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Donnerstag, 18. Oktober 2018

Ist die einmalige Entschädigung für eine Stromüberleitung einkommensteuerpflichtig ?


Der Kläger schloss 2008 mit dem Energieversorger eine Vereinbarung, wonach der Energieversorger berechtigt war, das Grundstück des Klägers „zum Zwecke von Bau, Betrieb und Unterhaltung elektrischer Leitungen nebst Zubehör einschließlich Steuer- und Telekommunikationskabel und aller dazu erforderlichen Vorkehrungen“ in Anspruch zu nehmen.  Diesbezüglich wurde eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen, wofür der Kläger vom Energieversorger eine einmalig zu zahlende Gesamtentschädigung von € 17.904,00 erhielt. Zur Ermittlung des Betrages diente u.a. der Verkehrswert des Grundstücks. Ein Mast wurde auf dem Grundstück nicht errichtet; es wurde lediglich überspannt.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2008 ließ der Kläger die Einnahme unberücksichtigt. Der Einkommensteuerbescheid für 2008 erging in 2009.Auf Grund einer Kontrollmitteilung (anlässlich der Prüfung des Energieversorgers) nahm das Finanzamt (FA) eine Änderung des Einkommensteuerbescheides mit Änderungsbescheid in 2012 unter Verweis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, in dem es die Einnahme aus der Zahlung des Energieversorgers berücksichtigte. Einspruch und Klage gegen den Bescheid blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) hatte zwar die Einnahmen nicht nach § 22 Nr. 3 EStG, aber nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG als steuerpflichtige Einkünfte bewertet.  § 22 Nr. 3 EStG scheide aus, da die Überspannung als auch die Dienstbarkeit notfalls mittels Enteignung hätten durchgesetzt werden können. Es lägen aber Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vor.

Auf die Revision wurde der Änderungsbescheid aufgehoben. Der BFH negierte, dass es sich vorliegend um Einkünfte gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG handele. Zwar würde das Entgelt für eine Dienstbarkeit dem nicht grundsätzlich entgegenstehen, da der Eigentümer die Nutzungsbefugnis einräume, und, da kein endgültiger Rechtsverlust (Eigentumsverlust) vorliege, könne sich das dafür gezahlte Entgelt als Gegenleistung für die Nutzung darstellen. Dabei sei unerheblich, ob die Einräumung freiwillig erfolge oder ein Besitzeinweisungsbeschluss einer Behörde zugrunde läge. Maßgeblich sei auf den wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung abzustellen, wie er sich nach dem Gesamtbild der gestalteten Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergäbe.

Das FG habe nicht berücksichtigt, on und inwieweit eine zeitlich begrenzte, unter § 21 Abs. 1 S. 1 EStG fallende entgeltliche Nutzungsüberlassung eines (Teil-) Grundstücks oder von Rechten oder eine entgeltliche, aber nicht steuerbare Übertragung eines Wirtschaftsguts gegeben sei. Vorliegend sei es weder schuldrechtlich noch dinglich zur Einräumung eines zeitlich beschränkten Rechts gekommen.

Auch habe das FG nicht berücksichtigt, dass lediglich dem Energieversorger ein einseitiges, auf fünf Jahre beschränktes Recht zum Rücktritt eingeräumt wurde, wie auch dem Kläger kein Recht eingeräumt wurde, unter bestimmten Umständen eine Rückübertragung zu verlangen. Damit sei der Kläger dauerhaft mit der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belastet worden.

Auch wenn eine notfalls zwangsweise Durchsetzung des Rechts nicht die Anwendung des § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG hindere, sei dies doch bei der wirtschaftlichen Betrachtung zu berücksichtigen. Hier sei dem Kläger für die dingliche Eigentumsbeschränkung und den damit verbundenen wirtschaftlichen Verlust  ein Ausgleich gezahlt worden, was vom FG auch nicht berücksichtigt worden sei. Im Vordergrund stünde mithin, wie sich aus der Art und Weise der Berechnung ergäbe, der Ausgleich für die Eigentumsbeschränkung. Es käme nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige (evtl. teilweise) enteignet würde, oder ob er zur Abwendung einer Enteignung auf der Grundlage einer einvernehmlichen Einigung die Dienstbarkeit bestellt. Stünde wie hier die (nicht zeitlich beschränkte) Nutzungsüberlassung im Vordergrund, sondern die Aufgabe eines Vermögenswertes, sei der Vorgang wie eine nicht steuerbare Vermögensvernichtung zu behandeln.

Richtig sei vom FG gesehen worden, dass kein Fall des § 22 Nr. 3 EStG vorliege. Nicht erfasst würden Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich. Würde das Entgelt erbracht, da der Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben werde, gehöre der Erlös nicht zu den Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG.

BFH, Urteil vom 02.07.2018 - IX R 31/16 -