Der BGH hatte im (vom Landgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen) Revisionsverfahren zum Einen darauf hingewiesen, dass die Berufung der Klägerin gegen ein Ergänzungsurteil unzulässig gewesen sei (mit der Folge der Unzulässigkeit der zugelassenen Revision), zum Anderen der Rechtsfrage entgegen der Annahme des Landgerichts keine grundsätzliche Bedeutung zukomme, weshalb beabsichtigt sei, die Revision zurückzuweisen.
1. Streitgegenstand war im Revisionsverfahren noch eine Betriebskostenabrechnung für 2014. Das Amtsgericht hatte die Klage mit am 03.05.2018 zugestellten Urteil vom 27.04.2018 zu der Betriebskostenabrechnung abgewiesen. Über die auch anhängige Klage rückständigen Mietzinses für April und Mai 2016 hatte es nicht entscheiden. Gegen diese Entscheidung wurde von der Klägerin innerhalb der Berufungsfrist kein Rechtsmittel eingelegt. Mit Ergänzungsurteil vom 14.12.2018 hat das Amtsgericht auch die Klage betreffend der Mietrückstände in Höhe von € 343,06 abgewiesen. Dieses Urteil wurde nun von der Klägerin mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen. Übersehen habe das Berufungsgericht, da die Berufung vom Amtsgericht nicht zugelassen worden sei, die Unzulässigkeit der Berufung, da auch hier die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO von über € 600,00 nicht erreicht gewesen sei. Das Ergänzungsurteil und das vorangegangene Urteil würden keine Einheit darstellen, sondern seien, auch betreffend der Beschwer nach § 511 ZPO, gesondert zu betrachten. § 518 ZPO komme hier der Klägerin auch nicht zu Hilfe, wonach bei einer Ergänzung eines Urteils innerhalb der Berufungsfrist zum ersten Urteil die Berufungsfrist erst mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung zu laufen beginne. Die Klägerin, die sich mit ihrer Berufung sowohl gegen das erste Urteil als auch das Ergänzungsurteil wandte, war mithin in Bezug auf das erste Urteil verfristet (da die Berufungsfrist für dieses zum Zeitpunkt der Zustellung des Ergänzungsurteils bereits abgelaufen war) und deshalb unzulässig, zu dem Ergänzungsurteil unzulässig, da die Beschwer unter € 600,00 lag. Dies sei vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (BGH, Urteil vom 21.10.2020 - VIII ZR 261/18 -), weshalb die Revision als unzulässig zu verwerfen sei.
2. Aber auch in der Sache selbst lägen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor, §§ 552a S. 1, 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.
In der Betriebskostenabrechnung hatte die Klägerin in der Betriebskostenabrechnung unter „sonstige Betriebskosten“ die Kostenpositionen Dachrinnenreinigung, Trinkwasseruntersuchung sowie diverse Wartungskosten zusammengefasst. Eine grundsätzliche Bedeutung, ob dies zulässig sei, sei nicht gegeben; die Zulassung der Revision diene auch nicht der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO). Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Berufungsgericht aufgeworfene Fragestellung häufig Anlass zu Streitigkeiten der Mietvertragsparteien bieten würde (Anm.: diese Annahme des BGH ist aus Praxiserfahrung falsch) oder überhaupt zu unterschiedlichen Entscheidungen in den Instanzen geführt hätte.
Der BGH verwies dann aber auf seine bisherige Rechtsprechung, in der er sich bereits mit der Thematik der Aufschlüsselung nach Kostenarten auseinandergesetzt hatte. Danach sei eine Aufschlüsselung notwendig, wenn die einzelnen Kostenarten nicht eng zusammenhängen würden. Er verwies auf seien Entscheidung vom 16.09.2009 - VIII ZR 346/08 -, mit dr er de Zusammenfassung von Sach- und Haftpflichtversicherung in einer Summe unter „Versicherung“ als zulässig anerkannte, und auf seine Entscheidung vom 15.07.2009 - VIII ZR 340/08 -, mit der er die Zusammenfassung von Abwasser und Frischwasser als zulässig ansah, wenn beides einheitlich nach dem Zähler für Frischwasser bestimmt würde. Demgegenüber habe er die Zusammenfassung von Grundsteuer und Straßenreinigung mit Urteil vom 24.01.207 - VIII ZR 285/15 - im Hinblick darauf, dass es sich um die Zusammenfassung der in verschiedenen Ziffern des Betriebskostenkatalogs (vgl. BetrKV – Betriebskostenverordnung) genannten Kostenpositionen abgelehnt. Ferner verwies er auf seine grundlegenden Ausführungen im Urteil vom 22.09.2010 - VIII ZR 285/09 -, in dem er darauf hinwies, dass eine Nachvollziehbarkeit der Abrechnung durch den Mieter auch dann vorläge, „wenn der Vermieter ohne Aufschlüsselung im Einzelnen eng zusammenhängende Kosten in einer Summe zusammenfasst“, wie z.B. Frisch- und Schmutzwasser (abgerechnet nach dem Frischwasserbezug) sowie Haft- und Sachversicherung.
Damit habe das Berufungsgericht die Zusammenfassung der Klägerin unter der Position „sonstige Nebenkosten“ zutreffend als unzulässig angesehen, da dies in formeller Hinsicht nicht den an eine Betriebskostenabrechnung zu stellenden Anforderungen genüge. Der insoweit von der Klägerin geltend gemachte Betrag habe mithin nicht zugesprochen werden können. Der notwendige enge Zusammenhang der Kostenarten läge auch dann nicht vor, wenn (wie hier) im Mietvertrag die Umlage diverser Kosten (hier: Trinkwasseruntersuchung, Dachrinnenreinigung und diverse Wartungskosten) unter „sonstige Betriebskosten“ vereinbart worden sei und dann diese Kosten in einer Position abgerechnet würden.
Die Revision wurde nach dem Hinweis zurückgenommen.
BGH, Beschluss vom
06.07.2021 - VIII ZR 371/19
Aus den Gründen:
Tenor
Der Senat
beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts
Hamburg - Zivilkammer 16 - vom 29. Oktober 2019 durch einstimmigen Beschluss
nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Gründe
1. Die
Parteien werden zunächst auf folgende, vom Berufungsgericht offenbar übersehene
und auch in den Revisionsschriftsätzen nicht angesprochene Gesichtspunkte
hingewiesen:
a)
Gegenstand der Klage waren eine Betriebskostennachforderung aufgrund einer
Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 und ein Anspruch auf rückständige
Miete für die Monate April und Mai 2016. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist
allein die Betriebskostennachforderung. Das Berufungsgericht hat die Revision
nur insoweit zugelassen; die Klägerin hat Revision auch nur in diesem Umfang
eingelegt.
Das Amtsgericht
hat in seinem ersten, am 27. April 2018 verkündeten und der Klägerin am 3. Mai
2018 zugestellten Urteil die auf Zahlung der Betriebskostennachforderung (in
Höhe von noch 240,56 €) gerichtete Klage abgewiesen und der Widerklage auf
Zahlung einer (an sich unstreitigen) Dividende in der geltend gemachten Höhe
von 158,42 € stattgegeben. Den Anspruch der Klägerin auf Zahlung rückständiger
Miete in Höhe von 343,06 €, der von dem in der mündlichen Verhandlung
gestellten Sachantrag erfasst war, hat das Amtsgericht in diesem Urteil
(versehentlich) übergangen.
Zur Begründung
der Betriebskostennachforderung hatte die Klägerin ausgeführt, ihr stehe aus
der Betriebskostenabrechnung 2014 ein entsprechender Nachzahlungsanspruch zu,
der sich aus einem auf die Beklagte entfallenden Einzelanteil von 384,52 € an
"sonstigen Betriebskosten" ergebe. Der Nachzahlungsanspruch reduziere
sich durch Verrechnung mit der unstreitigen Dividende auf den insoweit mit der
Klage noch geforderten Betrag von 240,56 €. Die Beklagte hat demgegenüber
geltend gemacht, dass sie die genannte Nebenkostenposition wegen formeller
Unwirksamkeit der Abrechnung insoweit überhaupt nicht schulde, so dass auch die
Verrechnung der Klägerin ins Leere gehe.
Das Amtsgericht
hat die Klage durch Urteil vom 27. April 2018 abgewiesen und der Widerklage
stattgegeben. Damit hat es die aus der Nebenkostenposition "sonstige
Betriebskosten" herrührende Nachforderung insgesamt aberkannt.
b) Das
Urteil vom 27. April 2018 hat die Klägerin innerhalb der bis zum 4. Juni 2018
laufenden Berufungsfrist nicht angefochten. Es war mit der Berufung auch nicht
anfechtbar, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Mindestwert von 600 €
nicht überstieg (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und das Amtsgericht die
Berufung nicht zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
c) Durch
Ergänzungsurteil gemäß § 321 ZPO vom 14. Dezember 2018 hat das Amtsgericht
die Klage auch im Hinblick auf den auf Zahlung von 343,06 € gerichteten
Anspruch auf rückständige Miete aus April/Mai 2016 abgewiesen. Zwar hat die
Klägerin dieses Urteil mit der Berufung angefochten. Das Rechtsmittel war
allerdings - was das Berufungsgericht übersehen hat - unzulässig, weil auch
insoweit der gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Wert des
Beschwerdegegenstands von 600 € nicht überschritten war; das Amtsgericht hat
die Berufung auch nicht zugelassen (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Anders als die Vorinstanzen offenbar gemeint haben, stellen das
Ergänzungsurteil und das vorangegangene Urteil des Amtsgerichts keine Einheit
dar, sondern sind bezüglich der Rechtsmittel - unter anderem im Hinblick auf
die Berufungssumme - getrennt zu betrachten (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni
2000 - VI ZR 2/00, NJW 2000, 3008 unter 2; Urteil vom 27. November 1979 - VI ZR
40/78, NJW 1980, 840 unter II 1; Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl.,
§ 518 Rn. 1; Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 321 Rn. 14).
Die Vorschrift
des § 518 ZPO kommt der Klägerin nicht zugute. Wird innerhalb der
Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt
(§ 321 ZPO), so beginnt nach dieser Bestimmung mit der Zustellung der
nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung
gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Diese Voraussetzungen sind hier
nicht erfüllt, weil das am 14. Dezember 2018 verkündete Ergänzungsurteil des
Amtsgerichts nicht innerhalb der laufenden Berufungsfrist gegen das Urteil vom
27. April 2018 ergangen ist. Soweit die Klägerin sich mit ihrer am 17. Januar
2019 eingelegten Berufung schließlich auch gegen das erste Urteil des
Amtsgerichts gewendet hat, war die Berufungsfrist nicht gewahrt.
In Anbetracht
dessen hätte das Berufungsgericht die Berufung - was das Revisionsgericht von
Amts wegen zu beachten hat (vgl. etwa Senatsurteile vom 21. Oktober 2020 - VIII
ZR 261/18, BGHZ 227, 198 Rn. 53; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, NJW 2020,
2884 Rn. 18; jeweils mwN; siehe auch Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VIII ZA
21/20, juris Rn. 3) - als unzulässig verwerfen müssen.
d) Mit
der Revision begehrt die Klägerin - ohne sich gegen die Verurteilung auf die
Widerklage zu wenden - die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines
weiteren Betrags "sonstiger Betriebskosten" in Höhe von 384,52 €
aufgrund der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014. Selbst wenn der
Revisionsantrag dahin ausgelegt werden könnte, dass sie Abweisung der
Widerklage und Verurteilung zur Zahlung weiterer Betriebskosten ("sonstige
Nebenkosten") in Höhe von 240,56 € begehrt, könnte die Klägerin damit
nicht obsiegen. Zwar hat die Klägerin bezüglich des Ergänzungsurteils die
Berufungsfrist gewahrt und hat die Berufung in Höhe eines Teilbetrags von 40,56
€ sogar Erfolg gehabt, während das Berufungsgericht die Berufung hinsichtlich
des Differenzbetrags zu 343,06 € zurückgewiesen hat. Jedoch hätte das
Berufungsgericht - wie ausgeführt - die Berufung als unzulässig verwerfen
müssen.
2.
Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision
(§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vor.
Der vom Berufungsgericht angegebene Zulassungsgrund - die Frage der formellen
Anforderungen an die Abrechnung "sonstiger" (sich aus
unterschiedlichen Kostenpositionen wie Dachrinnenreinigung,
Trinkwasseruntersuchung sowie diversen Wartungskosten zusammensetzender)
Betriebskosten - sei von grundsätzlicher Bedeutung, ist nicht gegeben. Die
Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder der
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dass die vom
Berufungsgericht aufgeworfene Fragestellung häufig Anlass zu Streitigkeiten der
Mietvertragsparteien bieten würde oder überhaupt zu unterschiedlichen
Entscheidungen in den Instanzen geführt hätte, ist nicht ersichtlich.
Aus der
Rechtsprechung des Senats lässt sich zudem ohne Weiteres ableiten, dass eine
Aufschlüsselung nach Kostenarten erforderlich ist, wenn die einzelnen
Kostenarten nicht eng zusammenhängen (Senatsurteile vom 16. September 2009 -
VIII ZR 346/08, NJW 2009, 3575 Rn. 7 [zulässige Abrechnung der Kosten der Sach-
und Haftpflichtversicherung in einer Summe unter der Kostenposition
"Versicherung"]; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 340/08, NZM 2009, 698
Rn. 18 f. [zulässige Abrechnung der Kosten für Abwasser und Frischwasser
jedenfalls dann, wenn die Umlage einheitlich nach dem durch einen Zähler
erfassten Frischwasserverbrauch vorgenommen wird]; vgl. demgegenüber
Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 - VIII ZR 285/15, WuM 2017, 205 Rn. 6
[unzulässige Zusammenfassung der Kosten für Grundsteuer und Straßenreinigung];
siehe auch Senatsurteil vom 22. September 2010 - VIII ZR 285/09, NJW 2011, 143
Rn. 41).
3. Die
Revision hat - selbst wenn das Landgericht die Berufung der Klägerin nicht, wie
oben unter 1. ausgeführt, ohnehin als unzulässig hatte verwerfen müssen - auch
keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass
die Betriebskostenabrechnung der Klägerin bezüglich der Position "sonstige
Nebenkosten" die in formeller Hinsicht an eine Betriebskostenabrechnung zu
stellenden Anforderungen nicht erfüllt und die Abrechnung insoweit unwirksam
ist.
Den - wie oben
unter 2. ausgeführt - erforderlichen engen Zusammenhang zwischen einzelnen
Kostenarten hat der Senat zwar grundsätzlich bei einzelnen Ziffern des
Betriebskostenkatalogs bejaht (Senatsurteil vom 16. September 2009 - VIII ZR
346/08, aaO). Ein solch enger Zusammenhang liegt jedoch nicht vor, wenn im
Mietvertrag die Umlage diverser Kosten als "sonstige Betriebskosten"
vereinbart ist - wie hier etwa die Kosten der Trinkwasseruntersuchung, der
Dachrinnenreinigung und diverse Wartungskosten - und diese in einer Position
abgerechnet werden. Insoweit bedarf es einer - gegebenenfalls auch in einer
Anlage oder Erläuterung zur Abrechnung - abschließenden Angabe der unter der
Position "sonstige Nebenkosten" abgerechneten Kostenarten sowie einer
Aufschlüsselung, welche Beträge für die jeweilige Kostenart angefallen sind. Hieran
fehlt es im vorliegenden Fall. Erst recht wäre es insoweit auch nicht genügend,
wenn eine Betriebskostenabrechnung allein die Bezeichnung "sonstige
Betriebskosten" verwendete (Wall, Betriebs- und Heizkosten-Kommentar, 5.
Aufl., Rn. 1739, 4717; Schmid, NZM 2010, 264, 265; anderer Ansicht:
Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl., H Rn. 137).
4. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
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