Die Parteien hatten einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, in dem es u.a. heißt: „a) Die Parteien … sind sich einig, dass jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten trägt. b) Die gerichtlichen Kosten trägt die Beklagte…“. Mit dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 05.10.2020 setzet das Landgericht die von der Klägerin zur Festsetzung angemeldeten Kosten einschließlich der im gerichtlichen Verfahren entstandenen Anwaltskosten der Klägerin gegen die Beklagte fest und verwies darauf, dass sich die Regelung zu den außergerichtlichen Kosten auf die vorgerichtlichen Anwaltskosten beziehe, für die im verfahren entstandenen Anwaltsgebühren die Regelung zu den Gerichtskosten entsprechend gelten würde. Die Beklagte legte gegen Beschluss Beschwerde ein, soweit Anwaltsgebühren der Klägerin mit festgesetzt wurden. Der Beschwerde wurde vom OLG stattgegeben.
Das OLG verwies darauf, dass es für eine Auslegung des Vergleichs zu den Kosten, wie vom Landgericht vorgenommen, keinen Raum gäbe. Im Kostenfestsetzungsverfahren sei die Kostenvereinbarung eines gerichtlichen Vergleichs an Han des Wortlauts umzusetzen. Unstatthaft sei es, andere Umstände als den Text des Kostentitels heranzuziehen und zu würdigen (OLG Koblenz, Beschluss vom 21.09.2015 - 14 W 585/15 -). Zwar sei eine Auslegung nach der allgemeinen Regelung des § 133 BGB möglich, doch habe sich diese stets am Wortlaut der Kostengrundentscheidung zu orientieren und sich damit an das zu halten, was in der Kostenentscheidung erkennbar zum Ausdruck gebracht würde (OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.1989 - 23 W 152/89 -). Nicht im Kostentitel angedeutete Umstände dürften damit nicht zur Würdigung herangezogen werden.
Vorliegend gäbe der Vergleichstext, „dass jede Partei ihre eigenen außergerichtlichen Kosten trägt“, nichts dafür her, dass die Parteien damit lediglich die Verteilung außergerichtlicher Kosten regeln wollten und in Bezug auf die im gerichtlichen Verfahren entstandenen Anwaltskosten eine Verteilung unter der Regelung „Die gerichtlichen Kosten trägt die Beklagte“ fallen sollte.
Nach dem allgemeinen Verständnis des verwandten Adjektivs seien gerichtliche Kosten nur die Gerichtskosten, die Teil der Kosten des Rechtstreits seinen und bei denen es sich ausschließlich um gerichtliche Gebühren und Auslagen iSv. § 1 Abs. 1 GKG handele. Als außergerichtliche Kosten würden gemeinhin die Kosten des Rechtstreits bezeichnet, die nicht zu den Gerichtskosten gehören würden. Anwaltsgebühren seien damit insoweit Prozesskosten und würden zu den außergerichtlichen Kosten zählen, als mit ihnen eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren vergütet würde (BGH, Beschluss vom 22.12.2004 - XII ZB 94/04 -); die Kosten vorgerichtlicher anwaltlicher Tätigkeit seinen davon nicht umfasst.
Ergänzend verwies das OLG darauf, dass vorgerichtliche Kosten anwaltlicher Tätigkeiten auch nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen seien, und damit kein Reglungsbedarf bestanden habe. Anzumerken ist dazu allerdings, dass es den Parteien obliegt, ob sie über den Streitgegenstand des Rechtsstreits hinaus einen Vergleich schließen, dass vorgerichtliche außergerichtliche Anwaltsgebühren vergleichsweise mit reguliert werden sollen (gebührenrechtlicher Mehrwert des Vergleichs). Da aber außergerichtliche Anwaltskosten einer Partei nicht Gegenstand einer Kostenfestsetzung sein können, sich hier für einen Mehrvergleich auch aus dem Kostentitel des Vergleichs nichts ergibt, zudem jedenfalls auch die namentlich benannten Gerichtskosten nicht die im Verfahren entstandenen Anwaltsgebühren mitumfasst, die Kostenregelung zu den außergerichtlichen Anwaltskosten dem üblichen Sprachgebrauch für die Kosten der durch das Gerichtsverfahren entstandenen anwaltlichen Vergütung entspricht, ist die Entscheidung zutreffend. Darüber hinaus würde es, wenn man unter den außergerichtlichen Kosten der Klägerin in Bezug auf eine Regelung zu vorgerichtlichen Kosten folgen wollte, an einer Kostenregelung zu den im Gerichtsverfahren entstandenen Anwaltsgebühren ermangeln und dann diesbezüglich auch bezüglich dieser bei einer Kostenaufhebung verbleiben, da dies mangels einer abweichenden Vereinbarung in § 98 ZPO entsprechend geregelt ist. Von daher kann der Hilfserwägung des OLG nicht gefolgt werden, wenn auch im übrigen die Entscheidung zutreffend ist.
OLG Nürnberg, Beschluss vom
16.03.2021 - 2 W 473/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Auf die
sofortige Beschwerde des Beklagten zu 1 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss
zugunsten der Klägerin des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.10.2020, Az. 12 O
3043/19, aufgehoben.
2. Die Klägerin
trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Mit Beschluss
vom 02.03.2020 (Bl. 149 ff. d. A.) stellte das Landgericht fest, dass zwischen
den Parteien ein Vergleich zustande gekommen ist. Dieser enthält unter dem
Punkt 8. folgende Kostenregelung:
a) Die
Parteien des Verfahrens, mithin die Klägerin, der Beklagte zu 1 und die
Beklagte zu 2, sind sich einig, dass jede Partei ihre eigenen
außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
b) Die
gerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte zu 1.
Mit Beschluss
vom 05.10.2020 (Bl. 253 ff. d. A.) setzte das Landgericht gemäß einem
entsprechenden Antrag vom 20.04.2020 (Bl. 172 f. d. A.) „[d]ie von dem
Beklagten zu 1 an die Klägerin gem. § 104 ZPO nach dem Beschluss des
Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.03.2020 gem. § 278 Abs. 6 ZPO zu
erstattenden Kosten (…) auf 7.321,70 € (…) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten
über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit 22.04.02020“ fest. Aus
dem Schriftverkehr der Parteien vor Abschluss des Vergleichs ergebe sich – so
das Landgericht im Ergebnis –, dass sich die Regelung zu den außergerichtlichen
Kosten lediglich auf die vorgerichtlichen Kosten beziehe und im Übrigen auf die
Regelung zu den gerichtlichen Kosten abzustellen sei.
Gegen den
Kostenfestsetzungsbeschluss, welcher am 12.10.2020 zugestellt worden war,
wandte sich der Beklagte zu 1 mit Schriftsatz vom 26.10.2020 (Bl. 260 d. A.),
der am selben Tag einging. Aus dem Vergleich ergebe sich – so der Beklagte zu 1
–, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe.
Entsprechendes sei im Rahmen der gerichtlichen Vergleichsverhandlungen
angestrebt worden. Angesichts des klaren Wortlauts bestehe für eine Auslegung
kein Raum. Soweit das Landgericht auf die außergerichtliche Korrespondenz
abstelle, sei zu berücksichtigen, dass bis zum Vergleichsabschluss nahezu sechs
Monate vergangen seien. Der Vergleichstext basiere nicht mehr auf den
ursprünglichen Verhandlungen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des
Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdebegründung vom 30.11.2020 (Bl. 266
ff. d. A.) sowie auf den Schriftsatz vom 08.02.2021 (Bl. 285 d. A.) Bezug
genommen.
Die Klägerin
verteidigt den angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss. Aus den vorgelegten
Schreiben ergebe sich, dass die Übernahme der ihr durch den Prozess
entstandenen Rechtsanwaltskosten durch die Beklagte zu 1 Grundlage für den
Abschluss des Vergleichs gewesen sei. Dies habe der Vertreter des Beklagten zu
1 sogar ausdrücklich bestätigt. Die Parteien hätten sich lediglich darauf
geeinigt, dass jeder seine vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten selbst trage.
Die Formulierung „außergerichtliche Kosten“ beruhe auf einem Versehen. Das
Vorbringen, der finale Vergleichstext basiere nicht mehr auf den ursprünglichen
Vergleichsverhandlungen, sei haltlos. Die Verzögerung sei allein der Verhandlung
des Beklagten zu 1 mit der Streithelferin geschuldet gewesen. Hinsichtlich der
weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 15.01.2021 (Bl. 281 f. d.
A.) Bezug genommen.
Am 15.02.2021
entschied das Landgericht, der Beschwerde nicht abzuhelfen (Bl. 286 ff. d. A.).
II.
Die gemäß
§ 104 Abs. 3 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht
(§ 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde gegen
den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 05.10.2020 hat auch in der Sache Erfolg.
Eine Regelung, nach welcher der Beklagte zu 1 der Klägerin gegenüber zur
Erstattung außergerichtlicher Kosten der Rechtsverfolgung verpflichtet wäre,
ist dem Vergleich nicht zu entnehmen. Für eine dahingehende Auslegung besteht
kein Raum.
1. Im
vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren ist die Kostenvereinbarung eines
gerichtlichen Vergleichs der Parteien anhand des Wortlauts umzusetzen. Die
Heranziehung und Würdigung anderer Umstände als des Textes des Kostentitels ist
nicht statthaft (OLG Koblenz, Beschluss vom 21.09.2015 – 14 W 585/15 –, juris
Rn. 3; Herget in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 104 Rn. 21.16). Die gemäß
§ 133 BGB (gegebenenfalls) vorzunehmende Auslegung hat sich stets am
Wortlaut der Kostengrundentscheidung zu orientieren (Schulz in: Münchener
Kommentar, BGB, 6. Aufl., § 104 Rn. 62; Gierl in: Saenger, ZPO, 8. Aufl.,
§ 104 Rn. 6; Flockenhaus in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 104 Rn.
3); sie hat sich an das zu halten, was in der Kostenentscheidung erkennbar zum
Ausdruck gebracht worden ist (OLG Hamm, Beschluss vom 28.04.1989 – 23 W 152/89
–, juris Rn. 3). Eine vom Wortlaut abweichende Auslegung ist nicht möglich
(Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 12.07.1982 – 9 W 134/82 –, JurBüro
1983, 602, 603). Demgemäß ist die Heranziehung und Würdigung von im Wortlaut
des Kostentitels nicht angedeuteten Umständen unzulässig.
2. Dass
die Parteien übereinstimmend mit der Bestimmung, „dass jede Partei ihre eigenen
außergerichtlichen Kosten selbst trägt“, lediglich die Verteilung
vorgerichtlicher Kosten regeln wollten und die Kosten des Rechtsstreits im
Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO bzw. die Prozesskosten im Sinne des
§ 103 Abs. 1 ZPO (zur inhaltlichen Übereinstimmung: Jaspersen in:
BeckOK, ZPO, 39. Edition, § 103 Rn. 16) insgesamt unter die Regelung
betreffend „[d]ie gerichtlichen Kosten des Verfahrens“ fallen sollten, dafür
gibt es im Vergleichstext keinerlei Anhaltspunkte. Soweit sich aus der dem
Vergleichsabschluss vorangehenden Korrespondenz eine Verpflichtung des Beklagten
zu 1 zur vollumfänglichen Kostentragung entnehmen lassen sollte, hat sich dies
im Vergleichstext jedenfalls nicht erkennbar niedergeschlagen.
a. Nach
der Bedeutung des von den Parteien verwendeten Adjektivs sind gerichtliche
Kosten nichts anderes als die Gerichtskosten, die Teil der Kosten des
Rechtsstreits sind und sich nach allgemeinem Verständnis ausschließlich aus den
gerichtlichen Gebühren und Auslagen (§ 1 Abs. 1 GKG) zusammensetzen.
b. Als
„außergerichtliche Kosten“ werden gemeinhin zusammenfassend diejenigen Kosten
eines Rechtsstreits bezeichnet, die nicht zu den Gerichtskosten gehören (Groh
in: Creifelds, Rechtswörterbuch, 25. Edition, Stichwort „Außergerichtliche
Kosten“ und Stichwort „Prozesskosten“). Anwaltsgebühren sind dabei nur insoweit
Prozesskosten und zählen als solche zu den außergerichtlichen Kosten, als sie
eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im gerichtlichen Verfahren vergüten (BGH,
Beschluss vom 22.12.2004 – XII ZB 94/04 –, juris Rn. 11). Kosten einer
vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit sind von ihnen nicht umfasst.
Dagegen spricht
bezogen auf den vorliegenden Fall im Übrigen auch die Erläuterung, dass mit
„Parteien des Verfahrens“ „die Klägerin, der Beklagte zu 1 und die Beklagte zu
2“ gemeint sind, die ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst
tragen sollen. Denn Kosten der beiden Beklagten für eine vorgerichtliche
anwaltliche Tätigkeit waren schon nicht Streitgegenstand. Insofern bestand kein
Regelungsbedarf.
III.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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