Der Motorroller des Beklagten zu 1., der in der Nähe einer Transformatorenstation der Klägerin vom Beklagten abgestellt worden war, brannte. Bei dem Brand wurde nicht nur der Motorroller zerstört, sondern die Transformatorenstation auch erheblich beschädigt. Die Klägerin begehrte vom Beklagten zu 1. und der mitverklagten Haftpflichtversicherung Schadensersatz mit der Begründung, dass - auch wenn kein technischer Defekt an Motorroller nachgewiesen werden könne, von dem sie ausginge - der Schaden bei dem Betrieb des Motorrollers entstanden sei, §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG. Das Landgericht wies die Klage ab. Das OLG wies die Klägerin einem Beschluss gem. § 522 ZPO darauf hin, dass es beabsichtigte, deren Berufung gegen die landgerichtliche Entscheidung zurückzuweisen.
Das OLG verwies darauf, dass die Klägerin nicht zu beweisen vermocht habe, dass der Brand auf einer betriebsbedingten Gefahr aufgrund eines technischen Defekts des Motorrollers beruhe. Der vom Landgericht bestellte Sachverständige habe keine Anhaltspunkte für technische Ursachen (wie Reibung, Wärmequelle oder Kurzschluss) festgestellt. Nicht gehört werden könne die Klägerin damit, dass ihr das Risiko der Nichterweislichkeit der behaupteten Verursachung des Brandes durch einen technischen Defekt auferlegt würde.
Es entspräche ständiger Rechtsprechung, dass der Geschädigte bei Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG die anspruchsbegründende Tatsache, dass der Schaden bei dem Betriebs des Fahrzeugs entstanden sei, darzulegen und zu beweisen habe (bereits BGH, Urteil vom 21.11.1967 - VI ZR 108/66 -).
Weiterhin sei auch die Beklagtenseite nicht sekundär darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass der Schaden nicht durch einen technischen Defekt entstand. Es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagten, namentlich der Beklagte zu 1. (Halter) gegenüber der Klägerin über (dafür erforderliche) überlegene Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der funktionswiese des Motorrollers verfügen würde. Auch läge (hier erörterte das OLG den prima-facie-Beweis) keine Typizität vor, aus der sich ergeben würde, dass es bei einem Abstellen eines Motorrollers im öffentlichen verkehrsraum in der Nähe zu einem Gebäude zur Verursachung eines Brandschadens aufgrund eines technischen Defekts am Motorroller kommen könne.
Auch würden hier die Grundsätze der Beweisvereitelung keine anderweitige Würdigung zulassen, da eine Beweisvereitelung nicht vorläge. Es müsste hier ein missbilligenswertes Verhalten auf Beklagten vorgelegen haben, welches darauf gerichtet gewesen sein müsste, die Beweislage des Gegners in einem laufenden oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 11.06.2015 . I ZR 226/13 -). Da hier die Kriminalpolizei vor der Entsorgung des Motorrollers unter Erstellung einer umfassenden Fotodokumentation eine Untersuchung auf mögliche Brandursachen vorgenommen habe, habe für den Beklagten zu 1. keine Veranlassung mehr bestanden, den Motorroller für weitere Untersuchungen vorzuhalten, zumal sich die Klägerin erst rund vier Jahre nach dem Vorfall darauf berufen habe, dass es auf ein weitere Untersuchung der Motorrollers ankäme.
Lasse sich nicht feststellen, dass der Brand des Motorrollers und in dessen Folge der Transformatorenstation auf einen technischen Defekt des Motorrollers oder auf andere Ursachen zurückzuführen ist, sei der Nachweis nicht geführt, dass sich der Schaden durch den Betrieb des Motorrollers des Beklagten zu 1. verwirklichte und sei eine Haftung der Beklagten nach § 7 Abs. 1 StVG zu verneinen. Ein Inbrandsetzen des Motorrollers durch eine Drittursache bzw. einen unbekannten Dritten würde die Haftung aus der Betriebsgefahr nach § 7 StVG nicht auslösen. Dies würde nämlich voraussetzen, dass es sich bei dem Schaden um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handeln würde, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. dass die Schadensfolge in den Bereich der Gefahren fallen müsse, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden sein (BGH, Urteil vom 24.01.2023 - VI ZR 1234/20 -).
Hanseatisches OLG Bremen,
Hinweisbeschluss vom 05.07.2023 - 1 U 12/23 -
Aus den Gründen:
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 01.03.2023, Az.: 7 O 1204/20, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Der Klägerin wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 09.08.2023 gegeben.
Gründe
I.
Die Klägerin
macht gegen die Beklagten Ansprüche aufgrund eines Schadensereignisses geltend,
welches sich am 08.08.2017 … in Bremerhaven ereignete.
Am betreffenden
Tag kam es aus zwischen den Parteien streitiger Ursache zu einem Brand eines
Motorrollers vom Typ …, dessen Halter der Beklagte zu 1. war und der bei der
Beklagten zu 2. haftpflichtversichert war. Der Motorroller war zuvor an einem
zwischen den Parteien streitigen Zeitpunkt vom Beklagten zu 1. in einem Abstand
von weniger als einem Meter von einer dort befindlichen Transformatorenstation
der Klägerin abgestellt worden. Bei dem Brand wurde der Motorroller zerstört
und es wurde auch die Transformatorenstation erheblich beschädigt, wodurch der
Klägerin Instandsetzungskosten i.H.v. EUR 25.695,99 entstanden.
Die Klägerin
hat vor dem Landgericht behauptet, dass ein technischer Defekt des Motorrollers
die Brandursache gewesen sei. Sie meint, dass selbst bei fehlendem Nachweis
eines technischen Defekts eine Haftung der Beklagten aus der Betriebsgefahr des
Rollers begründet sei, da nach ihrer Auffassung der Schaden bei Betrieb des
Motorrollers entstanden sei.
Das Landgericht
hat mit Urteil vom 01.03.2023 sein Versäumnisurteil vom 05.05.2021
aufrechterhalten, in dem es die Klage abgewiesen hat. Zur Begründung hat das
Landgericht ausgeführt, dass der Schaden nicht bei Betrieb des Motorrollers
entstanden sei. Das Landgericht hat angenommen, dass die Klägerin nicht
erheblich bestritten habe, dass der Motorroller bereits zwei Tage vor dem Brand
abgestellt worden sei. Dass der Brand sodann auf einer betriebsbedingten Gefahr
beruht habe, habe die Klägerin aber nicht nachweisen können. Für einen
technischen Defekt lägen keine Anhaltspunkte vor, weder im Untersuchungsbericht
der Polizei noch in dem vom Landgericht eingeholten Gutachten des
Sachverständigen …, der eine Brandstiftung für überwiegend wahrscheinlich
hielt. Ein weitergehendes Verständnis des Begriffs des Betriebs eines Fahrzeugs
ergebe sich auch nicht aus der Entscheidung des EuGH im Urteil vom 20.06.2019 –
C-100/18, juris Rn. 48, VersR 2019, 1008. Hinsichtlich des Tatbestandes und des
weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz unter Einschluss der dort
gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen
Urteil des Landgerichts Bremen vom 01.03.2023, Az.: 7 O 1204/20 (§ 540
Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Gegen dieses
Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren
erstinstanzlichen Klagantrag weiterverfolgt.
Die Klägerin
meint, dass der Begriff der Beschädigung bei Betrieb eines Kraftfahrzeugs im
Sinne des § 7 Abs. 1 StVG weit auszulegen sei. Der Motorroller weise
leicht entzündbare Fahrzeugkomponenten auf, die auch ohne Brandbeschleuniger
bereits mit offener Flamme zu entzünden seien, so dass unter Berücksichtigung
des Schutzzwecks der Gefährdungshaftung auch unter Annahme einer Brandstiftung
durch Dritte ein Zurechnungszusammenhang zu bejahen sei. Es habe sich durch das
Abstellen des Motorrollers in unmittelbarer Nähe zur Transformatorenstation und
damit dem Belassen des Fahrzeugs im Verkehrsraum eine dem Motorroller
konstruktionsbedingt innewohnende Gefahr verwirklicht. Dies sei ebenso wie bei
der Beschädigung eines Gebäudes durch das Anprallen eines abgestellten
Anhängers, der durch den Anstoß eines Drittfahrzeugs ins Rollen und in
unkontrollierte Bewegung gebracht worden sei (siehe BGH, Urteil vom 07.02.2023
– VI ZR 87/22, juris Rn. 12, MDR 2023, 625), vom Schutzzweck des § 7
Abs. 1 StVG erfasst.
Da es sich um
eine Gefährdungshaftung handele, komme es auch nicht darauf an, ob der Beklagte
zu 1) mit der Brandstiftung habe rechnen müssen. Zudem sei es nicht mit dem
Sinn und Zweck der Gefährdungshaftung zu vereinbaren, wenn der Geschädigten die
Darlegungs- und Beweislast für die Gründe der Beschädigung auferlegt werde,
obwohl der Umstand der Beschädigung der Transformatorenstation durch den
Motorroller als solcher feststehe.
Die Klägerin
rügt zudem die Tatsachenfeststellungen des Landgerichts und meint, dass wegen
der Entsorgung des Motorrollers ein Fall der Beweisvereitelung bzw. jedenfalls
ein Fall einer sekundären Darlegungs- und Beweislast der Beklagtenseite gegeben
sei. Der Polizeibericht sei lediglich zu dem Schluss gekommen, dass die
Brandursache vermutlich eine Brandstiftung gewesen sei und der gerichtlich
bestellte Sachverständige habe seine Feststellungen nur auf diesen Bericht
gestützt.
Schließlich ist
die Klägerin der Auffassung, dass die Entscheidung des Landgerichts nicht mit
der Rechtsprechung des EuGH vereinbar sei und dass daher eine Vorlage an den
EuGH zur Frage der Reichweite von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie
2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung hätte erfolgen
müssen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zur Zahlung von EUR 25.695,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.12.2018 und von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.141,90 € zu verurteilen.
Hinsichtlich
des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die
gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Berufung
ist form- und fristgerecht eingelegt worden; in der Sache hat sie aber keine
Aussicht auf Erfolg. Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung ohne Aussicht
auf Erfolg dagegen, dass das Landgericht eine Haftung der Beklagten aus den
§§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 VVG mit der Begründung verneint
hat, dass die Beschädigung der Transformatorenstation nicht beim Betrieb des
Fahrzeugs der Beklagtenseite im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG erfolgt
ist.
1. Das
Landgericht hat seiner Entscheidung die Feststellung zugrunde gelegt, dass die
Klägerin nicht zu beweisen vermochte, dass der Brand auf einer
betriebsbedingten Gefahr aufgrund eines technischen Defekts des Motorrollers
beruhte. Hiergegen wendet sich die Klägerin ohne Aussicht auf Erfolg.
a. Nach
§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat auch das Berufungsgericht die
Tatsachenfeststellungen des Gerichts des ersten Rechtszuges seiner Entscheidung
zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der
Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen
begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Zweifel an der
Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im
Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO können sich grundsätzlich auch
aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertungen der erstinstanzlichen
Beweisaufnahme ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03, juris
Rn. 7, BGHZ 162, 313; Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, juris Rn. 26, NJW
2016, 3015). Das Berufungsgericht ist demnach zu einer erneuten
Tatsachenfeststellung verpflichtet, wenn aus der für dieses Gericht gebotenen
Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür
besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung
keinen Bestand haben wird (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2016 – VI ZR 403/14,
juris Rn. 11, VersR 2016, 1194). Hält es das Berufungsgericht es für denkbar,
dass die von der Berufung aufgeworfenen Fragen zu einer anderen Würdigung
führen können, besteht Anlass für die Überlegung, ob für die andere Würdigung
zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht und deshalb Anlass zu einer
Wiederholung der Beweisaufnahme besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 11.10.2016 –
VIII ZR 300/15, juris Rn. 24, NJW-RR 2017, 75).
b. Diese
Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben: Für eine abweichende Würdigung
der erstinstanzlichen Beweisaufnahme besteht keine solche Wahrscheinlichkeit
und daher ist auch ein Anlass zu einer Wiederholung oder zu einer Ergänzung der
Beweisaufnahme um weitere Feststellungen nicht gegeben. Der vom Landgericht
bestellte Sachverständige … konnte keine konkreten Anhaltspunkte dafür
feststellen, dass der Brand auf einer technischen Ursache wie Reibung,
Wärmequellen oder einem Kurzschluss beruhte. Dabei lagen dem Sachverständigen
die technischen Unteralgen zur elektrotechnischen Ausrüstung nicht vor und er
stützte sich auf die Untersuchung der elektrischen Bauteile des Motorrollers
durch die Kriminalpolizei; die Berufung macht aber bereits nicht geltend, dass
die Beweisaufnahme auf weitere dem Sachverständigen nicht verfügbarer
Erkenntnisquellen zu erstrecken gewesen wäre.
c. Die
Klägerin wendet sich ohne Aussicht auf Erfolg dagegen, dass das Landgericht ihr
das Risiko der Nichterweislichkeit der behaupteten Tatsache der Verursachung
des Brandes durch einen technischen Defekt auferlegt hat. Es entspricht
vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der
Geschädigte bei Geltendmachung eines Anspruchs aufgrund der Gefährdungshaftung
nach § 7 Abs. 1 StVG als anspruchsbegründende Tatsache darzulegen und
zu beweisen hat, dass der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden
ist (siehe BGH, Urteil vom 21.11.1967 – VI ZR 108/66, juris Rn. 9, VersR 1968,
176; Urteil vom 04.05.1976 – VI ZR 193/74, juris Rn. 12, MDR 1977, 43). Dies
steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht im Widerspruch zur Natur der Gefährdungshaftung
nach § 7 Abs. 1 StVG, sondern es begründet dieser Umstand vielmehr
die innere Rechtfertigung für deren Anordnung.
d.
Ebenso ist im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die
Annahme einer sekundären Darlegungs- und Beweislast der Beklagtenseite
angezeigt, wonach bei Feststehen des Umstands der Beschädigung der
Transformatorenstation durch den Motorroller als solcher die Beklagtenseite
darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hätte, dass der Schaden nicht durch
einen technischen Defekt des Motorrollers verursacht wurde. Eine solche
sekundäre Darlegungs- und Beweislast der Beklagtenseite wäre weder geboten noch
sachgerecht, da schon nicht ersichtlich ist, dass die Beklagtenseite,
namentlich der Beklagte zu 1. als Halter, über überlegene
Erkenntnismöglichkeiten hinsichtlich der Funktionsweise der Technik des
Motorrollers verfügen würde. Das erlaubte Abstellen eines Motorrollers im
öffentlichen Verkehrsraum in der Nähe eines Gebäudes ist auch nicht als eine
Verkehrssicherungspflichtverletzung oder anderer typischer Sachverhalt zu
bewerten, bei dem es grundsätzlich in Betracht käme, dass nach der Lebenserfahrung
ein ursächlicher Rückschluss darauf zulässig sein könnte, dass die Verursachung
eines Brandschadens am Gebäude auf einen technischen Defekt an dem Fahrzeug
zurückzuführen sein dürfte. Ein solche Typizität der Verursachung wird bereits
durch die Klägerin nicht substantiiert geltend gemacht und findet auch im
eingeholten Sachverständigengutachten keine Grundlage, so dass wegen des hier
möglichen realistischen anderweitigen Szenarios einer Brandstiftung es nicht
gerechtfertigt wäre, die Beklagtenseite mit dem Nachweisrisiko über den Bereich
der positiv festgestellten Verursachung eines Schadens beim Betrieb des
Fahrzeugs hinaus zu belasten.
e. Eine
abweichende Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist im vorliegenden
Fall auch nicht nach den Grundsätzen zu den Folgen einer Beweisvereitelung
geboten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt, dass das
Verhalten einer Partei, das dazu führen kann, einen Beweis zu verhindern oder
zu erschweren und dadurch die Beweisführung des beweispflichtigen
Prozessgegners scheitern zu lassen, im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil
des Prozessgegners der beweispflichtigen Partei zu berücksichtigen ist, wobei
es sich hier um ein vorwerfbares, missbilligenswertes Verhalten handeln muss,
bei dem sich das Verschulden sowohl auf die Zerstörung oder Entziehung des
Beweisobjekts als auch auf die Beseitigung seiner Beweisfunktion beziehen muss,
also darauf gerichtet sein muss, die Beweislage des Gegners in einem
gegenwärtigen oder künftigen Prozess nachteilig zu beeinflussen (siehe hierzu
BGH, Urteil vom 11.06.2015 – I ZR 226/13, juris Rn. 29, GRUR 2016, 88 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, da der Motorroller vor
seiner Entsorgung durch die Kriminalpolizei unter Erstellung einer
Fotodokumentation auf mögliche Brandursachen hin untersucht wurde, so dass der
Beklagte zu 1. im vorliegenden Fall nicht als gehalten angesehen werden konnte,
den Motorroller für weitere Untersuchungen vorzuhalten, zumal sich die Klägerin
– soweit ersichtlich – erstmals im Schriftsatz vom 31.01.2023 und damit mehr
als vier Jahre nach dem schädigenden Ereignis darauf berufen hat, dass es auf
eine weitere Untersuchung des Motorrollers selbst angekommen wäre.
2. Ist
nicht festzustellen, dass der Brand des Motorrollers und die dadurch
verursachte Beschädigung der Transformatorenstation der Klägerin auf einem
technischen Defekt des abgestellten Motorrollers oder einer anderen technischen
Ursache (Reibung, Wärme) des Motorrollers beruhte, dann ist auf dieser
Grundlage vom Landgericht zutreffend verneint worden, dass der Schaden durch
den Betrieb des Motorrollers verursacht wurde, was zu einer Verneinung der
Haftung der Beklagten aus § 7 Abs. 1 StVG führte. Das Inbrandsetzen
des Fahrzeugs aufgrund einer ungeklärten Drittursache bzw. durch Brandstiftung
seitens eines unbekannten Dritten ist nicht von der Betriebsgefahr erfasst.
Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Merkmal der Beschädigung „bei dem
Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG
entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen, da die
Vorschrift alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe
erfassen soll, weil durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs – wenn auch
erlaubterweise – eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Ein Schaden ist demgemäß
bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in
ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, das heißt,
wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen
durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist, was erfordert, dass es sich
bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen
Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der
Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, das heißt, die Schadensfolge
muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm
erlassen worden ist (siehe allgemein BGH, Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13,
juris Rn. 6, BGHZ 199, 377; Urteil vom 20.10.2020 – VI ZR 319/18, juris Rn. 7,
VersR 2021, 597; Urteil vom 20.10.2020 – VI ZR 158/19, juris Rn. 7, NJW 2021,
1157; Urteil vom 24.01.2023 – VI ZR 1234/20, juris Rn. 8, VersR 2023, 538
m.w.N.).
Insbesondere
bezogen auf durch den Brand eines Fahrzeugs verursachte Schäden hat der
Bundesgerichtshof auf dieser Grundlage angenommen, dass es rechtlich keinen
Unterschied macht, ob der Brand unabhängig vom Fahrbetrieb selbst vor, während
oder nach einer Fahrt eingetreten ist, und dass bei der gebotenen wertenden
Betrachtung das Schadensgeschehen auch dann durch das Kraftfahrzeug selbst und
die von ihm ausgehenden Gefahren entscheidend (mit)geprägt worden ist, wenn der
Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer
Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stand (siehe BGH, Urteil vom 24.01.2023
– VI ZR 1234/20, juris Rn. 9, VersR 2023, 538 m.w.N.). Daher hat der
Bundesgerichtshof die Verursachung einer Beschädigung „bei dem Betrieb eines
Kraftfahrzeugs“ im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG auch in solchen Fällen
angenommen, in denen die Entzündung aufgrund eines technischen Defekts, etwa
durch einen Kurschluss der Batterie des zu diesem Zeitpunkt abgestellten
Fahrzeugs erfolgte (siehe BGH, Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13, juris Rn.
6, BGHZ 199, 377). In Fällen eines vorsätzlichen Inbrandsetzens eines
ordnungsgemäß abgestellten Fahrzeugs hat der Bundesgerichtshof dagegen eine
Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG verneint, da die Schädigung dann nicht
mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die
Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will, und auch der Umstand, dass
Kraftfahrzeuge wegen der mitgeführten Betriebsstoffe oder der verwendeten
Materialien leicht brennen, nicht ausreicht, um eine Haftung nach § 7
Abs. 1 StVG zu begründen (siehe BGH, Urteil vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06,
juris Rn. 12, NJW-RR 2008, 764; Urteil vom 21.01.2014 – VI ZR 253/13, juris Rn.
6, BGHZ 199, 377; Urteil vom 11.02.2020 – VI ZR 286/19, juris Rn. 23, NJW 2020,
2116).
Entgegen der
Auffassung der Klägerin steht dem auch nicht die jüngere Entscheidung des
Bundesgerichtshofs vom 07.02.2023 entgegen, in der eine Haftung des Halters des
Anhängers auch bei einem Anstoßen und Inbewegungsetzen des Anhängers durch
einen Dritten bejaht wurde (siehe BGH, Urteil vom 07.02.2023 – VI ZR 87/22,
juris Rn. 12, VersR 2023, 802), da dort angenommen wurde, dass einem Anhänger
konstruktionsbedingt die Gefahr einer unkontrollierten Bewegung durch
Einwirkung von Fremdkraft innewohne und diese Gefahr durch sein Belassen im
Verkehrsraum aufrechterhalten werde, so dass dann, wenn ein im Verkehrsraum
abgestellter Anhänger infolge eines Anstoßes durch ein Drittfahrzeug in
Bewegung versetzt werde und er dann im Rollvorgang ein Gebäude beschädige, sich
bei wertender Betrachtung in dem hierdurch verursachten Schaden eine typische
Gefahrenquelle des Straßenverkehrs verwirklicht habe. Dies ist nach den
vorstehenden Grundsätzen bei der Inbrandsetzung eines abgestellten Motorrollers
dagegen zu verneinen, auch wenn das Fahrzeug wegen der mitgeführten
Betriebsstoffe oder der verwendeten Materialien leicht brennbar sein sollte.
Der Brand des Motorrollers steht damit der Gefahr der Inbrandsetzung beliebiger
anderer im öffentlichen Raum abgestellter Gegenstände gleich.
Diese Auslegung
des § 7 Abs. 1 StVG steht im Übrigen auch im Einklang mit der
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite der
Kfz-Haftpflichtversicherungspflicht, wonach auch der Brand eines abgestellten
Fahrzeugs aufgrund einer technischen Ursache unter den dort maßgeblichen
Begriff der Verwendung des Fahrzeugs falle (siehe EuGH, Urteil vom 20.06.2019 –
C-100/18, juris Rn. 48, VersR 2019, 1008). Auch dort ist nicht angenommen
worden, dass eine Haftpflichtversicherung auch den Fall einer nicht auf einer
solchen technischen Ursache beruhenden Inbrandsetzung eines abgestellten
Fahrzeugs abdecken müsste.
3. Der
Senat beabsichtigt, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss statt
durch Urteil zu entscheiden, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung
hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erfordern.
Der Klägerin
wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der im Tenor genannten Frist
gegeben. Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung
Gerichtsgebühren gespart werden können (Ermäßigung der Gebühr für das Verfahren
im Allgemeinen gemäß Nr. 1220, 1222 KV von 4,0 auf 2,0).
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