Sonntag, 18. Juni 2017

Fitnessstudio: Umzug und fehlende Dusche begründen nicht notwendig eine Kündigung

Das Fitnessstudio hatte seine Räumlichkeiten um 150m verlegt. Der Nutzer kündigte daraufhin fristlos seinen Vertrag und führte u.a. diesen Umzug in Verbindung damit zur Begründung an, dass sich der Charakter des Studios geändert habe und eine Dusche nicht mehr vorhanden sei. Der Klage des Fitnessstudios auf Zahlung des Nutzungsentgeltes wurde stattgegeben.

Vom Amtsgericht wurde darauf hingewiesen, dass ein Umzug nicht per se ein Kündigungsrecht begründe. Es bezog sich dabei auf eine Entscheidung des OLG Hamm vom 16.12.1991 - 17 U 109/91 -, wonach eine Klausel, die die Kündigung für den Fall des Umzugs des Studios ausgeschlossen wurde, unzulässig sei. In dieser Entscheidung hatte das OLG drauf hingewiesen, dass der Umzug für den Nutzer „zumutbar“ sein könne oder nicht. Damit wurde auf den Einzelfall abgestellt. Da hier lediglich eine Distanz von 150m zwischen altem und neuem Studio bestünde, würde der Umzug als solcher keinen Kündigungsgrund darstellen.

Der Nutzer hatte zum Charakter geltend gemacht, es würde sich jetzt nicht mehr um ein Fitnessstudio handeln, sondern eher um ein Reha-Zentrum. Unabhängig davon, dass er selbst einen Reha-Kombi-Tarif gebucht hatte, sah das Amtsgericht darin allerdings keine Beeinträchtigung der Nutzung. Etwas anderes könnte nach dem Urteil wohl dann gelten, wenn der Nutzer nunmehr nicht mehr seine Übungen machte könnte, dies wurde aber vom Amtsgericht nicht festgestellt.

Das Amtsgericht hielt es für heute allgemein üblich, dass in Fitnessstudios Duschen vorhanden sind, so dass der Kunde nicht nach schweißtreibender Aktivität einen womöglich auch weiten Heimweg ungeduscht zurücklegen müsste. Die Duschmöglichkeit hatte es unstreitig im alten Gebäude gebeten (und wurde hier erst später wieder geschaffen). Allerdings könne der Umstand nicht zur Begründung einer Kündigung herangezogen werden, da seitens der Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen wurde, dass der beklagte Nutzer die Dusche nie genutzt habe. Unabhängig von der Frage, ob hier dem Nutzer eine Überbrückung für einige Monate zumutbar gewesen wäre, habe er auch nicht konkret behauptet, die Dusche genutzt zu haben. In Ansehung einer Entfernung von 2,5km zwischen Studio und Wohnung des Nutzers sei die Angabe der Klägerin zudem glaubhaft, dass er nicht geduscht habe.


AG Plettenberg, Urteil vom 12.06.2017 – 1 C 171/16 -

Aus den Gründen:

Tenor


1.    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 162,00 . zzgl. Zinsen i.H.v. 5%­ Punkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz aus jeweils 40,50 € seit dem 16.04., 16.05., 16.06. und 16.07.2016 zu zahlen.
2.    Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 70,20 € nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.06.2016 zu zahlen.
3.    Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.


4.    Das Urteil ist vorläufig  vollstreckbar .

Ohne Tatbestand (gemäߧ 313a Abs. 1 ZPO).


Entscheidungsgründe

Die zulässige  Klage ist begründet.
A)
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Mitgliedbeiträgen i.H.v. 162,00 aus dem Mitgliedschaftsvertrag vom 10.02.2015
i.V.m. 535, 611 BGB.

1)

Der hier unstreitig abgeschlossene streitbefangene Vertrag vom 10.02.2015 über die Mitgliedschaft im Trainings- und Therapiezentrum ist als typengemischter Gebrauchsüberlassungsvertrag mit miet- und dienstvertraglichen Elementen zu qualifizieren, auf die die§§ 535 ff. und§§ 611 ff. BGB  entsprechend sowie auch der
§ 314 BGB Anwendung finden (BGH, NJW 2016, 3719; 2012, 1431; OLG Hamm,
NJW-RR 1992, 242). II)
Aus diesem Vertrag kann die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von 162,00 verlangen.
Ausweislich des abgeschlossenen Vertrages schuldet die Beklagte seit Vertragsbeginn unter dem 01.03.2015 bis zum Vertragsende nach 24 Monaten unter dem 28.02.2017 monatlich die Zahlung eines Betrags von 40,50 €, zahlbar jeweils zum 15. eines Monats.
Soweit der Beklagte daher die Mitgliedsbeiträge für die Monate April bis Juli jeweils zum 15. des jeweiligen Monats nicht beglichen hat, schuldet er die Zahlung i.H.v. 162,00 €.
111)

Der Zahlungsverpflichtung des Beklagten ist nicht durch die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 17.03.2016 erloschen. Der Beklagte war nicht berechtigt das     Vertragsverhältnis     außerordentlich     zu   kündigen.    Die Voraussetzungen des§ 314 BGB sind nicht gegeben.
Im Einzelnen:


Unabhängig von der rechtlichen Einordnung eines Fitnessstudiovertrags als Miet-, Dienst- oder typengemischter Vertrag handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, bei dem dem Kunden ein Recht zur ·außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zusteht. In den Vorschriften der §§ 626 Abs. 1, 543 Abs. 1, 314 Abs. 1 BGB kommt der von Rechtsprechung und Lehre entwickelte allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass den Vertragsparteien eines Dauerschuldverhältnisses stets ein Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zusteht.
Ein wichtiger Grund zur Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
Dabei trägt allerdings der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über  die Erbringung einer Leistung abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Etwas anderes gilt nur, wenn ihm aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, eine weitere Inanspruchnahme der Leistungen des anderen Vertragspartners  nicht  mehr zumutbar  ist (vgl.  Senat,  NJW 2012,  1431 = NZM  2012,  394  Rn.  31 mwN;  NJW
1997, 193 [195] mwN).

So liegen die Dinge hier aber nicht.

1)

So berechtigt  zunächst  die Verlegung  des  Fitnessstudios in die Räumlichkeiten im … vom …. nicht  zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages, denn das Festhalten am Vertrag wird dem Beklagten dadurch nicht unzumutbar.
Verlagert das Fitnessstudio währen der Mitgliedschaft seinen Standort, so ist auf den konkreten Einzelfall mit Blick auf die eintretende Entfernung abzustellen, ohne dass die Standortverlegung per se eine außerordentliche Kündigung rechtfertigte (vgl. Hamm NJW-RR 1992, 444, beck-online). Zwischen den beiden Adressen liegt eine Strecke von lediglich 150 Metern ausweislich des Kartendienstes „Google-Maps". Zur Wohnanschrift des Beklagten hat sich die Entfernung durch die Standortverlagerung gar verringert_. Ein Festhalten am Vertrag wird er folglich nicht unzumutbar.
2)

Das Gericht kann es weiter dahingestellt bleiben lassen, ob die vom Beklagten behauptete    Verringerung    der   Geräteanzahl    und    der   damit einhergehenden


Einschränkungen seines bisherigen Trainingsprogramms für sich einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, hat der Beklagte weder substantiiert auf den Vortrag der Klägerin erwidert , in dem sie dargestellt hat an welchen der (vorhandenen) neuen Geräte, die vom Beklagten benannten Übungen weiterhin ausgeführt werden können, noch hat er seine Behauptung unter Beweis gestellt.
Hierauf musste das Gericht auch nicht hinweisen, da es in Ansehung des Umstandes, dass keine der Behauptungen des anwaltlich vertretenen Beklagten mit einem Beweisantritt versehen ist, nicht davon ausgehen musste, dass es sich hierbei um ein Versehen handelte (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 139 ZPO, Rn. 16).
Entsprechendes gilt im Wesentlichen für die Behauptung des Beklagten, ihm sei von einer Mitarbeiterin, die er namentlich nicht benennt, mitgeteilt worden, dass er sein Training nicht mehr ausführen und aufgrund des Personalmangels erst nach vier Wochen Gelegenheit bestünde, ihn in die neuen Geräte einzuweisen. Unabhängig von der Frage, ob die Schlüssigkeit der Einwendung weiteren Vortrag zur Identität der Mitarbeiterin erfordert, ist auch diese Behauptung nicht unter Beweis gestellt
Selbst wenn man aber hiervon absehen wollte, so wäre in beiden Fällen von einer Verletzung der Pflichten der Klägerin aus dem Vertrag anzunehmen, da  es Kerngehalt des streitgegenständlichen Vertrages ist, dass der Kunde die Trainingseinheiten zeitnah und nicht erst nach einer Wartezeit von vier Wochen weiterhin mit dem vorhandenen Gerät ausüben kann. Eine außerordentliche Kündigungen wegen Pflichtverletzungen aus dem Vertrag ist nach § 314 Abs. 2 S. 1 BGB jedoch erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist bzw. nach erfolgloser Abmahnung möglich. Eine solche ist hier nicht gesetzt worden. Vielmehr hat der Beklagte nach seinem ersten Besuch nach dem Umzug am 16.03.2016 unter dem 17.03.2016 unmittelbar die Kündigung ausgesprochen. Gründe für die Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 314 Abs. 2 S. 2 BGB sind

weder  vorgetragen noch ersichtlich.          Dies gilt i_m Geräteanzahl.
3)


Übrigen  auch  für die verringerte


Soweit der Beklagte rügt, dass sich der Charakter " des Studios geändert habe und es sich nunmehr nicht mehr um ein Fitness-Studio, sondern eher um ein Reha­ zentrum handelt,. ist schon nicht ersichtlich, wie über die bereits behandelten Einwendungen    des    Beklagten     hinaus    hierin    eine    Beeinträchtigung    des


Vertragsverhältnisses liegt, die ihm ein Festhalten an dem Vertrag unzumutbar macht. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass der Beklagte ohnehin einen Reha-Kombi-Tarif gewählt hat.
4)

Derweil dürfte es durchaus üblich sein, dass in Fitness-Studios die Möglichkeit eingeräumt ist, nach schweißtreibenden Übungen und Aktivitäten Duschen zu können, so dass die Kunden nicht gezwungen sind, einen womöglich auch weiteren Heimweg ungeduscht anzutreten. Diese Möglichkeit war in den ursprünglichen Räumlichkeiten gegeben und fehlte offenbar in den ersten Monaten an dem neuen Standort.
Letztlich vermag allerdings auch dieser Umstand für eine Kündigung herangezogen zu werden. Zum einen bestehen Zweifel mit Blick auf die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrages durch den Beklagten. Dieser wohnt lediglich knapp über 2,5 Km vom Fitnessstudio der Klägerin entfernt, so dass sich die Frage stellt, ob hier nicht die Überbrückung einiger Monate, bei denen nicht direkt vor Ort geduscht werden kann, zumutbar ist. Letztlich kann dies jedoch für den konkreten Fall dahingestellt bleiben.
Der Beklagte trägt nämlich nur pauschal das Fehlen von Sanitäreinrichtungen als Grund vor. Konkret behauptet, dass er sich immer nach dem Training geduscht hat und das Vorhandensein von Duschen für ihn wesentliche Vertragsgrundlage war, hat er nicht.
Selbst wenn man dies außer Acht lassen und das Gericht davon absähe, dass es nicht verpflichtet ist, Anlagen ohne konkrete Bezugnahme auf die jeweilige Aussage als Sachvortrag zu behandeln oder sich diesen aus Anlagen zusammenzusuchen, würden die Ausführungen im Kündigungsschreiben, wonach  es  dem  Beklagten "davor graue, sich ungeduscht ins Auto zu setzen" der Verteidigung nicht zum Erfolg verhelfen. Die Klägerin hat nämlich unter Beweisantritt in Abrede gestellt, dass der Beklagte die Duschen genutzt habe, während der Beklagte wiederum keinen Beweis angetreten hat. Da insbesondere in Ansehung der kurzen Strecke kein Anhalt dafür besteht, dass der Beklagte zwingend auf die Duschen angewiesen wäre und vor diesem Hintergrund der Vortrag der Klägerin nicht ohne Weiteres Unglaubwürdig erscheint , ist alleine auf Basis des Parteivortrages keiner Seite eine erhöhte Glaubhaftigkeit  einzuräumenso  dass  der  Beklagte  insoweit  letztlich beweisfällig
bleibt.

IV)


Da die Mitgliedsbeiträge ausweislich der vertraglichen Vereinbarung jeweils zum 15. des Monats· zu  zahlen waren, befand sich der Beklagte jeweils  ab dem 16. Nach §
286 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ohne dass es einer Mahnung bedurft hätte, die unstreitig ebenfalls erfolgten, in Verzug . Mithin sind die monatlichen fälligen Beträge jeweils nach § 288 Abs. 1 BGB zu verzinsen. Im Rahmen des Verzugsschadens kann die Klägerin ferner · die Kosten der vorgerichtlichen Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten 1n Gestalt des anwaltlichen  Schreibens  vom 03.05.2016
i.H.v. 70,20 € verlangen.

B)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Jene zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus§§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 162,00 EUR festgesetzt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen