Die Klägerin verlangt vom
Beklagten Erstattung von von ihr aufgewandten Behandlungskosten für ihre bei
einem Verkehrsunfall verletzten und in der Folge daran verstorbene Versicherte. Dieser war Beifahrer im PKW des Zeugen.
Während der Fahrt kippte der Versicherte plötzlich mit vollem Gewicht auf die
Fahrerseite, weshalb der Zeuge die Kontrolle über den PKW verlor, gegen eine Mauer
fuhr und in der weiteren Folge in den Gegenverkehr geriet, wo er gegen das vom
Beklagten geführte Fahrzeug prallte. Die Beklagtenseite vertrat die Ansicht, der
Verkehrsunfall sei von ihr weder verursacht noch verschuldet worden und die einfache
Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeugs trete vollständig hinter einer grob
verkehrswidrigen Fahrweise des Fahrzeuges des Zeugen zurück.
Das Landgericht gab der Klage
umfassend statt. Das Landgericht vertrat die Ansicht, dass die Berufung der
Beklagtenseite gegen das Urteil keinen Erfolg haben könne. Dabei stellte das
OLG darauf ab, dass die Versicherte als Beifahrerin in den Verkehrsunfall
verwickelt worden sei, weshalb sie ihre Ansprüche aus § 7 Abs. 1 StVG ableiten
könnte (die gem. § 86 VVG auf die Klägerin übergehen). Damit müsste die
Beklagtenseite entweder darlegen und nachweisen, dass es sich bei dem Verkehrsunfall
um einen Fall höherer Gewalt iSv. § 7 Abs. 2 StVG handelt oder ein Mitverschulden
der Beifahrerin nach § 9 StVG / § 254 BGB vorläge.
Der Gesetzgeber habe durch die
Beschränkung des Haftungsausschlusses auf Fälle höherer Gewalt bewusst eine Erweiterung der Halterhaftung
herbeiführen wollen. Höhere Gewalt setze ein betriebsfremdes, von außen durch
elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes
Ereignis voraus, welches nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar
sei und mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste, nach der
Sachlage zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden kann auch nicht wegen
einer Häufigkeit von Betriebsunternehmen in Kauf zu nehmen sei (BGH, Urteil vom
16.10.2007 - VI ZR 173/06 -).
Es gehöre, so das OLG, zu den
typischen Gefahren des Straßenverkehrs, dass ein Beifahrer den Fahrer ablenkt
oder durch handeln tatsächlich in das Fahrverhalten derart eingreift, dass das
Fahrzeug außer Kontrolle gerate. Der Fall sei nicht vergleichbar mit jenem, bei
dem Dritte gezielt auf der Straße ein für den Verkehr nicht oder zu spät
sichtbares Hindernis aufstellen, um einen Unfall auszulösen oder sich in suizidaler
Absicht selbst zum Hindernis machen würden. Dies sei im Hinblick auf die
Unvorhergesehenheit nicht mit einem außer Kontrolle geratenen Fahrzeug
vergleichbar und es würde auch der Intention des Gesetzgebers widersprechen,
ein plötzliches geistiges oder körperliches Versagen des Fahrzeugführers (und
damit wohl nach Ansicht des OLG auch
seines mittelbaren Versagens durch das körperliche Versagen des Beifahrers) als
höhere Gewalt genügen zu lassen (BGH, Urteil vom 15.01.1957 - V ZR 135/56 -).
Für ein fahrlässiges oder gar vorsätzliches
Verschulden der Versicherten (§§ 9 StVG, 254 BGB) sei nichts ersichtlich. Ob
der Beklagte (und sein Haftpflichtversicherer) Ausgleichsansprüche gegen den
Zeugen und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer haben, könne hier auf sich
beruhen.
OLG Koblenz, Beschluss vom 03.06.2019 - 12 U 1071/18 -