Die Eheleute hatten in 2004 ein handschriftliches
Testament errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten
und zum Schlusserben den gemeinsamen Sohn (Beteiligten zu 2.) bestimmten. Im Testament
wurde ( zu Ziff. 2.) die Regelung aufgenommen, dass der überlebende Ehegatte „durch
dieses Testament nicht beschwert oder beschränkt „ sein soll und „in jeder
Weise frei verfügen“ können soll. Nach
dem Tot ihres Ehemanns errichtete die Ehefrau ín 2015 ein weiteres Testament
und bestimmte in diesem die Beteiligte zu 1. Zur Alleinerbin, wobei sie den Beteiligten
zu 2. ausdrücklich auf dessen Pflichtteil verwies. Nach dem Ableben der Ehefrau
beantragte die Beteiligte zu 1. unter Berufung auf das Testament aus 2015 einen
sie als Alleinerbin ausweisenden Erbschein. Das Nachlassgericht wies den Antrag
zurück. Hiergegen legte die Beteiligte zu 1. Beschwerde ein, in deren Rahmen
des Nachlassgericht den Zeugen Rechtsanwalt A. anhörte, der sich auf seine
Zeugnisverweigerungspflicht berief. Nach Nichtabhilfe der Beschwerde legte das
Nachlassgericht den Vorgang dem OLG zur Entscheidung über die Beschwerde vor.
Das OLG wies das Rechtsmittel der
Beteiligten zu 1. zurück. Das Testament aus 2004 hindere die Wirksamkeit des Testaments
der überlebenden Ehefrau und der evtl. gewollte
anderweitige Zweck der Regelung unter Ziffer 2. Könne nicht geklärt werden, da
sich der evtl. auskunftsfähige RA A. auf eine bestehende
Verschwiegenheitsverpflichtung berufen habe.
Mit dem Ableben des Ehemanns sei die
Schlusserbeneinsetzung des Beteiligten zu 2. Nach § 2271 Abs. 2 S. 1 1. Halbs.
BGB bindend geworden. Dass die Eheleute einen Änderungsvorbehalt in ihrem Testament
aufgenommen hätten oder hatten aufnehmen wollen, sei nicht erkennbar.
Die Verfügung unter Ziffer 2. im Testament
aus 2005 sei auslegungsbedürftig und –fähig. Eine Formulierung der hier verwandten Art
würde allgemein als klarstellender Hinweis angesehen, dass der Überlebende die
volle Stellung eines unbeschränkten Erben haben solle, was sich auf lebzeitige
Rechtsgeschäfte bezöge. Es sei nicht Ausdruck einer Verfügungsstellung über die
Schlusserbfolge im Testament.
Umstände außerhalb der Urkunde,
die hier der Formulierung eine anderweitige Bedeutung beimessen könnten, seien
nicht ersichtlich. Hier sei lediglich eine Aussage des Zeugen RA A. in Betracht
gekommen, der ggf. Angaben zu Entstehung der Regelung hätte machen können.
Diese habe sich aber zulässig auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen und
von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Der Zeuge sei
Rechtsanwalt gewesen (und sei es noch); es möge sein, dass er und die
Erblasserin auch persönlich verbunden gewesen waren, doch habe sie ihn auch in
ihren erbrechtlichen Angelegenheiten (2004 und/oder 2015 bliebe schon in
Ansehung des Zeugnisverweigerungsrechts offen) konsultiert.
Der Zeuge sei nach dem Tot der Erblasserin
nicht von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung befreit worden, § 385 Abs. 2
ZPO. Diese Entbindung sei lediglich durch die Erben möglich, mithin in einem Verfahren,
in dem festgestellt werden solle, wer Erbe ist, durch alle in Betracht
kommenden Erben. Vorliegend habe nur die Beteiligte zu 1. Ihn entbunden, nicht
der Beteiligte zu 2. Aber es käme die
Möglichkeit der Entbindung (durch den oder die Erben) auch nur in Betracht, soweit die Aussage lediglich Tatsachen im
vermögensrechtlichen Bereich beträfen, da nur insoweit die Befreiungsbefugnis
nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben übergehen könne. Eine Befreiung von der
Verschwiegenheitspflicht durch den oder die Erben könne nicht erfolgen, soweit
die höchstpersönliche Sphäre des Verstorbenen berührt sei.
Ein reiner Vermögensbezug sei
aber bei dem Beweisthema eines etwaigen Änderungsvorbehalts ausgeschlossen, da
notwendigerweise nicht nur Fragen des Verhältnisses der Eheleute zu ihrem
Vermögen, sondern auch solche des Verhältnisses der Eheleute untereinander sowie
zu dem gemeinsamen Sohn (dem Beteiligten zu 2.) betroffen wären.
Im Rahmen eines Erbscheinverfahrens
käme zwar auch ein Rückgriff auf den mutmaßlichen, auf die Entpflichtung des
Zeugen gerichteten Willens in Betracht. Die tragende Erwägung für einen
entsprechenden Willen sei, dass dem verstorbenen an einer Aufklärung gerade im
Hinblick auf die Wirksamkeit einer von ihm gewünschten Erbfolge gelegen sei. Hier
spräche dagegen, dass der Zeuge RA A. auf den zu Lebzeiten der Erblasserin zur
Nichtoffenbarung der maßgeblichen Tatsachen und Umstände geäußerten Willen auf
dezidierte Nachfrage hingewiesen habe.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.04.2018 - 3 Wx 202/17 -