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Samstag, 6. Juli 2024

Grundsteuer: Wertfeststellung nach dem Bundesmodell und Gegengutachten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz, mit der einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aus einem Grundsteuerwertbescheid entsprochen worden war, zurückgewiesen. Allerdings erfolgte die Zurückweisung der vom Finanzamt eingelegten Beschwerde nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, sondern auf der Grundlage der materiellen Rechtmäßigkeit.

Grundlage war ein Grundsteuerwertbescheid in Rheinland-Pfalz. Die Ermittlung in Rheinland-Pfalz (wie auch in Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) erfolgt nach dem Bundesmodell. Der BFH folgte zwar dem Finanzgericht darin, dass der angefochtene Bescheid ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit aufwerfe und damit das Gericht der Hauptsache die Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach § 69 Abs. 3 iVm. Abs. 2 FGO aussetzen könne. Ernstliche Zweifel würden bestehen, wenn neben Gründen für die Rechtmäßigkeit des Bescheides gewichtige Umstände gegen die Rechtsmäßigkeit zutage treten würden, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken würden. Bei der vorzunehmenden summarischen Prüfung sei von dem Vortrag der beteiligten und der Aktenlage auszugehen, wobei für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung (AdV) die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen müssten.

Vorliegend hatte der Senat nach dem Vortrag der Parteien und der Aktenlage lediglich einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Diese Zweifel würden sich aus der verfassungskonformen Auslegung der Bewertungsvorschriften ergeben, da danach die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, dass bei einer Verletzung des Übermaßverbots die Möglichkeit gegeben werden müsse, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.

Bei der Neureglung der Grundsteuer sei der Belastungsgrund nach der gesetzgeberischen Vorstellung die durch den Grundbesitz vermittelte Möglichkeit einer ertragsbringenden Nutzung, die sich im Sollertrag widerspiegelt und eine objektive Leistungsfähigkeit vermittle (BT-Drs. 19/11085, 84).

Die Besteuerung müsse den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen und das daraus folgende Übermaßverbot bei der Besteuerung beachten. Dass sei nur gewahrt, wenn gewährleistet ist, dass sich das Gesetz auf der Bewertungsebene am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel orientiert und den Sollertrag mittels einer verkehrswertorientierten Bemessungsgrundlage bestimme (BT-Drs. 19/11085, 90). Unterschiede im Einzelfall zum Wert nach §§ 217 ff BewG und dem gemeinen Wert müssten grundsätzlich hingenommen werden, solange ein Verstoß gegen das Übermaßverbot entweder durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewandt werden könne. Eine Verletzung des Übermaßverbots läge vor, wenn der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen gemeinen Wert um 40% oder mehr übersteige (BFH, Urteil vom 16.11.2022 - II R 39/20 -).

Der Senat wies darauf hin, dass er bereits zu verschiedenen Bewertungsnormen entschieden habe, dass bei einem Ausschluss von Billigkeitsmaßnahmen in verfassungskonformer Auslegung der betreffenden Vorschriften der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das grundgesetzliche Übermaßverbot zuzulassen sei, wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe. Bestünde diese Möglichkeit, seien die pauschalierenden und typisierenden Bewertungsvorschriften nicht verfassungswidrig.

Auch vorliegend sei nach dem Siebenten Abschnitt des Bewertungsgesetzes eine abweichende Wertfeststellung aus Billigkeitsgründen nicht vorgesehen (s. § 220 S. 2 BewG). Damit seien die vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze zu übertragen , weshalb ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dem Antragsteller im Hauptsacheverfahren der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts gelinge.

Vorliegend habe der Antragsteller Umstände vorgetragen, die einen erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts für die gesamte wirtschaftliche Einheit mit der erforderlichen Abweichung zu dem im typisierten Verfahren festgestellten Grundsteuerwert im Hauptsacheverfahren möglich erscheinen ließen: Baujahr 1880 und schlechter Instandhaltungszustand wegen unterbliebener Renovierungen, weshalb dem Gebäude kein erheblicher Mehrwert beizumessen sei und die wirtschaftliche Einheit nur mit dem Bodenwert abzüglich etwaiger Freilegungskosten zu bewerten sei (sogen. Liquidationsobjekt). Es seien nach den Ausführungen auch Zweifel begründet, dass sich mit dem Gebäude im benannten Zustand die gesetzlich typisierten Mieterträge erzielen ließen, wie sie vom Finanzamt mit einem typisierten Reinertrag von € 3.635,28 bzw. kapitalisierten Reinertrag iHv. € 64.998,81 angenommen wurden.

Offen ließ der BFH, ob ein vom Finanzgericht angenommenes strukturelles Vollzugsdefizit bestünde, da nicht gewährleistet sei, dass die Gutachterausschüsse bei der Ermittlung des Bodenrichtwertes sämtliche wertbeeinflussenden Grundstücksmerkmale berücksichtigen würden. Denn – s.o. – der Antragsteller habe die Möglichkeit, den Nachweis eines geringeren gemeinen Wertes zu führen. Anmerkung: Das ist zwar in der Sache richtig, führt aber zu einer erheblichen Belastung des Steuerpflichtigen, der in Ansehung von Ungenauigkeiten der Gutachterausschüsse mit der Beweislast wie auch ggf. den Kosten (für das Gutachten) beschwert wäre, zudem eine Ungenauigkeit bis 40% hinzunehmen hätte.

Offen ließ der BFH auch, ob verfassungsrechtliche Zweifel ein einer gleichheitsgerechten Bewertung bestehen, da – so das Finanzgericht – im typisierten Bewertungsverfahren nach §§ 252 ff BewG nur eine unzureichende Differenzierung nach der Lage der Gebäude und der Größe des Grundstücks erfolge, da der Antragsteller vorliegend keine lage- oder größenbedingt unzutreffenden Wertfeststellungen gerügt habe.

BFH, Beschluss vom 27.05.2024 - II B 78/23 (AdV) -

Freitag, 8. Dezember 2023

Grundsteuermessbetrag: Zweifel an Rechtmäßigkeit der Wertfeststellung in Rheinland-Pfalz

Die Antragsteller hatten Einspruch gegen den ihnen zugegangenen Grundsteuerwertbescheid eingelegt und stellten zugleich den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Der Einspruch erfolge aus allen in Betracht kommenden rechtlichen Gründen, wobei zur weiteren Begründung auf das Gutachten Kirchhof vom August 2020 (erstellt im Auftrag des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.) verwiesen wurde. Geltend gemacht wurde u.a., dass mit den gesetzlichen Regelungen der §§ 218 ff BewG und insbes. der §§ 243 ff BewG der spezifische Belastungsgrund nicht erkennbar werde, wie dies verfassungsrechtlich zur Abgrenzung der Grundsteuer von Einkommensteuer und Vermögenssteuer erforderlich sei; zudem sei, selbst wenn der Belastungsgrund einer „Sollertragssteuer“ ausreichend sein sollte, sehr schwer zu rechtfertigen, dass die Grundsteuer als Objektsteuer nicht darauf abstelle, ob das belastete Objekt fremdfinanziert worden sei, sondern von einem einheitlichen Sollertrag ausgehe (das Eigentumsrecht nach Art. 14 G könne tangiert sein, da dieses sehr enge Grenzen zur Sollertragssteuer setze. Auch werde das Rechtsstaatsprinzip verletzt, da das neue Bewertungsverfahren keinen Rückschluss auf die spätere tatsächliche Grundsteuerhöhe zulasse und damit spätere Steuerbelastungen nicht vorhersehbar seien (da die Hebesätze ab 2025 nicht bekannt seien). Die grundsteuerwerte würden durch die starken Typisierungen so nivelliert, dass Wertunterschiede der Immobilien nicht mehr realitätsgerecht abgebildet würden. Das Gebot des Realisationsprinzips und das Gebot der Folgerichtigkeit würde verletzt, da keine Möglichkeit gegeben sei, einen geringeren Grundsteuerwert durch Sachverständigengutachten nachzuweisen. Gleichzeitig würden einzelne Bewertungsmethoden so vereinfachend wirken, was zu in sich nicht folgerichtigen und inkonsistenten Belastungsunterschieden führen würde (so wenn eine Jugendstilvilla mit einem Steinhaus aus den 1980er oder einem Betonbau aus den 1990er Jahren verglichen würde). Die Differenzierung zwischen Wohn- und Geschäftsgrundstücken sei willkürlich, wie die Bewertung bei gemischten Grundstücken zeige. Auch sei das Mietniveau fehlerhaftet bewertet, insoweit gleiches Mietniveau unabhängig davon berücksichtigt würde, welche Wohnlage vorliegt, mögliche oder vorhandene Altlasten keine Berücksichtigung finden. Gerügt wurden auch die starken Unterschiede der Mieten, die in der Anlage 39 zu § 254 BewG für Ein- und Zweifamilienhäuser und bei Mietwohngrundstücken festgesetzt worden seien, da diese in Form und Höhe in der Praxis nicht festzustellen seien.

Grundlage der rheinland-pfälzischen Regelung ist das sogen. Bundesmodell.

Ohne Entscheidung über den Einspruch (da das Verfahren auf Antrag der Antragsteller nach § 363 Abs. 2 S. 1 AO ruhte) wies das Finanzamt den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurück. Der dagegen von den Beschwerdeführern eingelegte Einspruch wurde auch zurückgewiesen. Auf den gerichtlichen Antrag der Antragsteller, die Vollziehung des Bescheides des Finanzamtes über den Grundsteuerwert auf den 01.01.2022 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung (über den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung) auszusetzen, folgte dem das Finanzgericht und sprach dies – ohne Sicherheitsleistung durch die Antragsteller – aus.

Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung lauten:

1. Der Rechtsschutz gegen Grundsteuerwertbescheide auf den 1.1.2022 wird umfassend durch die Finanzgerichten gewährt. Der Finanzrechtsweg ist dabei für alle maßgeblichen Rechtsfragen, auch bezüglich der Einwände gegen die bewertungsrelevanten Bodenrichtwerte eröffnet, ohne dass es insofern einer Klage zu den Verwaltungsgerichten bedürfte.

2. Die Bewertungsregeln der §§ 218 ff. BewG sind verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass Steuerpflichtige einen unter dem typisierten Grundsteuerwert liegenden niedrigeren Grundstückswert nachweisen können.

3. Für den Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts ist kein zwingendes Wertgutachten erforderlich.

4. Es bestehen bereits deshalb ernstliche Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse, weil es nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung möglich ist, dass der Vorsitzende des Gutachterausschusses durch die Auswahl der Mitglieder nach Anzahl und konkreter Besetzung Einfluss nehmen kann.

5. Es bestehen für die rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse ernstliche Zweifel an der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit auch bezüglich des für die Bodenrichtwertermittlung zwingend im Gutachterausschuss mitwirkenden Bediensteten der Finanzverwaltung, weil die Finanzverwaltung dessen Tätigkeit im Bereich der Grundstücksbewertung jederzeit beenden und damit sein automatisches Ausscheiden aus dem Gutachterausschuss bewirken kann.

6. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Vollständigkeit der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen Datengrundlage, weil in den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse erhebliche Datenlücken bestehen könnten. Daher sind erhebliche Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte zu befürchten.

7. Es bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG zu einer aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung führen.

8. Aus den Regelungen des GrStG sowie der §§ 218 ff. BewG ist der Belastungsgrund der Grundsteuer nach dem Grundsteuer-Reformgesetz nicht eindeutig erkennbar.

9. Die große Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen in den §§ 243 ff. BewG und eine nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führt zu gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Wertverzerrungen für den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung.

10. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit der §§ 243 ff. BewG mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil ein gleichheitswidriges Vollzugsdefizit bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte besteht. Den Gutachterausschüssen stehen nur unzureichende rechtliche Instrumente zur effektiven Sachverhaltsermittlung sowie zur Überprüfung der Angaben von Grundstückseigentümern zur Verfügung, die für die Ermittlung der Bodenrichtwerte aber erforderlich wären.

Die Eilentscheidung bedeutet nicht, dass notwendig in der Hauptsache das Finanzgericht die gleiche Entscheidung trifft und/oder dem der Bundesfinanzhof folgt. Zudem müssen entscheidungserhebliche Bundes- oder Landesgesetze von Fachgerichten, und damit auch vom Finanzgericht (allerdings nicht in Eilentscheidungen wie hier über die Aussetzung der Vollziehung, mit denen noch nicht eine Verfassungswidrigkeit festgestellt wird, nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit derselben angenommen wird), deren Verfassungswidrigkeit vom Fachgericht angenommen wird, dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt werden, Art. 101 Abs. 2 GG. Dies hat das Finanzgericht in seiner Entscheidung verdeutlicht.

Anzumerken ist, dass das Finanzgericht Rheinland-Pfalz ebenfalls am 23.11.2023 in einem Parallelverfahren  zu 4 V 1295/23 entsprechend entschied.

Das Finanzgericht (FG) sah einen Verstoß gegen einfachgesetzliche Regelungen in dem Gesetz als auch einen Verstoß gegen die Verfassung.

Einfachrechtliche Zweifel äußerte das FG in Bezug auf die entscheidend in die Bewertung eingeflossenen Bodenrichtwerte im Hinblick auf deren rechtmäßiges Zustandekommen. Dabei stützte sich das Gericht auf ernstliche Bedenken bezüglich der gesetzlich geforderten Unabhängigkeit der rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse. Fa nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung Einflussmöglichkeiten nicht ausgeschlossen werden könnten. Auch würden bedenken an der für die Ermittlung der Bodenrichtwerte notwendigen Datengrundlage besteht, da sich in den maßgeblichen Kaufpreissammlungen in erheblichen Umfang Lücken zu befürchten seien, die zu erheblichen Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte führen könnten.

Aus einer verfassungskonformen Auslegung des Bewertungsrechts leitet das FG ab, dass im Einzelfall die Gelegenheit gegeben werden müsse, einen Wert unter dem typisierten Grundsteuerwert nachzuweisen. Bezogen auf die entschiedenen Streitfälle nahm das FG wegen Besonderheiten an, dass hier jeweils ein niedrigerer Wert möglich sei.

Verfassungsrechtlich hatte das FG Zweifel an der gesetzlichen Bewertungsregelung im Hinblick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da nicht ersichtlich sei, was der genaue Belastungsgrund der Grundsteuer sein solle und wie daher geprüft werden könne, dass die ermittelten Bewertungsergebnisse realitionsgerecht seien; es könne nicht geprüft werden, ob bestehende Wertunterschiede angemessen abgebildet würden. Unabhängig davon würden aber auch Zweifel an der Geeignetheit der Regelungen des Bewertungsgesetzes bestehen. Eine realitäts- und realitionsgerechte Bewertung vornehmen zu können. Individuelle Umstände würden nicht berücksichtigt und damit zu einer Wertverzerrung führen. Dies bewirke eine gleichheitswidrige Nivellierung der Grundstücksbewertung.  Ein Defizit läge auch darin, Werte aus Aufteilung des Gesamtkaufpreises in einen gebäude- und Bodenanteil ohne effektive Ermittlung durch die Gutachterausschüsse ermittelt würden.

Das FG Rheinland-Pfalz wich mit seiner Entscheidung von einer Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts vom 24.10.2023 ab, und ließ wegen grudnsätzlicher Bedeutung und Divergenz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Beschwerde zum BFH zu.

FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.11.2023 - 4 V 1429/23 -

Freitag, 29. April 2016

Miet-AGB über Übernahme einer Grundsteuererhöhung – Unklarheitenfalle zu Lasten des Vermieters

Die Vermieterin nutzte Miet-AGB. Nach denen war nicht die anfallende Grundsteuer als solche umlagefähig. Vielmehr lautete die Regelung in den AGB:


Die Grundsteuer zahlt die Vermieterin. Erhöhungen gegenüber der bei der Übergabe des Objekts erhobenen Grundsteuer tragen die Mieter.

Zunächst erließ die Kommune einen Grundsteuerbescheid auf der Grundlage eines Grundsteuermessbescheides für unbebaute Grundstücke, sodann einen für ein Geschäftsgrundstück. Die Klägerin verlangte von der Beklagten aus dem Unterschied zwischen beiden Grundsteuerbescheiden die Nebenkosten auf der Grundlage der vorgenannten mietvertraglichen Regelung. Das Landgericht wies die Klage ab. Das OLG Stuttgart gab der Klage statt. Der BGH hat mit der von ihm zugelassenen Revision das Urteil des OLG aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückgewiesen.

Entgegen der Annahme des OLG hält der BGH die fragliche Klausel nicht für eindeutig, was zu Lasten der Klägerin als Verwenderin geht, § 305c Abs. 2 BGB. Dies kommt verdeutlicht sich vorliegend an der Bemessungsgrundlage. Während der erste Grundsteuerbescheid noch auf der Basis eines nach Mietvertragsabschluss ergangenen Grundsteuermessbescheides über ein unbebautes Grundstück erging, erging der zweite Bescheid auf der Basis eines Grundsteuermessbescheides über ein Geschäftsgrundstück. Zum einen sei zu berücksichtigen, dass durch den Begriff „Objekt“ das bebaute Grundstück gemein sein könne mit der Folge, dass auch nur ein eine mögliche Grundsteuer für bebaute Grundstücke (also das Objekt im mietvertragliche vereinbarten Zustand)  bei der Bemessung auszugehen wäre. Zum anderen sei es auch nicht nachvollziehbar, weshalb der zeitliche Ablauf und das Vorgehen der Steuerbehörde hier dafür entscheidend sein sollte, ob die Neufestsetzung der Steuer noch vor Übergabe des Objekts oder erst danach erfolgt.


BGH, Urteil vom 17.02.2016 – XII ZR 183/13 -