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Mittwoch, 8. September 2021

Widerspruch gegen Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB, Annahmeverzug und Vergütungsanspruch (§ 615 S. 2 BGB)

Die Klägerin war in einem Geschäftsbereich der Beklagten tätig, den diese verkaufte. Darüber und über den nach § 613a BGB damit einhergehenden Übergang des Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin (rechtzeitig) informiert. Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte wies die Klägerin auf eine Vereinbarung mit der Übernehmerin hin, derzufolge im Falle eines entsprechenden Widerspruchs die bei der Erwerberin entstehenden Vakanz für 12 Monate im Wege der Arbeitnehmerüberlassung behoben werden sollte und bot der Klägerin an, zu ansonsten unveränderten Bedingungen für 12 Monate als Leiharbeitnehmerin für die Übernehmerin zu arbeiten. Das lehnte die Klägerin ab, worauf die Beklagte ihr mitteilte, sie werde die Gehaltszahlungen einstellen. Schließlich stellte die Beklagte die Gehaltsfortzahlung ein und kündigte.

Vorliegend interessiert nur die von der Klägerin im Folgenden gegen die Beklagte erhobene Klage auf Vergütung. Der BGH sah zwar einen Annahmeverzug der Beklagten, verwies aber darauf, dass sich die Klägerin sich den Wert dessen anrechnen lassen müsse, was zu erwerben sie böswillig unterlassen habe. Zu beachten ist, dass infolge eines Teilvergleichs der Parteien keine Feststellung getroffen wurde, ob der Übergang nach § 613a BGB begründet war, sondern ergibt sich daraus, dass der Vergütungsanspruch weiter bestand.  

Da die Beklagte die Klägerin seit dem 01.08.2019 nicht mehr beschäftigte, habe sich die Beklagte seither in Annahmeverzug befunden (§§ 293ff BGB). Ein ausdrückliches Angebot der Klägerin, die Arbeit aufzunehmen, sei in Ansehung der deutlichen schriftlichen Bekundung der Beklagten entbehrlich gewesen, wonach sie die Leistungen der Klägerin nicht mehr annehmen werde. Allerdings verwies das BAG auf die Anrechnung nach § 615 S. 2 BGB.  

Ein Arbeitnehmer unterlasse böswillig iSv. § 615 S. 2 BGB anderweitigen Verdienst, wenn ihm ein Vorwurf daraus gemacht werden könne, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibe und eine ihm nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zumutbare anderweitige Arbeit nicht aufnehme oder die Aufnahme bewusst verhindere. Eine Unzumutbarkeit für den Arbeitnehmer könne sich aus vielerlei Gründen ergeben, so in der Person des Arbeitgebers liegend, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen. Erforderlich sei eine Gesamtabwägung. Das schließe eine Beschäftigungsmöglichkeit bei dem in Verzug befindlichen Arbeitgeber nicht aus, wie auch eine Erwerbsmöglichkeit bei einem neuen Betriebsinhaber nicht ausgeschlossen sei, auch wenn der Arbeitnehmer dem Übergang widersprochen habe.

Das angebotene befristete Verhältnis von 12 Monaten sei an sich für die Klägerin zumutbar, da sich weder die Art der Tätigkeit, der Arbeitsort noch die Vergütung ändern sollten. Damit habe sie nicht in ein klassisches Leiharbeitsverhältnis wechseln müssen, sondern ihre Leistung nur gegenüber einem Dritten erbringen müssen. So habe die Klägerin auch keine Bedenken gegen die Person der Übernehmerin geltend gemacht. Ebenso wenig hindert das „doppelte Direktionsrecht“ (in der Person des bisherigen Arbeitgebers als auch in der Person des Übernehmers) die Annahme der Zumutbarkeit. Fehlerhaft sei die Annahme, aus § 615 S. 2 BGB könne ein Zuwarten des Arbeitnehmers auf ein zumutbares Angebot abgewartet werden. Vielmehr sei von der Klägerin zu erwarten gewesen, dass sie das Angebot der Beklagten zumindest unter Vorbehalt einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit annimmt; hier aber sei sie untätig geblieben. Bewerbungen auf freie Stellung wie auch eine Beschäftigungsklage hätte sie auch bei Annahme des Angebots der beklagten unter Vorbehalt vornehmen bzw. erheben können.

BAG, Urteil vom 19.05.2021 - 5 AZR 420/20 -

Donnerstag, 18. Oktober 2018

Ist die einmalige Entschädigung für eine Stromüberleitung einkommensteuerpflichtig ?


Der Kläger schloss 2008 mit dem Energieversorger eine Vereinbarung, wonach der Energieversorger berechtigt war, das Grundstück des Klägers „zum Zwecke von Bau, Betrieb und Unterhaltung elektrischer Leitungen nebst Zubehör einschließlich Steuer- und Telekommunikationskabel und aller dazu erforderlichen Vorkehrungen“ in Anspruch zu nehmen.  Diesbezüglich wurde eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen, wofür der Kläger vom Energieversorger eine einmalig zu zahlende Gesamtentschädigung von € 17.904,00 erhielt. Zur Ermittlung des Betrages diente u.a. der Verkehrswert des Grundstücks. Ein Mast wurde auf dem Grundstück nicht errichtet; es wurde lediglich überspannt.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2008 ließ der Kläger die Einnahme unberücksichtigt. Der Einkommensteuerbescheid für 2008 erging in 2009.Auf Grund einer Kontrollmitteilung (anlässlich der Prüfung des Energieversorgers) nahm das Finanzamt (FA) eine Änderung des Einkommensteuerbescheides mit Änderungsbescheid in 2012 unter Verweis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, in dem es die Einnahme aus der Zahlung des Energieversorgers berücksichtigte. Einspruch und Klage gegen den Bescheid blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hatte zwar die Einnahmen nicht nach § 22 Nr. 3 EStG, aber nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG als steuerpflichtige Einkünfte bewertet.  § 22 Nr. 3 EStG scheide aus, da die Überspannung als auch die Dienstbarkeit notfalls mittels Enteignung hätten durchgesetzt werden können. Es lägen aber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vor.

Auf die Revision wurde der Änderungsbescheid aufgehoben. Der BFH negierte, dass es sich vorliegend um Einkünfte gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG handele. Zwar würde das Entgelt für eine Dienstbarkeit dem nicht grundsätzlich entgegenstehen, da der Eigentümer die Nutzungsbefugnis einräume, und, da kein endgültiger Rechtsverlust (Eigentumsverlust) vorliege, könne sich das dafür gezahlte Entgelt als Gegenleistung für die Nutzung darstellen. Dabei sei unerheblich, ob die Einräumung freiwillig erfolge oder ein Besitzeinweisungsbeschluss einer Behörde zugrunde läge. Maßgeblich sei auf den wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung abzustellen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergäbe.

Das FG habe nicht berücksichtigt, on und inwieweit eine zeitlich begrenzte, unter § 21 Abs. 1 S. 1 EStG fallende entgeltliche Nutzungsüberlassung eines (Teil-) Grundstücks oder von Rechten oder eine entgeltliche, aber nicht steuerbare Übertragung eines Wirtschaftsguts gegeben sei. Vorliegend sei es weder schuldrechtlich noch dinglich zur Einräumung eines zeitlich beschränkten Rechts gekommen.

Auch habe das FG nicht berücksichtigt, dass lediglich dem Energieversorger ein einseitiges, auf fünf Jahre beschränktes Recht zum Rücktritt eingeräumt wurde, wie auch dem Kläger kein Recht eingeräumt wurde, unter bestimmten Umständen eine Rückübertragung zu verlangen. Damit sei der Kläger dauerhaft mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belastet worden.

Auch wenn eine notfalls zwangsweise Durchsetzung des Rechts nicht die Anwendung des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG hindere, sei dies doch bei der wirtschaftlichen Betrachtung zu berücksichtigen. Hier sei dem Kläger für die dingliche Eigentumsbeschränkung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Verlust  ein Ausgleich gezahlt worden, was vom FG auch nicht berücksichtigt worden sei. Im Vordergrund stünde mithin, wie sich aus der Art und Weise der Berechnung ergäbe, der Ausgleich für die Eigentumsbeschränkung. Es käme nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige (evtl. teilweise) enteignet würde, oder ob er zur Abwendung einer Enteignung auf der Grundlage einer einvernehmlichen Einigung die Dienstbarkeit bestellt. Stünde wie hier die (nicht zeitlich beschränkte) Nutzungsüberlassung im Vordergrund, sondern die Aufgabe eines Vermögenswertes, sei der Vorgang wie eine nicht steuerbare Vermögensvernichtung zu behandeln.

Richtig sei vom FG gesehen worden, dass kein Fall des § 22 Nr. 3 EStG vorliege. Nicht erfasst würden Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich. Würde das Entgelt erbracht, da der Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben werde, gehöre der Erlös nicht zu den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG.

BFH, Urteil vom 02.07.2018 - IX R 31/16 -