Die Klägerin war nach ihrer Behauptung am 02.12.2016 gegen 07.15 Uhr als Fahrgast am Hauptbahnhof mit dem Personennahverkehr in A. angekommen und sei im Hauptbahnhof auf dem Weg vom Ankunftsbahnsteig zur U-Bahnstation in einer Personenunterführung wegen fehlender Verfliesung in einem Teilbereich zu Fall gekommen. Die Klage auf Schadensersatz wurde vom Landgericht wegen fehlender Passivlegitimation der Beklagten abgewiesen, da nicht die Beklagte (Deutsche Bahn AG) sondern die DB Regio AG den Beförderungsvertrag mit ihr geschlossen habe und Betreiberin des Bahnhofs die DB Station & Service AG sei. Mit seinem Hinweisbeschluss wies das OLG darauf hin, dass es gedenke die Berufung nach § 522 ZPO wegen offensichtlicher Unbegründetheit zurückzuweisen. Da die Berufung nicht zurückgenommen wurde, wies das OLG schließlich nach § 522 ZPO zurück.
Nach dem Hinweisbeschluss hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
Vertragliche Ansprüche der Klägerin würden daran scheitern, dass sie mit der Beklagten keinen Beförderungsvertrag abgeschlossen habe. Es käme nicht darauf an, wer Betreiberin des Schienennetzes sei (was auch nicht die Beklagte gewesen sei), sondern für einen vertraglichen Haftungsanspruch darauf, wer den Fahrkartenverkauf vornahm. Nur mit diesem Eisenbahnverkehrsunternehmen sei der Beförderungsvertrag abgeschlossen worden und ein Vertragsverhältnis begründet worden, nicht mit einem Eisenbahninfrastrukturunternehmen, denen sich die Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Erfüllung der von ihnen übernommenen Beförderungspflicht als Erfüllungsgehilfen bedienen würden (wozu neben der DB Station & Service AG als Betreiberin des Bahnhofs auch der Schienennetzbetreiber gehöre.
Auch der Umstand, dass die DB Vertrieb GmbH später der Klägerin Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG zugesandt habe und ihr nach dem Unfall ein Hinweisblatt der DB Station & Service Banhofsmanagement A. ausgehändigt wurden, wonach bei Schadensfällen im Bahnhofsgebäude, im Bahnhof oder in Zügen des Regional- und Fernverkehrs die „Deutsche Bahn AG Haftungsangelegenheiten Personenverkehr“ als Ansprechpartner angegeben wurde, würde daran nichts ändern. Dies bereits deshalb nicht, da dies nach Vertragsabschluss erfolgt sei. Zudem ergäbe sich aus der im Abonnementvertrag der Klägerin durch die Angabe „Mit den Beförderungsbedingungen des Verbundes … bin ich einverstanden“, dass im Rahmen des Beförderungsvertrages zwischen der Klägerin und der DB Regio AG die Beförderungsbedingungen der Beklagten anerkannt würden. Auch habe die erst nach dem Unfall von der Bahnhofsbetreiberin DB Station & Service AG als Ansprechpartnerin angegebene Abteilung „Haftungsangelegenheiten“ der Beklagten sogleich klarstellend mitgeteilt, die Angelegenheit für die DB Station & Service AG zu bearbeiten. Auch danach scheide die Annahme eines Abschlusses eines Beförderungsvertrages mit der Beklagten aus; auch sei kein Raum für eine Haftung nach Anscheins- und Rechtscheinsgrundsätzen gegeben.
Anhaltspunkte für eine deliktische Haftung der Beklagten lägen nicht vor. Solche könnten sich nur gegen die Betreiberin des Bahnhofsgebäudes, der DB Station & Service AG richten.
OLG Hamm, Hinweisbeschluss vom
23.06.2021 - 11 U 38/21 -
Aus den Gründen:
Tenor
I. Der
Senat weist darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen
das am 29.01.2021 verkündete Urteil des Einzelrichters der 25. Zivilkammer des
Landgerichts Dortmund durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2
ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
II. Der
Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses
Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder mitzuteilen, ob die Berufung
aus Kostengründen zurückgenommen wird.
Gründe
I.
Die Klägerin
nimmt die Beklagte wegen eines Unfalls, den sie nach ihrem Behaupten am
02.12.2016 gegen 7.15 Uhr als Fahrgast auf dem Hauptbahnhof in A erlitten haben
will, auf Zahlung eines angemessenen, sich ihrer Vorstellung nach zumindest auf
15.000,- EUR belaufenden Schmerzensgeldes sowie auf Erstattung der Kosten für
einen Arztbericht in Höhe von 48,67 EUR und von vorprozessualen
Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 EUR in Anspruch. Des Weiteren
begehrt sie die Feststellung der Ersatzverpflichtung der Beklagten für ihre zukünftigen,
unfallbedingten immateriellen und materiellen Schäden.
Nach ihrem
Behaupten war die Klägerin am Unfalltag von ihrem Wohnort B kommend mit dem
Personennahverkehr zum Bahnhof in A gefahren und wollte von dort mit der U-Bahn
weiterreisen. Auf ihrem Weg vom Ankunftsbahnsteig zur U-Bahnstation sei sie in
der dorthin führenden Personenunterführung des Bahnhofs zu Fall gekommen, weil
in dieser auf einer ca. 1-2 qm großen Teilfläche des Fußbodenbereichs die
Verfliesung gefehlt habe.
In erster
Instanz haben die Parteien unter anderem darüber gestritten, ob die Beklagte
überhaupt passivlegitimiert ist, es sich bei der von der Klägerin behaupteten
Unfallstelle um eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle gehandelt hat und wenn
ja, ob der Klägerin ein Mitverschulden am Zustandekommen des Unfalls zur Last
fällt. Ferner hat man über den Umfang der von der Klägerin erlittenen
Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie das Vorliegen eines Dauerschadens
gestritten.
Das Landgericht
hat mit seinem angefochtenen Urteil vom 29.01.2021 die Klage mit der Begründung
abgewiesen, dass der Klägerin wegen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens
weder ein vertraglicher noch deliktischer Schadensersatzanspruch gegen die
Beklagte zustehe. Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch bestehe deshalb
nicht, weil zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis bestanden habe. Der
von der Klägerin abgeschlossene Beförderungsvertrag sei nicht mit der
Beklagten, sondern mit der DB Regio AG zustande gekommen. Vor diesem
Hintergrund sei auch der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung des BGH vom
17.01.2012 (Az.: X ZR 59/11) nicht zielführend. Auch eine (Mit-)Haftung der
Beklagten unter Anscheins- oder Rechtsscheinsgesichtspunkten wegen ihres
Verhaltens im Zuge der vorgerichtlichen Anspruchsstellung komme nicht in
Betracht, weil die Beklagte in ihrem Schreiben vom 04.01.2017 ausdrücklich
darauf hingewiesen habe, die Angelegenheit lediglich im Auftrag der DB Station
& Service AG zu bearbeiten. Ein deliktischer Schadensersatzanspruch aus § 823
Abs. 1 BGB stehe der Klägerin ebenfalls nicht gegen die Beklagte zu, weil
nicht diese, sondern die DB Station & Service AG Betreiberin des Bahnhofs
und damit für diesen verkehrssicherungspflichtig sei
Wegen der
weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts einschließlich der
erstinstanzlichen Anträge und der Urteilsbegründung wird auf die
erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts vom 29.01.2021 Bezug genommen.
Mit der
Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Sie
meint, das Landgericht habe zu Unrecht die Passivlegitimation der Beklagten
verneint. Die Beklagte sei passivlegitimiert, weil sie und nicht die DB Region
AG Betreiberin des Schienennetzes und damit auch der von ihr am Unfalltag
benutzten Schienenbahn sei. Die von ihr mit Schriftsatz vom 22.01.2021
überreichten Übersendungsschreiben enthielten ausdrücklich den Hinweis, dass
die Beförderungsbedingungen der Deutschen Bahn AG zu beachten sein. Dies in
Verbindung mit dem hervorgehobenen Logo der Beklagten lasse keinen anderen
Rückschluss zu, als dass der Beförderungsvertrag durch die Beklagte und nicht
etwa durch ein Tochterunternehmen ausgeführt wird. Dementsprechend sei ihr auch
nach dem Unfall durch einen Mitarbeiter der Beklagten der schriftliche Hinweis erteilt
worden, dass bei Schadensfällen in Bahnhofsgebäude und im Bahnhof, in den Zügen
des Regional- oder Fernverkehrs die "Deutsche Bahn AG -
Haftungsangelegenheit Personenverkehr -" für die Schadensabwicklung
zuständig sei. Ausführendes Eisenbahnunternehmen sei danach die Beklagte.
Entsprechend habe sie auch etwaige Versäumnisse der DB Station & Service AG
als ihre Erfüllungsgehilfin zu verantworten.
Wegen der
weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf Blatt 177 bis 180 der
Akten Bezug genommen.
Die Klägerin
hat angekündigt, zu beantragen,
unter
Abänderung des am 29.01.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Dortmund die
Beklagte zu verurteilen,
1. an sie
ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das freie Ermessen des Gerichts
gestellt wird, mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 23.02.2017 zu zahlen,
2. an sie
einen Betrag von 48,67 EUR sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in
Höhe von 1.029,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. festzustellen,
dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr zukünftige immaterielle und materielle
Schäden, die auf dem Unfallereignis beruhen, zu ersetzen, soweit die
Schadensersatzansprüche nicht auf Dritte oder Versorgungs- oder
Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Die Beklagte
hat angekündigt, zu beantragen,
die Berufung
zurückzuweisen.
Sie hat auf die
Berufung noch nicht erwidert.
II.
Die Berufung
der Klägerin ist zulässig, hat aber nach einstimmiger Überzeugung des Senats in
der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2
S. 1 Nr. 1 ZPO). Die Rechtssache hat zudem weder grundsätzliche
Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO), noch erfordert die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Senats (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO);
auch eine mündliche Verhandlung vor dem Senat ist nicht geboten (§ 522
Abs. 2 S. 1. Nr. 4 ZPO).
Die mit der
Berufung gegen das angefochtene Urteil erhobenen Einwände tragen weder im Sinne
des § 513 Abs. 1 ZPO die Feststellung, dass die Entscheidung auf
einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO), noch, dass nach § 529 ZPO
zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Das Landgericht
hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin
aufgrund des Unfallgeschehens vom 02.12.2016 keinerlei Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche
gegen die Beklagte zustehen.
1.
Entsprechende vertragliche Ansprüche der Klägerin scheitern nach den
zutreffenden Ausführungen des Landgerichts bereits daran, dass im Zusammenhang
mit der damaligen Zugreise der Klägerin kein Vertragsverhältnis zwischen den
Parteien zustande gekommen ist. Die Klägerin zeigt mit der Berufung keine
Umstände auf, die eine hiervon abweichende Beurteilung erlauben würden.
Dies gilt
zunächst für das Berufungsvorbringen der Klägerin, dass die Beklagte Betreiberin
des Schienennetzes und damit auch der Zugverbindung gewesen sei, die sie am
Unfalltag benutzt habe. Dieser Vortrag geht schon deshalb fehl, weil die
Beklagte nicht die Betreiberin des Schienennetzes ist. Das in Deutschland von
den Eisenbahnverkehrsunternehmen benutzte Schienennetz wird vielmehr durch
andere Unternehmen betrieben, wobei die DB Netz AG und die DB RegioNetz
Infrastruktur zu den größten Schienennetzbetreibern gehören. Unabhängig davon
ist durch den von der Klägerin vorgenommenen Ticketkauf aber auch allein ein
Vertragsverhältnis zu dem die Beförderung durchführenden
Eisenbahnverkehrsunternehmen zustande gekommen und nicht auch zu den
Eisenbahninfrastrukturunternehmen, denen sich das Eisenbahnverkehrsunternehmen
zur Erfüllung der von ihm vertraglich übernommenen Beförderungspflicht als
Erfüllungsgehilfen bedient hat und zu denen neben die DB Station & Service
AG als Betreiberin des Bahnhofs auch der Schienennetzbetreiber gehört.
Der von der
Klägerin am Unfalltag unternommenen Zugreise zugrunde liegende
Beförderungsvertrag wurde jedoch aus den zutreffenden und vom Senat nach
eigener Prüfung ausdrücklich als richtig geteilten Ausführungen des
Landgerichts von der Klägerin mit der DB Regio AG als
Eisenbahnverkehrsunternehmen abgeschlossen. Dieses ergibt sich in
unzweideutiger Weise aus der bereits vom Landgericht im angefochtenen Urteil
zitierten Wendung in dem Abonnementvertrag vom 26.06.2013: "Der Vertrag
kommt für das Abonnement im Nahverkehr mit der DB Regio AG zustande. Die
Bestellung und Abwicklung erfolgt durch die DB Vertriebs GmbH". Hiermit
hat die den Abonnementvertrag unterzeichnende DB Vertriebs GmbH
unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der von der Klägerin mit dem
Ticketkauf angestrebte Beförderungsvertrag von ihr, also der DB Vertriebs GmbH,
namens und im Auftrag der DB Regio AG abgeschlossenen wird. Dass in den
späteren, von der Klägerin als Anlage HLW 20 überreichten Übersendungsschreiben
der DB Vertrieb GmbH um Beachtung der beigefügten Beförderungsbedingungen der
Deutschen Bahn AG gebeten und der Klägerin nach dem Unfall ein Hinweisblatt der
DB Station & Service Bahnhofsmanagement A ausgehändigt wurde, in dem als
Ansprechpartner bei Schadensfällen im Bahnhofsgebäude oder im Bahnhof sowie in
Zügen des Regional- und Fernverkehrs die "Deutsche Bahn AG
Haftungsangelegenheiten Personenverkehr Postfach 1104.23, 60039 Frankfurt
/Main" angegeben wurde, rechtfertigt keine hiervon abweichende
Beurteilung. Dies gilt schon deshalb, weil es sich hierbei jeweils um Vorgänge handelt,
die zeitlich erst nach dem bereits am 26.06.2013 erfolgten Vertragsschluss
liegen. Zudem ergibt sich bereits aus der im Abonnementvertrag vom 26.06.2013
enthaltenen Wendung "Mit den Beförderungsbedingungen des Verbundes ... bin
ich einverstanden", dass im Rahmen des zwischen der Klägerin und d er DB
Regio AG abgeschlossenen Beförderungsvertrags die Beförderungsbedingungen der
Beklagten als vereinbart gelten sollten. Auch hat die erst nach dem Unfall von
der Bahnhofsbetreiberin DB Station & Service GmbH als Ansprechpartnerin
angegebene Abteilung "Haftungsangelegenheiten" der Beklagten mit
Schreiben vom 04.01.2017 sogleich klargestellt, die Angelegenheit im Auftrag
der DB Station & Service AG zu bearbeiten. Von einem Abschluss des
Beförderungsvertrages mit der Beklagten konnte die Klägerin nach alledem nicht
ausgehen, weshalb vorliegend auch für eine Haftung der Beklagten nach
Anscheins- und Rechtsscheinsgrundsätzen kein Raum bleibt.
2.
Soweit das Landgericht eine deliktische Haftung der Beklagten mit der Begründung
zurückgewiesen hat, dass nicht die Beklagte, sondern die DB Station &
Service AG Betreiberin des Bahnhofs in A sei, lässt auch dies Rechtsfehler
nicht erkennen. Die dahingehenden Ausführungen des Landgerichts werden auch
nicht mit der Berufung angegriffen.
Damit erweist
sich aber die Berufung der Klägerin insgesamt als offensichtlich unbegründet.
Anmerkung: Die Berufung ist mit Beschluss vom 11.08.2021 zurückgewiesen worden.
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