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Dienstag, 14. Dezember 2021

Wohngebäudeversicherung: Wasserschaden durch undichte Silikonfuge

Der Kläger nahm die Beklagte als Wohngebäudeversicherer im Hinblick auf einen Nasseschaden in Anspruch. In den Bedingungen der beklagten Versicherung heiß es unter anderem: 

"§ 3 Leitungswasser

1. Bruchschäden innerhalb von Gebäuden

Der Versicherer leistet Entschädigung für innerhalb von Gebäuden eintretende

b) frostbedingte Bruchschäden an nachfolgend genannten Installationen:

aa) Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Armaturen …

2. Bruchschäden außerhalb von Gebäuden

3. Nässeschäden

Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen.

Das Leitungswasser muss aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen, aus Einrichtungen der Warmwasser- oder Dampfheizung, aus Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen, aus Wasserlösch- und Berieselungsanlagen sowie aus Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein. 

In einem Duschbad des Hauses kam es durch eine undichte Silikonfuge im Duschbereich zu einem Schaden. Die Beklagte negierte einen versicherungsvertraglichen Anspruch. Der Kläger erhob Klage auf Zahlung von € 17.575,70. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen, im Berufungsverfahren mit € 4.635,60 stattgegeben. Die Revision der beklagten Versicherung führte zur Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils.

Der BGH legte die hier verwandte versicherungsvertragliche Klausel dahingehend aus, dass die Beklagte für einen Wasserschaden infolge einer undichten Fuge nicht einzustehen habe.

Die Auslegung von Versicherungsbedingungen orientiere sich an einem durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer und wie dieser sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstünde.  Auf versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse käme es bei diesem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht an. Abzustellen sei damit zunächst auf den Wortlaut, zusätzlich seien der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln zu berücksichtigen.

Hier würde der Versicherungsnehmer unter „Leitungswasser“ und dann, da eine defekte Fuge kein Bruchschaden sei, unter „Nässeschäden“ nachlesen. Danach würde der Versicherer Entschädigung leisten, wenn Leitungswasser bestimmungswidrig austreten würde und dabei etwas zerstört oder beschädigt. Das Wasser müsse aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitung) oder damit verbundenen Schläuchen oder sonstigen wasserführenden Teilen sowie Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein. Bei Lesen dieser Bedingungen würde der durchschnittliche Versicherungsnehmer feststellen, dass bei einer undichten Fuge Wasser nicht aus Rohren der Wasserversorgung pp. komme, weshalb er die Alternative in Betracht ziehen würde, dass Wasser aus „den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen“ ausgetreten sei. Die „Einrichtung“ würde er als eine (technische) Vorrichtung oder Anlage einstufen, wobei er dem Wortlaut der Klausel entnehmen könne, dass dies mit dem Rohrsystem verbunden sein müsse. Da aber läge auch für ihn ersichtlich bei einer undichten Fuge nicht vor.

Der durchschnittliche Versicherungsnehmer würde auch der Klausel keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, die Duschwanne, die Fugen, die angrenzenden Wände und die sonstigen Bauteile einer Dusche als einheitliche Einrichtung anzusehen, die über den Zulauf (Duschkopf) und Ablauf (Abwasserleitung) mit dem Rohrsystem verbunden sei. Eine entsprechende Sachgemeinschaft würde er nicht annehmen, da der Klauselwortlaut dafür nichts hergeben würde; das Wort „Sachgesamtheit selbst käme auch nicht vor.

Nach Auffassung des BGH erwarte der durchschnittliche Versicherungsnehmer von einer Wohngebäudeversicherung einen umfassenden und (soweit sich aus ihr keine Einschränkungen ergäben) lückenlosen Schutz und er würde sich, so der BGH, durch die Klausel nicht in seiner Erwartung  getäuscht, sondern  das Leistungsversprechen dahingehend verstehen, dass Schäden durch austretendes Leitungswasser nur gedeckt seien, wenn das Wasser aus bestimmten, abschließend aufgezählten Quellen stamme.

BGH, Urteil vom 20.10.2021 - IV ZR 236/20 -

Sonntag, 24. Januar 2016

Leitungswasserschaden: Ansprüche auch bei Weiterentwicklung des Schadens nach Übergang der Versicherung auf einen neuen Eigentümer und nach Kündigung

Bild: pixabay
Im Mai 2014 zeigte der Kläger der beklagten Versicherung einen Schaden an einem Heizungsrohr an.  Die Beklagte lehnte eine Regulierung mit der Begründung ab, der Schaden sei vor Beginn des Versicherungsverhältnisses eingetreten. Das Landgericht lehnte die vom Kläger begehrte Prozesskostenhilfe ab, da die Klage keine Aussicht auf Erfolg haben könne. Auf die Beschwerde bewilligte das OLG Hamm die Prozesskostenhilfe.


Das OLG Hamm führt aus, dass es sich um einen Nässeschaden handelt, der sich durch ständig nachkommendes Wasser vergrößere. Der hier vom Kläger geltend gemachte Versicherungsfall dauere so lange an, wie Wasser bestimmungswidrig aus der Leitung austritt und versicherte Sachen zerstört oder beschädigt. Da dem Versicherungsnehmer nach § 27 Z. 2 VGB nur die Verpflichtung zur Mitteilung von Schäden trifft, die er kennt, gehe der durchschnittliche Versicherungsnehmer von einem durchgängigen Versicherungsschutz aus, die er nach Abschluss der neuen Versicherung entdeckt. Damit ist nicht entscheidend, ob der Schaden bereits vor Versicherungsbeginn entstand, sondern lediglich, ob noch bei Versicherungsbeginn Wasser bestimmungswidrig austrat.


OLG Hamm, Beschluss vom 20.07.2015 – 20 W 19/15 -