Freitag, 11. Oktober 2013

Einkommensteuer: Keine Anerkennung einer Vorfalligkeitsentschaedigung als Werbungskosten

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist vom Verkäufer an seine finanzierende Bank bei vorzeitiger Ablösung eines Darlehens infolge des Verkaufs zu zahlen, wenn er sich zur lastenfreien Übergabe der Immobilie verpflichtet hat. Während die Zinsaufwendungen für das Darlehen als Werbungskosten im Rahmen der Veranlagung VuV (Vermietung und Verpachtung) Berücksichtigung finden, ist dies bei der Vorfälligkeitsentschädigung nicht der Fall. Dies wird vom BFH in seinem Nichtannahmebeschluss vom 09.08.2012 – IX B 57/12 – damit begründet, dass  diese Aufwendungen unmittelbar mit dem nicht steuerbaren Veräußerungsvorgang zusammenhängen, zumal der Kläger sich zur lastenfreien Übertragung des Kaufgegenstands, nämlich des Vermietungsobjekts, im Kaufvertrag verpflichtet hatte“.

Das FG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 11.09.2013 – 7 K 545/13 E – darauf hingewiesen, dass sich aus der Entscheidung des BFH zur nachträglichen Anerkennung von Schuldzinsen als Werbungskosten aus VuV nichts anderes ergäbe, da der Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit insoweit die Verlängerung der Spekulationsfrist sei, weshalb nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen würden.

BFH, Beschluss vom 09.08.2012 – IX B 57/12 –
FG Düsseldorf, Urteil vom 11.09.2013 – z K 545/13 E -



BFH, Beschluss vom 09.08.2012 – IX B 57/12 –
Aus den Gründen:

 

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ihre Begründung entspricht schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); im Übrigen liegen die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe auch nicht vor.
1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder wegen Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausstellt (hier: zur Vorfälligkeitsentschädigung im Veräußerungsfall), deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts erforderlich ist und die im konkreten Streitfall klärbar ist. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen sowie die Darlegung, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist (z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. März 2006 II B 147/05, BFH/NV 2006, 1320; vom 16. August 2011 III B 155/10, BFH/NV 2012, 48).
 
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Kläger wenden sich mit ihren Ausführungen vielmehr gegen die vom Finanzgericht (FG) vertretene Auffassung unter Hinweis auf davon abweichende Stimmen in der Literatur (verschiedene Autoren im "Schmidt"). Dieser bloße Hinweis reicht aber nicht aus (vgl. BFH-Beschlüsse vom 20. November 2003 III B 37/03, BFH/NV 2004, 370, unter 1. 2. Abs.; vom 7. September 2007 VII B 180/06, BFH/NV 2008, 16, unter II.2.a; vom 5. Mai 2011 X B 139/10, BFH/NV 2011, 1291, unter II.1.b a.E.). Es fehlt auch an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Literaturmeinungen und insbesondere mit der zur Problematik vorhandenen ständigen BFH-Rechtsprechung (vgl. nur Urteile vom 23. Januar 1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464; vom 19. Februar 2002 IX R 36/98, BFHE 198, 198, BStBl II 2003, 126; vom 23. September 2003 IX R 20/02, BFHE 203, 352, BStBl II 2004, 57; s.a. BFH-Urteil vom 6. Dezember 2005 VIII R 34/04, BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265, und BFH-Beschluss vom 26. Mai 2011 VIII B 187/10, BFH/NV 2011, 1518).
 
Auf der Basis dieser Rechtsprechung ist das FG zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die im Zusammenhang mit der Veräußerung des Vermietungsobjekts gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung und die Löschungskosten keine Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften des Klägers sind, weil diese Aufwendungen unmittelbar mit dem nicht steuerbaren Veräußerungsvorgang zusammenhängen, zumal der Kläger sich zur lastenfreien Übertragung des Kaufgegenstands, nämlich des Vermietungsobjekts, im Kaufvertrag verpflichtet hatte.
 
2. Wird ein Verfahrensverstoß wegen unterlassener Aussetzung des Verfahrens (§ 74 FGO) gerügt, so ist schlüssig darzutun, dass das dem Gericht eingeräumte Verfahrensermessen ("kann") auf Null reduziert und es deshalb ausnahmsweise verpflichtet gewesen ist, das Klageverfahren bis zur Entscheidung des BFH in den vorgreiflichen Verfahren auszusetzen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. März 2007 VIII B 50/06, BFH/NV 2007, 1337). An solchen Ausführungen fehlt es vorliegend.
 
Überdies wurden zum einen die angeblich "zahlreichen anderen noch offenen Verfahren" nach Ergehen des BFH-Urteils vom 16. März 2010 VIII R 20/08 (BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787) nicht näher bezeichnet, so dass deren Vorgreiflichkeit nicht beurteilt werden kann; insoweit ist auch das Verfahren IX R 67/10 zur Frage nachträglicher Schuldzinsen nicht vorgreiflich. Zum anderen wurden mit BFH-Urteil vom 24. Januar 2012 IX R 16/11 (BFH/NV 2012, 1108) die Aufwendungen für den Ausbau eines Öltanks wegen gegebener Veranlassung durch die nicht steuerbare Veräußerung des Vermietungsobjekts nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften angesehen. Auch ist nicht dargelegt, dass die angefochtene Entscheidung --ausgehend von der insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann (BFH-Beschluss vom 25. August 2006 VIII B 13/06, BFH/NV 2006, 2122, m.w.N.).

FG Düsseldorf, Urteil vom 11.09.2013 – z K 545/13 E -
Aus den Gründen:


Tatbestand
 
Streitig ist die Abzugsfähigkeit einer Vorfälligkeitsentschädigung als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.


Die Klägerin veräußerte im Streitjahr 2010 das von ihr im Jahre 1999 erworbene Objekt „A“-Straße in „B“ für 155.000 EUR; die Klägerin war zur lastenfreien Übertragung des Grundstückes verpflichtet. Zur Ablösung einer Restschuld aus zwei Darlehen in Höhe von 48.773 EUR, die zur Finanzierung der Anschaffung aufgenommen worden waren, zahlte sie der kreditgebenden Bank insgesamt 3.479,07 EUR als Vorfälligkeitsentschädigung und machte diese in ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte berücksichtigte zunächst diese Aufwendungen in einem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Einkommensteuerbescheid vom 25.7.2012; der Verlust aus der Vermietung des Objektes betrug 4.914 EUR. Die Klägerin erhob hiergegen aus anderen als den hier streitigen Gründen Einspruch. Mit Schreiben vom 13.8.2012 teilte der Beklagte mit, die Vorfälligkeitsentschädigungen könnten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden. Mit Einspruchsentscheidung vom 17.1.2013 verringerte der Beklagte den Verlust aus Vermietung und Verpachtung auf 1.435 EUR und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen (Bl. 19ff der Gerichtsakten).

Die Klägerin hat am 20.2.2013 Klage erhoben, zu deren Begründung sie unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens geltend macht, nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, insbesondere dem Urteil vom 20.6.2012 (Az.: IX R 67/10, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275) zur Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten, seien auch nach Beendigung der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen, deren ursprünglicher Grund in der Aufnahme von Darlehen zur Finanzierung eines Vermietungsobjektes liege, auch nach der Veräußerung des Objektes als Werbungskosten zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung sei auch auf Vorfälligkeitsentschädigungen anzuwenden, da derartige Zahlungen wirtschaftlich Vorauszahlungen auf in Zukunft fällig werdende Zinsen darstellten. Durch die Veräußerung werde der ursprünglich bestehende Veranlassungszusammenhang zwischen der Entstehung der Darlehensschuld und der Einkunftserzielung nicht aufgelöst.
Die Klägerin beantragt, die Einkommensteuer für 2010 auf 23.303 EUR herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, der für einen Anerkennung als Werbungskosten notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzinsen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestehe nicht mehr, wenn das Objekt veräußert worden sei. Das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20.6.2012 sei dahingehend zu verstehen, dass nach einer Veräußerung entstehende, nachträgliche Schuldzinsen nur dann als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt werden könnten, wenn die Voraussetzungen einer Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG gegeben seien. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da der maßgebliche Zeitraum von zehn Jahren seit Anschaffung im Zeitpunkt der Veräußerung abgelaufen gewesen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 25.7.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.1.2013 ist rechtmäßig. Die Vorfälligkeitsentschädigungen  sind nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.
Nach der bisher ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellen Vorfälligkeitsentschädigungen  keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar. Derartige Entschädigungen unterfallen dem ertragsteuerlichen Schuldzinsenbegriff mit der Folge, dass sie nur dann als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn sie im Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind (vgl. BFH Urteile vom 14.1.2004 IX R 34/01, BFH/NV 2004, 1091 und vom 6.12.2005 VIII R 34/04 BFHE 212, 122, BStBl II 2006, 265). Der ursprünglich durch die Aufnahme eines Kredites zur Anschaffung einer Vermietungsobjektes bestehende Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wird durch die Veräußerung des Vermietungsobjektes unterbrochen, wenn die vorzeitige Rückführung des Kredits auf die Verpflichtung des Veräußerers zur lastenfreien Übereignung des Grundstücks zurückzuführen ist; die Vorfälligkeitsentschädigungen sind dann nicht den bis zur Veräußerung erzielten laufenden Einkünften, sondern dem Veräußerungsvorgang zuzurechnen (vgl. BFH Urteile vom 23.1.1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464, vom 23.9.2003 IX R 20/02, BFHE 203, 352, BStBl II 2004, 57 und vom  6.12.2005 VIII R 34/04 a.a.O.; Beschluss vom 9.8.2012 IX B 57/12, BFH/NV 2012, 2014). Da die Klägerin nach dem notariellen Kaufvertrag verpflichtet war, das Grundstück, mit Ausnahme einer Grunddienstbarkeit, lastenfrei auf den Erwerber zu übertragen, bestand ein Zusammenhang zwischen der Verpflichtung zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen  mit der Veräußerung, nicht aber den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
 
Etwas anderes ergibt sich nicht unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung zur Anerkennung von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. In seiner Entscheidung vom 20.06.2012 lässt der Bundesfinanzhof den Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten in einem größeren Umfang zu als zuvor. Maßgebender Grund für die erweiterte Abzugsfähigkeit ist die Verlängerung der Spekulationsfrist für Grundstücksveräußerungen durch § 23 Abs. 1 S. 1 EStG in seiner seit 1999 geltenden Fassung auf nunmehr 10 Jahre. Vor diesem Hintergrund, so der BFH, sei das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest –) Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Aus diesem Grund könnten nachträgliche Schuldzinsen auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlustes dienen. Dies würde besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 S. 4 EStG deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsgutes sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen minderten. Diese Regelung verknüpfe das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Absatz 1 S. 1 EStG steuerbar bewahrten Veräußerungsgeschäfts, strukturell der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen gleichgestellt werde. Hieraus hat der BFH im entschiedenen Fall, in dem die Veräußerungsfrist noch nicht abgelaufen war, eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bejaht. Ob darüber hinaus in anderen denkbaren Fallkonstellation, damit auch nach Ablauf der Zehnjahresfrist, eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht nur durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind, hat der BFH ausdrücklich offen gelassen. Ausgedehnt hat er die Rechtsprechung ausdrücklich nur auf die Fälle, in denen ein bisher zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienendes Wohngrundstück steuerbar veräußert wurde und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen. Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, über die vom BFH hinaus erfolgte Erweiterung auch im hier zu entscheidenden Fall die nach der Beendigung der Vermietungsabsicht angefallenen Schuldzinsen anzuerkennen. Hier war die Veräußerungsfrist abgelaufen. Die Gründe, die den BFH im angesprochenen Urteil dazu bewogen haben, seine Rechtsprechung zur Anerkennung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auszudehnen, greifen nicht ein. Denn die Situation des Veräußerers, der nicht unter § 23 EStG fällt, ist der Situation des Veräußerers von Betriebsvermögen gerade nicht zu vergleichen.
 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
 
Die Revision wurde zur Fortbildung des Rechts gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.

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