Nicht jede offene Handelsgesellschaft (OHG, § 105 HGB) ist tatsächlich im Rechtsinn eine solche, sondern kann auch nur eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, § 705 BGB) sein. Das OLG musste sich anlässlich einer Ausschließungsklage eines Gesellschafters (§ 140 Abs. 1 HGB) einer unter Bezeichnung R & M OHG OHG damit auseinandersetzen, da für die GbR zur Ausschließung keine Ausschließungsklage zu erheben ist, sondern dies von den Gesellschaftern zu beschließen (§ 737 BGB) ist (wobei dieser Beschluss gerichtlich angegriffen werden kann).
Kläger und Beklagter waren Gesellschafter der M& R OHG, die nicht im Handelsregister eingetragen war. Sie betrieb ein Naturfreundehaus als Veranstaltungslokal für Events (Seminare, Hochzeitsfeiern u.a.). Nachdem der Beklagte in der Nähe eine Blockhütte zum Betreib eines entsprechendes Eventlokals anmietet, erhob der Kläger Ausschließungsklage nach § 140 Abs. 1 HGB. Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg, da das Oberlandesgericht (OLG) die R & M OKG als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 705 BGB einstufte, bei der die Ausschließung eines Gesellschafters nicht mittels einer Ausschließungsklage zu erfolgen hat, sondern mittels eines Gesellschafterbeschlusses (§ 737 BGB).
Nicht entscheidend ist, wie die Gesellschaft firmiert, d.h. dass sie hier in der von ihr verwandten Firmierung des Gesellschaftsstatus einer OHG angab. Dies ergab sich bereits aus dem Umstand, dass die Gesellschaft nicht im Handelsregister eingetragen war, wie es § 107 HGB vorsieht. Auf die OHG finden die Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur insoweit Anwendung, soweit nicht in den §§ 105 ff HGB zur OHG abweichendes geregelt ist. Vor diesem Hintergrund prüfte das OLG zutreffend, ob für die Gesellschaft das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach §§ 705 ff BGB oder jenes der OHG nach §§ 105 ff HGB anzuwenden ist, also tatsächlich eine Ausschließungsklage erhoben werden konnte, da bei der GbR der Gesellschafter nicht durch Gerichtsurteil (Ausschließungsklage), sondern nur durch Gesellschafterbeschluss (§ 737 BGB) ausgeschlossen werden kann.
Grundlage der Überlegung des OLG war, dass es sich bei der OHG ebenso wie bei der GbR um eine Gesellschaft handelt, bei der die Haftung der Gesellschafter nicht beschränkt ist, aber die OHG ein Handelsgewerbe betreibt (§ 105 HGB). Eine GbR, die ein Handelsgewerbe betreibt, ist qua gesetzlicher Definition in § 105 HGB eine offene Handelsgesellschaft, und umgekehrt eine (jedenfalls nicht eingetragene) OHG, die keine solches betreibt, eine GbR. Damit wäre die Ausschließungsklage nach § 140 HGB nur zulässig, wenn die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt. Die Legaldefinition für ein Handelsgewerbe entnahm das OLG § 1 Abs. 2 HGB, demzufolge ein Handelsgewerbe jedes Gewerbe ist, es sei denn, es erfordert keine kaufmännische Einrichtung.
Grundsätzlich sei die vorliegende Vermietung einer Lokalität zum Zwecke der Gewinnerzielung ein Gewerbe. Damit spräche die gesetzliche Vermutung dafür, dass es sich um ein Handelsgewerbe handele, weshalb der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trage, dass es sich nicht um ein solches handelt, da er sich darauf berief, dass die Regelung des § 140 HGB zur Ausschließungsklage nicht greift.
Im Hinblick darauf prüfte das OLG die einzelnen Umstände, die für bzw. gegen ein Handelsgewerbe im konkreten Fall sprachen.
Die Gesellschaft verfügte über kein Personal, was gegen das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung spräche. Zur Kapitalstruktur stellte das OLG fest, dass die Gesellschaft ohne Fremdkapital arbeitete und das Anlagevermögen mit einer Geschirrspülmaschine, einem Laubbläser, einem Pkw und einem „Sammelposten“ im Wert von € 891,00 überschaubar sei und auch keine kaufmännische Einrichtung erfordere. Zur Lagerhaltung stellte es fest, dass die Käufe sich im dreistelligen, selten im vierstelligen Bereich bewegt hätten, die Kunden zwar Getränke von der Gesellschaft erwerben konnten (weshalb sich der Anlieferverkehr auf Getränke beschränke, die Verköstigung im Übrigen über einen Caterer erfolge, weshalb hier für Veraltung des Getränkelagers auch keine kaufmännische Einrichtung erforderlich sei. Da auch keine weiteren Leistungen neben der Zurverfügungstellung der Räume und Getränke nicht angeboten worden seien (allenfalls der Caterer unter Vermittlung der Gesellschaft), sei das Angebot nicht vielfältig sondern überschaubar, was eher gegen das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung spräche. Da auch das Werbevolumen meist nur zweistellige Beträge ausweise, erfordere dies auch keine kaufmännische Einrichtung. Auch die klägerseits benannte Internetpräsenz ließe keinen Rückschluss auf eine Kaufmannseigenschaft zu, auch wenn „heutzutage jeder Kaufmann im Internet präsent sei“, da man für den Internetauftritt nur PC und Internetzugang benötige (den notwendigen Provider benennt das OLG nicht, doch dürfte es darauf auch nicht ankommen). Die Kundenzahl von 706 (auch mit namhaften Firmen), bei der auch nicht ersichtlich sei, dass es sich um Stammkunden handeln würde, sei nicht entscheidend, da die Vermietung bedinge, dass immer nur ein Kunde pro Zeiteinheit buchen könne und von daher auch keine kaufmännische Einrichtung erforderlich sei. Es würde kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existieren, keine ausdrücklichen Regelungen über die Vertretungsmacht (sondern nur eine konkludente Einigung zur Einzelvertretung durch stillschweigende Handhabung), keine Prokuristen (was mangels Eintragung im Handelsregister auch nicht möglich ist) und keine Bevollmächtigten bestellt sein, was für ein kaufmännisches Unternehmen untypisch sei.
Als Resümee fasste das OLG zusammen, dass allenfalls die Kundenzahl und die Umsatzzahl in den Grenzbereich eines Handelsgewerbes fallen würden, wobei die Buchführungspflicht aus steuerlichen Gründen nichtssagend sei. Kapitalstruktur, fehlende Angestellte und das überschaubare Angebot der Gesellschaft würden hingegen eindeutig gegen die Notwendigkeit einer kaufmännischen Einrichtung sprechen. Es würde sich der Eindruck aufdrängen, dass die Gesellschafter den Geschäftsbetrieb möglichst schlank halten wollten und möglichst viel in Eigenregie bzw. durch Fremddienstleister erledigen wollten. Von daher wurde die Gesellschaft vom OLG als GbR und nicht als OHG angesehen, weshalb eine Ausschließungsklage unzulässig war.
OLG München, Urteil vom 19.01.2022
- 7 U 3250/20 -
Aus den Gründen:
Tenor
1. Auf die
Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom
29.4.20202020 (Az.: 8 HK O 12753/18) im Kostenpunkt und in Ziffer 1.
aufgehoben.
2. Die Klage
wird abgewiesen.
3. Der Kläger
hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten der ersten
Instanz haben der Kläger 54 % und der Beklagte 46 % zu tragen.
4. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der Gegenseite
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie vollstreckbaren
Betrages abwenden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit
in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision
gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Das Verfahren
betrifft den Ausschluss des Beklagten aus einer Personengesellschaft.
Die fragliche
Gesellschaft besteht aus dem Kläger und dem Beklagten. Sie war nie ins
Handelsregister eingetragen, ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag besteht
nicht. Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Vermietung eines angemieteten
ehemaligen Naturfreundehauses („K.“) in den I.auen als Veranstaltungslokal für
Events wie Seminare, Teambuildingmaßnahmen, Hochzeitsfeiern und ähnliches.
Zwischen den
Gesellschaftern bestehen seit längerem Streitigkeiten. Am 13.9.2018 gründete
der Beklagte (als Alleingesellschafter und -geschäftsführer) die P. GmbH,
welche in unmittelbarer räumlicher Nähe zur „K.“ eine angemietete Blockhütte („Cottage“)
betreibt und sie im Internet zur Anmietung als Eventlokal anbietet. Darüber
hinaus werfen sich die Parteien wechselseitig eine Vielzahl von
Pflichtverletzungen aus dem Gesellschaftsverhältnis vor.
Der Kläger ist
der Auffassung, die Gesellschaft sei eine offene Handelsgesellschaft. Mit
seiner Klage begehrte er erstinstanzlich den Ausschluss des Beklagten aus der
Gesellschaft sowie die Zahlung von 4.793,48 €; die Zahlungsklage hat er
erstinstanzlich wieder zurückgenommen. Der Beklagte machte widerklagend einen
Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend.
Der Kläger hat
beantragt, den Beklagten aus der R. & M. OHG auszuschließen.
Der Beklagte
hat beantragt, die Klage abzuweisen; ferner hat er widerklagend beantragt, den
Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 55.200,- € zu bezahlen.
Der Kläger hat
beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Das Landgericht
hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf Tatbestand und
Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Der Beklagte
nimmt die Abweisung der Widerklage hin. Mit seiner zulässigen, insbesondere
form- und fristgerecht eingelegten Berufung wendet er sich aber gegen seinen
Ausschluss aus der Gesellschaft. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der
Berufung.
B.
Die Berufung
hat Erfolg. Der Beklagte kann nicht durch Gerichtsurteil aus der Gesellschaft
ausgeschlossen werden.
I. Die
als OHG firmierende Gesellschaft ist in Wahrheit eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts.
1. Eine
Personengesellschaft, bei der kein Gesellschafter in der Haftung beschränkt
ist, ist (ohne Eintragung ins Handelsregister) offene Handelsgesellschaft, wenn
sie ein Handelsgewerbe betreibt (§ 105 HGB). Anderenfalls handelt es sich
um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Handelsgewerbe
ist jedes Gewerbe, es sei denn, es erfordert keine kaufmännische Einrichtung
(§ 1 Abs. 2 HGB). Die vorliegende Vermietung einer Lokalität zum
Zwecke der Gewinnerzielung ist zweifellos ein Gewerbe. Damit wird vermutet,
dass es sich um ein Handelsgewerbe handelt, so dass das Gegenteil zur
Darlegungs- und Beweislast des Beklagten stand.
Nach der
gesetzlichen Definition ist Handelsgewerbe ein Gewerbe, welches nach Art und
Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert. Dies ist auf der Basis einer
Gesamtschau der den Betrieb kennzeichnenden Umstände zu beurteilen (BGH, Urteil
vom 28.4.1960 – II ZR 239/58 Ls. 2; Urteil vom 16.11.1965 – V ZR 89/63, Rz.
13). Als zu berücksichtigende Kriterien nennt die erstere Entscheidung
Beschäftigtenzahl, Tätigkeitsart, Umsatz, Anlagekapital, Betriebskapital,
Leistungsvielfalt, Zahl der Geschäftsbeziehungen, Kreditaufnahme; in der
zweitgenannten Entscheidung sind beispielhaft aufgeführt Umsatz,
Verbindlichkeiten, Außenstände, Aktivvermögen. In der Kommentarliteratur (z.B.
Kindler, in: Ebenroth / Boujong, HGB, 4. Aufl., § 1 Rz. 56 ff.) finden
sich ähnliche Aufzählungen (Handelsbücher, Inventar- und Bilanzerrichtung,
Aufbewahrung der Korrespondenz, Firmenführung, kaufmännisch vorgebildetes
Personal, Lohnbuchhaltung, Vielfalt der Erzeugnisse und Leistungen, Teilnahme
am Frachtverkehr, grenzüberschreitende Tätigkeit, Sach- und Personalkredite).
2.
Hinsichtlich der somit für die Abgrenzung von GbR und OHG wesentlichen
Kriterien bietet sich vorliegend auf der Basis des Parteivortrags das folgende
Bild.
a)
Umsatz. Die (unstreitigen) Umsatzzahlen für die Geschäftsjahre 2016 - 2019
referiert die Klagepartei in der Berufungserwiderung (dort S. 8). Die
Zahlen für 2020 und 2021 (bis einschließlich November) werden im Schriftsatz
vom 10.1.2022 (Bl. 198 ff. der Akten, dort S. 4) nachgetragen. Hiernach
hat die Gesellschaft ab 2016 Umsätze über 100.000,- € erzielt, das Maximum lag
im Jahr 2019 mit rund 163.000,- €, woraufhin 2020 ein (wohl pandemiebedingter)
Rückgang auf rund 103.000,- € und eine allmähliche Erholung im Jahr 2021 (bis
einschließlich November rund 125.000,- €) erfolgten.
Diese Zahlen führen
für sich betrachtet allenfalls in den Grenzbereich zu einem kaufmännischen
Gewerbe. Neuere veröffentlichte Rechtsprechung hierzu gibt es nicht. Die
Kommentarliteratur (z.B. Kindler a.a.O. Rz. 52) nennt eine Grenze von 250.000,-
€, ab der spätestens von einem Handelsgewerbe auszugehen sei. Hiervon war die
gegenständliche Gesellschaft auch in besten Zeiten weit entfernt.
b)
Buchführung. Unstreitig wurde die Gesellschaft durch Bescheid des zuständigen
Finanzamts zur Buchführung verpflichtet (vgl. Anlage K 14) und kommt dieser
Verpflichtung seither nach. Die Führung von Steuerbüchern oder die Beauftragung
eines Steuerberaters sind jedoch keine Indizien für ein Handelsgewerbe (Kindler
a.a.O. Rz. 47 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Die Richtigkeit dieser
Auffassung zeigt der vorliegende Fall exemplarisch. Die Anordnung der
Buchführungspflicht erfolgte ausweislich des Bescheides des Finanzamtes unter
Bezugnahme auf § 141 Abs. 1 Nr. 4 AO, weil der Gewinn im Jahr
2016 höher als 60.000,- € war. Die in Bezug genommene Norm gilt ausweislich
ihres Wortlauts nur, wenn nicht ohnehin Bücher nach § 140 AO zu führen
sind, was unter anderem für die OHG der Fall ist.
Aus der
Tatsache, dass aufgrund einer Anordnung der Finanzbehörden Bücher geführt
werden, kann daher ein Argument weder für noch gegen das Vorliegen eines
Handelsgewerbes gewonnen werden.
c)
Personal. Unstreitig werden die anfallenden Tätigkeiten für die Gesellschaft
hauptsächlich durch die Gesellschafter selbst bestritten. Dass diese studierte
Wirtschaftswissenschaftler sind, besagt insoweit nichts über die Art ihrer
Tätigkeit, die im wesentlichen aus der Entgegennahme und Betreuung von
Buchungen sowie gegebenenfalls Vermittlung von Drittleistungen (Caterer u.ä.)
bestanden zu haben scheint – was nicht unbedingt eine kaufmännische Vorbildung
voraussetzt.
Abgesehen von
ihren Gesellschaftern verfügte die Gesellschaft nicht über festes Personal. In
den im Anlagenkonvolut B 1 enthaltenen Jahresübersichten aus der Buchhaltung
der Gesellschaft werden als monatliche bzw. jährliche Personalkosten
durchgängig 0,00 € angegeben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben
die Parteien dies dahin erläutert, dass man im Bedarfsfall (wenn also z.B. die
Mieter der K. Service bei Tisch wünschten) mit Personaldienstleistern zusammen
gearbeitet und die diesbezüglichen Kosten den Kunden weiterverrechnet habe.
Der
Gesichtspunkt Personalausstattung spricht daher eindeutig gegen das Erfordernis
kaufmännischer Einrichtung; insbesondere eine „Lohnbuchhaltung“ war unter den
dargestellten Umständen nicht erforderlich.
d)
Kapitalstruktur. Aus den Übersichten aus der Buchhaltung der Beklagten gemäß
Anlagenkonvolut B 1 ergibt sich, dass die Zinsaufwendungen in den Jahren 2017 –
2020 jeweils 0,- € betrugen. Das bedeutet, dass die Gesellschaft jedenfalls in
diesem Zeitraum ohne Fremdkapital arbeitete; nur in der Anfangszeit der
Gesellschaft wurde nach der Erläuterung der Parteien in der mündlichen
Verhandlung ein Darlehen in Anspruch genommen. Die Nichtinanspruchnahme von
professionellem Fremdkapital (Bankdarlehen) ist nach der Erfahrung des seit
vielen Jahren im Handels- und Gesellschaftsrecht tätigen Senats höchst
untypisch für ein kaufmännisches Unternehmen.
Auch das
Anlagevermögen der Gesellschaft stellt sich nach Aktenlage höchst überschaubar
dar. In der (im zeitgleich verhandelten Parallelverfahren 7 U 2659/20 dem Senat
als dortige Anlage BB 2 bekannt gewordenen) Aufstellung aus der Buchhaltung der
Gesellschaft sind nur eine Geschirrspülmaschine, ein Laubbläser, ein PKW und
ein „Sammelposten“ im Wert von (Ende 2018) 891,- € aufgeführt. Hierfür ist
keine kaufmännische Einrichtung erforderlich.
e)
Lagerhaltung. Aus den Kosten für den Wareneinkauf gemäß den genannten
Jahresübersichten in Anlagenkonvolut B 1, die sich in den meisten Monaten nur
im dreistelligen, selten im vierstelligen Bereich bewegen, kann auf den Umfang
der für den Betrieb der Gesellschaft erforderlichen Lagerhaltung geschlossen
werden; denn es konnte schlechterdings nicht mehr an Waren gelagert worden
sein, als bezogen wurde. Im Hinblick auf den unstreitigen Befund, dass die
Kunden der Gesellschaft zwar Getränke von ihr beziehen konnten, die
Verköstigung mit Speisen aber über Catering-Dienste erfolgte, dürfte sich die
Lagerhaltung somit auf jeweils eine Reihe von Getränketrägern beschränkt haben.
Auch für die Verwaltung eines solchen Getränkebestandes erscheint keine
kaufmännische Einrichtung erforderlich. – Damit dürfte sich auch die Teilnahme
der Gesellschaft am Frachtverkehr auf die regelmäßige Anlieferung von Getränken
beschränkt haben.
f)
Vielfalt des Angebots. Kernangebot der Gesellschaft war die
Zurverfügungstellung von Räumen in der Klause, wobei die Möglichkeit des Bezugs
von Getränken bestand. Weitere Leistungen (Catering, Shuttle-Service, Kurse)
wurden nicht von der Gesellschaft erbracht, sondern konnten extern (ggf. unter
Vermittlung der Gesellschaft) zugebucht werden. Das Leistungsangebot der
Gesellschaft stellte sich daher nicht als vielfältig, sondern als recht
überschaubar dar, was eher gegen das Erfordernis einer kaufmännischen
Einrichtung spricht.
g)
Werbung. Die vorgelegten Übersichten gemäß Anlagenkonvolut B 1 weisen an Kosten
für Werbung meist nur zweistellige Beträge auf. Hieraus kann das Erfordernis
kaufmännischer Einrichtung nicht begründet werden. Die behauptete „umfängliche
Kooperation mit Werbeagenturen“ schlägt sich jedenfalls in den vorgelegten
Unternehmenszahlen nicht nieder.
Wenn sich die
Klagepartei dem gegenüber auf die umfängliche Präsenz der Gesellschaft im
Internet beruft, vermag dies kein anderes Ergebnis zu begründen. Denn für einen
Internetauftritt benötigt man nur PC und Internetzugang, die als solche
sicherlich kein Indiz für eine kaufmännische Einrichtung sind; zwar mag
heutzutage jeder Kaufmann im Internet präsent sein, aber die Präsenz als solche
lässt keinen Rückschluss auf die Kaufmannseigenschaft zu.
h)
Kundenanzahl. Nicht bestritten ist der klägerische Vortrag, dass die
Gesellschaft seit ihrer Gründung 706 Kundennummern vergeben hat und dass sich
darunter auch namhafte Firmen wie D., A., B. und T. befinden. Die Kundenanzahl
als solche mag daher eher für das Erfordernis kaufmännischer Einrichtung
sprechen. Dieser Befund wird allerdings relativiert, wenn man die Kundenzahl
auf die Dauer der Existenz der Gesellschaft umlegt; auch ist nicht ersichtlich
(jedenfalls nicht vorgetragen), dass es sich bei den vergebenen Kundennummern
mehrheitlich um „Stammkunden“, die die Klause regelmäßig buchen, handelt.
Ferner ist zu
sehen, dass das Geschäftsmodell der Gesellschaft in der Vermietung der K. für
Veranstaltungen besteht, was bedingt, dass in der Regel immer nur ein Kunde pro
Zeiteinheit (Tag, Wochenende, Woche) bedient werden kann. Auch dieser für ein
kaufmännisches Gewerbe eher untypische Befund relativiert die nackte Anzahl von
Kunden.
i)
Professionelle Struktur. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert
nicht. Ausdrückliche Regelungen über die Vertretungsmacht wurden nicht
getroffen (wohl aber konkludente Vereinbarung von Einzelvertretungsmacht durch
stillschweigende Handhabung, vgl. näher Senatsurteil vom 19.1.2022 im
Parallelverfahren 7 U 2659/20, unter B.I.2.). Prokuristen oder sonstige
Bevollmächtigte wurden nicht bestellt. Auch dies ist untypisch für ein
kaufmännisches Unternehmen.
3. In
der Gesamtschau dieser Umstände ist der Senat davon überzeugt, dass der Betrieb
der Gesellschaft keine kaufmännische Einrichtung erfordert. Die Vermutung für
das Vorliegen eines Handelsgewerbes ist damit widerlegt.
Die
Kundenanzahl und die Umsatzzahlen führen aus den dargestellten Gründen allenfalls
in den Grenzbereich zum Handelsgewerbe; die Buchführungspflicht aus
steuerlichen Gründen ist nichtssagend. Dem gegenüber sprechen insbesondere die
Kapitalstruktur, das Fehlen von fest angestellten Arbeitnehmern und das
überschaubare Angebot der Gesellschaft eindeutig gegen das Erfordernis
kaufmännischer Einrichtung. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf, dass die
Gesellschafter ihren Geschäftsbetrieb bewusst schlank halten und möglichst viel
in Eigenregie bzw. durch Fremddienstleister erledigen wollten und dies auch
entsprechend umgesetzt haben; in diese Richtung deutet letztlich auch die
Kostenstruktur; angesichts der a.a.O. mit den Umsatzzahlen mitgeteilten
Jahresgewinne (die sich in der Größenordnung zwischen 40 und 78 % bewegen) kann
der betriebliche Aufwand nur als überschaubar bezeichnet werden. Insgesamt
bietet die Gesellschaft daher nicht das Erscheinungsbild eines kaufmännischen
Gewerbes.
II.
Damit kommt eine Ausschlussklage nicht in Betracht. Denn nur bei der OHG (und
damit bei den übrigen Personenhandelsgesellschaften) ist eine Ausschlussklage
in § 140 HGB vorgesehen. Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gibt es
eine vergleichbare Vorschrift nicht. Dort erfolgt der Ausschluss nach
§ 737 BGB durch Beschluss der übrigen Gesellschafter und dessen Mitteilung
an den Ausgeschlossenen (vgl. Lorz, in: Ebenroth / Boujong, HGB, 4. Aufl.,
§ 140 Rz. 3). Die Berufung des Beklagten gegen das ihn ausschließende
Urteil musste daher Erfolg haben.
C.
Die
Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 269 Abs. 3 ZPO. Hinsichtlich der
Berufung obsiegt der Beklagte in vollem Umfang. Beim Maß des Obsiegens in der
ersten Instanz waren die Teilklagerücknahme und die rechtskräftige Abweisung
der Widerklage zu berücksichtigen.
Die
Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708
Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision
war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht
vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren
vielmehr die Umstände des Einzelfalles.
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