Der Kläger begehrte von der Beklagten die Unterlassung des Betriebs von drei Windenergieanlagen und hilfsweise Maßnahmen zur Vermeidung einer Beeinträchtigung seines Eigentums und seiner Gesundheit. Das Landgericht wies die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens ab, da die maßgeblichen Richtwerte der TA Lärm eingehalten würden und eine wesentliche Beeinträchtigung durch Infraschall läge auch nicht vor. Im Berufungsverfahren. In dem der Kläger seinen erstinstanzlichen haupt- wie auch Hilfsantrag weiterverfolgte, war unstreitig, dass die Windenergieanlagen bestandskräftig genehmigt sind. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem OLG hat der Kläger wesentliche Teile seiner Berufungsbegründung fallen lassen und machte geltend, es würde ihm einzig um Beeinträchtigungen durch unzulässigen Lärm und „Körperschall“ (Schwingungen in Festkörpern) und um Schlafstörungen gehen. Er rügte, dass Messungen nicht an seinem, haus erfolgt seien und zudem keine Langzeitmessung erfolgt sei.
Das OLG negierte Ansprüche des Klägers nach §§ 1004 Abs. 1 BGB oder § 1004 Abs. 1 iVm. § 823 Abs. 1 BGB. Sei -wie hier - eine Genehmigung des Betriebs der Anlage unanfechtbar, könne aufgrund privatrechtlicher, nicht auf besonderer Titeln beruhender Ansprüche nicht die Einstellung des Betriebs gefordert werden, § 14 S. 1 1 1. Halbs. BImSchG. In diesem Fall könnten nur Vorkehrungen gegen benachteiligende Wirkungen verlangt werden. Seien solche Maßnahmen technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar, könne lediglich Schadensersatz begehrt werden. § 14 BImSchG statuiere eine Duldungspflicht. Begründet sei dies damit, dass der Schutz des Nachbarn durch seine Beteiligungsmöglichkeit im Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG vorverlagert sei.
Vorliegend käme es nicht auf die bisher höchstrichterlich nicht geklärte Frage an, ob wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und des Anspruchs auf körperliche Unversehrtheit gem. § 1004 BGB analog iVm. § 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Einstellung des Betriebs der Anlagen besteht. Der Kläger, der sich im Berufungsverfahren nur noch auf Schlafstörungen seit Inbetriebnahme der Anlagen berief, habe nicht hinreichend konkret ausgeführt, im Hinblick auf Häufigkeit, Dauer, Abhängigkeit vom jeweiligen Raum im Haus und der Öffnung von Fenstern vorgetragen. Damit sei unklar, welches Ausmaß und welche Intensität die Schlafstörungen erreichen würden. Ein angebotenes Sachverständigengutachten sei nicht einzuholen, da sich dies als unzulässiger Ausforschungsbeweis darstellen würde.
Auch könne der Beklagte nicht gemäß §§ 1004 Abs. 1, 906 BGB sonstige Maßnahmen wegen Einwirkungen auf das in seinem Eigentum stehende Grundstück verlangen. Nach dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten würde nicht feststehen, dass die Anlagen mehr als nur unwesentlich iSv. § 906 Abs. 1 S. 1 BGB die Benutzung des Grundstücks beeinträchtigen würden.
Soweit der Kläger geltend machte, dem Sachverständigen würde es an der notwendigen Neutralität ermangelt haben, könne er damit im Berufungsverfahren nicht gehört werden. Er habe im erstinstanzlichen Verfahren den Sachverständigen wegen Befangenheit abgelehnt. Der Antrag sei zurückgewiesen worden. Dagegen hätte er Beschwerde einlegen können, § 406 Abs. 5 ZPO, was nicht erfolgte. Das Berufungsgericht könne im Rahmen des Berufungsverfahrens nach § 512 ZPO nicht diejenigen Entscheidungen die dem Ersturteil vorausgegangen seien und gesondert mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar seien, überprüfen.
Soweit der Kläger rügte, dass keine Langzeitmessung vorgenommen worden sei, verwies das OLG darauf, dass die TA Lärm keine entsprechende Vorgabe enthalte. Es sei u.a. auf Abschnitt 6.2 der DIN 45645-1 verwiesen, demzufolge Zeit und Dauer der Messungen je nach Aufgabenstellung so zu wählen seien, dass die Messergebnisse für die zu beurteilende Geräuschimmission kennzeichnend sind. Es müsste deshalb keine Messszeit durchgehend über den gesamten Beurteilungszeitraum erfolgen, sondern die Messung müsse nach Zeitpunkt und Dauer aus einem oder mehreren Intervallen bestehen, deren Dauer kürzer als die Gesamtdauer sein könnten. Ausdrücklich würde in Ziffer 6.2 darauf hingewiesen, dass dieses Verfahren sowohl zur Reduzierung des Zeitaufwands und zur Ausgrenzung nicht zu beurteilender Fremdgeräusche zweckmäßig sein könne. Der Sachverständige habe die unterlassene Langzeitmessung auch nachvollziehbar u.a. damit begründet, dass im Bereich des Hauses des Klägers auch in der unbelaubten Jahreszeit bei höheren Windgeschwindigkeiten windinduzierte Fremdgeräusche vorlägen, die das Messergebnis relevant beeinflussen würden. Eine Abtrennung der Fremdgeräusche vom Gesamtgeräusch sei bei einer unbeaufsichtigten Langzeitmessung nicht möglich. Bei der Messung habe er überwiegend windinduzierte Fremdgeräusche festgestellt. In Phasen mit wenig Fremdgeräuschen habe er die Geräuschsituation lediglich mit 43 db(A) abschätzen können (ein nach Anhang A.3.4.1. TA Lärm ausdrücklich zugelassenes Verfahren). Die Messungen und Berechnungen des Sachverständigen habe der Kläger einschließlich von Abstandkorrekturen nicht konkret angegriffen.
Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht habe, dass von den Anlagen durch über den Erdboden vermittelter und auf sein Hausgrundstück treffender „Körperschall“ ausgehen lägen die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO für die Zulassung des neuen Angriffsmittels nicht vor.
Schleswig-Holsteinisches
OLG, Urteil vom 14.12.2021 - 8 U 12/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Berufung
des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 11.05.2021 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten der
Berufung fallen dem Kläger zur Last.
Dieses Urteil
und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig
vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der
Kläger erstrebt die Unterlassung des Betriebs von drei Windenergieanlagen der
Beklagten, hilfsweise Maßnahmen zur Vermeidung einer Beeinträchtigung seines
Eigentums und seiner Gesundheit.
1. Auf
die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
Das Landgericht hat in diesem Urteil zur Begründung der Abweisung der Klage im
Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf
Unterlassung des Betriebs der drei bestandskräftig genehmigten
Windenergieanlagen nach § 1004 Abs. 1 BGB oder § 1004
Abs. 1 BGB iVm § 823 Abs. 1 BGB, da ein solcher Anspruch nach
§ 14 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG)
ausgeschlossen sei. Soweit der Kläger seinen Anspruch auf Beeinträchtigungen
seiner Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit stütze, stehe einem Anspruch
entgegen, dass nicht feststehe, dass von den drei Windenergieanlagen
Einwirkungen auf das Grundstück des Klägers ausgingen, die dessen Benutzung
mehr als nur unwesentlich beeinträchtigten. Der gerichtliche Sachverständige A.
habe in seinem schriftlichen Gutachten vom 28.04.2017/24.05.2017 überzeugend
dargelegt, dass die maßgeblichen Richtwerte der TA Lärm tags (06:00 Uhr bis
22:00 Uhr) von 60 dB(A) und nachts von 45 dB(A) eingehalten würden. Das
indiziere die Unwesentlichkeit der Benutzungsbeeinträchtigung, die der Kläger
nicht habe erschüttern können. Eine wesentliche Beeinträchtigung am Grundstück
des Klägers durch Infraschall liege ebenfalls nicht vor. Auch sonstige
Beeinträchtigungen des Grundstücks durch die Windenergieanlagen seien nicht
feststellbar (etwa durch die Tag- und Nachtkennung, eine optisch bedrängende
Wirkung oder den sogenannten „Disco-Effekt“ [Reflexion des Sonnenlichts an den
sich bewegenden Rotorblättern]).
2. Der Kläger
verfolgt mit seiner Berufung die im ersten Rechtszug gestellten Haupt- und
Hilfsanträge weiter und hat in der schriftlichen Berufungsbegründung vom
09.08.2021 dazu vorgebracht:
a) Die
drei Windenergieanlagen seien nicht bestandskräftig genehmigt. Er habe beim
Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht einen Antrag auf Zulassung der
Berufung gestellt (5 LA 14/21). Er werde durch von den Windenergieanlagen
ausgehenden Lärm und Infraschall wesentlich beeinträchtigt, sodass er und seine
Familie unter erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen leiden würden. Er leide
insbesondere an Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Ohrendruck, Beklemmungen,
Schwindel, Übelkeit, Reizbarkeit, Herzrasen und Konzentrationsstörungen, was
durch seine persönliche Anhörung bewiesen werden könne. Von den
Windenergieanlagen gehe eine optisch bedrängende Wirkung aus. Durch die
Drehbewegungen der Rotoren komme es in den von ihm und seiner Familie bewohnten
Räumen zu Raumaufhellungen und Spiegelungen. Die höchstens zulässigen
Immissionswerte würden insbesondere während der Nacht deutlich überschritten.
Darüber hinaus sei eine besondere Tonhaltigkeit beim Betrieb der
Windenergieanlagen festzustellen, die deutlich oberhalb der Immissionswerte
ausgehende Kreisch- und Sharp-Geräusche verursachen würden. Von den
Windenergieanlagen gehe auch die Gefahr des Eiswurfs aus.
b) Bei
seiner persönlichen Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom
23.11.2021 hat der Kläger wesentliche Teile dieser Berufungsbegründung fallen
lassen und betont, ihm gehe es einzig und allein um die Vermeidung von
Beeinträchtigungen durch von den Windenergieanlagen ausgehenden unzulässigen Lärm
und „Körperschall“ (Schwingungen in Festkörpern), die bei ihm zu
Schlafstörungen führten, nicht jedoch zu sonstigen
Gesundheitsbeeinträchtigungen. Einen nächtlichen Lärmschutz durch „Ohrstöpsel“
lehne er ab. Er wende sich nicht gegen ohnehin nicht wahrnehmbaren Infraschall,
nicht gegen die Optik der Anlagen, nicht gegen deren Schattenwurf und nicht
deren Tag- und Nachtkennung. Auch ein sogenannter „Disco-Effekt“ sei bei den
Anlagen nicht zu beklagen. Das im ersten Rechtszug eingeholte Gutachten des Sachverständigen
A. sei wegen dessen Verbindung zur Windenergiebranche nicht verwertbar und in
der Sache ungenügend, da dieser eine Langzeitmessung unterlassen habe. Die
bewertete Messung sei nicht an seinem Haus erfolgt, was die einzig erlaubte
Messmethode sei. Ein Ersatzmesspunkt könne nie die realen Verhältnisse am
eigentlichen Immissionsort wiedergeben. Zur gütlichen Beilegung habe die
Beklagte ihm lediglich den Austausch von drei Fenstern seines Hauses angeboten,
nicht den Kauf seines Hausgrundstücks. Er werde durch die Windenergieanlagen
beeinträchtigt und andere würden mit diesen viel Geld verdienen.
3. Die
Beklagte erstrebt die Zurückweisung der Berufung. Ihre Windenergieanlagen seien
bestandskräftig genehmigt. Die von den Windenergieanlagen ausgehenden Beeinträchtigungen
hielten sich nach dem Ergebnis der im ersten Rechtszug durchgeführten
Beweisaufnahme durch Einholung des Gutachtens des Sachverständigen A. im Rahmen
des Zulässigen. Vor Beginn dieses Prozesses habe es Verhandlungen mit dem
Kläger zur gütlichen Beilegung des Streits gegeben. Dabei sei von ihr sogar der
Kauf des Hausgrundstücks des Klägers in Betracht gezogen worden. Diese
Verhandlungen seien allerdings abgebrochen worden, nachdem der Kläger seine
unberechtigte Klage erhoben habe.
4. Der Senat
hat die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 23.11.2021 darauf
hingewiesen, dass der vom Kläger beim Schleswig-Holsteinischen
Oberverwaltungsgericht gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung (5 LA 14/21)
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 18.01.2021 (6 A
272/17) betrifft. Durch dieses Urteil ist die Klage des Klägers allein gegen
die immissionsschutzrechtliche Genehmigung einer Windenergieanlage der … GmbH
& Co. KG abgewiesen.
II. Die
nach den §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Klägers gegen das Urteil
des Landgerichts Itzehoe vom 11.05.2021 hat keinen Erfolg. Die Bestätigung
dieser Entscheidung beruht darauf, dass der Senat den zutreffenden Gründen der
Entscheidung folgt. Berufungsgründe nach § 513 Abs. 1 ZPO liegen
nicht vor. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer
Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen nach § 529 ZPO
zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung. Die Berufungsbegründung
gibt Anlass, das Folgende hervorzuheben.
1. Der
Kläger kann von der Beklagten nicht nach § 1004 Abs. 1 BGB oder
§ 1004 Abs. 1 BGB iVm § 823 Abs. 1 BGB die Einstellung des
Betriebs der drei Windenergieanlagen wegen Schallimmissionen verlangen.
a) Auf
Grund privatrechtlicher, nicht auf besonderen Titeln beruhender Ansprüche zur
Abwehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes
Grundstück kann nach § 14 Satz 1 1. Halbsatz BImSchG nicht die
Einstellung des Betriebs einer Anlage verlangt werden, deren Genehmigung unanfechtbar
ist; es können nur Vorkehrungen verlangt werden, die die benachteiligenden
Wirkungen ausschließen. Soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik
nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, kann lediglich
Schadensersatz verlangt werden. Die Vorschrift statuiert eine über §§ 1004
Abs. 2, 906 Abs. 1 und 2 BGB hinausgehende Duldungspflicht des
gestörten Nachbarn. Sie soll den Bestand von förmlich genehmigten Anlagen
gegenüber privatrechtlichen Ansprüchen sichern. Hintergrund ist, dass der
Schutz des betroffenen Nachbarn durch die Beteiligungsmöglichkeit im
Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG vorverlagert wird (Staudinger/Roth
BGB Neubearbeitung 2020 § 906 Rn. 20 m.w.N.).
b) Die
Genehmigungen der drei Windenergieanlagen der Beklagten durch das Landesamt für
Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein vom
15.04.2011 (Bl. 8 ff., 21 ff. und 34 ff.) sind bestandskräftig. Das hat der
Kläger in der Klageschrift vom 25.02.2012 (Bl. 2) selbst vorgetragen und nach
dem Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2021 auf den
Gegenstand des Verfahrens 5 LA 14/21 OVG Schleswig entgegen dem auf einem
Irrtum oder einem Versehen beruhenden falschen Vortrag in der
Berufungsbegründung vom 09.08.2021 nicht mehr in Zweifel gezogen.
2. Der
Kläger kann von der Beklagten nicht nach § 1004 Abs. 1 BGB analog iVm
§ 823 Abs. 1 BGB die Einstellung des Betriebs der drei
Windenergieanlagen verlangen, soweit er sich auf Beeinträchtigungen seiner
Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit stützt.
a) Der
Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung im Termin zur mündlichen
Verhandlung vom 23.11.2021 und auch schriftsätzlich nicht hinreichend dazu
vorgetragen, dass und welche gesundheitlichen und körperlichen Beeinträchtigungen
bei ihm aufgetreten sind, die auf den seit dem Jahr 2012 aufgenommenen Betrieb
der Windenergieanlagen zurückzuführen sind. Er behauptet nur pauschal und ohne
Konkretisierung, er leide seit deren Inbetriebnahme an Schlafstörungen. Jede
weitere Konkretisierung der behaupteten Beeinträchtigungen fehlt, sodass unklar
bleibt, welches Ausmaß und welche Intensität mögliche Schlafstörungen des
Klägers erreichen (Häufigkeit, Dauer, Abhängigkeit vom jeweiligen Raum im Haus
des Klägers und von der Öffnung der Fenster). In der Einholung des vom Kläger
angebotenen Sachverständigengutachtens würde deshalb eine unzulässige
Ausforschung liegen. Seine früheren Behauptungen, er leide auch an
Schwindelanfällen, Gereiztheit, Übelkeit, Kopfschmerzen, Druck im Ohr, Beklemmungen,
Schwindel, Reizbarkeit, Herzrasen und Konzentrationsschwierigkeiten, hat der
Kläger bei seiner persönlichen Anhörung im Termin vom 23.11.2021 nicht
aufrechterhalten.
b) Auf
die höchstrichterlich noch nicht beantwortete Frage, ob ein Anspruch aus
§ 1004 Abs. 1 BGB analog iVm § 823 Abs. 1 BGB wegen
Beeinträchtigungen der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit nicht
durch § 14 Satz 1 Hs. 1 BImSchG ausgeschlossen ist, kommt es nicht an
(vgl. zu dieser Streitfrage: BeckOK-UmweltR/Giesberts Stand 1. Juli 2021
BImSchG § 14 Rn. 17; Jarass BImSchG 13. Aufl. § 14 Rn. 11; BGH LSK
2020, 15986 - Beschluss vom 07.05.2020 - V ZR 187/19 - veröffentlicht auch in
juris).
3. Der Kläger
kann von der Beklagten nicht nach §§ 1004 Abs. 1, 906 BGB sonstige
Maßnahmen verlangen. Nach der Beweisaufnahme durch Einholung des Gutachtens des
Sachverständigen A. vom 28.04.2017/24.05.2017 steht nicht fest, dass von den
Windenergieanlagen der Beklagten Einwirkungen auf das im Eigentum des Klägers
stehende Grundstück ausgehen, welche die Benutzung des Grundstücks mehr als nur
unwesentlich im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB
beeinträchtigen. Das hat bereits das Landgericht zutreffend dargelegt.
a) Der
Kläger kann sich zur Begründung seiner Berufung nicht mit Erfolg auf eine
„fehlende Neutralität“ des Sachverständigen berufen. Der Beurteilung des
Berufungsgerichts unterliegen nach § 512 ZPO nicht diejenigen
Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind und mit der sofortigen
Beschwerde anfechtbar sind. Zweck dieser Regelung ist insbesondere die rasche
und endgültige Bereinigung der Frage, ob ein Ablehnungsgrund gegen einen
Sachverständigen besteht (vgl. BGH NJW 1959, 434). Das Landgericht hat das
gegen den Sachverständigen A. gerichtete Ablehnungsgesuch des Klägers vom
19.07.2017 (Bl. 157 f.) durch Beschluss vom 20.09.2017 (Bl. 167 f.)
zurückgewiesen. Diese Entscheidung war nach § 406 Abs. 5 ZPO mit der
sofortigen Beschwerde anfechtbar. Der Beurteilung des Berufungsgerichts
unterliegt die Entscheidung des Landgerichts Itzehoe vom 20.09.2017 damit
nicht.
b) Die
TA Lärm enthält keine Vorgabe dahingehend, dass für die Beurteilung, ob die
Immissionsrichtwerte eingehalten werden, zwingend eine Langzeitmessung
durchzuführen ist (vgl. OLG Schleswig NVwZ 2020, 1211 juris Rn. 30).
Nr. 6.4 der TA Lärm regelt nicht das Messverfahren. Für die Ermittlung der
Geräuschimmissionen verweist Nr. 6.8 der TA Lärm auf den Anhang. Gemäß
A.3.3.3 des Anhangs zur TA Lärm sind für die Durchführung der Messungen die
Abschnitte 6.2 bis 6.5 der DIN 45645-1 (abgedruckt bei Landmann/Rohmer
Umweltrecht Werkstand Mai 2021 A.3.3.3 Anhang TA Lärm S. 22) maßgeblich.
Abschnitt 6.2 bestimmt, dass Zeit und Dauer der Messungen je nach Aufgabenstellung
so zu wählen sind, dass die Messergebnisse für die zu beurteilende
Geräuschimmission kennzeichnend sind. Dabei muss sich die Messzeit nicht
durchgehend über die gesamte Beurteilungszeit erstrecken, sondern darf nach
Zeitpunkt und Dauer aus einem Intervall oder mehreren Intervallen bestehen,
deren Gesamtdauer kürzer als die Beurteilungszeit sein darf. Abschnitt 6.2
weist ausdrücklich darauf hin, dass dieses Verfahren zur Reduzierung des
Zeitaufwandes und zur Ausgrenzung nicht zu beurteilender Fremdgeräusche
zweckmäßig sein kann.
c) Der
Sachverständige A. hat keine Langzeitmessung vorgenommen und das
nachvollziehbar und gut begründet: Eine unbeaufsichtigte Langzeitmessung sei
nicht geeignet, abgesicherte Ergebnisse für das Wohnhaus des Klägers zu
liefern. Es lägen im Bereich des klägerischen Hauses auch in der unbelaubten
Jahreszeit bei höheren Windgeschwindigkeiten windinduzierte Fremdgeräusche vor,
die das Messergebnis relevant beeinflussten. Da die Fremdgeräusche bei höheren
Windgeschwindigkeiten am Wohnhaus durchaus auch höhere Schallpegelbeiträge
lieferten als das Betriebsgeräusch der beklagten WEA, sei eine sichere
Abtrennung der Fremdgeräusche vom Gesamtgeräusch bei einer unbeaufsichtigten
Langzeitmessung nicht möglich. Im Übrigen bestünde grundsätzlich die
Möglichkeit der vorsätzlichen Beeinflussung der Ergebnisse einer
unbeaufsichtigten Messung. Nicht die Dauer der Messung, sondern die
fachgerechte Abtrennung der Fremdgeräusche sei entscheidend. Schließlich sei
durch ihn die Messung gerade in der Situation erfolgt (mit südwestwestlicher
Windrichtung), in der nach dem klägerischen Vorbringen die größten Störungen
auftreten sollen (“worst case“ - Messung; vgl. OLG Schleswig a.a.O. juris Rn.
31). Zudem seien die Beurteilungspegel auf den Betriebszustand abgestellt
worden, der die höchsten Emissionsbeiträge liefere (vgl. die ergänzende
Stellungnahme des Sachverständigen vom 24.05.2017, Seite 2 f.).
d) Der
Sachverständige A. hat Messungen am Wohnhaus des Klägers durchgeführt, doch
waren dort überwiegend höhere windinduzierte Fremdgeräusche vorhanden. Der
mittlere Fremdgeräuschabstand war am Messpunkt am Wohnhaus außen kleiner als 3
dB(A). Aufgrund der kurzen Phasen mit weniger Fremdgeräuschen konnte der
Sachverständige die Geräuschsituation lediglich mit 43 db(A) abschätzen. Dies
war für ihn der überzeugende Anlass, an einem Ersatzmesspunkt zu messen. Diese
Vorgehensweise ist nach Anhang A.3.4.1 der TA Lärm ausdrücklich zugelassen. Die
Lage des Ersatzmesspunktes hat der Sachverständige konkret beschrieben
(Seite 11 seines Gutachtens vom 28.04.2017), nämlich gelegen am Rand einer
Ackerfläche mit Abständen zu den Windenergieanlagen von 320 m, 450 m und 480 m
und zum Wohnhaus des Klägers von 290 m. Am Ersatzmesspunkt lag der
Fremdgeräuschabstand tagsüber und nachts über 3 dB(A). Die Messungen und
Berechnungen des Sachverständigen einschließlich der Abstandskorrektur hat der
Kläger nicht konkret angegriffen.
e) Der
Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass von den drei
Windenergieanlagen ausgehender, über den Erdboden vermittelter und auf sein
Hausgrundstück treffender erheblicher „Körperschall“ zu beklagen sei. Diese
Behauptung hat der Kläger im ersten Rechtszug nicht aufgestellt. Sie ist im
Berufungsrechtszug neu. Die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2
Satz 1 ZPO für die Zulassung dieses neuen Angriffsmittels liegen nicht
vor. Die Behauptung des Klägers, dass in seinem Haus festzustellende
Schwingungen auf die drei Windenergieanlagen zurückzuführen sind, ist zudem ins
Blaue hinein aufgestellt. Diese sind nach seinen Angaben in der mündlichen
Verhandlung vom 07.10.2016 zwischen 507 und 730 Meter entfernt. Anhaltspunkte
dafür, dass es tatsächlich einen ursächlichen Zusammenhang geben könnte, gibt
es nicht.
f) Das
Ergebnis des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen A. wird durch zwei
weitere außergerichtliche Gutachten gestützt. Vor den Genehmigungen der drei
Windenergieanlagen hat die Beklagte die Schall-Immissionsprognose der Akustik
B. GmbH vom 29.03.2010 beigebracht, wonach die Einhaltung der bezeichneten
Grenzwerte zu erwarten war. Spätestens neun Monate nach Inbetriebnahme der
Windenergieanlagen hat die Beklagte entsprechend den Auflagen in den
Genehmigungen vom 15.04.2011 das Schallimmissionsgutachten von C. vom
21.08.2013 vorgelegt, das diese Prognose bestätigt hat. Die aufs Geratewohl
aufgestellte Behauptung des Klägers, es handele sich - wie auch bei dem
Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen - sämtlich um
Gefälligkeitsgutachten, wird durch nichts bestätigt.
4. Der
Kläger hat seinen Vortrag zu den übrigen behaupteten Beeinträchtigungen durch
die Windenergieanlagen (Infraschall, optisch bedrängende Wirkung, Schattenwurf,
„Disco-Effekt“, Tag- und Nachtkennung) im Termin zur mündlichen Verhandlung vom
23.11.2021 ausdrücklich nicht aufrechterhalten, sodass Ausführungen insoweit
nicht mehr veranlasst sind. Im Übrigen sind die Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteils zutreffend, auch soweit sie derartige Beeinträchtigungen
betreffen.
III. Die
Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10,
711 ZPO. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO für die
Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine
grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erfordern nicht eine Entscheidung des
Revisionsgerichts. Das Urteil beruht insbesondere nicht auf einer Beantwortung
der Frage, ob ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB analog iVm
§ 823 Abs. 1 BGB wegen Beeinträchtigungen der Gesundheit und der
körperlichen Unversehrtheit durch § 14 Satz 1 1. Halbsatz BImSchG
ausgeschlossen ist. Das Urteil des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen
Oberlandesgerichts vom 13.06.2019 (7 U 140/18; DVBl. 2020, 142) beruhte allein
auf der Annahme, dass das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen
Mangel gelitten habe, da das Landgericht den behaupteten Immissionen durch
Infraschall, „Discoeffekt“, Schatten- und Eiswurf mit entsprechenden
Beweisangeboten nicht nachgegangen sei (vgl. nachfolgend BGH LSK 2020, 15986
juris Rn. 6). Um solche Beeinträchtigungen und deren Beurteilung geht es hier
nicht.
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