Die Kläger waren seit 1998 Eigentümer eines in einem Wochenendhausgebiet (bis 2013) liegenden Grundstücks, bebaut mit einem als Wochenendhaus genehmigten und ab Anbeginn an zum dauerhaften Wohne genutzten Haus, für welches sie letztlich 2018 die entsprechende bauaufsichtsrechtliche Genehmigung erhielten. Von einer öffentlichen Straße zweigen Fußwege zu den einzelnen Grundstücken ab, die (wie mit einer Länge von 80m zum Grundstück der Kläger hin) nicht mit Kraftfahrzeugen befahren werden dürfen (Verbotsschilder). Auf einem Privatgrundstück am Eingang der Siedlung befindet sich ein Parkplatz. Der Beklagte erwarb in 2017 ein an die Sedlung und das Grundstück der Kläger grenzendes Grundstück, auf dem der „Sandweg“ verläuft, der an dem hinteren Teil des Grundstücks der Kläger vorbeiführt und nah Angaben der Kläger von diesen seit 1998 als Zufahrt zu ihrem Grundstück genutzt wurde. Der Beklagte wollte für die Nutzung des Weges ein Entgelt und errichtete, nachdem die Kläger nicht bereit waren ein solche zu zahlen, einen Zaun, der die Durchfahrt verhinderte. Mit ihrer Klage begehrten die Kläger die Duldung der Benutzung des Sandweges zwecks Zugang und Zufahrt zu ihrem Grundstück. Klage und Berufung gegen das Urteil wurden zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgten die Kläger - nunmehr Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Notwegrente - das Klageziel weiter.
Der BGH wies die Revision zurück.
Ein Wegerecht könne nur durch schuldrechtliche Vereinbarung oder als Notwegerecht nach § 917 BGB entstehen. Eine schuldrechtliche Vereinbarung sei nicht zustandegekommen. Die Gestattung des früheren Eigentümers des Grundstücks des Beklagten binde diesen als Einzelrechtsnachfolger nicht.
Die Voraussetzungen für ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 S. 1 BGB lägen nicht vor. Voraussetzung dafür sei, einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehle. Diese Voraussetzung läge nicht vor. Zwar sei das Grundstück nur über einen (öffentlichen) Fußweg von einer öffentlichen Straße aus zu erreichen, was aber in Ansehung der besonderen Struktur der Wohnsiedlung ausnahmsweise eine ausreichende Verbindung iSv. § 917 Abs. 1 BGB darstelle.
Auch wenn grundsätzlich für die ordnungsgemäße Benutzung eines Wohngrundstücks die Erreichbarkeit auch mit Kraftfahrzeugen Voraussetzung sei, würde dieser Grundsatz nicht ausnahmslos gelten. Dort, wo Grundstücke aufgrund ihrer besonderen Lage nicht mit Kraftfahrzeugen angefahren werden können oder sollen, würde die Erreichbarkeit mit diesen nicht zur ordnungsgemäßem Benutzung gehören. Dies könne bei von alters her überkommenen beengten Verhältnissen in städtischen Kerngebieten liegen, die eine Zufahrt nicht erlauben würden, oder deshalb ausscheiden, da das Grundstück nach der Planungs- oder Nutzungskonzeption bewusst von Fahrzeugverkehr freigehalten werden soll (wie z.B. bei Fußgängerzonen). Gleiches würde gelten, wenn eine Wohnanlage bewusst so geplant und geschaffen worden sei, dass der Fahrverkehr von den unmittelbar zu den Wohngrundstücken führenden Wegen ferngehalten würde. Dieses Planungs- und Nutzungskonzept würde auf die ordnungsmäßige Nutzung des in diesem Gebiet liegenden Grundstücks einwirken mit der Folge, dass die Erreichbarkeit des Grundstücks mit dem Kraftfahrzeug nicht Bestandteil der ordnungsmäßigen Nutzung würde.
Vorliegend sei das Berufungsgericht zutreffend von einem Planungskonzept ausgegangen, nach dem die Grundstücke in dem Gebiet nicht mit Kraftfahrzeugen angefahren werden könnten. Es sei nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als reine Wochenendhaussiedlung konzipiert worden, bei dem das zeitweilige Wohnen im Grünen und die Erholung in der Natur im Vordergrund gestanden hätten. Nach diesem Konzept könnten Kraftfahrzeuge nur die mittig durch die Siedlung führende Straße (an der auch geparkt werden kann) benutzen, von der dann Fußwege zu den einzelnen Grundstücken abzweigen würden.
Das Planungskonzept sei auch nicht durch die Aufhebungssatzung der Gemeinde (zur Widmung des Gebietes als Wochenendhausgebiet) von 2013 aufgegeben worden. Die Zulässigkeit von Bauvorhaben in dem Gebiet würde sich danach nunmehr nach § 34 BauGB orientieren. Das Fehlen positiver gesetzlicher oder gemeindlicher Planungsvorstellungen würde in § 34 BauGB durch die Zugrundelegung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ersetzt. Das Grundstück würde durch die Einbettung in die vorhandene Siedlungsstruktur, wie sie durch den aufgehobenen Bebauungsplan (Wochenendgrundstücke) geprägt wurde, eingebettet. Zwar mögen die die allgemeinen Abforderungen an die Erreichbarkeit bei Grundstücken zum dauerhaften Wohnen andere sein als bei einer bloßen Nutzungsmöglichkeit als Wochenendhausgrundstück. Dem würde aber gegenüberstehen, dass die tatsächlich realisierte Gestaltung als weitgehend autofreie Zone auch nach den neu geschaffenen bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen aufrechterhalten bleiben sollte, was sich auch darin zeige, dass die Gemeinde die Fußwege zwischenzeitlich saniert habe, aber nicht zu Fahrwegen ausgebaut (oder zugelassen) habe.
Alleine die bestandskräftige Baugenehmigung der Kläger aus 2018, wonach das Haus als Wohnhaus (zur dauerhaften Nutzung) genehmigt worden sei, ändere daran nichts. Zwar würde auch zivilrechtlich im Rahmen des § 917 Abs. 1 BGB die öffentlich-rechtliche Erlaubnis den zulässigen Nutzungsrahmen bestimmen (unabhängig davon, ob die Baugenehmigung rechtswidrig war [z.B. wegen fehlender Erschließung] oder nicht). Hätte mithin die Baugenehmigung den Klägern wegen fehlender Erschließung nicht erteilt werden dürfen, würde dies zwar grundsätzlich ein Notwegerecht begründen können. Allerdings stelle die bestandskräftige Baugenehmigung zur Wohnnutzung nur eine notwendige, aber noch keine hinreichende Voraussetzung für eine Notwegerecht dar. Dies erschließe sich schon daraus, dass das öffentliche Baurecht die Erschließung von Wohngrundstücken in der Weise vorgebe, dass diese mit Kraftfahrzeugen unmittelbar angefahren werden könnten. Entscheidend sei die planerische Konzeption der Wohnanlage, die hier keine Erreichbarkeit der einzelnen Wohngrundstücke mit Kraftfahrzeugen vorsehe.
BGH, Urteil vom 11.12.2020
- V ZR 268/19 -
Aus den Gründen:
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. September 2019 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Die Kläger sind seit 1998 Eigentümer eines Grundstücks, welches in einer als Wochenendhausgebiet geplanten Siedlung liegt. Das zunächst nur als Wochenendhaus genehmigte aufstehende Gebäude nutzten sie von Anfang an dauerhaft zu Wohnzwecken; 2018 erhielten sie eine entsprechende bauaufsichtsrechtliche Genehmigung.
Mittig durch die Siedlung verläuft eine öffentliche Straße, von der mehrere etwa zwei Meter breite öffentliche Fußwege abzweigen, über welche die einzelnen Grundstücke zu erreichen sind. Eine Nutzung dieser Fußwege mittels Kraftfahrzeugen wird durch Verbotsschilder untersagt und durch Poller verhindert. Der Weg zwischen der öffentlichen Straße und dem Grundstück der Kläger beträgt etwa 80 Meter. Am Eingang der Siedlung befindet sich auf einem Privatgrundstück ein Parkplatz. Zudem können Fahrzeuge entlang der mittig durch die Siedlung verlaufenden Straße abgestellt werden.
Der Beklagte erwarb im Jahr 2017 ein an die Siedlung und an das Grundstück der Kläger angrenzendes Grundstück. Hierauf verläuft der sog. Sandweg, der an dem hinteren Teil des Grundstücks der Kläger vorbeiführt. Der Weg ist mit einer öffentlichen Straße verbunden; nach Darstellung der Kläger haben sie ihn seit 1998 als Zufahrt zu ihrem Grundstück genutzt. Nachdem der Beklagte angekündigt hatte, eine Nutzung des Wegs künftig nur gegen Entgelt zu gestatten, Vertragsverhandlungen hierüber aber gescheitert waren, errichtete er einen Zaun, der die Durchfahrt verhindert.
Die Kläger verlangen von dem Beklagten, die Benutzung des Sandwegs zum Zwecke des Zugangs und der Zufahrt mit einem PKW zu ihrem Grundstück zu dulden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter, allerdings nur noch Zug um Zug gegen Zahlung einer angemessenen Notwegrente.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht meint, den Klägern stehe gegen den Beklagten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Nutzung seines Grundstücks als Zuwegung für ihr Grundstück zu. Ein schuldrechtliches oder dingliches Nutzungsrecht bestehe nicht. Ein Anspruch auf Einräumung eines Notwegrechts sei nicht gegeben, weil die Kläger ihr Grundstück über einen öffentlichen Fußweg erreichen könnten. Zur ordnungsmäßigen Nutzung eines Wohngrundstücks im Sinne dieser Vorschrift gehöre zwar in der Regel die Möglichkeit, es mit Kraftfahrzeugen anzufahren. Hier sei das aber ausnahmsweise anders, weil das Grundstück der Kläger nicht dazu bestimmt sei, mit Kraftfahrzeugen erreicht zu werden. Das Erschließungs- und Nutzungskonzept der Siedlung sei von Anfang an darauf ausgerichtet gewesen, die einzelnen Grundstücke lediglich über Fußwege zu erschließen und Fahrzeuge weitgehend aus der Siedlung herauszuhalten. Derartige Erschließungskonzepte einer ruhigen, autofreien Wohnsiedlung dürften nicht über das Notwegrecht unterlaufen werden. In Anbetracht der übrigen, vergleichbar betroffenen Eigentümer könne es andernfalls zu einer Vielzahl von Notwegrechten und entsprechenden Belastungen kommen. Dass nunmehr viele der Häuser in der Siedlung dauerhaft zu Wohnzwecken genutzt werden dürften, ändere nichts an dem Konzept der autofreien Wohnsiedlung.
II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Annahme des Berufungsgerichts, den Klägern stehe ein Anspruch auf Nutzung des Grundstücks des Beklagten aus keinem Rechtsgrund zu, ist frei von Rechtsfehlern.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass in einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn ein Wegerecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch außerhalb des Grundbuchs nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegrecht unter den Voraussetzungen des § 917 BGB entstehen kann (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 2020 - V ZR 155/18, ZfIR 2020, 383 Rn. 10). Zu einer schuldrechtlichen Vereinbarung mit dem Beklagten ist es nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht gekommen. Eine Gestattung der Nutzung des Wegs durch den früheren Eigentümer des benachbarten Grundstücks bindet den Beklagten als Einzelrechtsnachfolger nicht (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, ZfIR 2015, 663 Rn. 7 mwN).
2. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass den Klägern nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Notwegrecht zusteht. Nach dieser Vorschrift kann, wenn einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt, der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Dem Grundstück der Kläger fehlt es nicht an der zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendigen Verbindung. Es ist zwar nur über einen (öffentlichen) Fußweg mit einer öffentlichen Straße verbunden; im Hinblick auf die besondere Struktur der Wohnsiedlung stellt dies aber ausnahmsweise eine ausreichende Verbindung im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB dar.
a) Allerdings setzt die ordnungsmäßige Benutzung bei einem Wohngrundstück in der Regel die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen voraus (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, ZfIR 2015, 663 Rn. 14; Urteil vom 15. November 2013 - V ZR 24/13, ZfIR 2014, 143 Rn. 22 f.; Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 12; Urteil vom 12. Dezember 2008 - V ZR 106/07, NJW-RR 2009, 515 Rn. 24). Auch ein kurzer öffentlicher Fuß- oder Radweg - wie vorliegend von rund 80 Metern - zwischen der Stelle, an die ein Fahrzeug noch gelangen kann, und der Grundstücksgrenze genügt den Anforderungen an eine hinreichende Verbindung im Allgemeinen nicht (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, ZfIR 2015, 663 Rn. 29).
b) Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht ausnahmslos. Dort, wo Grundstücke aufgrund ihrer besonderen Lage mit Kraftfahrzeugen nicht angefahren werden können oder sollen, gehört eine solche Erreichbarkeit ausnahmsweise nicht zu ihrer ordnungsmäßigen Benutzung. So kann es etwa bei von alters her überkommenen beengten Verhältnissen in städtischen Kernbereichen liegen, wenn die historischen gewachsenen örtlichen Verhältnisse es nicht zulassen, die zum Wohnen bestimmten Grundstücke mit Kraftfahrzeugen anzufahren (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1979 - V ZR 85/78, BGHZ 75, 315, 319 f.). Auch dort, wo ein Grundstück in einem Bereich liegt, der nach der Planungs- oder Nutzungskonzeption bewusst von Fahrzeugverkehr freigehalten werden soll, wie etwa bei einer ausgewiesenen Fußgängerzone, hindert mangelnde Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen es nicht, seine ordnungsmäßige Nutzung als gewährleistet anzusehen (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1979 - V ZR 85/78, BGHZ 75, 315, 319 f.). Ebenso liegt es, wenn Wohnanlagen bewusst in der Weise geplant und geschaffen werden, dass der Fahrzeugverkehr von den unmittelbar zu den Wohngrundstücken führenden Wegen ferngehalten wird. Das planerische Konzept will in solchen Fällen durch die völlige oder weitgehende Zurückdrängung von Kraftfahrzeugen eine Wohnlage herstellen, die von den mit diesen verbundenen Belästigungen frei ist und das Wohnen attraktiv machen soll. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, wirkt ein solches Planungs- und Nutzungskonzept auf die ordnungsmäßige Nutzung des in dem entsprechenden Gebiet gelegenen Grundstücks ein. Die Erreichbarkeit des Wohngrundstücks mit einem Kraftfahrzeug ist dann nicht Bestandteil der ordnungsmäßigen Nutzung (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1979 - V ZR 85/78, BGHZ 75, 315, 319 f.; OLG Köln, OLGZ 1967, 157, 161; LG Hannover, NJW 1969, 190; BeckOGK/Vollkommer, BGB [1.10.2020], § 917 Rn. 31; MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl., § 917 Rn. 21; NK-BGB/Ring, 4. Aufl., § 917 Rn. 13a; Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 3. Aufl., Kapitel 4 Rn. 31; Grziwotz, ZfIR 2015, 666, 667). Die ordnungsmäßige Nutzung eines Wohngrundstücks im Sinne des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt dessen Erreichbarkeit mit einem Kraftfahrzeug daher ausnahmsweise nicht voraus, wenn das Grundstück in einem Gebiet liegt, in dem der Kraftfahrzeugverkehr nach der planerischen Konzeption von den einzelnen Wohngrundstücken ferngehalten werden soll; ein Notwegrecht kann dann nicht verlangt werden.
c) Nach diesen Grundsätzen nimmt das Berufungsgericht zutreffend an, dass die Kläger von dem Beklagten kein Notwegrecht beanspruchen können.
aa) Rechtsfehlerfrei geht es von einem Planungskonzept für die hier in Rede stehende Siedlung aus, nach dem die einzelnen Grundstücke nicht mit einem Kraftfahrzeug angefahren werden können. Das Gebiet ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als reine Wochenendhaussiedlung konzipiert worden, wobei das zeitweilige Wohnen im „Grünen“ und die Erholung in der Natur im Vordergrund standen. Entsprechend diesem Konzept können Kraftfahrzeuge nur die mittig durch die Siedlung verlaufende Straße benutzen, von der die Fußwege zu den einzelnen Grundstücken abzweigen.
Die Rüge der Kläger, das Berufungsgericht habe ihren Vortrag übergangen, wonach die zuständige Gemeinde das der Errichtung der Siedlung zugrundeliegende Planungskonzept förmlich aufgegeben habe, ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat sich mit der in der Berufungsinstanz vorgelegten Erklärung der Gemeinde zur Aufhebungssatzung auseinandergesetzt und ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass sich das ursprüngliche Planungskonzept der Siedlung trotz der Legalisierung des Dauerwohnens nicht verändert hat. Zutreffend ist zwar, dass der Bebauungsplan für das Siedlungsgebiet, der eine Wochenend-Wohnnutzung mit Erholungscharakter vorsah, 2013 aufgehoben wurde. Wie der erläuternden Erklärung der Gemeinde zur Aufhebungssatzung zu entnehmen ist, wurde aber kein neuer Bebauungsplan mit einer veränderten Nutzungskonzeption beschlossen. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit von Bauvorhaben in der Siedlung nunmehr nach dem für unbeplante Innenbereiche geltenden § 34 BauGB. Das Fehlen positiver gesetzlicher oder gemeindlicher Planungsvorstellungen wird in dieser Vorschrift im Grundsatz durch die Zugrundelegung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ersetzt (Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang/Reidt, 14. Aufl., BauGB § 34 Rn. 1). Daher ist die Einbettung des Grundstücks in die vorhandene Siedlungsstruktur, die durch das Gestaltungskonzept des mittlerweile aufgehobenen Bebauungsplans geprägt ist, nach wie vor maßgebend. Die nunmehr gegebene bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer dauerhaften Wohnnutzung anstelle der bis 2013 nur zulässigen Wochenend-Wohnnutzung ändert hieran nichts. Zwar mögen im Allgemeinen die Anforderungen an die Erreichbarkeit von Grundstücken bei einer Nutzung zum dauerhaften Wohnen andere sein als bei einer bloß zulässigen Wochenendnutzung. Dem steht aber gegenüber, dass die tatsächlich realisierte planerische Gestaltung des Gebiets als weitgehend autofreie Zone auch nach den neu geschaffenen bauplanungsrechtlichen Rahmenbedingungen aufrechterhalten bleiben soll. Dies findet seinen Ausdruck insbesondere darin, dass die Gemeinde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die in der Siedlung vorhandenen Fußwege mittlerweile saniert, nicht aber zu Fahrwegen ausgebaut hat. Dass die weitgehend autofreie Zone nicht mehr dem Erholungscharakter eines Wochenendgebiets, sondern den Ruhe- und Freizeitbedürfnissen der Personen dient, die in dem nunmehr zum dauerhaften Wohnen bestimmten Gebiet ansässig sind, gibt der fortbestehenden planerischen Konzeption nur einen anderen Sinngehalt, entzieht dieser aber nicht die Grundlage.
bb) Entgegen der Ansicht der Kläger kann auch nicht aus der ihnen 2018 erteilten bestandskräftigen Baugenehmigung abgeleitet werden, dass ihr Grundstück einer Zufahrtsmöglichkeit für Kraftfahrzeuge bedarf.
Zutreffend ist zwar, dass die öffentlich-rechtliche Erlaubnis der Nutzung als Wohngrundstück auch in zivilrechtlicher Hinsicht den zulässigen Nutzungsrahmen im Sinne des § 917 Abs. 1 BGB bestimmt (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, ZfIR 2015, 663 Rn. 16; Urteil vom 7. Juli 2006 - V ZR 159/05, NJW 2006, 3426 Rn. 10). Die Baugenehmigung stellt nämlich verbindlich fest, dass das Vorhaben mit dem Baurecht übereinstimmt. Das gilt auch dann, wenn sie rechtswidrig ist. Hätte daher wegen der fehlenden Erschließung die Baugenehmigung nicht erteilt werden dürfen, ist dies wegen ihrer Bestandskraft unerheblich. Da es für die Bestimmung, ob ein Grundstück ordnungsmäßig im Sinne von § 917 Abs. 1 BGB genutzt wird, ohne Belang ist, aus welchen Gründen ihm die Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt, führt die fehlende Erschließung des Wohngrundstücks in einem solchen Fall grundsätzlich zu einem Notwegrecht (vgl. Senat, Urteil vom 24. April 2015 - V ZR 138/14, ZfIR 2015, 663 Rn. 16 f.; BVerwG, NJW-RR 1999, 165 f.; BVerwGE 50, 282, 289).
Die aufgrund einer (bestandskräftigen) Baugenehmigung erfolgte Wohnnutzung stellt allerdings nur eine notwendige, aber noch keine hinreichende Voraussetzung für ein Notwegrecht dar (vgl. Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarecht, 3. Aufl., Kapitel 4 Rn. 21). Das wird hier daran deutlich, dass das öffentlich-rechtliche Baurecht keineswegs die Erschließung von Wohngrundstücken in der Weise vorgibt, diese müssten mit einem Kraftfahrzeug unmittelbar angefahren werden können. So kann eine Erschließung nach öffentlich-rechtlichem Baurecht durchaus auch über unbefahrbare Wohnwege erfolgen (vgl. BVerwG, NVwZ 1994, 910, 911). Entscheidend ist somit die planerische Konzeption einer Wohnanlage, die nach den vorangegangenen Ausführungen hier eine Erreichbarkeit der einzelnen Wohngrundstücke mit einem Kraftfahrzeug gerade ausschließt.
cc) Weil sich die ordnungsmäßige Benutzung eines Grundstücks im Sinne von § 917 Abs. 1 BGB allein nach objektiven Gesichtspunkten bestimmt, nicht dagegen nach einem persönlichen Bedürfnis des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2013 - V ZR 278/12, NJW-RR 2014, 398 Rn. 11 mwN), kommt es nicht darauf an, ob die Kläger alters- oder gesundheitsbedingt darauf angewiesen sind, ihr Grundstück mit einem Kraftfahrzeug anzufahren.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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