkeit i.S.d. § 43
Nr. 1 WEG aF. Erfasst werden von dieser Vorschrift „Streitigkeiten über
die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und aus der Verwaltung des
gemeinschaftlichen Eigentums ergebenden Rechte und Pflichten der
Wohnungseigentümer untereinander“. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen
nicht vor.
aa) Dies
folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Kläger selbst kein
Wohnungseigentümer ist, sondern nur die GbR, deren Gesellschafter er und seine
Ehefrau sind. § 43 WEG aF ist gegenstands- und nicht personenbezogen zu
verstehen (Senat, Beschluss vom 21. Januar 2016 - V ZR 108/15, NJW-RR 2016, 463
Rn. 5). Wird in der Sache über typische Rechte und Pflichten in einer GdWE
gestritten, kann auch der Gesellschafter einer GbR, die eine
Wohnungseigentumseinheit hält, Kläger oder Beklagter einer wohnungseigentumsrechtlichen
Streitigkeit sein (vgl. Senat, aaO Rn. 6 für die persönliche Haftung des
Gesellschafters für Beitragsrückstände der GbR).
bb)
Entscheidend ist deshalb, ob die Voraussetzungen des § 43 Nr. 1 WEG
aF in sachlicher Hinsicht vorliegen. Dafür kommt es nicht darauf an, ob die
Rechtsgrundlagen, auf die ein Kläger seine Klageansprüche stützt, im
Wohnungseigentumsgesetz wurzeln. Es ist deshalb im Ausgangspunkt unschädlich,
dass der Kläger hier seine Ansprüche aus dem allgemeinen Zivilrecht (§ 823
Abs. 1, 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB, § 1004 Abs. 1 BGB
analog) herleitet. Nach der Rechtsprechung des Senats zum bisherigen Recht ist
maßgeblich allein der Umstand, ob das von einem Wohnungseigentümer (oder ihm
gleichstehenden Personen) in Anspruch genommene Recht oder die ihn treffende
Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, die aus
dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist (vgl. Senat,
Beschluss vom 17. November 2016 - V ZB 73/16, MDR 2017, 78 Rn. 7 mwN; Urteil
vom 13. Dezember 2019 - V ZR 313/16, ZWE 2020, 300 Rn. 6). An dem Erfordernis
des inneren Zusammenhangs mit den Rechten und Pflichten als Wohnungseigentümer
hat sich im Ausgangspunkt trotz der im Vergleich zum bisherigen Recht weiter
gefassten Formulierung, die § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG durch das
WEMoG erfahren hat („Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der
Wohnungseigentümer untereinander“), nichts geändert. Geklärt hat der
Gesetzgeber insoweit nur, dass Streitigkeiten über die sachenrechtlichen
Grundlagen der GdWE Wohnungseigentumssachen sind (vgl. BT-Drs. 19/18791,
S. 81).
cc)
Nimmt ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung
oder Schadensersatz wegen einer Äußerung in Anspruch, handelt es sich nur dann
um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit (§ 43 Nr. 1 WEG aF,
§ 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG), wenn die Äußerung in einer
Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung getätigt wurde. Dies gilt unabhängig
von Inhalt und Anlass der Äußerung (aA Niedenführ, LMK 2017, 387641). Entgegen
der Auffassung der Revision ist es deshalb unerheblich, dass sich die verbale
Auseinandersetzung der Parteien an der - wohnungseigentumsrechtlich zu
beantwortenden - Frage der Erfüllung von Reinigungspflichten entzündet hat.
(1)
Auszugehen ist zunächst davon, dass eine wohnungseigentumsrechtliche
Streitigkeit nicht bereits deshalb zu bejahen ist, weil es sich bei den
Parteien um Wohnungseigentümer bzw. ihnen gleichgestellte Personen handelt.
Besteht zwischen den Wohnungseigentümern eine Sonderverbindung, aufgrund derer
sie sich gleichsam wie Dritte gegenüberstehen, stellt ein hieraus
resultierender Streit keine Wohnungseigentumssache dar. So liegt es
beispielsweise, wenn Rechte aus zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Miet-,
Dienst- oder Werkverträgen hergeleitet werden (vgl. Bärmann/Göbel, WEG, 15.
Aufl., § 43 Rn. 38; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 14
Rn. 12). Ob die Verträge nur deshalb zustande gekommen sind, weil sich die
Vertragsparteien wegen der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer GdWE kennen, ist
unerheblich. Ebensowenig stellt eine Streitigkeit zwischen einzelnen
Miteigentümern aus einem nur zwischen ihnen vereinbarten Konkurrenzverbot eine
Wohnungseigentumssache dar (vgl. Senat, Urteil vom 20. Juni 1986 - V ZR 47/85,
NJW-RR 1986, 1355).
(2)
Nicht anders liegt es im Grundsatz, wenn sich Wohnungseigentümer über die
Zulässigkeit von Äußerungen streiten. Auch in diesem Fall treten sie sich wie
Dritte gegenüber, ohne dass ein innerer Zusammenhang mit einer Angelegenheit
steht, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen
ist. Dass sich der Streit daran entzündet, dass die Wohnungseigentümer in einer
die GdWE betreffenden Frage unterschiedlicher Auffassung sind, ist nur der
Anlass für die Äußerung. Deren Zulässigkeit richtet sich nach den allgemeinen
zivilrechtlichen Vorschriften. Spezifisch wohnungseigentumsrechtlichen
Sachverstands bedarf es für die gerichtliche Entscheidung in aller Regel nicht
(vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senat, Urteil vom 21. Januar 2016 - V ZR 108/15,
NJW-RR 2016, 464 Rn. 6). Im Vordergrund steht vielmehr die äußerungsrechtliche
Beurteilung.
(3) Eine
Ausnahme besteht nur dann, wenn es um die Zulässigkeit von Äußerungen geht, die
in einer Eigentümerversammlung gefallen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 17.
November 2016 - V ZB 73/16, MDR 2017, 78 Rn. 12). Eine solche
Rechtsstreitigkeit weist eine spezifische, unmittelbare
wohnungseigentumsrechtliche Komponente auf, die über die durch das allgemeine
Zivilrecht geregelten Rechtsbeziehungen hinausgeht. Die Eigentümerversammlung
ist das Willensbildungsorgan der Wohnungseigentümergemeinschaft; sie dient der
Erörterung der Beschlussfassung, und Äußerungen tragen zur Meinungsbildung
innerhalb der Gemeinschaft bei (Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZB
73/16, MDR 2017, 78 Rn. 12). Der für die Anwendbarkeit des § 43 Nr. 1
WEG aF und des § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG erforderliche Bezug zu dem
Gemeinschaftsverhältnis wird - im Sinne einer Verklammerung - durch den
institutionellen Rahmen der Versammlung selbst hergestellt. In gleicher Weise
kann der unmittelbare Gemeinschaftsbezug auch bei Äußerungen in einer Beiratssitzung
bejaht werden (vgl. Sauren, NZM 2017, 433, 434).
(4) Dass
hiernach Streitigkeiten zwischen einzelnen Wohnungseigentümern über die
Zulässigkeit von Äußerungen, soweit diese nicht im Rahmen von
Eigentümerversammlungen oder Beiratssitzungen ausgesprochen wurden, keine
wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG aF
(bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG) begründen, ermöglicht eine klare
Abgrenzung. Dies ist gerade im Hinblick darauf, dass die Zuständigkeit der
Berufungsgerichte gemäß § 72 Abs. 2 GVG von der Einordnung der
Streitigkeit abhängt (vgl. dazu: Senat, Beschluss vom 12. November 2015 - V ZB
36/15, NZM 2016, 168 Rn. 10), von besonderer Bedeutung. Nur ein solch formales
Verständnis der Norm wird dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gebot
der Rechtsmittelklarheit gerecht, wonach Rechtsbehelfe „in der geschriebenen
Rechtsordnung“ geregelt und in ihren Voraussetzungen für die Bürger klar
erkennbar sein müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007 - VI ZB 3/07,
NJW-RR 2007, 1436 Rn. 6 mwN; siehe auch Senat, Beschluss vom 24. September 2020
- V ZB 90/19, NJW-RR 2020, 1339 Rn. 8; Beschluss vom 21. Februar 2020 - V ZR
17/19, NJW 2020, 1525 Rn. 8). Hiermit verträgt es sich nicht, wenn der Senat
eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit trotz einer Äußerung in einer
Eigentümerversammlung - als Gegenausnahme - verneint, wenn ein Zusammenhang mit
dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer offensichtlich nicht gegeben
ist (Senat, Beschluss vom 17. November 2016 - V ZB 73/16, MDR 2017, 78 Rn. 12).
Zur Vermeidung hierdurch hervorgerufener Abgrenzungsschwierigkeiten wird an der
Ausnahme deshalb nicht mehr festgehalten.
(5) Dass
der Anlass für die ehrverletzenden Äußerungen außerhalb von
Wohnungseigentümerversammlungen und Beiratssitzungen in Differenzen der
Wohnungseigentümer in der Wohnungseigentümergemeinschaft liegt, ist auf der
anderen Seite aber nicht völlig irrelevant. Bei der Beurteilung, ob wegen einer
bestimmten Äußerung ein Schadensersatz- oder Unterlassungsanspruch besteht,
kommt es unter anderem darauf an, ob die Grenze zur Schmähkritik überschritten
ist. In diesem Zusammenhang ist zu klären, ob die Auseinandersetzung noch einen
(wohnungseigentumsrechtlichen) Sachbezug aufweist oder nicht. Dies betrifft
allerdings die materiell-rechtliche Begründetheit der Klage, spielt jedoch für
die prozessuale Frage der Zuständigkeit i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG aF, § 43
Abs. 2 Nr. 1 WEG keine Rolle (vgl. bereits Derleder, ZWE 2001, 312).
2. In
der Sache geht das Berufungsgericht zu Recht davon aus, dass dem Kläger über
den zuerkannten Umfang hinaus kein weiterer Anspruch auf Erstattung
vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zusteht (Klageantrag zu 1).
a) Dass
der Kläger im Hinblick auf die Abmahnkosten dem Grunde nach einen
Schadenersatzanspruch hat, legt das Berufungsgericht seiner Entscheidung, wenn
auch unausgesprochen, zu Recht zugrunde. Da die Äußerungen des Beklagten bei
dem Zusammentreffen der Parteien am 15. August 2018 eine Beleidigung darstellen
und auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzen, ergibt sich
der Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter dem
Gesichtspunkt der Abmahnkosten aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823
Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB (vgl. zu der Ersatzfähigkeit von
Abmahnkosten allgemein BGH, Urteil vom 16. November 2021 - VI ZR 1241/20, NJW
2022, 940 Rn. 38).
b) Zu
Recht berechnet das Berufungsgericht die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten
aus einem Gegenstandswert von 1.000 € und nicht von 4.000 €, wie dies der
Kläger für angemessen hält.
aa)
Soweit sich der Gegenstandswert - wie hier - aus anderen Vorschriften nicht
ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu
bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine
Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der
Gegenstandswert mit 5.000 €, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch
nicht über 500.000 € anzunehmen (§ 23 Abs. 3 Satz 2 RVG). Die
Beurteilung der Angemessenheit des von dem Anspruchsteller angesetzten
Gegenstandswerts liegt hierbei im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters.
Seine Entscheidung ist daher durch das Revisionsgericht nur daraufhin zu
überprüfen, ob das Ermessen überhaupt und in den ihm gesetzten Grenzen ausgeübt
worden ist und alle für seine Ausübung wesentlichen Umstände beachtet worden
sind (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2017 - I ZR 124/16, juris Rn. 20 mwN im
Zusammenhang mit einer anwaltlichen Abmahnung betreffend eine
Urheberrechtsverletzung).
bb)
Einer solchen Überprüfung hält das Berufungsurteil stand. Das Berufungsgericht
hat im Anschluss an das Amtsgericht sämtliche Umstände, die hier für die
Beurteilung maßgeblich waren, berücksichtigt. Es hat jedenfalls
ermessensfehlerfrei erläutert, warum es angezeigt ist, einen niedrigeren
Gegenstandswert als 5.000 € anzusetzen. Der Kläger legt mit seiner Auffassung,
4.000 € seien angemessen, lediglich seine eigene Einschätzung dar. Dies vermag
einen Rechtsfehler nicht zu begründen.
3. Den
Klageantrag zu 2 sieht das Berufungsgericht zu Recht als unzulässig an. Dem
Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage, die darauf gerichtet
ist, dem Beklagten zu untersagen, die in dem Anwaltsschreiben vom 24. September
2018 enthaltenen Behauptungen aufzustellen oder verbreiten zu lassen. Hierfür
kann offenbleiben, ob die Äußerungen ehrverletzenden Charakter haben und ob
insoweit ein Anspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 BGB (analog) oder
§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff. StGB in Betracht kommen
könnte.
a) In
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass das
Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterlassungsklage nicht nur in Fällen fehlt, in
denen Äußerungen in einem gerichtlichen Verfahren untersagt werden sollen.
Privilegiert sind grundsätzlich auch Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder
-verteidigung in einem behördlichen Verfahren dienen oder die im Vorfeld einer
gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgen (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Juli
2012 - I ZR 105/11, VersR 2013, 601 Rn. 20 mwN; siehe auch Urteil vom 16.
November 2004 - VI ZR 298/03, NJW 2005, 279, 280). Die Verfahrensbeteiligten
müssen, soweit nicht zwingende rechtliche Grenzen entgegenstehen, vortragen
können, was sie zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung für erforderlich halten
(BGH, Urteil vom 19. Juli 2012 - I ZR 105/11, VersR 2013, 601 Rn. 16).
b) Diese
Grundsätze wendet das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei an. Wie der
Bundesgerichtshof in dem die erste Berufungsentscheidung aufhebenden Beschluss
vom 16. November 2021 (VI ZB 58/20, VersR 2022, 456 Rn. 12) ausführt, ist es
zutreffend, dass der Umstand, dass die Äußerungen in einem
Rechtsanwaltsschreiben enthalten sind, für die rechtliche Beurteilung des
Unterlassungsanspruchs relevant sein kann. Die Äußerungen stehen im
Zusammenhang mit dem von dem Kläger geltend gemachten Unterlassungsanspruch wegen
des Vorfalls am 15. August 2018 und sind - erkennbar - vorsorglich im Hinblick
auf mögliche weitere rechtliche Auseinandersetzungen erfolgt, wozu auch die
gerichtliche Geltendmachung der Abmahnkosten durch den Kläger gehört. Ob die
Ausführungen in dem Begleitschreiben des Prozessbevollmächtigten des Beklagten
rechtlich tragfähig sind oder nicht - so die Ansicht des Klägers - ist
unerheblich. Es genügt, dass der Beklagte die Ausführungen für die
Rechtsverteidigung für erforderlich hielt.
c) Ein
Ausnahmefall, bei dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das
Äußerungsprivileg nicht eingreift, wird von dem Berufungsgericht zutreffend
verneint. In Betracht kommt ein solcher Ausnahmefall, wenn eine ehrverletzende
Äußerung in einem Rundschreiben oder in einer außergerichtlichen Kampagne oder
Dritten gegenüber getätigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2004 - VI ZR
298/03, MDR 2005, 507 f.). Hier ist das Anwaltsschreiben, in dem die Äußerung
enthalten ist, aber ausschließlich an den Kläger bzw. dessen
Prozessbevollmächtigten adressiert worden.
III.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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