Posts mit dem Label zeugnisverweigerungsrecht werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label zeugnisverweigerungsrecht werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 28. November 2023

Zeugnisverweigerungsrecht: Verschiedene Gründe/ Verfahrensgegenstände und Beschwerde

Der Kläger berief sich zum Beweis seiner Behauptung auf den dann vom Landgericht geladenen Zeugen. Dieser machte bereits nach der Ladung ein Zeugnisverweigerungsrecht geltend und berief sich darauf, er würde mit seiner Aussage sich, den Beklagten und die Streithelferin (seine Tante) belasten. Das Landgericht bejahte mit Zwischenurteil das Verweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO, verneinte aber die Voraussetzungen für eine Verweigerung nach § 383 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Das OLG änderte auf die Beschwerde des Klägers das Teilurteil ab und erklärte die Zeugnisverweigerung sowohl nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO wie auch nach § 384 Nr. 2 ZPO für unrechtmäßig. Die dagegen vom Zeugen auf Zulassung vom OLG eingelegte Rechtsbeschwerde hatte teilweise Erfolg.

Die Zulassung Rechtsbeschwerde wurde lediglich auf den Weigerungsgrund des § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beschränkt, was vom BGH als wirksam angesehen wurde. Es handele sich um einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffes, auf die sich die Partei auch selbst beschränken könnte. Erforderlich aber auch ausreichend sei, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streits in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig vom übrigen Prozessstoff beurteilt werden könne und kein Widerspruch zwischen den noch zur Entscheidung stehenden und dem unanfechtbaren Teil des Streitstoffes auftreten könne. Die Weigerungsgründe nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO und nach § 384 Nr. 2 ZPO seien rechtlich selbständig und abtrennbar und würden unterschiedliche Voraussetzungen haben. Hier würde zwischen Angehörigen eines Zeugen, die Partei sind (§ 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) und solchen, die nicht Partei sind (§ 384 Nr. 2 ZPO) unterschieden. Die Normen würden die unterschiedlichen Konfliktlagen wiederspiegeln.  

Alleine eine im Ausnahmefall mögliche sachliche Übereinstimmung des Rechtsschutzziels bei der Zeugnisverweigerung nach der einen oder der anderen Norm genüge nicht, um einen einheitlichen Verfahrensgegenstand anzunehmen, zumal die Weigerungsgründe unterschiedliche Auswirkungen auf die Beweiswürdigung haben würden. Im Rahmen des § 383 ZPO dürften aus der Verweigerung keine Schlussfolgerungen zum Nachteil einer Partei gezogen werden, hingegen es in den Fällen des § 384 Nr. 1 bis 3 ZPO nach § 286 ZPO zulässig sei, aus der Weigerung zur Beantwortung bestimmter Fragen Schlüsse zu ziehen.

Allerdings habe das Beschwerdegericht über diesen Verweigerungsgrund des § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entscheiden dürfen. Er sei deshalb dort nicht angefallen, da es an einer diesbezüglichen Erstbeschwerde des Zeugen ermangele und damit der Weigerungsgrund des § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden sei. Der Zeuge habe es verabsäumt, mit seiner Beschwerde gegen die Entscheidung des Erstgerichts (Landgerichts), mit der dieses nur en Verweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO zuerkannte, auch die Versagung des Verweigerungsgrundes nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO innerhalb der gesetzlichen Frist mit der Beschwerde anzugreifen.

Zwischenurteile zum Zeugnisverweigerungsrecht sind auch für Zeugen beschwerdefähig. Dies gilt unabhängig davon, dass das Landgericht hier die vom Zeugen beantragte Rechtsfolge einer Berechtigung zu einer umfassenden Zeugnisverweigerung ausgesprochen hatte und der Zeuge nicht mit den Kosten des Verfahrens belastet wurde. Die Beschwer des Zeugen lag darin, dass die Zuerkennung nicht (auch) aus den Grünen des § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erfolgt sei. Die Beschwerde könne von ihm immer eingelegt werden, wenn von dem von ihm gestellten Antrag inhaltlich oder der Form nach abgewichen würde; lediglich eine Beschwerde wegen Feststellungen und Aussagen in den Entscheidungsgründen scheide aus, da diese nicht in Rechtskraft erwachsen würden. Damit sei der Zeuge von der Entscheidung zwar dann nicht beschwert, wenn seinem Antrag aus anderen als von ihm benannten Gründen stattgegeben würde, wenn der vom Gericht angenommene Anspruchsgrund nicht zu einer quantitativen Teilabweisung führe.

Hier läge die Beschwer in der Versagung des Zeugnisverweigerungsrechts nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Dies ergäbe sich zwar nicht aus dem Tenor, aber aus den Entscheidungsgründen, womit das Landgericht von dem auf §§ 384 Nr. 2 und 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gestützten Antrag abgewichen sei. Der Zeuge habe damit zwei Verfahrensgegenstände zum Gegenstand des Zwischenstreits gemacht. Nach dem Entscheidungsründen sei der eine Verfahrensgegenstand (§ 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) abgelehnt worden. Die Versagung in den Entscheidungsgründen enthalte eine Teilabweisung, die im Tenor des Zwischenurteils hätte aufgenommen werden müssen, da sich die Rechtskraft der Entscheidung auch darauf erstrecke.

Die Ablehnung des Verweigerungsgrundes nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hätte mit der Beschwerde angegriffen werden können, da sie nicht unnötig oder rechtsmissbräuchlich gewesen wäre. Denn dessen Abweichung könne sich zum Nachteil des Zeugen auswirken, so wenn er im weiteren Verlauf zu einer anderen Beweisfrage benannt würde, aus der sich möglicherweise eine neue, andere Konfliktlage iSv. § 384 Nr. 2 ZPO ergäbe. Der Zeuge sei dann gehalten, erneut einen Zwischenstreit zu führen, um eine Verweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO zu führen, da anders als nach § 384 Nr. 2 ZPO sei § 393 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht mit dem Inhalt der Beweisfrage, sondern mit einer gegenwärtigen oder in der Vergangenheit bestehenden Verwandt- oder Schwägerschaft zur Partei verbunden und wirke § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO grundsätzlich für die Dauer des Verfahrens.

Damit hätte der Zeuge eine Anschlussbeschwerde im Hinblick auf § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einlegen können. Da dies nicht erfolgt sei, könne der BGH darüber auch nicht entscheiden.

BGH, Beschluss vom 20.07.2023 - IX ZB 7/22 -

Montag, 8. Oktober 2018

Gemeinschaftliches Testament, Testierfreiheit für den Längerlebenden und Verschwiegenheitspflicht des beratenden Anwalts


Die Eheleute hatten in 2004 ein handschriftliches Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten und zum Schlusserben den gemeinsamen Sohn (Beteiligten zu 2.) bestimmten. Im Testament wurde ( zu Ziff. 2.) die Regelung aufgenommen, dass der überlebende Ehegatte „durch dieses Testament nicht beschwert oder beschränkt „ sein soll und „in jeder Weise frei verfügen“ können soll.  Nach dem Tot ihres Ehemanns errichtete die Ehefrau ín 2015 ein weiteres Testament und bestimmte in diesem die Beteiligte zu 1. Zur Alleinerbin, wobei sie den Beteiligten zu 2. ausdrücklich auf dessen Pflichtteil verwies. Nach dem Ableben der Ehefrau beantragte die Beteiligte zu 1. unter Berufung auf das Testament aus 2015 einen sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein. Das Nachlassgericht wies den Antrag zurück. Hiergegen legte die Beteiligte zu 1. Beschwerde ein, in deren Rahmen des Nachlassgericht den Zeugen Rechtsanwalt A. anhörte, der sich auf seine Zeugnisverweigerungspflicht berief. Nach Nichtabhilfe der Beschwerde legte das Nachlassgericht den Vorgang dem OLG zur Entscheidung über die Beschwerde vor.

Das OLG wies das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. zurück. Das Testament aus 2004 hindere die Wirksamkeit des Testaments der überlebenden  Ehefrau und der evtl. gewollte anderweitige Zweck der Regelung unter Ziffer 2. Könne nicht geklärt werden, da sich der evtl. auskunftsfähige RA A. auf eine bestehende Verschwiegenheitsverpflichtung berufen habe.

Mit dem Ableben des Ehemanns sei die Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 2. Nach § 2271 Abs. 2 S. 1 1. Halbs. BGB bindend geworden. Dass die Eheleute einen Änderungsvorbehalt in ihrem Testament aufgenommen hätten oder hatten aufnehmen wollen, sei nicht erkennbar.

Die Verfügung unter Ziffer 2. im Testament aus 2005 sei auslegungsbedürftig und –fähig.  Eine Formulierung der hier verwandten Art würde allgemein als klarstellender Hinweis angesehen, dass der Überlebende die volle Stellung eines unbeschränkten Erben haben solle, was sich auf lebzeitige Rechtsgeschäfte bezöge. Es sei nicht Ausdruck einer Verfügungsstellung über die Schlusserbfolge im Testament.

Umstände außerhalb der Urkunde, die hier der Formulierung eine anderweitige Bedeutung beimessen könnten, seien nicht ersichtlich. Hier sei lediglich eine Aussage des Zeugen RA A. in Betracht gekommen, der ggf. Angaben zu Entstehung der Regelung hätte machen können. Diese habe sich aber zulässig auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen und von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Zeuge sei Rechtsanwalt gewesen (und sei es noch); es möge sein, dass er und die Erblasserin auch persönlich verbunden gewesen waren, doch habe sie ihn auch in ihren erbrechtlichen Angelegenheiten (2004 und/oder 2015 bliebe schon in Ansehung des Zeugnisverweigerungsrechts offen) konsultiert.

Der Zeuge sei nach dem Tot der Erblasserin nicht von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung befreit worden, § 385 Abs. 2 ZPO. Diese Entbindung sei lediglich durch die Erben möglich, mithin in einem Verfahren, in dem festgestellt werden solle, wer Erbe ist, durch alle in Betracht kommenden Erben. Vorliegend habe nur die Beteiligte zu 1. Ihn entbunden, nicht der Beteiligte zu 2.  Aber es käme die Möglichkeit der Entbindung (durch den oder die Erben) auch nur in Betracht,  soweit die Aussage lediglich Tatsachen im vermögensrechtlichen Bereich beträfen, da nur insoweit die Befreiungsbefugnis nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben übergehen könne. Eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht durch den oder die Erben könne nicht erfolgen, soweit die höchstpersönliche Sphäre des Verstorbenen berührt sei.

Ein reiner Vermögensbezug sei aber bei dem Beweisthema eines etwaigen Änderungsvorbehalts ausgeschlossen, da notwendigerweise nicht nur Fragen des Verhältnisses der Eheleute zu ihrem Vermögen, sondern auch solche des Verhältnisses der Eheleute untereinander sowie zu dem gemeinsamen Sohn (dem Beteiligten zu 2.) betroffen wären.

Im Rahmen eines Erbscheinverfahrens käme zwar auch ein Rückgriff auf den mutmaßlichen, auf die Entpflichtung des Zeugen gerichteten Willens in Betracht. Die tragende Erwägung für einen entsprechenden Willen sei, dass dem verstorbenen an einer Aufklärung gerade im Hinblick auf die Wirksamkeit einer von ihm gewünschten Erbfolge gelegen sei. Hier spräche dagegen, dass der Zeuge RA A. auf den zu Lebzeiten der Erblasserin zur Nichtoffenbarung der maßgeblichen Tatsachen und Umstände geäußerten Willen auf dezidierte Nachfrage hingewiesen habe.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2018 - 3 Wx 202/17 -

Samstag, 5. Dezember 2015

Zeugnisverweigerungsrecht des geschiedenen Ehegatten eines gesetzlichen Vertreters

Bild: pixabay
Der Insolvenzverwalter über das Vermögen des weiteren Beteiligten  verklagte die Beklagte auf Herausgabe von Maschinen und die Beklagte, ebenfalls eine juristische Person, erhob Widerklage. Beide Parteien haben sich auf das Zeugnis des weiteren Beteiligten berufen, bei dem es sich um den geschiedenen Ehemann der Geschäftsführerin der Beklagten handelt. Er hat von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Zu Recht, so das Landgericht. Gegen das entsprechende Zwischenurteil des Landgerichts legte die Beklagte Beschwerde ein, die ebenso erfolglos blieb wie die zugelassene Rechtsbeschwerde zum BGH.

Der BGH verweist auf § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Danach hat der Ehegatte einer Partei, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht, ein Zeugnisverweigerungsrecht. Die Vorschrift gilt entsprechend wenn Partei wie hier eine juristische Person ist  und der Ehegatte gesetzlicher Vertreter (hier: Geschäftsführer) derselben.

Nicht entscheidend sei, ob der Zeuge tatsächlich bei einer Aussage in einen Konflikt gerät, wie er hier durch § 383 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verhindert werden soll.


BGH, Beschluss vom 29.09.2015 – XI ZB 6/15 -