Sonntag, 27. Februar 2022

Kosten und Zusammenfassung von Kostenarten in einer Betriebskostenabrechnung

Der BGH hatte im (vom Landgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen) Revisionsverfahren zum Einen darauf hingewiesen, dass die Berufung der Klägerin gegen ein Ergänzungsurteil unzulässig gewesen sei (mit der Folge der Unzulässigkeit der zugelassenen Revision), zum Anderen der Rechtsfrage entgegen der Annahme des Landgerichts keine grundsätzliche Bedeutung zukomme, weshalb beabsichtigt sei, die Revision zurückzuweisen.

1. Streitgegenstand war im Revisionsverfahren noch eine Betriebskostenabrechnung für 2014. Das Amtsgericht hatte die Klage mit am 03.05.2018 zugestellten Urteil vom 27.04.2018 zu der Betriebskostenabrechnung abgewiesen. Über die auch anhängige Klage rückständigen Mietzinses für April und Mai 2016 hatte es nicht entscheiden. Gegen diese Entscheidung wurde von der Klägerin innerhalb der Berufungsfrist kein Rechtsmittel eingelegt.  Mit Ergänzungsurteil vom 14.12.2018 hat das Amtsgericht auch die Klage betreffend der Mietrückstände in Höhe von € 343,06 abgewiesen. Dieses Urteil wurde nun von der Klägerin mit dem Rechtsmittel der Berufung angegriffen. Übersehen habe das Berufungsgericht, da die Berufung vom Amtsgericht nicht zugelassen worden sei, die Unzulässigkeit der Berufung, da auch hier die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO von über € 600,00 nicht erreicht gewesen sei. Das Ergänzungsurteil und das vorangegangene Urteil würden keine Einheit darstellen, sondern seien, auch betreffend der Beschwer nach § 511 ZPO, gesondert zu betrachten. § 518 ZPO komme hier der Klägerin auch nicht zu Hilfe, wonach bei einer Ergänzung eines Urteils innerhalb der Berufungsfrist zum ersten Urteil die Berufungsfrist erst mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung zu laufen beginne. Die Klägerin, die sich mit ihrer Berufung sowohl gegen das erste Urteil als auch das Ergänzungsurteil wandte, war mithin in Bezug auf das erste Urteil verfristet (da die Berufungsfrist für dieses zum Zeitpunkt der Zustellung des Ergänzungsurteils bereits abgelaufen war) und deshalb unzulässig, zu dem Ergänzungsurteil unzulässig, da die Beschwer unter € 600,00 lag. Dies sei vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten (BGH, Urteil vom 21.10.2020 - VIII ZR 261/18 -), weshalb die Revision als unzulässig zu verwerfen sei.

2. Aber auch in der Sache selbst lägen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vor, §§ 552a S. 1, 543 Abs. 2 S. 1 ZPO.

In der Betriebskostenabrechnung hatte die Klägerin in der Betriebskostenabrechnung unter „sonstige Betriebskosten“ die Kostenpositionen Dachrinnenreinigung, Trinkwasseruntersuchung sowie diverse Wartungskosten zusammengefasst. Eine grundsätzliche Bedeutung, ob dies zulässig sei, sei nicht gegeben; die Zulassung der Revision diene auch nicht der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 ZPO). Es sei nicht ersichtlich, dass die vom Berufungsgericht aufgeworfene Fragestellung häufig Anlass zu Streitigkeiten der Mietvertragsparteien bieten würde (Anm.: diese Annahme des BGH ist aus Praxiserfahrung falsch) oder überhaupt zu unterschiedlichen Entscheidungen in den Instanzen geführt hätte.

Der BGH verwies dann aber auf seine bisherige Rechtsprechung, in der er sich bereits mit der Thematik der Aufschlüsselung nach Kostenarten auseinandergesetzt hatte. Danach sei eine Aufschlüsselung notwendig, wenn die einzelnen Kostenarten nicht eng zusammenhängen würden. Er verwies auf seien Entscheidung vom 16.09.2009 - VIII ZR 346/08 -, mit dr er de Zusammenfassung von Sach- und Haftpflichtversicherung in einer Summe unter „Versicherung“ als zulässig anerkannte, und auf seine Entscheidung vom 15.07.2009 - VIII ZR 340/08 -, mit der er die Zusammenfassung von Abwasser und Frischwasser als zulässig ansah, wenn beides einheitlich nach dem Zähler für Frischwasser bestimmt würde. Demgegenüber habe er die Zusammenfassung von Grundsteuer und Straßenreinigung mit Urteil vom 24.01.207 - VIII ZR 285/15 - im Hinblick darauf, dass es sich um die Zusammenfassung der in verschiedenen Ziffern des Betriebskostenkatalogs (vgl. BetrKV – Betriebskostenverordnung) genannten Kostenpositionen abgelehnt. Ferner verwies er auf seine grundlegenden Ausführungen im Urteil vom 22.09.2010 - VIII ZR 285/09 -, in dem er darauf hinwies, dass eine Nachvollziehbarkeit der Abrechnung durch den Mieter auch dann vorläge, „wenn der Vermieter ohne Aufschlüsselung im Einzelnen eng zusammenhängende Kosten in einer Summe zusammenfasst“, wie z.B. Frisch- und Schmutzwasser (abgerechnet nach dem Frischwasserbezug) sowie Haft- und Sachversicherung.

Damit habe das Berufungsgericht die Zusammenfassung der Klägerin unter der Position „sonstige Nebenkosten“ zutreffend als unzulässig angesehen, da dies in formeller Hinsicht nicht den an eine Betriebskostenabrechnung zu stellenden Anforderungen genüge. Der insoweit von der Klägerin geltend gemachte Betrag habe mithin nicht zugesprochen werden können. Der notwendige enge Zusammenhang der Kostenarten läge auch dann nicht vor, wenn (wie hier) im Mietvertrag die Umlage diverser Kosten (hier: Trinkwasseruntersuchung, Dachrinnenreinigung und diverse Wartungskosten) unter „sonstige Betriebskosten“ vereinbart worden sei und dann diese Kosten in einer Position abgerechnet würden.

Die Revision wurde nach dem Hinweis zurückgenommen.

BGH, Beschluss vom 06.07.2021 - VIII ZR 371/19 


Aus den Gründen:

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 16 - vom 29. Oktober 2019 durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1. Die Parteien werden zunächst auf folgende, vom Berufungsgericht offenbar übersehene und auch in den Revisionsschriftsätzen nicht angesprochene Gesichtspunkte hingewiesen:

a) Gegenstand der Klage waren eine Betriebskostennachforderung aufgrund einer Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 und ein Anspruch auf rückständige Miete für die Monate April und Mai 2016. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist allein die Betriebskostennachforderung. Das Berufungsgericht hat die Revision nur insoweit zugelassen; die Klägerin hat Revision auch nur in diesem Umfang eingelegt.

Das Amtsgericht hat in seinem ersten, am 27. April 2018 verkündeten und der Klägerin am 3. Mai 2018 zugestellten Urteil die auf Zahlung der Betriebskostennachforderung (in Höhe von noch 240,56 €) gerichtete Klage abgewiesen und der Widerklage auf Zahlung einer (an sich unstreitigen) Dividende in der geltend gemachten Höhe von 158,42 € stattgegeben. Den Anspruch der Klägerin auf Zahlung rückständiger Miete in Höhe von 343,06 €, der von dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Sachantrag erfasst war, hat das Amtsgericht in diesem Urteil (versehentlich) übergangen.

Zur Begründung der Betriebskostennachforderung hatte die Klägerin ausgeführt, ihr stehe aus der Betriebskostenabrechnung 2014 ein entsprechender Nachzahlungsanspruch zu, der sich aus einem auf die Beklagte entfallenden Einzelanteil von 384,52 € an "sonstigen Betriebskosten" ergebe. Der Nachzahlungsanspruch reduziere sich durch Verrechnung mit der unstreitigen Dividende auf den insoweit mit der Klage noch geforderten Betrag von 240,56 €. Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, dass sie die genannte Nebenkostenposition wegen formeller Unwirksamkeit der Abrechnung insoweit überhaupt nicht schulde, so dass auch die Verrechnung der Klägerin ins Leere gehe.

Das Amtsgericht hat die Klage durch Urteil vom 27. April 2018 abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Damit hat es die aus der Nebenkostenposition "sonstige Betriebskosten" herrührende Nachforderung insgesamt aberkannt.

b) Das Urteil vom 27. April 2018 hat die Klägerin innerhalb der bis zum 4. Juni 2018 laufenden Berufungsfrist nicht angefochten. Es war mit der Berufung auch nicht anfechtbar, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Mindestwert von 600 € nicht überstieg (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und das Amtsgericht die Berufung nicht zugelassen hat (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

c) Durch Ergänzungsurteil gemäß § 321 ZPO vom 14. Dezember 2018 hat das Amtsgericht die Klage auch im Hinblick auf den auf Zahlung von 343,06 € gerichteten Anspruch auf rückständige Miete aus April/Mai 2016 abgewiesen. Zwar hat die Klägerin dieses Urteil mit der Berufung angefochten. Das Rechtsmittel war allerdings - was das Berufungsgericht übersehen hat - unzulässig, weil auch insoweit der gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von 600 € nicht überschritten war; das Amtsgericht hat die Berufung auch nicht zugelassen (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Anders als die Vorinstanzen offenbar gemeint haben, stellen das Ergänzungsurteil und das vorangegangene Urteil des Amtsgerichts keine Einheit dar, sondern sind bezüglich der Rechtsmittel - unter anderem im Hinblick auf die Berufungssumme - getrennt zu betrachten (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juni 2000 - VI ZR 2/00, NJW 2000, 3008 unter 2; Urteil vom 27. November 1979 - VI ZR 40/78, NJW 1980, 840 unter II 1; Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl., § 518 Rn. 1; Zöller/Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 321 Rn. 14).

Die Vorschrift des § 518 ZPO kommt der Klägerin nicht zugute. Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321 ZPO), so beginnt nach dieser Bestimmung mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil das am 14. Dezember 2018 verkündete Ergänzungsurteil des Amtsgerichts nicht innerhalb der laufenden Berufungsfrist gegen das Urteil vom 27. April 2018 ergangen ist. Soweit die Klägerin sich mit ihrer am 17. Januar 2019 eingelegten Berufung schließlich auch gegen das erste Urteil des Amtsgerichts gewendet hat, war die Berufungsfrist nicht gewahrt.

In Anbetracht dessen hätte das Berufungsgericht die Berufung - was das Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten hat (vgl. etwa Senatsurteile vom 21. Oktober 2020 - VIII ZR 261/18, BGHZ 227, 198 Rn. 53; vom 29. April 2020 - VIII ZR 31/18, NJW 2020, 2884 Rn. 18; jeweils mwN; siehe auch Senatsbeschluss vom 9. März 2021 - VIII ZA 21/20, juris Rn. 3) - als unzulässig verwerfen müssen.

d) Mit der Revision begehrt die Klägerin - ohne sich gegen die Verurteilung auf die Widerklage zu wenden - die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines weiteren Betrags "sonstiger Betriebskosten" in Höhe von 384,52 € aufgrund der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014. Selbst wenn der Revisionsantrag dahin ausgelegt werden könnte, dass sie Abweisung der Widerklage und Verurteilung zur Zahlung weiterer Betriebskosten ("sonstige Nebenkosten") in Höhe von 240,56 € begehrt, könnte die Klägerin damit nicht obsiegen. Zwar hat die Klägerin bezüglich des Ergänzungsurteils die Berufungsfrist gewahrt und hat die Berufung in Höhe eines Teilbetrags von 40,56 € sogar Erfolg gehabt, während das Berufungsgericht die Berufung hinsichtlich des Differenzbetrags zu 343,06 € zurückgewiesen hat. Jedoch hätte das Berufungsgericht - wie ausgeführt - die Berufung als unzulässig verwerfen müssen.

2. Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht vor. Der vom Berufungsgericht angegebene Zulassungsgrund - die Frage der formellen Anforderungen an die Abrechnung "sonstiger" (sich aus unterschiedlichen Kostenpositionen wie Dachrinnenreinigung, Trinkwasseruntersuchung sowie diversen Wartungskosten zusammensetzender) Betriebskosten - sei von grundsätzlicher Bedeutung, ist nicht gegeben. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Dass die vom Berufungsgericht aufgeworfene Fragestellung häufig Anlass zu Streitigkeiten der Mietvertragsparteien bieten würde oder überhaupt zu unterschiedlichen Entscheidungen in den Instanzen geführt hätte, ist nicht ersichtlich.

Aus der Rechtsprechung des Senats lässt sich zudem ohne Weiteres ableiten, dass eine Aufschlüsselung nach Kostenarten erforderlich ist, wenn die einzelnen Kostenarten nicht eng zusammenhängen (Senatsurteile vom 16. September 2009 - VIII ZR 346/08, NJW 2009, 3575 Rn. 7 [zulässige Abrechnung der Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung in einer Summe unter der Kostenposition "Versicherung"]; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 340/08, NZM 2009, 698 Rn. 18 f. [zulässige Abrechnung der Kosten für Abwasser und Frischwasser jedenfalls dann, wenn die Umlage einheitlich nach dem durch einen Zähler erfassten Frischwasserverbrauch vorgenommen wird]; vgl. demgegenüber Senatsbeschluss vom 24. Januar 2017 - VIII ZR 285/15, WuM 2017, 205 Rn. 6 [unzulässige Zusammenfassung der Kosten für Grundsteuer und Straßenreinigung]; siehe auch Senatsurteil vom 22. September 2010 - VIII ZR 285/09, NJW 2011, 143 Rn. 41).

3. Die Revision hat - selbst wenn das Landgericht die Berufung der Klägerin nicht, wie oben unter 1. ausgeführt, ohnehin als unzulässig hatte verwerfen müssen - auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Betriebskostenabrechnung der Klägerin bezüglich der Position "sonstige Nebenkosten" die in formeller Hinsicht an eine Betriebskostenabrechnung zu stellenden Anforderungen nicht erfüllt und die Abrechnung insoweit unwirksam ist.

Den - wie oben unter 2. ausgeführt - erforderlichen engen Zusammenhang zwischen einzelnen Kostenarten hat der Senat zwar grundsätzlich bei einzelnen Ziffern des Betriebskostenkatalogs bejaht (Senatsurteil vom 16. September 2009 - VIII ZR 346/08, aaO). Ein solch enger Zusammenhang liegt jedoch nicht vor, wenn im Mietvertrag die Umlage diverser Kosten als "sonstige Betriebskosten" vereinbart ist - wie hier etwa die Kosten der Trinkwasseruntersuchung, der Dachrinnenreinigung und diverse Wartungskosten - und diese in einer Position abgerechnet werden. Insoweit bedarf es einer - gegebenenfalls auch in einer Anlage oder Erläuterung zur Abrechnung - abschließenden Angabe der unter der Position "sonstige Nebenkosten" abgerechneten Kostenarten sowie einer Aufschlüsselung, welche Beträge für die jeweilige Kostenart angefallen sind. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Erst recht wäre es insoweit auch nicht genügend, wenn eine Betriebskostenabrechnung allein die Bezeichnung "sonstige Betriebskosten" verwendete (Wall, Betriebs- und Heizkosten-Kommentar, 5. Aufl., Rn. 1739, 4717; Schmid, NZM 2010, 264, 265; anderer Ansicht: Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 9. Aufl., H Rn. 137).

4. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

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